Baukonjunktur: Wohnungsbau im freien Fall
Die baukonjunkturelle Entwicklung ist geteilt: Während sich der (Wirtschafts-)Tiefbau in den ersten drei Quartalen 2023 vergleichsweise gut entwickelt hat, gehen dem Hochbau so langsam die Aufträge aus. Für die ersten drei Quartale 2023 wird für den Tiefbau ein reales Orderplus von 3% und im Hochbau ein Minus von 14% gemeldet, letzteres überwiegend hervorgerufen durch den Wohnungsbau. Für das gesamte Bauhauptgewerbe ergibt sich ein realer Rückgang von 5,6%.
Seit dem Frühjahr ist auch eine differenzierte regionale Entwicklung zu beobachten: Während im Zeitraum April bis September schon in acht Bundesländern reale Orderzuwächse gemeldet wurden, weisen die übrigen noch Rückgänge aus. Inkl. des 1. Vj. sind allerdings nur drei Länder im Orderplus. Die schlechte Auftragslage macht sich auch beim Umsatz bemerkbar, der im gesamten Bundesgebiet über alle Quartale um real 3,6% gesunken ist. Aber auch hier schneidet der Hochbau (-6,6%) deutlich schlechter ab als der Tiefbau (+0,2%). Entsprechend geteilt ist die Stimmung: Laut DIHK beurteilte im Rahmen der Herbstumfrage jedes vierte Hochbauunternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht, im Tiefbau nur jedes zehnte.
Lage im Wohnungsbau
Der Wohnungsbau befindet sich weiterhin im freien Fall: Der Auftragseingang ist in den ersten drei Quartalen um real 24%, die Zahl der zum Bau genehmigten Wohnungen (Neu- und Umbau) um 28% eingebrochen. Für den Umsatz wird schon ein reales Minus von 11% gemeldet. Der HDB wird
seine sowieso schon schlechte Prognose für 2023 wohl weiter nach unten revidieren müssen. Hohe Baukosten in Kombination mit gestiegenen Zinsen
und politischer Unsicherheit sind nach wie vor Gift für Hausbauer. Entsprechend klagt - laut ifo - schon jeder zweite Wohnungsbauer über Auftragsmangel; 61%, dass der eigene Auftragsbestand zu klein sei. Es wundert somit nicht, dass die Reichweite des Auftragsbestandes immer weiter sinkt und Mitte November nur noch bei 3,8 Monaten lag (Nov. 2022: 5,1).
Ein Ende der negativen Entwicklung scheint vorerst nicht in Sicht zu sein: 72% der von ifo Befragten erwarten eine Verschlechterung der eigenen Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten.
Entspannung beim Wirtschaftsbau
Im Wirtschaftsbau hat sich die Lage - dank mehrerer Großprojekte insbesondere bei der Bahn und im Kabelleitungstiefbau - deutlich aufgehellt. Für den Tiefbau wird ein reales Orderplus von 18% und für den Hochbau ein Minus von 11% ausgewiesen. Im 3. Vj. hat der Hochbau aber aufgeholt (+3%). Der Umsatz hinkt zwar nach wie vor hinterher, entwickelt sich aber - bisher - besser als erwartet: In den ersten drei Quartalen lag der reale Umsatz um 1,6% unter dem Vorjahresniveau, der HDB hat Mitte des Jahres noch ein Minus von 4% prognostiziert. Eine Korrektur nach oben scheint angebracht.
Allerdings sind die Bauunternehmen hinsichtlich der Entwicklung im Hochbau nach wie vor skeptisch: Laut ifo erwarteten im November immer noch 57%
der Befragten in diesem Segment eine Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten.
Öffentlicher Bau: Hochbau im Plus
Auch der Öffentliche Bau hat sich besser entwickelt als im Sommer vom HDB prognostiziert. Der reale Umsatz lag in den ersten drei Quartalen ebenfalls um 1,6% unter dem Vorjahresniveau. Der reale Auftragseingang ist in Summe mit -3% noch im Minus, hat aber aufgeholt: im 3. Vj. wird ein Plus von 7% gemeldet - auch hier dank Großprojekten, u.a. der Bau einer Universität.
Im Gegensatz zum Wirtschaftsbau entwickelt sich in diesem Segment der Hochbau aber besser als der Tiefbau: Der reale Auftragseingang im öffentlichen Hochbau liegt mit 6% deutlich im Plus. Für den Straßenbau wird hingegen ein reales Minus von 7% ausgewiesen. Dass die ifo Umfrageergebnisse ein genau gegenteiliges Bild liefern - 48% der Befragten klagten, dass ihre Bautätigkeit im Öffentlichen Hochbau durch Auftragsmangel behindert werde, für den Straßenbau gaben dies nur 28% an - dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, dass der überwiegende Teil der Befragten von den Großprojekten im Hochbau nicht profitiert.
Arbeitsmarkt: Beschäftigung auf stabilem Niveau
Der HDB erwartet nach wie vor, dass die Betriebe des Bauhauptgewerbes die Zahl ihrer Beschäftigten (im Jahresdurchschnitt) 2023 bei 927.000 und damit auf Vorjahresniveau halten werden. Aufgrund des Nachfrageeinbruchs im Wohnungsbau planen aber immer mehr Bauunternehmen, Personal abzubauen. So gab im Rahmen der DIHK-Herbstumfrage jedes dritte Hochbauunternehmen an, in den kommenden 12 Monaten Personal abzubauen, von den Tiefbauunternehmen plant dies „nur“ jedes fünfte.
Von einem personellen Kahlschlag ist die Branche aber noch weit entfernt. Schließlich gaben in der gleichen Umfrage immer noch 64% der befragten Bauunternehmen an, im Fachkräftemangel ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens zu sehen. Auch in der ifo Umfrage gaben (im November) immerhin noch 30% der Befragten an, durch Fachkräftemangel in ihrer Bautätigkeit behindert zu sein. Dies betrifft aber überwiegend den Tiefbau (38%), im Wohnungsbau ist der Anteil rückläufig (23%).