Tipp vom Anwalt: Prüfung vor Inbetriebnahme bei Elektroarbeiten
Ein mit der Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten beauftragter Auftragnehmer hat die Leitungen so zu befestigen, dass keine Wärmequellen entstehen, die zum Inbrandsetzen umliegender Teile und deren Zerstörung führen können. Allerdings darf der Auftraggeber eine elektrische Anlage erst dann in Betrieb nehmen, wenn der Elektroinstallateur die Fertigstellung bzw. Betriebsbereitschaft angezeigt hat. Anderenfalls trifft ihn an der Schadensentstehung ein Mitverschuldensanteil von 50% (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 05.09.2019, Az.: 2 U 101/18; Mit Beschluss des BGHs vom 29.07.2020 wurde die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Sachverhalt
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Elektroinstallationsarbeiten bei einem Biomasse-Heizkraftwerk. Zum vertraglichen Leistungsumfang gehörte die Herstellung des Anschlusses eines gelieferten und montierten Schaltschrankes mit einem Frequenzumrichter an die Niederspannungshauptverteilung. Der AN führte die Vertragsleistungen nicht vollständig aus; die Mitarbeiter verließen die Baustelle, ohne die Arbeiten fertigzustellen und auch ohne die Fertigstellung anzuzeigen. Nach der Inbetriebnahme des Biomasse-Heizkraftwerk brach ein Feuer aus.
Die Parteien streiten sich um einbehaltenen Werklohn. Ein eingeschalteter Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass der Brand "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" darauf zurückzuführen sei, dass die Anschlusskabel der Zuleitung an den Anschlüssen am Sicherungslasttrennschalter des Schaltschrankes nicht ausreichend befestigt worden seien, wodurch sich eine örtliche Erwärmung ergeben habe, an der sich der umgebende Kunststoff entzündet habe. Insoweit weigerte sich der AG den Werklohn auszuzahlen.
Der AN verteidigt sich, dass das BMHKW ohne vorherige Sicherheitsüberprüfung, zu der der AG verpflichtet gewesen sei, in Betrieb genommen wurde. Hätte der AG die Prüfung durchgeführt, so hätte er die nicht vorgenommenen Anschlüsse entdeckt und hätte die Anlage nicht vor deren Fertigstellung in Betrieb nehmen dürfen. Das Verhalten des AG ist zumindest i.S. eines Mitverschuldens zu berücksichtigen.
Entscheidung
Der AN erhält teilweise Recht. Das Gericht stellt zunächst fest, dass ein mit der Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten beauftragter AN die Leitungen so zu befestigen hat, dass keine Wärmequellen entstehen, die zum Inbrandsetzen umliegender Teile und deren Zerstörung führen können. Der AG habe sowohl die ihm im Rahmen des Bauvertrages mit der Klägerin nach § 241 Abs. 2 BGB obliegenden Schutzpflichten diesen und dessen Werk gegenüber als auch die ihm, dem AG, zur Verkehrssicherung beim Betrieb einer gefahrgeneigten Anlage obliegende Pflicht verletzt, die es jeweils geboten haben, die elektrische Anlage erst in Betrieb zu nehmen, wenn der Elektroinstallateur - hier der AN - die Fertigstellung bzw. die Betriebsbereitschaft angezeigt bzw. die Anlage für den Betrieb freigegeben hat.
Es war festgestellt, dass der AN die Installationsarbeiten noch nicht beendet und die Baustelle vorzeitig verlassen hatte; eine Freigabe der Anlage hatte er nicht erklärt. Auch eine Abnahme der Leistungen hatte gerade nicht stattgefunden. Insbesondere lag auch in der Übersendung einer Schlussrechnung nach der endgültigen Einstellung der Arbeiten keine dahin umzudeutende Erklärung.
Angesichts der Kenntnis von der vorzeitigen Beendigung der Ausführung der Elektroinstallationsarbeiten und des Fehlens einer Fertigstellungsanzeige hätte es dem AG oblegen, eine Prüfung der Betriebsbereitschaft und Arbeitssicherheit der elektrischen Anlage selbst vorzunehmen oder - mangels eigener Fachkunde - durch Dritte vornehmen zu lassen. Nachdem dies nicht erfolgte, habe sich der AG ein Mitverschulden am Brand anrechnen zu lassen.
Grundsätzliches und Fazit
Grundsätzlich hat der Unternehmer für eigene Fehler und Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis einzustehen. Im konkreten Fall hat jedoch der AG den Fehler begangen, dass er die Fertigstellung des Vorgewerks nicht vorgenommen hatte und die Anlage, in Kenntnis der unvollständigen Ausführung, in Betrieb genommen hat. Der Zustandsfeststellung, kommt in solchen Fällen besondere Bedeutung zu. Hiernach hätte der AG erkennen können, welche Arbeiten noch erforderlich gewesen wären, nachdem der Unternehmer unmotiviert von der Baustelle abgerückt war. Das der AG dies nicht gemacht hat, gereicht ihm nun zum Nachteil. Er muss sich zumindest, aufgrund der nicht erfolgten Überprüfung und voreiligen Inbetriebnahme, ein Mitverschulden anrechnen lassen. Dies kommt hier anspruchsmindernd in Höhe von 50 % dem AN zu Gute. Insbesondere bei elektrischen Anlagen ist eine Überprüfung durch den Fachmann zwingend.
Auftraggeber sind daher gut beraten eine Zustandsfeststellung (mit Dokumentation) zu beantragen, sollten die beauftragten Unternehmer ihre Werkleistung nicht zu Ende bringen, sei es aufgrund Kündigung des Vertrages durch den AG oder durch den AN. Nur so können Verantwortlichkeiten für Mängel am unfertigen Werk festgestellt werden.