Wie ein Handwerksbetrieb seine Abläufe digital optimiert hat
Andernach im nördlichen Rheinland-Pfalz zählt zu den ältesten Städten Deutschlands. Vor den Toren von Koblenz begegnen dem Besucher mehr als 2000 Jahre Historie, Rheinerlebnis und Römer-Relikte. In einem unscheinbaren Hinterhof schreibt derweil ein Handwerksbetrieb an seiner eigenen Geschichte. Und die ist eng verknüpft mit der Suche nach der Ideallinie im Einsatz digitaler Werkzeuge. Der Sprung & Risos GmbH & Co. KG gelingt eindrucksvoll der Spagat zwischen Neugier, Offenheit und nüchterner Bewertung des tatsächlichen Nutzens im Arbeitsalltag.
Vor elf Jahren wagten Peter Sprung (38) und Stefan Risos (46) den Schritt in die Selbstständigkeit. Zwei Pfundskerle mit Pfälzer Dialekt, modernen Rechnern und erweiterbarem betriebsinternem Server. Neben dem Alltagsgeschäft vereint die beiden die Überlegung, wie sich der Neun-Mann-Betrieb weiterentwickeln kann, gerade auch digital. „Die Welt wird zunehmend digitalisiert und wir müssen entscheiden, wie weit wir da mitgehen“, sagt Peter Sprung und ergänzt: „Wir haben von Anfang an mit EDV gearbeitet, zunächst mit einer Schreibmaschinen-EDV, später ein anderes Rechnungsprogramm eingeführt, das auch schon in Richtung Datanorm ging. Vor sieben Jahren haben wir dann begonnen, uns so richtig schlauzumachen.“
Das Ergebnis: Die Fachhandwerker-Software Taifun bildet seit fünf Jahren ihr digitales Grundgerüst. Stefan Risos: „Wir haben uns auf Messen andere Sachen angeguckt, haben uns auch Probedemos geholt. Am Schluss haben wir gesagt, diese Software ist die, die am besten zu unserem Betrieb passt.“
Farbige Schnellübersicht steuert Projekte
Kaum betreten die beiden am Morgen das durchaus kompakte Büro, erscheint die Softwaremaske auf dem Bildschirm. Hier steckt das geballte Betriebswissen drin: Termine, Angebote, Rechnungsstellung, Kundendaten und vieles mehr. Um den Überblick zu behalten, nutzen Sprung und Risos eine farbige Schnellübersicht über die jeweilige Projektart, von der Wartung bis zum Neubau. Auch den Urlaub steuert der Betrieb über seine Handwerkersoftware. Pro Mitarbeiter können die beiden gucken, was offen und erledigt ist. Monatliche Statistiken verdeutlichen, ob sich bestimmte Probleme und Themen wiederholen. Der Anschluss einer Heizungsanlage hat beispielsweise bei zwei Mitarbeitern wegen eines bestimmten Kabelanschlusses länger gedauert. Das richtige Vorgehen können sie im System hinterlegen, sodass der nächste gleich Bescheid weiß.
Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Flexibilität und der Überblick für die Kundendienstmonteure auf der Baustelle. Über die App des Softwareanbieters stehen ihnen die für den jeweiligen Auftrag notwendigen Kundenadressen zur Verfügung. Darüber hinaus profitieren sie von direkten Verknüpfungen – zum Beispiel in den entsprechenden Wartungsvertrag. Auch offene Angebote können sie – je nach Berechtigung – direkt vor Ort einsehen. „Wenn wir Termine verschieben, sehen das unsere Mitarbeiter in Echtzeit in der App“, sagt Stefan Risos.
So geht Digitalisierung
Ersatzteilbedarf digital geregelt
Neben der klassischen Buchhaltung hat der Betrieb auch die Ersatzteilsuche digitalisiert. „Mittlerweile holen bei Heizungsreparaturen alle das Handy raus und suchen die Ersatzteile per App im Onlineshop des Großhändlers. Sie können die Ersatzteilnummer raussuchen und sehen, wo der Artikel liegt“, sagt Peter Sprung. „Ist die Pumpe im Abholexpress-Lager in Andernach verfügbar, wird das mit einem grünen Punkt angezeigt. Dann weiß der Kollege: Okay, die haben die Pumpe, ich fahre gleich hin und hole die ab. Dafür muss er nicht im Büro anrufen und uns einbinden, sondern kann gleich bestellen.“
Stefan Risos betont: „Digital geht alles viel einfacher. Auf modernen Heizungsgeräten scannst du einen QR-Code mit der App, bekommst direkt Daten ausgeworfen und kannst sortieren. Für die junge, moderne Generation ist das wesentlich besser.“
Jede Anwendung wird vor dem Kauf getestet
Die Suche nach digitaler Entlastung im Betrieb ging mit dem Wachstum der einstigen Drei-Mann-Firma einher (siehe Interview). Dabei setzt der Betrieb auf eine klare Strategie: In einer Testphase laufen die digitalen und analogen Werkzeuge parallel. Peter Sprung: „So bauen wir Step by Step die Module aus. Manchmal sehen wir: Das sieht zwar super aus, aber so richtig bringt es uns bei unserer Betriebsgröße nicht voran. Auf diese Weise haben wir uns immer weiterentwickelt.“
Auch was den Bereich Bestellungen angeht. Erteilt ein Kunde einen Auftrag, können ihn Peter Sprung und Stefan Risos über die Schnittstelle IDS-Connect hochladen, eine Preisanfrage beim Großhandel stellen und am Ende bestellen. „Im Endeffekt greift unser System immer wieder auf den Onlineshop des Großhandels zu. Und die Daten sind bei uns im System, ohne dass wir sie noch mal händisch pflegen müssen.“
Durch IDS-Connect ist es also möglich, unmittelbar aus der Fachhandwerkersoftware das Portal Online Plus des Großhändlers G.U.T. Wesco aufzurufen und Artikelpositionen aus der Software in den Warenkorb von Online Plus zu übertragen, ohne sie erneut manuell zu erfassen. Zudem ist die Übernahme eines Angebots in die eigene Software mit einem Klick möglich. Neben IDS-Connect nutzen die beiden auch die UGL-Schnittstelle, die den vollelektronischen vorgangsbezogenen Datenaustausch zwischen ihnen und ihrem Großhändler ermöglicht. Über GAEB tauscht die Sprung & Risos GmbH standardisiert Bauinformationen, von Anfragen bis Angeboten, mit dem Großhandel aus.
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Papierberge abgebaut
Die Handwerkersoftware enthält zudem ein Wartungsmodul, verknüpft mit Ersatzteilen und Historie. Stefan Risos: „Das wollten wir von Anfang an drinhaben. Da haben wir vorher auch mit Zetteln gearbeitet, hatten A-Z-Register von Kunden liegen. Das war ein riesiger Papierkram. Heute können wir die Wartung direkt im System mit Termin versehen. Ich weiß, welche Heizung der Kunde hat, welches Material benötigt wird, und kann direkt bestellen.“ Vom ersten Anruf bis zur abschließenden Rechnung ist der Kunde im System. Er ist präsent, der Ablauf ist bedarfsgerecht gestaltet.
Den Umgang ihrer Kollegen mit dem digitalen Wandel haben die beiden genau im Blick – und zeigen Verständnis für manche, die sich mit diesem Schritt schwertun. „Wenn jemand Mitte 50 ist und weiß, er hat noch zehn Jahre zu arbeiten, dann kommt der auch so durch. Ich weiß aber, dass ich noch 30 Jahre vor mir habe. Mit Schreibmaschine und Excel-Programm funktioniert das nicht, zumal wir ja auch zur Datensicherung verpflichtet sind“, sagt Stefan Risos. Entscheidend sei es, keine Angst vor der Veränderung zu haben. „Anfangs ist man bei etwas Neuem vielleicht noch skeptisch, aber schnell sieht man die Vorteile.“
Die beiden Inhaber kennen ihre Rollen im Betrieb genau – auch was den digitalen Wandel angeht. Peter Sprung ist der Treiber. „Ich kann ganz gut neue Wege suchen. Stefan lässt mich machen, bringt aber auch gute Ideen mit. Entscheidend ist, dass nicht einer nach rechts und der andere nach links läuft, sondern dass wir einen gemeinsamen Weg gehen. Ich zeige Stefan die neuen Tools einmal, dann kann er das.“
Auch die Mitarbeiter müssen von den Neuerungen überzeugt sein. Das gilt in kleinen Betrieben genauso wie in großen. Schritt für Schritt werden sie informiert und geschult. „Den Skeptiker musst du langsam abholen und die Leute nacheinander individuell überzeugen. Der Kundendiensttechniker muss immer auf dem neuesten Stand sein. Der kommt an 100.000 verschiedene Geräte. Mit dem bekommst du keine Probleme. Der nutzt die App sofort und ständig vor Ort. Braucht ein Kunde noch schnell eine Küchenarmatur, dann setzt er den Folgeauftrag direkt um. Einer aber, der im Neubaubereich arbeitet und ein System gewohnt ist, der tut sich etwas schwerer.“
Vorteile: Zeitersparnis und mehr Transparenz
Dass neue digitale Tools mit Investitionen verbunden sind, ist dem Betrieb in Andernach bewusst. „Wir hatten auch ein bisschen Angst, als die Summe X im Raum stand. Aber es war der richtige Schritt und hat sich schnell gerechnet. Wir sparen enorm viel Zeit und schaffen eine größere Transparenz untereinander.“ Gleichwohl betonen die beiden, dass je nach Betrieb auch andere Softwaresysteme sinnvoll seien können.
Peter Sprung und Stefan Risos gehen erfolgreich den Weg der „kontrollierten Offensive“ in Zeiten der Digitalisierung – und haben bei der Neubesetzung ihrer Teamassistenz-Stelle einen echten Coup gelandet. Steffi Göddertz kommt aus der IT-Branche und verleiht dem Betrieb einen zusätzlichen digitalen Schub. Peter Sprung: „Früher hieß es, die Teamassistenz muss sich mit dem Material auskennen. Ich sehe das anders. Die buchhalterische Geschichte, das EDV-Wissen, ist viel wichtiger.“ Die 32-Jährige ist seit März 2018 dabei: „Ich war positiv überrascht, wie gut der Betrieb schon digital aufgestellt war, bin aber auch froh, noch zusätzlichen Schwung reinbringen zu können, gerade im Bereich Archivierung. Wir hatten zu meinem Start noch viel mehr Papier rumliegen. Ich habe die Eingangsrechnungen von 2018 rückwirkend nacharchiviert. Das ist jetzt ein durchgehender Posten. Im Bereich Angebotsverfolgung haben wir noch großes Potenzial. Zum Beispiel gibt es die Möglichkeit, sich offene Angebote anzeigen zu lassen.“
Peter Sprung schaut nicht ohne Stolz auf seine neue Mitarbeiterin. Er weiß auch: Es läuft rund im Fachhandwerk, das Geschäft brummt. „Uns muss aber klar sein, dass der Weg nicht immer nach oben führt. Deshalb ist es wichtig, sich schon jetzt für die Zukunft aufzustellen. Jede Welle muss mal brechen. Dann wird wieder Arbeit gesucht. Viele Handwerker sehen nicht, dass es auch mal wieder schlechter werden kann.“
Nächstes Ziel: Lagermanagement verbessern
Sollte es so weit sein, sind im Andernacher Hinterhof alle vorbereitet. Die nächsten Pläne liegen bereits in der Schublade: Die Digitalisierung soll das Lagermanagement verbessern. „Wir wollen vollen Zugriff auf das Lager, mit Codes und Scanner arbeiten und den 100-prozentigen Überblick über den Bestand haben. Auch das ist mit unserer Software möglich und erleichtert unseren Monteuren die Arbeit.“ Als Nächstes steht mit Unterstützung der G.U.T. Wesco die Einführung von ZUGFeRD auf dem Plan, der neuesten Form elektronischer Rechnungsstellung.
Das neue einheitliche Rechnungsformat ZUGFeRD legt fest, wie Informationen in einer elektronischen Rechnung abgespeichert werden. Der Fachhandwerker erhält eine PDF-Datei, die gewohnt betrachtet werden kann, aber auch mit dem maschinenlesbaren, eingebetteten XML-Teil zur automatischen Buchung und Archivierung im System sichtbar ist. Zudem ist sie als rechtsgültiges Dokument anerkannt.
Ein weiteres Projekt: die direkte Zuordnung einer E-Mail zu den Kundensätzen, um die Suche zu beschleunigen. Eine Herausforderung sei zudem die Offline-Verfügbarkeit und die gesamte Kommunikation verknüpft in einem System.
Peter Sprung und Stefan Risos halten Augen und Ohren offen – und scheuen sich nicht, Dinge im Nachhinein zu verwerfen. So wie zuletzt das Thema Internet-Telefonie. Zum Rauswählen sei das okay, aber dass die eingehenden Anrufe auf dem Bildschirm aufpoppen, das lenke einfach ab. Peter Sprung: „Wahrscheinlich geht der Trend dahin, dass du direkt den Kundensatz vor Augen hast, wenn jemand anruft.“ Eines ist sicher: Peter Sprung und Stefan Risos werden auch das testen.
Kurzinterview der SBZ mit Peter Sprung und Stefan Risos
SBZ: Warum haben Sie sich für den Einsatz digitaler Werkzeuge entschieden?
Peter Sprung: Als wir zu zweit mit einem Lehrling waren, wusste immer jeder, was der andere macht. Das hat auch mit Zettelwirtschaft gut geklappt. Je größer wir wurden, umso unorganisierter wurden die Prozesse.
SBZ: Wie äußerte sich das?
Sprung: Dann haben wir hier mal einen Zettel verloren, dort eine Abrechnung vergessen oder einen Termin verschwitzt. Dann hatte der eine den Terminkalender des anderen nicht im Blick und schon passiert das.
SBZ: So etwas spricht sich rum, oder?
Stefan Risos: Ganz genau. Du erarbeitest dir einen guten Ruf. Und dann heißt es plötzlich: Der leistet gute Arbeit, aber kommt einfach nicht bzw. da ist es sehr schwer, einen Termin zu bekommen. Du bist also oben auf dem Berg und plötzlich geht es wieder runter. Und du sitzt da: Hilfe, der Kunde droht mit Auftrag. Jetzt gilt bei uns: Bei Anruf Termin. Und alles ist in der Software hinterlegt. Es geht einfach nichts mehr verloren.
SBZ: Wie wirken sich die digitalen Tools noch auf Ihren Arbeitsalltag aus?
Risos: In der beschriebenen Situation haben wir uns gesagt: Wir brauchen Erleichterung bei Rechnungen und Angeboten. Früher haben wir für ein Angebot viel zu lange gebraucht. Heute bekommen wir beim Neubau einen Plan hingelegt und haben die digitale Verbindung zum Großhandel. Dank guter Vorlagen schreiben wir Standardangebote inzwischen innerhalb von einer halben bis dreiviertel Stunde.
SBZ: Was war Ihnen bei der Wahl der Handwerkersoftware wichtig?
Sprung: Eine einfache Struktur ohne Blingbling. Wir haben einen innovativen Hersteller gesucht, dessen Software mit den Schnittstellen des Großhandels zusammenpasst. Gerade die Terminverwaltung war uns auch wichtig, damit uns nichts mehr verloren geht. Dann haben wir uns gesagt, wir bauen jedes Modul einzeln auf. Wir hatten von Anfang an schon recht viele Module integriert, aber waren uns auch bewusst, dass alles auf einmal nicht funktioniert. Wir digitalisieren uns Schritt für Schritt.
Weitere Infos
Taifun: Die Sprung & Risos GmbH & Co. KG hat sich vor fünf Jahren für die Handwerkersoftware Taifun entschieden. Sie bildet das digitale Grundgerüst des Neun-Mann-Betriebs. Termine, Angebote, Rechnungsstellung, Kundendaten und mehr sind in der Software hinterlegt, das erhöht die Effizienz, Flexibilität und Sicherheit.
IDS-Connect: Die Schnittstelle verknüpft die Handwerkersoftware mit dem Shopsystem des Großhändlers. Erstellte Warenkörbe lassen sich über die Schnittstelle mit dem Großhandelsshop austauschen. IDS bedeutet: integrierte Datenschnittstelle.
UGL: Diese Schnittstelle nutzt der Andernacher Betrieb für den vollelektronischen vorgangsbezogenen Datenaustausch mit seinem Großhändler. Die UGL (Übergabeschnittstelle lang) dient zur Vereinfachung des Bestellvorganges. Preisanfrage und Bestellung werden über das Internet abgewickelt.
GAEB: Über GAEB tauscht die Sprung & Risos GmbH standardisiert Bauninformationen, von Anfragen bis Angeboten, mit dem Großhandel aus. GAEB steht für den „Gemeinsamen Ausschuss Elektronik im Bauwesen“.
App-Services: Die Monteure der Sprung & Risos GmbH nutzen auf der Baustelle verschiedene Apps, unter anderem um Explosionszeichnungen und Fehlercodelisten aufzurufen. Auf modernen Heizungsgeräten prangt ein QR-Code, der mit der App abgescannt wird – und schon stehen alle Daten zur Verfügung. Für die Ersatzteilsuche nutzen die Mitarbeiter die App ihres Großhändlers G.U.T., bei Online Plus suchen sie die Ersatzteilnummer heraus und sehen, in welchem Abholexpress-Lager (Abex) der Artikel vorrätig ist. Sie bestellen vor, fahren hin und holen das Produkt raus.
ZUGFeRD: Die Einführung der neuesten Form elektronischer Rechnungsstellung steht als Nächstes auf dem Plan des Handwerksbetriebs. Das einheitliche, übergreifende Rechnungsformat legt fest, wie Informationen in einer elektronischen Rechnung abgespeichert werden. Die digitale Bereitstellung der Daten bietet verschiedene Vorteile wie weniger Papierverbrauch, automatisierte Prüfroutine und Rechnungsbuchung und die rechts- und revisionssichere Archivierung.