Koalitionsvertrag 2025: Das sagt die Branche

Am 9. April 2025 haben CDU/CSU und SPD ihren 144-seitigen Koalitionsvertrag vorgestellt. Die künftigen Regierungsparteien haben darin unter anderem ihre Ideen für die Wohnungs- und Baubranche vorgestellt. Auf Basis dieser Grundlage stimmen die Mitglieder der SPD vom 15. bis 29. April darüber ab, ob es zu einer Regierungsbildung mit den Unionsparteien kommt.
In der CDU stimmt zum ersten Mal nicht die Parteibasis über den Koalitionsvertrag ab, sondern der sogenannte Kleiner Parteitag – der Bundesausschuss der CDU. Bei der CSU entscheidet der Parteivorstand allein. Aber was sagt die Wohn- und Baubranche eigentlich über die Inhalte des Koalitionsvertrags?
ZDB Baugewerbe zum Koalitionsvertrag: "Die Richtung stimmt"
Den Koalitionsvertrag kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, wie folgt:
„Wir begrüßen die Entscheidung der Koalition, die Baupolitik – wie von uns gefordert – weiterhin in einem starken Bauministerium zu verankern. Jetzt kommt es darauf an, dass dieses Ministerium auch die Verantwortung für die Förderpolitik im Bereich Neubau und Modernisierung übernimmt, um die geplanten Maßnahmen für den Bau-Turbo effizient und zielgerichtet umzusetzen. Eine zügige und verlässliche Ausrichtung der Förderpolitik ist insbesondere im Wohnungsbau unerlässlich, um den Menschen wieder den Mut zu geben, zu bauen. Die Verlängerung der Mietpreisbremse halten wir in diesem Zusammenhang für kontraproduktiv, da sie nur Symptome bekämpft. Wir müssen jetzt an die Ursachen heran und mehr Wohnungen bauen.
Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ist es entscheidend, dass nun eine überjährige Finanzierung sowohl für die Straße als auch für die Schiene eingeführt wird. Dies haben wir als Verband gefordert, um Planungssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Besonders bei den stark sanierungsbedürftigen Brücken ist eine echte Infrastrukturoffensive notwendig. Wir begrüßen, dass nun Mittel aus dem Sondervermögen gezielt für Straßen und Brücken eingesetzt werden. Es ist entscheidend, dass alle verfügbaren Kapazitäten auf dem Markt, insbesondere die starken heimischen mittelständischen Unternehmen, die anstehenden Bauaufgaben mit Fachkompetenz und Engagement angehen. So stellen wir sicher, dass ein positiver Binneneffekt für die Konjunktur erzielt wird, denn heimische Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten ihren Beitrag durch die Zahlung von Steuern und Abgaben in Deutschland.
Insgesamt ist erfreulich, dass die Richtung stimmt und die im Koalitionsvertrag skizzierte Perspektive auch ein wichtiges Signal für junge Menschen darstellt, sich für eine Ausbildung und Beschäftigung in der Bauwirtschaft zu entscheiden.“
Markus Steigenberger, Geschäftsführer der Agora Think Tanks
„Wir begrüßen, dass sich die künftigen Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag zur Klimaneutralität bis 2045, zum Europäischen Emissionshandel als wichtigem Instrument für den Klimaschutz und zum Ausbau der Erneuerbaren Energien bekennen.
Dieses Bekenntnis erfordert, dass die kommende Bundesregierung über die Unterstützung des 2040-Ziels hinaus bei der weiteren Ausgestaltung der europäischen Klimaschutzarchitektur Kurs hält, um damit Energiesicherheit und Resilienz zu stärken und die Modernisierung der Wirtschaft in Deutschland und Europa voranzubringen. Angesichts eskalierender Handelskonflikte und zunehmender geopolitischer Spannungen ist es notwendiger denn je, dass Deutschland und die EU hier entschlossen vorangehen.
Der nun veröffentlichte Koalitionsvertrag enthält entscheidende Maßnahmen für die Energiewende – vom Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Netze über die Wärmewende bis zur Industrietransformation – jedoch ist er auf kurzfristige Erfolge und Einsparungen ausgelegt und lässt eine langfristig tragende Strategie vermissen. So bedeutet eine Kopplung des Erneuerbaren-Ausbaus an die Netzkapazitäten keine Kosteneinsparungen, sondern verschiebt die notwendigen Investitionen lediglich in die Zukunft. Damit riskiert die zukünftige Regierung, dass Wirtschaft und künftige Generationen die Rechnung für verpassten Klimaschutz und eine verlangsamte Industrietransformation zahlen. Für eine erfolgreiche und kosteneffiziente Energiewende braucht es stattdessen einen klaren Pfad für den Ausbau von Wind- und Solarenergie, der langfristig attraktive Strompreise sichert und Planungssicherheit für die Elektrifizierung aller Sektoren schafft. Unsere Analysen zeigen deutlich: Mit einem ausgewogenen Policy-Mix, der neben CO₂-Preisen auch auf Förderung, Marktregulierung und eine starke Infrastruktur setzt, kann Deutschland seine Klimaziele zügig und kosteneffizient erreichen. Daher ist es notwendig, dass die kommende Bundesregierung zielgerichtet Mittel bereitstellt, um Anreize für private Investitionen in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr zu setzen.
Die zusätzlichen Mittel für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) aus dem Sondervermögen müssen zusammen mit den Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung wirksam, effizient und sozial gerecht zur Hebelung klimaneutraler Investitionen eingesetzt werden. Zentral ist dabei: Werden die CO₂-Einnahmen zur Senkung der Strompreise verwendet, braucht es zusätzliche Mittel aus dem Kernhaushalt, um die für die Energiewende notwendigen privaten Investitionen zu mobilisieren.
Der Koalitionsvertrag erkennt zurecht die Bedeutung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Flexibilisierung für ein resilientes, klimafreundliches Energiesystem an. In der Umsetzung muss das bedeuten, dass der Ausbau von Wind und Solar sowie der dafür erforderlichen Netzinfrastruktur ambitioniert fortgesetzt wird und Preisanreize gesetzt werden, um Strom dann zu beziehen, wenn er günstig ist.
Eine Reihe von Vereinbarungen im Koalitionsvertrag weisen allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Die nun vereinbarte Subventionierung erheblicher Kapazitäten fossiler Kraftwerke sehen wir mit Sorge. Problematisch ist die geplante einseitige Ausschreibung von 20 GW Gas-Kraftwerkskapazitäten, statt einer Ermittlung des günstigsten Technologiemixes für Versorgungssicherheit im Wettbewerb. Mit der Option auf die Nutzung von CCS droht dies zu einer Dauersubvention für die Nutzung importierten fossilen Erdgases zu werden. Daher ist es wichtig, dass dies mit klaren Vorgaben zur Umstellung auf Wasserstoff verknüpft wird, um damit auch die Wasserstoffinfrastruktur und Energiesicherheit zu stärken. Zwar kann die vorgesehene Umwidmung von Reservekraftwerken für den aktiven Einsatz Strompreisspitzen senken. Der Effekt auf den durchschnittlichen Strompreis ist aber gering, da diese Spitzen nur wenige Stunden im Jahr auftreten. Die Kollateralschäden eines solchen Markteingriffs sind jedoch erheblich: Dieser schwächt Anreize, Strom flexibel zu nutzen, hemmt Investitionen in Speichertechnologien wie Großbatterien und verteuert damit perspektivisch das Stromsystem.
Durch die Ankündigung im Koalitionsvertrag, das aktuelle „Heizungsgesetz“ abzuschaffen, droht Verunsicherung im Heizungsmarkt. Eine neue rechtliche Regelung im Gebäudeenergiegesetz muss daher sehr schnell erfolgen, um Klimaschutz und Energieunabhängigkeit nicht zu verschleppen. Dabei muss das neue Gebäudeenergiegesetz mit klaren Vorgaben Planungssicherheit schaffen, damit heimische Heizungsindustrie, Baugewerbe und Haushalte sich zukunftssicher aufstellen können. Um die nötigen Investitionen anzureizen, sind die vorgesehenen Instrumente zur Mobilisierung privaten Kapitals hilfreich. Zusätzlich bedarf es eines sozial gestaffelten Förderrahmens, der auch Haushalten mit geringem Einkommen die Teilhabe an der Wärmewende ermöglicht. Der Ausbau der Wärmenetze ist die zweite wichtige Säule eines klimaneutralen Gebäudesektors – die im Koalitionsvertrag nun beschlossene gesetzliche Regelung und Aufstockung der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze ist dafür ein wichtiger Schritt. Um die Energieversorger bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung zu unterstützen, ist die im Koalitionsvertrag angekündigte zügige Umsetzung des EU-Gasbinnenmarktpakets zentral, die auch Rechtssicherheit für Stilllegungen nicht mehr benötigter Gasinfrastruktur schafft.
Für die Industrie sind die angekündigten Strompreisentlastungen, die beschlossene Fortsetzung der Klimaschutzverträge und die Entwicklung von grünen Leitmärkten zentrale Instrumente, um Investitionen in Richtung Klimaneutralität anzureizen. Darüber hinaus sind die beschleunigten Abschreibungen eine wichtige Ergänzung. Diese sollten sich auf Effizienz- und Klimaschutztechnologien konzentrieren, um den Fördermitteleinsatz zu optimieren.“
ZDH: „Mischung aus wirksamer Medizin und einigen bitteren Pillen“
Zur Koalitionsvereinbarung erklärt Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH):
„Der Standortpatient Deutschland muss endlich runter von der Intensivstation. Das ist der Auftrag an die neue Regierung. Die Koalitionsvereinbarung enthält wirksame Medizin, aber auch einige bittere Pillen. Ob dies zu einer echten Wirtschaftswende führt, muss sich erst noch zeigen.
Vieles kann sich in die richtige Richtung drehen. Für die Betriebe und Beschäftigten sind konkrete Perspektiven für Entlastungen besonders wichtig. Beim Bürokratieabbau sind Union und SPD erfreulich mutig und ambitioniert. Auch die berufliche Bildung soll gestärkt werden. Das hilft.
An entscheidenden Stellen bleibt der Reformdruck leider bestehen. Hier wird sich die Koalition einem Realitätscheck unterziehen müssen. Der sozialpolitische Teil ist sanierungsbedürftig, bevor die Koalition überhaupt ihre Arbeit aufnimmt. Auch die angekündigten Verbesserungen im Steuerbereich sind noch zu verzagt und zu wenig mittelstandsorientiert.
Die anhaltende Konjunkturschwäche und die instabile internationale Lage zwingen zum Handeln. Deutschland muss mutig und entschlossen an seiner Sicherheit, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit arbeiten. Diese Koalitionsvereinbarung kann dafür ein Ausgangspunkt sein. Im Regierungshandeln muss diese Koalition beweisen, wie ernst sie es mit einer Wirtschaftswende meint.“
Deutsche Umwelthilfe: „Union und SPD werfen Umwelt- und Klimaschutz um Jahrzehnte zurück“
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht ein verheerendes Fazit zum Ergebnis der Koalitionsverhandlungen: Obwohl Klima- und Biodiversitätskrise massiv voranschreiten, planen Union und SPD einen klimapolitischen Rückfall noch hinter den Stand der Merkel-Ära. DUH kritisiert dies scharf und kündigt an, notwendige Klimaschutzmaßnahmen insbesondere in den Bereichen Gebäude und Verkehr notfalls gerichtlich durchzusetzen.
Im Einzelnen kritisiert die Bundesgeschäftsführung der DUH wie folgt:
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „In Sachen Wärmewende ist der Worst Case eingetreten: Das Heizungsgesetz soll abgeschafft werden. Das ist fatal für den Klimaschutz und bezahlbares Heizen. Ohne einen klaren Fokus auf Energieeffizienz und Einsparung fährt die neue Koalition Klimaschutz im Gebäudesektor weiter an die Wand. Die CDU hat unter Altmaier das Ende der EH55-Neubauförderung 2021 selbst eingeleitet, nur um sie nun zurückzubringen. Damit werden klimaschädliche Neubauten gefördert, ohne sicherzustellen, dass daraus bezahlbarer Wohnraum entsteht. Die Koalition bekennt sich offen dazu, die EU-Gebäuderichtlinie so unambitioniert wie möglich umzusetzen. Deutschland wird immer mehr zum europäischen Schlusslicht, was den Klimaschutz im Gebäudesektor anbetrifft. Immerhin scheinen Union und SPD erkannt zu haben, dass der Schlüssel für eine gelungene Energiewende in der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern liegt, etwa durch Energy Sharing und Mieterstrom. Wir werden genau hinsehen und Druck machen, damit den Worten diesbezüglich im Koalitionsvertrag auch konkrete Taten folgen!“
DENEFF erwartet positive Impulse – warnt aber auch vor neuer Verunsicherung
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF) begrüßt, dass einige Ankündigungen des Koalitionsvertrag wichtige Impulse für eine energieeffiziente Volkswirtschaft liefern können. Die DENEFF ist zudem erleichtert, dass von einer möglichen Abkehr von Effizienzanforderungen im Gebäudebestand Abstand genommen wurde, die in den Arbeitsgruppen noch strittig war. Insbesondere das klare Bekenntnis zur Fortführung von Förderprogrammen, zur Sanierung öffentlicher Gebäude sowie zur Stärkung innovativer Effizienztechnologien seien ein wichtiges Signal für wirtschaftliche Resilienz, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Klimaschutz.
Gleichzeitig warnt die DENEFF entschieden vor möglichen Rollbacks bei bewährten Effizienzstandards und Zielen im Energieeffizienzgesetz (EnEfG). Auch die sehr vage Aussage zu den Klimazielen im Gebäudesektor, dass die „erreichbare CO₂-Vermeidung“ zentrale Steuerungsgröße werden soll, ließe offen, ob die energiepolitischen Ambitionen aufgeweicht werden.
Effizienzanforderung blieben unverzichtbar, damit die Energiewende bezahlbar, sicher und nachhaltig gelänge. Es bleibe auch unklar, was an die Stelle des sogenannten Heizungsgesetzes treten solle und ob Standards für betriebliches Energiemanagement in Unternehmen abgeschwächt werden könnten. Fortschritte der letzten Jahrzehnte könnten leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden und neue Verunsicherung geschürt werden, warnt die DENEFF.
„Energieeffizienz spielt gerade jetzt eine zentrale Rolle für die Stärkung von Binnenkonjunktur und Wettbewerbsfähigkeit, der Begrenzung der Energiewendekosten und beim Kampf gegen Energieimport-Abhängigkeiten. Es braucht jetzt schnell klare Leitplanken für Investitionen.“, erklärt Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF.
Nun komme es auf die Umsetzung und Ausgestaltung an. Die Branche mit etwa einer Million Beschäftigten stehe bereit.
Etwa bei der Industrieeffizienz gelte es, internationale Erfolge zu verteidigen, denn Energieeffizienz sei vor allem auch Standortfaktor. Ein Industriestrompreis allein könne angesichts begrenzt verfügbarer Energie und volatiler Märkte die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht sichern: Energieeffizienz entscheide. Steuerliche Anreize für Effizienzinvestitionen und der Fortbestand wichtiger Förderprogramme wie BIK, EEW und Klimaschutzverträge seien daher richtige Schritte – dürften jedoch nicht durch die Aufweichung von Standards konterkariert werden. Fördermittel seien begrenzt und müssten effizient eingesetzt werden.
Die DENEFF lobt ausdrücklich die geplanten Investitionen in die Sanierung öffentlicher Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser und Sportstätten. Hier müsse die öffentliche Hand ihrer Vorbildfunktion endlich gerecht werden – wie es auch die EU-Energieeffizienzrichtlinie fordert. Entscheidend wird jedoch sein, dass energetische Aspekte dabei nicht nur mitgedacht, sondern konsequent umgesetzt würden.
Positiv hervorzuheben sind aus Sicht der DENEFF unter anderem:
Die Fortsetzung der Gebäudeförderprogramme (Sanierung und Heizung), Abkehr von unsinnigem Paradigmenwechsel im Gebäudeenergierecht
Das klare Bekenntnis zur Sanierung öffentlicher Gebäude – von Kitas über Hochschulen bis zu Sporthallen und zur Ermöglichung sozialverträglicher energetischer Sanierungen in Milieuschutzgebieten.
- Die Ankündigung, innovative Technologien wie Abwasserwärmenutzung und Wärmerückgewinnung zu stärken, Erleichterung der Einspeisung unvermeidbarer Abwärme in Fernwärmenetze und Unterstützung von Modellvorhaben und besonders energieeffizienter Anlagen innerhalb einer Wasserstrategie.
- Die geplante Überarbeitung der Wärmemarktregulierung sowie die gesetzliche Regelung und Aufstockung der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze.
- Ankündigungen zur Verbesserung steuerlicher Maßnahmen, Absetzbarkeit von energetischen Maßnahmen bei Erbschaft, eigenkapitalersetzenden Maßnahmen und Übernahme staatlicher Bürgschaften für Hypotheken für Neubau und Sanierung.
Kritisch sieht die DENEFF jedoch:
- Andeutungen zur Relativierung der Ziele und Anforderungen des erst 2024 in Kraft getretenen Energieeffizienzgesetzes
- Abschaffung des „Heizungsgesetzes“, sehr vage Aussagen zu „erreichbarer CO₂-Vermeidung“ als zentraler Steuerungsgröße
- Verzögerte Umsetzung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie
BSW Solar Solarwirtschaft zum Koalitionsvertrag: Licht und Schatten
Der geeinte Entwurf des Koalitionsvertrages enthält nach Einschätzung der Solarwirtschaft Licht, aber auch Schatten. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßt die Übereinkunft von Union und SPD, an den Klimazielen festhalten zu wollen und Erneuerbare Energien und Speicher weiter auszubauen. Davon würden private und industrielle Verbraucher:innen gleichermaßen profitieren. Auch die angestrebte Stärkung der direkten Einbindung von Unternehmen und Bürger:innen bei der Energiewende sei zu begrüßen. Das Interesse daran sei riesig.
„Die Modernisierung, Flexibilisierung und Entbürokratisierung der Energieversorgung gehören weiterhin vorne auf die politische Agenda. Saubere und preiswerte Erneuerbare Energien und ein möglichst hohes Maß an Energieunabhängigkeit sind essenziell für künftigen Wohlstand, Wohlergehen und Sicherheit in unserem Land,“ erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.
Der BSW-Solar begrüßt das grundsätzliche Bekenntnis zum Klimaschutz und zu Erneuerbaren Energien sowie einem überragenden öffentlichen Interesse auch an Batteriespeichern in der erzielten Einigung. Wichtig sei auch die Zusage, die Resilienz der heimischen Produktion von EE-Komponenten stärken zu wollen. Der BSW-Solar hatte dafür bereits in der letzten Legislaturperiode konkrete Vorschläge unterbreitet, die auf viel Zustimmung in den Reihen von Union und SPD und auf Bundes- und Landesebene getroffen waren.
Weniger hilfreich für ein attraktives Investitionsklima seien hingegen Vorhaben oder Prüfaufträge, die Zweifel daran aufkommen lassen könnten, dass die nächste Bundesregierung die Weichen konsequent in Richtung Erneuerbare Energien stellen wird. In diesem Zusammenhang warnt der BSW-Solar unter anderem vor einem Zementieren fossiler Kraftwerkskapazitäten und vor einer Verschlechterung der Investitionsbedingungen für Erneuerbare Energien im Wärmesektor im Zusammenhang mit der geplanten Abschaffung des sogenannten „Heizungsgesetzes“. „Der Innovationsstau bei klimafreundlichen Heizungen und Heizkraftwerken muss jetzt schnell aufgelöst werden. Dafür bedarf es einer schnellen Klärung, dass mit Hilfe eines klugen Mixes aus Fördern, Fordern und Fairness die Wärmewende endlich beschleunigt und sozial abgefedert wird. Disruptive Eingriffe und Bremsmanöver sind auch im Stromsektor unbedingt zu vermeiden“, so Körnig.
Nach Ansicht der Solarwirtschaft bedürfe es nun eines schnellen und konsequenten Handelns, um die in den letzten Jahren entfachte Dynamik der Energiewende im Stromsektor zu verstärken und endlich auch auf den Wärme- und Verkehrssektor zu übertragen. Dafür müssen weitere Marktbarrieren für Erneuerbare Energien und Speicher abgebaut und Prozesse bei deren Netzausbau und -anschluss vereinfacht und beschleunigt werden. Der Bundesverband Solarwirtschaft wird dazu auch in der neuen Legislaturperiode zahlreiche sachdienliche Hinweise geben.
BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel
„Wir begrüßen es, dass sich CDU, CSU und SPD auf einen Entwurf für einen Koalitionsvertrag verständigt haben. Nach fast einem halben Jahr der Unsicherheit ist es wichtig für unser Land und unsere Branche, dass nunmehr wieder Stabilität und Verlässlichkeit absehbar sind.
Positiv hervorzuheben sind das klare Bekenntnis zu einer deutlichen Absenkung der Strompreise für Verbraucher um fünf Cent pro Kilowattstunde sowie das Ziel, die Netzentgelte dauerhaft zu deckeln. Gleichzeitig wird eine Fortsetzung der Sanierungs- und Heizungsförderung angekündigt – das sind zusammengenommen klare Signale der Verbesserung von Rahmenbedingungen für die Branche.
Wir unterstützen die Betonung des Gebäudesektors für die Erreichung der Klimaziele und verweisen auf die dringende Notwendigkeit, die Abhängigkeit Deutschlands von Importen fossiler Energieträger zu reduzieren. Die Ankündigungen zum Gebäudeenergiegesetz bedeuten, dass es auch weiterhin Anforderungen an den Einsatz erneuerbarer Energien beim Heizungstausch geben wird. Diese müssen auch weiter in Übereinkunft mit den europäischen Gebäudevorgaben stehen.
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der neuen Koalition und wollen als Branche unseren Teil zum Gelingen der Wärmewende in der neuen Legislaturperiode beitragen.“
HDH Holzindustrie zum Koalitionsvertrag - Bauen mit Holz ist die Antwort!
Den heute vorgelegten Koalitionsvertrag bewertet Dr. Denny Ohnesorge, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie, differenziert. Positiv bewertet der HDH insbesondere die Absichtserklärungen, auf das systemische und modulare Bauen zu setzen und die CO2-Vermeidung zur zentralen Steuergröße im Bausektor aufzubauen. Ohnesorge erklärt: „Bauen mit Holz ist die Antwort auf die Fragen, die der Koalitionsvertrag stellt. Das serielle Bauen mit vorgefertigten Bauteilen aus Holz ist die ideale Bauart, um schnell und klimafreundlich neuen Wohnraum und Infrastruktur zu schaffen. Zusammen mit Erleichterungen wie dem Gebäudetyp E und zusammengelegten KfW-Förderungen könnte wieder neuer Schwung in die Baukonjunktur gelangen.“
Gleichwohl enthält der Koalitionsvertrag auch Vorhaben, die den Aufschwung hemmen könnten. „Ein Mindestlohn von 15 Euro erhöht die Lohnkosten. Zudem enthält der Koalitionsvertrag keine konkreten Maßnahmen, um die Lohnnebenkosten, insbesondere die Krankenversicherungsbeiträge, zu deckeln. Beides zusammengenommen sorgt dafür, dass die Produktionskosten am Standort Deutschland weiter steigen werden. Es bleibt deshalb die Gefahr, dass weiterhin Unternehmen abwandern oder ihre Produktion ins Ausland verlagern", so Ohnesorge.
BDEW zum Koalitionsvertrag von Union und SPD
Die Koalitionspartner CDU, CSU und SPD haben ihren Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode vorgelegt. Hierzu erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
„Angesichts der wachsenden geopolitischen Unsicherheiten muss es in den kommenden Jahren darum gehen, Resilienz und Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa zu stärken und Energie bezahlbar zu halten. Ein resilientes Energiesystem ist die Basis für Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Es fußt auf dem Ausbau erneuerbarer Energien, steuerbarer Kapazitäten auf Grundlage von Gas und perspektivisch Wasserstoff und dem wichtigen Fokus auf Infrastruktur und Flexibilitäten. Es ist daher ein gutes Signal, dass die Koalition keine Kehrtwende bei der Energiewende macht, sondern die energiepolitische Kontinuität und einen innovationsgetriebenen Kurs Deutschlands voranbringt.
Einige Punkte sehen wir kritisch und werden deren Umsetzung genau prüfen. Dies betrifft beispielsweise die Staatsbeteiligung im Energiesektor oder die Nutzung der Reservekraftwerke zur Preisdämpfung, insbesondere auch vor dem Hintergrund der europarechtlichen Risiken. Die Senkung der Energiepreise ist ein wichtiger Beitrag für den Wirtschaftsstandort. Bei der Mittelverwendung sollte aber im Blick behalten werden, dass insbesondere Investitionen vorangebracht werden müssen.
Der erforderliche Netzausbau und die -modernisierung müssen wirtschaftlich sowie kosten- und systemeffizient möglich sein, damit Strom, Gas und Wasserstoff zuverlässig zu den Verbrauchern gelangt. Dazu ist es erforderlich, den Finanzierungsrahmen zu verbessern, die regulatorische Verzinsung des eingesetzten Kapitals muss im aktuellen Zinsumfeld attraktiv und wettbewerbsfähig sein, was eine deutliche Erhöhung bedeutet.
Die rasche Einigung der Koalitionspartner gibt Hoffnung auf eine hohe Zielorientierung der zukünftigen Bundesregierung und auf pragmatische, praxistaugliche Lösungsansätze. Es gilt: Weniger ist mehr. Denn über Bürokratieabbau und Gesetze ohne Mikromanagement wird die Umsetzungskraft der Branche gestärkt.
Der Koalitionsvertrag ist eine Grundlage für eine effiziente Fortführung der Energiewende, Kosten- und Systemeffizienz müssen zukünftig das Leitbild sein. Erneuerbare Energien, Netze, Speicher, steuerbare Gaskraftwerke und Elektrolyseure müssen konsequent weiter und mit Blick auf Systemdienlichkeit ausgebaut werden, um ein resilientes Stromsystem zu schaffen. Dabei müssen die Kosten im Blick behalten werden, um den Wirtschaftsstandort zu stärken und Akzeptanz zu sichern.
Gleichzeitig gibt es aktuell starke geopolitische Unsicherheiten für die Gasmärkte, die die neue Bundesregierung fordern. Entscheidungen über Gashandel gehören in die unternehmerische Verantwortung, bedürfen aber auch staatlicher Flankierungen. Deutschland und die EU dürfen nicht in eine Zwickmühle zwischen den USA und Russland geraten.“
BSB zum Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung
Der Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) sieht im Koalitionsvertrag wichtige Signale für mehr Verbraucherschutz und Unterstützung beim Erwerb von Wohneigentum. Gleichzeitig warnt der BSB vor Risiken für Bauherren und Sanierer durch geplante gesetzliche Änderungen. Geschäftsführer Florian Becker kommentiert das Verhandlungsergebnis der künftigen Koalitionäre wie folgt:
Stärkere Absicherung von Wohnungskäufern bei Bauträgerinsolvenzen
„Der BSB begrüßt ausdrücklich das Vorhaben der Koalition, Wohnungskäufer besser vor den Folgen einer Bauträgerinsolvenz zu schützen. Die Lage hat sich in den letzten Jahren deutlich zugespitzt: Immer mehr Bauträger melden Insolvenz an – mit gravierenden Folgen für betroffene Erwerber, die häufig vor halbfertigen Baustellen stehen und massive finanzielle Verluste erleiden. Wir werden uns dafür stark machen, dass die angekündigte Gesetzesinitiative zügig auf den Weg gebracht wird.“
Unterstützung von Häuslebauern durch eigenkapitalersetzende Maßnahmen
„Der BSB unterstützt die Absicht der Bundesregierung, Bürger bei der Bildung von Wohneigentum durch eigenkapitalersetzende Maßnahmen zu fördern. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten ist das ein ermutigendes Signal an angehende Bauherren. Wichtig ist, dass entsprechende Förderungen bereits in diesem Jahr anlaufen, damit es zu keiner Hängepartie kommt, in der Bauwillige ihr Vorhaben vertagen und dadurch die Bauquote weiter sinkt.“
Reform des Heizungsgesetzes bleibt unklar
„Die unklare Positionierung zur Abschaffung des Heizungsgesetzes bzw. einer Reform des Gebäudeenergiegesetzes ist aus Sicht des BSB unbefriedigend. Für eine erfolgreiche Energiewende im Gebäudebereich braucht es schnell klare und verlässliche Rahmenbedingungen. Viele Verbraucher sind durch die Debatten der letzten Jahre stark verunsichert und schieben dringend nötige Investitionen weiterhin auf. Um endlich Planungssicherheit zu bekommen und Immobilienbesitzer zum Handeln zu bewegen, muss die Gesetzesreform mit konkreten Leitlinien untersetzt und schnell angegangen werden.“
Kritik an geplanter Änderung beim Mangelbegriff des Gebäudetyp-E
„Wir kritisieren, dass das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik künftig keinen Mangel mehr darstellen soll. Viele Studien belegen, dass die Mehrzahl der Bauherren mit gravierenden Mängeln zu kämpfen haben. Eine Aufweichung des Mangelbegriffs würde die Durchsetzung des vertraglich geschuldeten Bausolls deutlich erschweren – ohne dass daraus echte Kostenvorteile beim Ein- und Zweifamilienhausbau entstehen. Bei einem derartigen Abbau der Verbraucherrechte ist eine Zunahme von langen und teuren Rechtsstreiten vorprogrammiert.“