Baugewerbe: Tarifverhandlungen erneut ergebnislos vertagt
Die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Bauhauptgewerbe, die am 5.März 2024in Berlin stattgefunden hat, ist erneut ergebnislos vertagt worden. Die Fortsetzung erfolgt ab dem 9. April 2024 in Wiesbaden.
Nachdem die Volkswirte der Tarifvertragsparteien die Branchenzahlen als Datengrundlage für die Verhandlungen vorgestellt haben, wurde die differenzierte Entwicklung der Bausparten unstrittig festgestellt. Insbesondere der Nachfrageeinbruch im Wohnungsbau schwächt die Baukonjunktur insgesamt.
Auf Grundlage dieser Feststellungen haben die Arbeitgeber ein Angebot vorgelegt. Bei einer Laufzeit von 24 Monaten stellten sie für das Jahr 2024 drei Prozent und auch für das Jahr 2025 drei Prozent in Aussicht.
Die Ausbildungsvergütung für das erste Ausbildungsjahr könne überproportional auf 1.000 Euro erhöht werden. Darüber hinaus wollen die Arbeitgeber über Möglichkeiten der Entgeltumwandlung und der Kollegenhilfe verhandeln.
Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber und Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) erklärte: „Unser Angebot entspricht den möglichen Verteilungsspielräumen der Betriebe und trägt der wirtschaftlichen Situation der Bausparten Rechnung. Wir hatten auf mehr Verständnis hierfür gehofft, aber die Spanne zwischen dem Machbaren und den Forderungen der IG BAU könnte nicht weiter auseinanderliegen.“
Jutta Beeke, Vizepräsidentin des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, ergänzte: „Unser Angebot berücksichtigt die wirtschaftlich angespannte Situation. Die Vorstellungen der IG BAU sind aufgrund der Datenlage nicht nachvollziehbar. Dennoch hoffen wir auf eine Einigung in freien Verhandlungen.“
IG Bau: "Arbeitgeber legen respektloses Angebot vor"
Zum Angebot der Arbeitgeber äußert sich Carsten Burckhardt, Mitglied im Vorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und Verhandlungsführer für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: "Das ist respektlos, das spiegelt die Leistung der Baubeschäftigten nicht wieder. Sie wissen finanziell weder ein noch aus und die Bauunternehmer bieten 'n Appel und 'n Ei an. Unglaublich."
Der letzte Tarifabschluss im Bauhauptgewerbe war im Jahr 2021. Zwischenzeitlich ist die Inflationsrate laut statistischem Bundesamt in Deutschland auf 6,9 Prozent (2022) und 5,9 Prozent (2023) gestiegen, im Oktober 2022 lag der Index gar bei 10,4 Prozent. "Die Arbeitgeber haben durch Taschenspielerstricks vorgerechnet, dass der Reallohnverlust lediglich 0,3 Prozent betragen hätte. Auf dieser Grundlage kann man keine echten Verhandlungen führen. Im Übrigen hatten die Bauarbeitgeber in der letzten Tarifrunde noch behauptet, es gebe überhaupt keinen Reallohnverlust", erklärt Burckhardt. Auch müsse den Arbeitgebern klar sein, dass die Stimmung draußen auf den Baustellen mehr als brodelt. "Mit diesem Angebot werden die Unternehmen nicht weit kommen."
Die IG BAU fordert 500 Euro mehr pro Monat über alle Einkommensgruppen hinweg mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. "Und wieder wollen die Bauarbeitgeber eine lange Laufzeit, sogar von mindestens 32 Monaten war die Rede. In dieser langen Zeit kann wieder viel passieren, das haben wir doch jüngst alles erlebt. Deshalb sind kurze Laufzeiten nicht mehr als recht und billig, nur so kann man auf aktuelle wirtschaftliche Schwankungen optimal reagieren", erklärt Burckhardt. Er fordert die Bauunternehmen auf, ein deutlich besseres Angebot vorzulegen.
Zusätzlich empört den Gewerkschafter, dass die Bauunternehmer vorgeschlagen haben, die Leiharbeit im Baugewerbe und baunahen Branchen einzuführen. "Das bedeutet niedrigere Löhne, unsichere Arbeitsverhältnisse, letztendlich Hire and Fire. Da spielen wir auf keinen Fall mit, das ist mit der IG BAU nicht zu machen."
Mit der IG BAU sitzen der Hauptverband der Bauindustrie sowie der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes am Verhandlungstisch. Im Bauhauptgewerbe sind rund 930.000 Frauen und Männer beschäftigt. Der nächste Verhandlungstermin ist am Dienstag, 9. April, in Wiesbaden, der derzeitige Tarifvertrag läuft am 31. März aus.