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Überbau: Wie Wärmedämmung zum Streit unter Nachbarn führt

Matthias Scheible

Es gibt Fälle, in denen Nachbarn den Überbau durch ein WDVS dulden müssen. Der vorliegende Fall gestaltet sich jedoch etwas anders: Ein Reihenendhaus grenzt an ein Grundstück, auf dem ein Bauträger ein Mehrfamilienhaus errichtet hat. Die Giebelwände der Gebäude decken sich nicht vollständig, vielmehr steht diejenige des Mehrfamilienhauses entlang der Grundstücksgrenze 1,61 Meter vor. In diesem Bereich hatte der Bauträger Dämmmaterial angebracht, welches sieben Zentimeter in das Nachbargrundstück hineinragt. Die Dämmung wurde nicht verputzt und nicht gestrichen.

So wurde geklagt

Die neuen Eigentümer des Mehrfamilienhauses wollten nun Putz und Anstrich mit einer Stärke von maximal 0,5 Zentimeter an die Dämmung anbringen. Dabei nahmen sie - unter Berufung auf § 16a Abs. 1 und 3 des Berliner NachbG - den Nachbarn auf Duldung der geplanten Maßnahmen in Anspruch.

So entschied das Gericht

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied jedoch, dass beim Nachbarn keine Duldungspflicht bestünde. Zwar könne sich aus § 16a des Berliner NachbG grundsätzlich eine Duldungspflicht ergeben, sie gelte aber nicht in diesem Fall. Da beim Neubau des Mehrfamilienhauses bereits die Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2001 gegolten hatte, hätte der Bauträger den Abstand zum Nachbargrundstück bezüglich der Wärmedämmung bereits einplanen müssen. Das Gesetz enthält hierzu folgende Regelung (§ 16a Berliner NachbG Wärmeschutzüberbau der Grenzwand):

  • "(1) Der Eigentümer eines Grundstücks hat die Überbauung seines Grundstücks für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits besteht [...]
  • (3) Der Begünstigte des Wärmeschutzüberbaus muss die Wärmedämmung in einem ordnungsgemäßen und funktionsgerechten Zustand erhalten. Er ist zur baulichen Unterhaltung der wärmegedämmten Grenzwand verpflichtet"

Diese Regelung habe der Bauträger beim Hausbau nicht beachtet. Er habe - trotz der in der EnEV geltenden Wärmeschutzanforderungen - das ungedämmte Mehrfamilienhaus unmittelbar an die Grenze zum Grundstück des Nachbarn gebaut. In dieser Situation gelte die Duldungspflicht nicht.

Der Gesetzgeber habe Grundstückseigentümern nicht generell gestatten wollen, eine Wärmedämmung grenzüberschreitend, also im Wege des Überbaus, anzubringen. Er habe vielmehr das Ziel verfolgt, energetische Sanierungen von Altbauten zu erleichtern. Diese seien bei Gebäuden, die auf der Grundstücksgrenze stünden, häufig dadurch erschwert worden, dass der Nachbar die notwendige Zustimmung zu einem Überbau eines Wärmeverbundsystems verweigerte oder von unverhältnismäßigen finanziellen Forderungen abhängig machte. Dem habe der Gesetzgeber durch die Einführung einer Duldungspflicht begegnen wollen.

Fazit: Wärmedämmung beim Neubau innerhalb der Grundstücksgrenze

Von Bedeutung ist weiter die Möglichkeit, grundstücksübergreifend Wärmedämmung anzubringen. Für derartige Maßnahmen hat sich der Terminus „Wärmeschutzüberbau“ herausgebildet, der auch im Berliner Nachbarrechtsgesetz vorkommt. Hierzu hat es jüngst auch gesetzgeberische Entwicklungen gegeben. Eine Duldungspflicht solcher in den Luftraum des Nachbargrundstücks hineinragender Wärmedämmung betrifft aber nur bestehende Gebäude. Weitergehende Rechte in Bezug auf Wärmeschutzüberbauten lassen sich auch nicht aus sonstigen Rechtsgrundlagen herleiten. Weitere Duldungsansprüche, gerichtet etwa auf Duldung einer Unterfangung oder eines Anbaus, existieren in Bezug auf Nachbar- und Grenzwände.

Für die Wärmedämmung von Neubauten habe der Landesgesetzgeber kein Regelungsbedürfnis in § 16a des Berliner NachbG gesehen, so der BGH (BGH Urteil v. 02.06.2017, Az.: V ZR 196/16). Der Gesetzgeber habe im Gegenteil ausgeführt, dass die Duldungsverpflichtung nur bei Bestandsbauten und nicht bei Neubauten gilt, weil den Wärmeschutzanforderungen durch eine entsprechende Planung Rechnung getragen werden kann. Für Neubauten bleibe es somit bei dem Grundsatz, dass sie so zu planen sind, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.

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