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Barrierefreie Bäder: Warum die Förderung ihren Zweck verfehlt

Im Rahmen der virtuell durchgeführten Leitmesse Altenpflege 2021 hat der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) am 06.07.2021 aktuelle Studienergebnisse zur „Optimierung der Ausführung und Finanzierung von pflegegerechten Bädern“ vorgestellt. Die oberste Interessenvertretung des deutschen Sanitärhandwerks sieht das pflegegerecht gestaltete, barrierefreie Bad als Schlüssel für die ambulante Versorgung Pflegebedürftiger in den eigenen vier Wänden. „Mit unserer Studie richten wir uns insbesondere an die Politik sowie die Fachöffentlichkeit des Gesundheits- und Pflegewesens“, erläutert Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. Es fehle gegenwärtig an einer baulichen Qualitätssicherung, um notwendige Badumbauten für eine ambulante Pflege zu Hause zweckbestimmt und ergebnisgerecht durch die Pflegekassen fördern zu können. „Die Fördergelder verfehlen hier bisher ihren Zweck“, urteilt Helmut Bramann.

Bauliche Mindestanforderungen an Kleinstbäder

Aufgesetzt auf dieser durch Vorstudien gestützte Erkenntnis hat der ZVSHK untersuchen lassen, welche bauliche Mindestanforderungen besonders für Kleinst-Bäder in Schlauchform und für kleine Gästetoiletten in Einfamilienhäusern aus Sicht der Pflegenden notwendig sind. Die Analysen der Arbeitsbelastungen von Pflegenden im Bad – gemeint sind professionell Pflegende sowie pflegende Angehörige – ergab eine Liste von Anforderungen, die nach Überzeugung der Praktiker aus dem Sanitärhandwerk einem nachhaltig ausgerichteten Badumbau zugrunde gelegt werden müssen. Diese umfassen u.a.:

  • Platzbedarf für mindestens zwei Personen
  • schwellenlose Zugänge
  • Haltemöglichkeiten
  • Rangiermöglichkeiten eines Rollators
  • stabile Temperatursteuerung
  • angemessene Beleuchtung
  • effektive Be- und Entlüftung

„Mit unserer Studie wollen wir aber nicht nur die bestehenden Defizite dokumentieren“, betont der Hauptgeschäftsführer des ZVSHK. „Mit Handwerkern und Architekten haben wir auch die bauliche Machbarkeit bei der Umsetzung der Mindestanforderungen geprüft, geplant und visualisiert.“ Die Studie enthält Lösungsvarianten für Bestandssanierungen auf engstem Raum in einem millionenfach in deutschen Wohngebäuden anzutreffenden Schlauchbad sowie in einer Gästetoilette (Siehe Abbildungen).

Entwurf für eine Gästetoilette.

Kosten übertreffen den Zuschuss bei weitem

Zur Frage der Finanzierung eines pflegegerechten Badumbaus verweist die Studie darauf, dass die Kosten den Zuschuss der Pflegekassen von 4.000 Euro weit übersteigen. Ein kompletter Badumbau in Schlauchform kostet demnach ungefähr 25.000 Euro und die Komplettsanierung eines Gästebades rund 15.000 Euro. Diese hohen Kosten könnten durch präventive Baumaßnahmen vor Eintritt eines Pflegefalls reduziert werden.

Die Studie empfiehlt daher, grundsätzlich in jedem Neubau und bei jeder Generalsanierung bereits Vorkehrungen zu treffen, die ein späteres Nachrüsten ohne großen Aufwand möglich machen. „Präventive Maßnahmen sind nicht nur ein Faktor zur Kostenersparnis, sie sind ein Garant für eine nachhaltige Planung und ermöglichen bei akutem Bedarf eine schnelle und kostengünstige Anpassung“, sagt Helmut Bramann.

Qualitätssicherung für alle Zuschussvarianten

An die vorgestellten Studienergebnisse knüpft der ZVSHK konkrete Forderungen und Handlungsempfehlungen an die Adresse der Politik. Der gesellschafts- und gesundheitspolitische Herausforderung einer stetig wachsenden Zahl an pflegebedürftigen Personen könne nur durch den Ausbau der ambulanten Pflege und dem damit verbundenen Umbau der eigenen Häuslichkeit in einen modernen Gesundheitsstandort begegnet werden. Zwingend aus Sicht des ZVSHK sei deshalb die Festlegung der baulichen Qualitätssicherung bei jeder Variante der Zuschussmöglichkeiten für einen pflegegerechten Badumbau. Die damit verbundenen baulichen Minimalanforderungen sollten im Rahmen der bezuschussten Wohnungsanpassung durch die Pflegekassen zugrunde gelegt werden.

KfW-Förderung soll ausgebaut werden

Sinnvoll hält der ZVSHK ferner den Ausbau der KfW-Förderung. Aktuell gibt es Fördermittel von der KfW Bankengruppe für Renovierungen im Sinne des altersgerechten Wohnens. Diese Förderungen sind an die Durchführung vollständiger Maßnahmen, aufgeteilt in Modulen, gekoppelt. Die Vorbereitung von präventiven Maßnahmen für eine spätere, schnellere Auf- und Umrüstung ist bisher nicht förderwürdig. Ein Vorbereitungsmodul „Pflegegerechtes Bad“ sollte nach Meinung von Hauptgeschäftsführer Bramann diese Maßnahmen berücksichtigen und genauso in die Fördermaßnahmen aufgenommen werden wie eine spätere Angleichung an den Pflegebedarf.

Auch seien im Rahmen des KfW-Investitionszuschusses „Barriere-Reduzierung“ (Programm 455-B) ausschließlich Sanitärräume mit einer Raum-Geometrie von mindestens 1,80 m x 2,20 förderfähig. „Unsere Studie hat jedoch gezeigt, dass auch Raum-Geometrien von 1,30 x 3,50 m (Schlauchbad) für die Pflege optimiert umgebaut werden können“, sagt Bramann. Auf diese betrachteten Raum-Geometrien sei die Förderung auszuweiten.

Die Interessenvertretung des Sanitärhandwerks empfiehlt der Politik im Sinne der Qualitätssicherung den pflegegerechten Badumbau nur durch ein qualifiziertes Handwerksunternehmen ausführen zu lassen. „Zur Qualifikation der Betriebe aber auch von Architekten haben wir ein eigenständigen Lehrplan konzipiert“, erläutert Helmut Bramann. „Denn das bauausführende Unternehmen muss wissen, wie die Pflegeabläufe im Bad sind, damit er wertstiftend planen und sanieren kann.“

Hier die Zusammenfassung der Studie und die Handlungsempfehlung des ZVSHK zum Download:

Hintergrund

Im Jahr 2020 hat das Sanitärhandwerk in Deutschland rund 1,2 Millionen Bäder installiert – davon wurden ungefähr 40 Prozent über die Pflegekassen zur Wohnanpassung mitfinanziert.

Seit 1999 hat sich die Zahl der pflegebedürftigen Personen verdoppelt. Sie belief sich Ende 2019 auf mehr als 4,1 Millionen Menschen.

Die jetzt vorgestellte Studie zur „Optimierung zur Ausführung und Finanzierung von pflegegerechten Bädern“ hat der ZVSHK zusammen mit Dr. Sibylle Meyer (SIBIS Institut für Sozial- und Technikforschung GmbH), Birgid Eberhardt (GSW Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau Baden-Württemberg mbH) und Dagmar Lautsch-Wunderlich (Architektin) erstellt. Sie wurde vom GKV Spitzenverband finanziell gefördert.

„Das häusliche Badezimmer ist der Flaschenhals des deutschen Gesundheits- und Pflegesystems.“ Dr. Sibylle Meyer (SIBIS Institut für Sozial- und Technikforschung GmbH)

Lesen Sie hier alles über das Barrierefreie Bad

Alles Wichtige zur Planung von barrierefreien Bädern

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