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Ladeinfrastruktur für Elektroautos: So gelingen Planung, Installation und Betrieb

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Immer mehr Menschen fahren elektrisch. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes belief sich der Bestand an Elektroautos und Plug-in-Hybriden in Deutschland zu Beginn des Jahres 2021 auf knapp 600.000 Fahrzeuge – Tendenz stark steigend, im Juli soll die Millionenmarke geknackt werden. Damit werden zunehmend Ladesysteme zum Bestandteil der Haustechnik und Elektromobilität wird auch für Installationsbetriebe zu einem attraktiven Betätigungsfeld.

Ladeinfrastruktur ist jedoch nicht gleich Ladeinfrastruktur. Nicht jedes Ladesystem eignet sich für alle Anforderungen. Um kostspielige Fehler zu vermeiden, sollte im Vorfeld geklärt werden, wie genau die Ladeinfrastruktur genutzt werden soll. In diesem Beitrag werden neben dem Nutzungskonzept, den technischen Anforderungen und rechtlichen Grundlagen auch relevante Aspekte bei Planung, Installation und Betrieb von Ladestationen aufgezeigt.

Technische Aspekte bei der Installation von Ladestationen

Die technischen Aspekte des Ladeinfrastruktur-Aufbaus sollen an dieser Stelle nur kurz angesprochen werden. Für eine intensivere Beschäftigung mit diesem Thema empfehlen wir den „Technischen Leitfaden Ladeinfrastruktur Elektromobilität“, der gemeinsam vom VDE, ZVEI, ZVEH und weiteren Verbänden herausgegeben wurde und einen umfassenden Einblick in die technischen und regulatorischen Anforderungen des öffentlichen Ladeinfrastruktur-Aufbaus bietet.

Idealerweise steht am gewünschten Standort bereits eine ausreichende Netzanschlussleistung für die benötigte Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Oft ist das jedoch nicht der Fall. Bevor umfangreiche und kostspielige Netzanschlussarbeiten vorgenommen werden, die im Rahmen der Errichtung öffentlicher Ladeinfrastruktur gefördert werden, sollte geprüft werden, ob mittels intelligentem Lade- und Lastmanagement eine Erweiterung des Netzanschlusses vermieden werden kann. Wir empfehlen, sich vor der Planung und Umsetzung von Elektromobilitäts- und Ladeinfrastruktur-Experten beraten zu lassen, um geeignete und zukunftsfähige Ladelösungen zu installieren.

Grundsätzlich sind die wesentlichen technischen Aspekte beim Aufbau einer Ladestation die Anschlussleistung und die Ladeleistung. Aufschluss über die benötigten Werte geben u.a. die Ladeleistung des E-Autos sowie die durchschnittliche Standzeit des Fahrzeugs. Um zukunftssicher zu planen, sollte der Anschluss auf mindestens 11 kW am privaten Ladeplatz ausgelegt sein. Nur wenn ein 22 kW-Onboard-Lader im Fahrzeug verbaut wurde, kann es sinnvoll sein, die Anschlussleistung auf 22 KW auszulegen. Welche Hardware sich konkret eignet, hängt neben der Leistung auch vom geplanten Betriebsmodell ab.

Da künftig intelligente Ladepunkte, die bspw. mit der Photovoltaikanlage, der Smartphone-App oder der Backendsoftware Daten austauschen und kommunizieren, Standard sein werden, sollte am gewünschten Standort der Ladeinfrastruktur eine Datenverbindung möglich sein. Dies kann über eine stabile mobile Datenverbindung geschehen oder, wenn verfügbar, auch über ein WLAN erfolgen. Unabhängig davon sollte im Rahmen der Installation immer auch ein LAN-Netzwerkkabel verlegt werden, damit eine spätere Anbindung an Drittsysteme unkompliziert ermöglicht werden kann.

Rechtliche Aspekte bei der Installation von Ladeinfrastruktur

Ladepunkte für E-Pkw müssen von einem zertifizierten Fachbetrieb installiert werden und sind meldepflichtig – ab einer bestimmten Leistung sogar genehmigungspflichtig:

  • Ladeeinrichtungen mit einer Leistung zwischen 3,7 kVA und 12 kVA müssen beim lokalen Netzbetreiber angemeldet werden. Sollen mehrere Ladepunkte installiert werden, muss darauf geachtet werden, dass die Gesamtleistungs-Grenze von 12 kVA nicht überschritten wird.
  • Ladeeinrichtungen mit einer Leistung von mehr als 12 kVA müssen vom lokalen Netzbetreiber genehmigt werden.

Seit April 2019 müssen, sobald gegenüber Dritten abgerechnet wird, grundsätzlich alle Ladestationen für Elektrofahrzeuge eichrechtskonform sein. Im Bereich der sogenannten Normalladeinfrastruktur (AC) wird das bereits breit umgesetzt, bei Schnellladestationen (DC) existieren bislang nur wenige eichrechtskonforme Systemlösungen. Daher sollten bei der Installation von DC-Ladern möglichst Hersteller ausgewählt werden, die entweder bereits zertifizierte Lösungen anbieten oder sich im Genehmigungsverfahren befinden.

Das Energiewirtschaftsgesetz bietet interessante Anreize für Ladestationsbetreiber: Netzbetreiber müssen gemäß §14a EnWG reduzierte Netzentgelte für Ladepunkte anbieten, die als steuerbare Verbrauchseinrichtungen mit separaten Zählpunkten netzdienlich gesteuert werden können, also intelligente bzw. smarte Ladestationen. Der dafür notwendige Einbau der Stromzähler und Steuergeräte sowie die Anmeldung beim Netzbetreiber wird i. d. R. von einem zertifizierten Installationsbetrieb übernommen. 

Wenn eine Garage mit einem Ladesystem ausgerüstet werden soll, muss die Garagenverordnung des jeweiligen Bundeslandes beachtet werden. Es gibt auch seltene Fälle, in denen die Errichtung von Ladestationen nicht gestattet ist. Dies ist beispielsweise bei feuer- oder explosionsgefährdeten Betriebsstätten der Fall.  

Abschließend noch ein Hinweis auf eine rechtliche Stolperfalle, die kaum jemandem bewusst ist und eigentlich ein eigenes Thema wert ist: die mit bestimmten Betriebsmodellen im Bereich der halböffentlichen und öffentlichen Ladeinfrastruktur einhergehende Umsatzsteuerproblematik. Spätestens wenn der Strom verkauft werden soll, ist es mehr als sinnvoll, einen Ladedienstleister in die Projektierung einzubinden werden, um kostspielige Fehler zu vermeiden.

Nutzungs- und Betriebskonzepte von Ladeinfrastruktur

Private Ladestationen, gewerbliche Ladeinfrastruktur und (halb-)öffentliche Ladesäulen unterscheiden sich deutlich hinsichtlich Nutzung und Betrieb. Auch innerhalb der drei genannten Kategorien kann es ganz unterschiedliche Nutzungsszenarien und Betriebsmodelle geben, die jeweils ganz bestimmte Anforderungen an Hardware und Backend stellen. Entsprechend muss das künftige Betriebsmodell bei der Projektplanung in den Fokus gerückt werden, ein Thema, das weit über die Elektroplanung hinaus geht. Es empfiehlt sich daher für Elektroinstallations-Unternehmen mit Ladedienstleistern zusammen zu arbeiten und auf deren Expertise zurückzugreifen.

Soll an einem Unternehmensstandort bspw. nur die eigene Flotte geladen werden oder wird diese auch geöffnet für Besucher, Mieter, Dienstleister und andere externe Nutzer? Wenn dies der Fall ist, ist ein differenziertes Zugangs- und Abrechnungssystem notwendig, das die Auswahl von infrage kommenden Ladestationen einschränkt. Zudem wird der spätere Betrieb sowie die Wartung in solchen Fällen meist von externen Ladedienstleistern übernommen.

  • Private Ladeinfrastruktur: Die private Ladeinfrastruktur ist sehr wichtig für die  Elektromobilität, da der überwiegende Teil der Ladevorgänge zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfindet. Wenn der E-Auto-Bestand in Deutschland bis zum Jahr 2030 auf sieben bis zehn Millionen Fahrzeuge anwächst, wie von der Bundesregierung prognostiziert, ergibt sich mit einer von uns angenommenen Quote von 0,8 Ladepunkten pro Fahrzeug für das genannte Jahr eine Notwendigkeit von rund sechs bis acht Millionen privaten Ladepunkten (Wohn- und Arbeitsplatz).  In und an Wohn- und Büroimmobilien werden i. d. R. sogenannte Wallboxen installiert. Dabei handelt es sich typischerweise um AC-Ladepunkte mit einer Leistung zwischen einphasig 3,7 und dreiphasig 11 bzw. 22 kW. Im privaten Kontext wird meist davon ausgegangen, dass die E-Fahrzeuge länger stehen und über Nacht bzw. während der Arbeitszeit geladen werden können. Je nachdem, ob Ladeinfrastruktur für ein Einfamilienhaus oder für eine größere Wohnimmobilie mit unterschiedlichen Wohneinheiten geplant wird, muss eine geeignete Backendsoftware für die jeweils notwendigen Steuerungs-, Verwaltungs- und gegebenenfalls Abrechnungsanforderungen genutzt werden.

     
  • Ladeinfrastruktur im Unternehmenskontext: Wenn Ladelösungen für eine Firmenflotte geplant werden, muss besonders die Skalierbarkeit der Ladesysteme und des Betriebsmodells beachtet werden. Neben der Klärung grundlegender Fragen nach Anschlussleistungen, Fahrzeugtypen und -ladeleistungen sowie Standzeiten geht es dabei auch um die Bestimmung von Nutzergruppen mit gegebenenfalls unterschiedlichen Priorisierungen und Tarifen sowie weiteren Verwaltungs- und Abrechnungsanforderungen. Denn die spätere Betriebsart beeinflusst die Auswahl geeigneter Ladelösungen. Vor allem bei größeren Unternehmensflotten sowie bei der Zulassung externer Nutzergruppen werden die Administrations- und Abrechnungsprozesse häufig so komplex, dass sie an spezialisierte Ladedienstleister ausgelagert werden.

     
  • Öffentliche Ladeinfrastruktur: Stand März 2021 gibt es nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW rund 40.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland. Bis zum Jahr 2030 soll die Zahl nach dem Willen der Bundesregierung auf 1 Million ansteigen. Auch wenn der Ausbau langsamer verläuft als erhofft, ist klar: in den kommenden Jahren wird in großem Maße öffentliche Ladeinfrastruktur für Elektroautos entstehen. In den meisten Fällen wird es sich dabei um AC-Ladesäulen mit einer Ladeleistung von bis zu 22 kW handeln, an Autobahnraststätten, Supermarktparkplätzen und anderen Orten mit kurzer Verweildauer werden DC-Schnelllader mit mindestens 50 bis 300 kW, manchmal sogar bis 350 kW, Ladeleistung errichtet. Ansonsten sollte, wie bei der Unternehmensladeinfrastruktur, auch bei öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur das künftige Betriebsmodell Ausgangspunkt der Planungen sein. Die wichtigste Frage für Betreiber dürfte an dieser Stelle sein, ob die Ladestation an ein Lade- und Roamingnetz angebunden oder über ein Direkt-Bezahlsystem betrieben werden soll. 

Direkt-Bezahlsysteme als Alternative zu Roaming

Öffentlich zugängliche Ladepunkte sind aktuell meist in regionale Ladenetze integriert, die über Softwarelösungen an Roamingdienste angebunden sind. Das ist einerseits praktisch, da die Roamingservices einen breiten, überregionalen Zugang zur Ladeinfrastruktur bieten, andererseits aber auch teuer: teilweise sind Aufschläge von bis zu 100 Prozent auf den Abgabestrompreis des Ladeinfrastrukturbetreibers zu zahlen.

Eine immer beliebter werdende und jüngst auch politisch forcierte Alternative sind Direktbezahlsysteme. Für Emobilisten heißt das in der Regel günstigere Ladetarife, während Direct-Payment-Modelle Betreibern öffentlicher Ladeinfrastruktur deutlich schlankere Betriebskonzepte ermöglichen, da Zugangs- und Ladekartenmanagement, Roaminganbindungen und komplexe Abrechnungsvorgänge einfach wegfallen. Dadurch sind flexiblere Preisgestaltung und attraktivere Margen möglich. An einer Giro-e-kompatiblen Ladestation, einem Direktbezahlsystem, das von der GLS-Bank entwickelt wurde und von Parkstrom GmbH mittlerweile flächendeckend eingesetzt wird, erfolgt die Freischaltung, Aktivierung und Bezahlung des Ladevorgangs ganz einfach mit einer kontaktlosen Girokarte, wie man es bspw. auch aus dem Supermarkt kennt.

Vor dem Aufbau von Ladestationen umfassend informieren

Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Aufbau von Ladeinfrastruktur gut geplant werden muss und nicht jede Ladestation sowie nicht jedes Betriebsmodell allen Anforderungen genügt. Besonders wichtig: Eine sinnvolle Planung von Ladeinfrastruktur ist grundsätzlich nicht möglich, ohne zuvor genau das spätere Betriebsmodell definiert zu haben. Branchenfremden Personen und Unternehmen ist daher eine kompetente Beratung empfohlen, die zum Teil sogar gefördert wird.

Stefan Pagenkopf-Martin ist Geschäftsführer des Berliner Ladedienstleisters Parkstrom GmbH  und Mitglied im Expertenbeirat des Bundesverbands eMobilität.

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