Elektrofahrzeuge: Die wichtigsten Trends
Die EU hat im Dezember 2019 erklärt, bis 2050 die Treibhausgasemissionen des Strassenverkehrs um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren zu wollen. Um dieses Ziel, das Teil des europäischen Green Deals ist, zu erreichen, soll u. a. eine effiziente Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge aufgebaut werden. So sollen bis 2030 entlang des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) alle 60 km in jeder Richtung ausreichende Ladekapazitäten für Personen- und Lastkraftwagen errichtet werden. Das Ziel von einer Million Ladepunkten bis 2025 erscheint dennoch recht ambitioniert, aber angesichts der rasanten Entwicklung der Elektromobilität nicht weniger als notwendig.
Status Quo – wo steht Europa gerade in puncto E-Mobilität?
Der Anteil der E-Fahrzeuge in Europa betrug im Jahr 2021 rund 20 % an Neuwagenverkäufen. In den fünf grössten europäischen Märkten (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Grossbritannien) ist der Marktanteil von E-Fahrzeugen (einschliesslich BEV, PHEV und Hybrid) von 8 % im Jahr 2019 auf 38 % im Jahr 2021 gestiegen. Mit dem Tesla Model 3 war im September 2021 erstmals ein reines E-Auto das meistverkaufte Auto in Europa (bezogen auf alle Antriebsarten). Während der Markt für Diesel- und Benzinantriebe bei den Zulassungen rückläufig ist, steigt der Anteil von „Steckerfahrzeugen“ seit langem zweistellig an.
Der Anteil elektrifizierter Fahrzeuge (BEV und PHEV) wird so in Europa bereits im ersten Halbjahr 2023 die Neuzulassungen von Diesel- und Benzinfahrzeugen übersteigen. E-Fahrzeuge erreichen bis 2025 in praktisch allen Fahrzeugsegmenten und -Klassen den Tipping Point, an dem sie sowohl wirtschaftlich als auch im direkten Leistungsvergleich mit Verbrennern deutlich attraktiver als das Auslaufmodell Verbrenner sind. Die Reichweiten steigen,
während sich die Ladezeiten immer stärker verkürzen und Lademöglichkeiten im öffentlichen und privaten Raum immer selbstverständlicher werden. Durch zunehmenden Wettbewerb, fallende Preise und ein breiteres Angebot werden diese Fahrzeuge auch immer stärker im volumenstarken mittleren und kleinen Preissegment dominant.
BEV-Leader China und Nachzügler USA
China ist an einem Punkt angelangt, an dem es mit neuen (sehr attraktiven) E-Autos und PHEVs nun in den europäischen und US-amerikanischen Markt eindringen und punkten kann. Lars Thomsen rechnet bis 2025 mit mindestens sechs chinesischen Marken mit multiplen Modellen auf beiden Märkten. Gleichzeitig gibt dies dem ohnehin schnell expandierenden US-Markt für E-Autos (+190 % gegenüber dem Vorjahr) weiteren Schub. Bis 2026 wird China der grösste BEV-Markt der Welt bleiben.
Der US-Markt erwartet einen Schub für EVs sowie für die Ladeinfrastruktur über die bisherigen Hot-Spots in den Metropolregionen hinaus. Besonders der Eintritt von gleich mehreren Playern in den wichtigsten US-Car-Markt mit „Pickup-Trucks“ wird ab Mitte 2022 einen Sprung auf einen EV-Anteil von mehr als 15 % an den Neuzulassungen in den USA ermöglichen. Je nach Verfügbarkeit von Batterien und Fahrzeugen wird der EV-Anteil an den Neuwagenverkäufen auch in den USA bis 2025 auf mindestens 40 % ansteigen. Im gleichen Zeitraum könnte sich das Volumen der EV-Ladetechnik auf dem US-Markt im Vergleich zu heute mindestens verzwanzigfachen.
Entwicklung der Ladeinfrastruktur in Europa
Bei der Ladeinfrastruktur zeichnen sich gleich mehrere Trends ab:
- Für das AC-Laden setzt sich in Europa das dreiphasige 11-kW-Ladegerät als die häufigste Lösung durch: Fahrzeugseitig ist diese Grösse des Onboardladers gut zu installieren und reicht aus, um auch Akkus mit 80 kWh oder mehr über Nacht vollzuladen.
- Im DC-Bereich ist der CCS-Anschluss mit bis zu 350 kW Ladeleistung entlang der Fernrouten der Standard. Installationen mit 50 bis 100 kW kommen im Bereich von öffentlichen Parkplätzen etc. in Städten oder Points of Interest zum Einsatz.
- Bis 2024 wird praktisch jede Autobahnraststätte in Europa über Schnelllade-Anschlüsse verfügen, was für die Betreiber enorme Investitionen bedeutet. Diese werden in Form von recht hohen Preisen pro kWh an die Nutzer weitergeben, es sei denn, die Nutzer schliessen einen Premium-Vertrag mit dem jeweiligen Betreiber mit monatlicher Grundgebühr ab. Nach den derzeitigen Prognosen werden sich europaweit drei bis fünf Netzwerke herausbilden, welche ähnlich wie die heutigen Mobilfunkbetreiber, um eine langfristige Kundenbindung konkurrieren werden.
Europa ist gefordert, den schnellen Wandel hin zu nachhaltiger, elektrischer Mobilität aktiv und entschlossen mitzugestalten. Mit dieser neuen Dynamik werden die Karten der Automobilindustrie global neu gemischt.
Christoph Erni, CEO und Gründer der Juice Technology AG ist überzeugt: „Mehr denn je bietet sich gerade für Technologiestandorte wie Deutschland, Österreich oder die Schweiz die Chance, die Verkehrswende durch Innovation zu beschleunigen und die Mobilität in eine neue Green Economy einzubinden.“
E-Autos und intelligente, leistungsfähige und netzdienliche Ladeinfrastruktur gehören zusammen wie zwei Seiten einer Medaille. Wir brauchen in ganz Europa gleiche und gute Voraussetzungen, damit wir auch weiter eine führende Rolle in der globalen E-Mobilität einnehmen können und die uns selbst gesteckten und notwendigen Klimaziele erreichen können. Besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen dürfte jedem klar werden, dass lokal und regional erzeugte erneuerbare Energie jeder endlichen und umkämpften endlichen Ressource überlegen ist.