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Tipp vom Anwalt: Wann muss man für einen Mangel im Vorgewerk haften und wann nicht?

Matthias Scheible

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Putzarbeiten bei seinem Einfamilienhaus. Nach Ausführung der Arbeiten stellte der AG fest, dass der Putz großflächig hohl lag und von den Wänden zu fallen drohte. Der AG rügt die Mangelhaftigkeit der Putzarbeiten gegenüber seinem AN. Im Zuge der Mangelerkundung wird festgestellt, dass die Restfeuchte in den Betonnestern hinter den davorliegenden Polystyrolelementen der vom Vorgewerk bearbeiteten Wände allein ursächlich für das Ablösen des Putzes war. Für den AN waren die dahinterliegenden Betonnester nicht einseh- und prüfbar.

Ist der Auftragnehmer schuldig, wenn er nichts von der Restfeuchte wissen konnte?

Gilt die Haftung wegen unterlassenem Bedenkenhinweis? 

Das Gericht urteilt, dass der AN nicht hafte, da seine Leistung mangelfrei erbracht worden sei. Der hafte der AN auch nicht wegen eines vermeintlich nicht erteilten Bedenkenhinweises. Hierzu führt das Gericht aus, dass es für die Frage der Haftung des AN auch nicht darauf ankomme, ob dieser seiner Prüfungs- und Hinweispflicht im Hinblick auf die Vorleistung ordnungsgemäß nachgekommen ist. Selbst bei ordnungsgemäßer Feuchtigkeitsmessung hätte der AN die erhöhte Feuchtigkeit auf dem Putzgrund, welche zum Abblättern des Putzes führte, nicht feststellen können. Der gewählte Wandaufbau habe keine Durchlässigkeit in Bezug auf die vorhandene Feuchtigkeit aufgewiesen. Mittels einer Feuchtigkeitsmessung konnte der AN die Feuchtigkeit daher nicht feststellen. Aus diesem Grund scheidet auch die Haftung des AN wegen eines pflichtwidrig unterlassenen Bedenkenhinweises aus.

Auftragnehmer muss den Mangel erkennen können

Grundsätzlich hat der AN nur für eine mangelhafte Werksausführung einzustehen. Allerdings bestehen Prüfungs- und Hinweispflicht für den Planer und das ausführende Unternehmen im Werkvertragsrecht gemäß BGB oder beim VOB/B-Vertrag. Mitteilungspflichtige Bedenken werden dann ausgelöst, wenn der fachkundige und zuverlässige AN Anlass zu einer entsprechenden Vermutung hat, dass die gewählte Ausführung nicht die gewünschte Funktionalität aufweisen könnte. Das ausführende Unternehmen oder der Planer können sich danach von der Mängelhaftung nur dann befreien, wenn sie den AG über die fachlich erkennbaren Nachteile der vorgesehenen Ausführung unverzüglich aufklären.

Die Haftung des AN wäre denkbar gewesen, wenn er bei ordnungsgemäßer Feuchtigkeitsmessung die Untauglichkeit des Putzgrunds hätte erkennen können. Im konkreten Fall waren die drohenden Nachteile bei sachgerechter Überprüfung nicht erkennbar. Insoweit konnte und musste der AN keine Bedenken äußern. Die eigene Leistung war insoweit auch mangelfrei. Der AN haftete demnach nicht.

Zusammenfassung: Der Auftragnehmer haftet nicht, wenn die Ursache hierfür nicht auf eine mangelhafte Leistung zurückzuführen ist, sondern auf das Vorgewerk, und eine Bedenkenanzeige durch den Auftragnehmer nicht veranlasst war (vgl. OLG Dresden, Urteil v. 23.09.2022, Az.: 22 U 1625/21; mit Beschluss v. 24.05.2023, Az.: VII ZR 196/22 hat der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Rechtsanwalt Matthias Scheible ist Syndikusrechtsanwalt bei einem Wohnungsbauunternehmen und verfasst Artikel zu rechtlichen Themen auf haustec.de.

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