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Brennbare Kältemittel: Gefährdungsbeurteilung von Propan

Silas Jäger

Propan weist ein Global Warming Potential (GWP) von nur 3 auf, R410A hingegen ein GWP von 2088. Allerdings hat Propan den Nachteil der Brennbarkeit. Mit einem dezidierten Sicherheitskonzept ist dieses Risiko jedoch leicht beherrschbar.

Um Wärmepumpen, beziehungsweise Kaltwassersätze mit dem Kältemittel Propan sicher zu betreiben, sind drei Faktoren entscheidend:

  • Sicherungsvorkehrungen der Anlagentechnik,
  • Sicherheitsvorkehrungen für den Aufstellort der Anlage analog einer Gefährdungsbeurteilung und
  • Wartung und Instandhaltung durch geschultes Personal.

Diese drei Punkte fallen zwar juristisch in unterschiedliche Verantwortungsbereiche, erfordern jedoch das Zusammenwirken aller Beteiligten – nämlich von Anlagenhersteller und Fachplaner sowie Anlagenbauer und -betreiber. Für die Anlagensicherheit haben Hersteller wie Systemair bereits wirksame Konzepte entwickelt. Jüngstes Beispiel ist ein patentiertes Entlüftungssystem der luftgekühlten Anlage „SYSAQUA BLUE“. Als Kaltwassersatz liefert die Anlage 31,7 kW Kälteleistung, als Wärmepumpe 35,4 kW Heizleistung. Die Anlage benötigt hierfür lediglich 2,8 kg Propan (R290) (siehe Kasten „Patentierte Anlagensicherheit“).

Kälteanlagen und Wärmepumpen wie die „SYSAQUA BLUE“ werden auch mit dem natürlichen, aber brennbaren Kältemittel R290 (Propan) angeboten.

Drei Kernpunkte der Gefährdungsbeurteilung

Für den Aufstellort einer solchen Kälteanlage ist gemäß Arbeitsschutzgesetz (§ 5, ArbSchG) eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Einzelheiten dazu finden sich in der Betriebssicherheitsverordnung (§ 3, BetrSichV) sowie in der Gefahrstoffverordnung (§ 6, GefStoffV). Bei dem Einsatz des brennbaren Kältemittel Propan gehört außerdem die Erstellung eines Explosionsschutzdokuments dazu. Praktische Hinweise dazu hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) veröffentlicht [1].

Zu den Informationen, die für die Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind, gehören die entsprechenden Normen, technische Regeln und Herstellerhinweise. Viele Hersteller empfehlen zum Beispiel für Anlagen mit dem Kältemittel Propan die Aufstellung im Freien, andere schreiben sie sogar vor. In der Gefährdungsbeurteilung müssen im Wesentlichen drei Punkte untersucht und die daraus resultierenden Risiken durch geeignete Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden:

  • Bei einer Leckage darf sich das brennbare Propan nicht außerhalb der Anlage sammeln oder in andere Gebäudeteile übertreten,
  • potenzielle Zündquellen in der Umgebung der Anlage sind zu vermeiden oder gegen Wirksamkeit zu schützen, und
  • um die Kälteanlage sind Sicherheitszonen zu definieren.

Erstens: Gasansammlungen ausschließen

Da Propan schwerer ist als Luft, kann es sich bei einem Austritt im Schadensfall an Mauern stauen, in Senken sammeln oder bei der Dachaufstellung durch Gebäudeöffnungen in untere Gebäudeteile gelangen. Das Risiko ist, dass so ein entzündliches Gemisch entsteht.

Als Schutzmaßnahme sollten Wärmepumpen und Kälteanlagen mit Propan in einem Abstand von mindestens zwei Metern zu Mauern aufgestellt werden. Dieser Abstand ist bei einer Anlagenkaskade auch zu weiteren Maschinen einzuhalten. Empfehlenswert ist außerdem, die Anlage nicht im Windschatten aufzustellen und nicht zu überdachen. So verdünnt sich im Leckagefall austretendes Propan durch natürliche Ventilation schneller in der Umgebungsluft.

Bei einer Dachaufstellung sind darüber hinaus Mindestabstände zu Treppenaufgängen, Dachfenstern, Dachabläufen und Fallrohren einzuhalten. Zu empfehlen sind fünf Meter. Ist dieser Abstand bei der Anlageninstallation auf Bestandsgebäuden nicht gegeben, sind bauliche Anpassungen erforderlich – beispielsweise ein zu öffnendes Dachfenster mit einem Gassensor und Antrieb auszurüsten, einen Dachabfluss zu verschließen oder ein Fallrohr zu verlegen.

Weitere Einzelheiten zur Aufstellung von Kälteanlagen und Wärme­pumpen unter dem Gesichtspunkt „Sicherheit“ enthält die DIN EN 378-3 [2].

Da Propan schwerer ist als Luft, muss ein Sicherheitsabstand zu anderen Bauteilen eingehalten werden, damit sich das Gas bei einer Leckage nicht zu einem entzündlichen Gemisch sammeln kann.

Zweitens: Zündquellen vermeiden

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind Zündquellen in unmittelbarer Nähe zur Anlage auszuschließen oder gegen ihre Wirksamkeit zu schützen. Propan entzündet sich zwar erst bei 470 °C selbst. Zum Vergleich: Die Selbstentzündungstemperatur von Dieselkraftstoff liegt bei 255 °C. Sollte bei einer Leckage trotz der zuvor genannten Vorkehrungen ein brennbares Gemisch entstehen, sind insbesondere Lichtbögen, ausgehend von der Elektroinstallation, eine hoch gefährliche Zündquelle.

Als Schutzmaßnahme ist die Kälteanlage gegen entstehende Potenzialdifferenzen als mögliche Zündquelle und gegen Blitzeinschlag zu erden. Andere elektrisch betriebene Anlagen innerhalb einer zu definierenden Sicherheitszone sind explosionsgeschützt konform der ATEX-Richtlinie [3] auszuführen. Innerhalb dieses Bereichs sind ebenso Quellen für mechanisch erzeugten Funkenschlag sowie sonstige Wärmequellen zu vermeiden. Dazu können Abgassysteme zählen oder Oberflächen, die sich durch Sonneneinstrahlung stark erwärmen, beispielsweise Einhausungen aus Aluminium-Paneelen.

Zusätzliche Informationen zu potenziell gefährlichen Zündquellen enthalten die TRGS 723 [4] und die DIN EN 1127-1 [5].

Drittens: Sicherheitszonen definieren

Aufgrund der Brennbarkeit von Propan ist als Konsequenz der Gefährdungsbeurteilung in jedem Fall der Aufstellort der Anlage in Sicherheitszonen einzuteilen. Die Kategorien sind der Gefahrstoffverordnung zu entnehmen (Anhang I, Abs. 1.7, GefStoffV). Für explosionsfähige Gas-Luft-Gemische gilt folgende Kategorisierung:

  • Zone 0: ständig oder über lange Zeiträume explosionsgefährdeter Bereich,
  • Zone 1: im Normalbetrieb kann gelegentlich ein gefährliches, explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch entstehen, und
  • Zone 2: im Normalbetrieb entsteht in der Regel kein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch und wenn doch, dann nur selten und für kurze Zeit.

Abhängig von der Anlagentechnik und den Installationsbedingungen könnte es also notwendig sein, im näheren Umkreis der Kälteanlage eine Sicherheitszone der Kategorie 1 oder 2 festzulegen. Üblicherweise werden die Zeitbegriffe der GefStoffV zur Definition der Zone 2 so interpretiert, dass hier potenziell 30 Minuten pro Jahr ein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch entstehen könnte. Ist es unter diesem Gesichtspunkt erforderlich eine Sicherheitszone einzurichten, darf der Zutritt nur berechtigten Personen möglich sein – beispielsweise durch die Sicherung des Bereichs mit einer abschließbaren Umzäunung. Darüber hinaus sind entsprechende Warnhinweise anzubringen. Dient der Umgebungsbereich gelegentlich als Verkehrsfläche, ist die Anlage mit einem Prallschutz zu sichern.

Weitere Hinweise zur Gestaltung von Sicherheitszonen sind der DIN EN 60079-10-1 zu entnehmen [6].

Bei der Einteilung von Sicherheitszonen ist auf ausreichend Abstand zu Gebäudeöffnungen wie Zugänge, Dachfenster und Fallrohre zu achten, damit kein Gas in das Gebäude gelangen kann.

Qualifizierung des Personals

Kälteanlagen sind regelmäßig gemäß den Herstellerangaben zu warten. Wenn möglich, sollte damit das Unternehmen beauftragt werden, das die Kälteanlage installiert hat. Es ist davon auszugehen, dass diese Monteure über die entsprechende Qualifikation für den Umgang mit dem Kältemittel Propan verfügen. Gemäß ISO 817 ist Propan in die Klasse A (leicht toxisch) und 3 (hoch entflammbar) eingestuft. Anforderungen an sachkundige Personen sind in der DIN EN 378-4 definiert [7]. Zusätzliche Hinweise enthält die DIN EN IS O 22712 [8]. Die letztgenannte Norm liegt zwar nur als Entwurf vor, stellt aber bereits eine wertvolle Arbeitshilfe da. Denn die DIN EN ISO 22712 ist eine vollständige Überarbeitung der noch gültigen DIN EN 13313 aus dem Jahr 2011 und somit deutlich näher am derzeitigen Stand der Technik.

Hat der Anlagenbetreiber die regelmäßige Wartung in kompetente Hände gegeben, ist ein wichtiger Teil der Sicherungsmaßnahmen erfüllt. Bestandteil dieser Arbeiten sollte aber auch sein, die Gefährdungsbeurteilung und das Explosionsschutzdokument regelmäßig auf Aktualität zu überprüfen. Denn im Laufe der Zeit können im und am Gebäude bauliche Veränderungen vorgenommen werden, die eine Anpassung der Sicherungen erfordern.

Zu den Betreiberpflichten gemäß Gefährdungsbeurteilung sind außerdem organisatorische Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dazu zählt die Unterweisung der Beschäftigten, eventuell auch von Fremdpersonal wie Reinigungskräften.

Einzelheiten für die Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten beschreibt die Gefahrstoffverordnung (§ 14, GefStoffV).

Das Sicherheitskonzept für die Kälteanlage und Wärmepumpe „SYSAQUA BLUE“ überprüft täglich die einwandfreie Funktion des Entlüftungssystems.

Fazit

Der Einsatz des natürlichen Kältemittels Propan in Wärmepumpen und Kälteanlagen ist in puncto Sicherheit unproblematisch. Im Wesentlichen ist der gefahrlose Betrieb vom Sicherheitskonzept der Anlage abhängig. Hier hat das patentierte Belüftungssystem der Kälteanlage und Wärmepumpe „SYSAQUA BLUE“ (Hersteller: Systemair) einen neuen Standard gesetzt.

Die Sicherheitsstandards des Anlagenherstellers sind von Betreiberseite durch eine Gefährdungsbeurteilung zu ergänzen. Hierbei sind die Anlagenplaner zunehmend als Berater gefragt. Die aus der Gefährdungsbeurteilung resultierenden Maßnahmen stellen überwiegend organisatorische Maßnahmen dar. Sollten darüber hinaus bauliche Maßnahmen erforderlich sein, sind sie jedoch anders als bei vielen weiteren Brandschutzanforderungen keine Kostentreiber.

Dieser Artikel von Silas Jäger ist zuerst erschienen in KK 01/2022. Silas Jäger ist Produktmanager bei ­Kältesysteme bei Systemair GmbH, Boxberg.

Literatur

[1]  DGUV Information 213-106, Explosionsschutzdokument; Herausgeber: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin [

2]  DIN EN 378-3:2020-12 Kälteanlagen und Wärmepumpen – Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen – Teil 3: Aufstellungsort und Schutz von Personen

[3]  ATEX-Richtlinie 2014/34/EU

[4]  Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 723; Gefährliche explosionsfähige Gemische – Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Gemische; Herausge- ber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund [

5]  DIN EN 1127-1:2019-10; Explosionsfähige Atmosphären - Explosionsschutz - Teil 1: Grund- lagen und Methodik

[6] DIN EN 60079-10-1:2016-10; VDE 0165-101:2016-10; Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 10-1: Einteilung der Bereiche - Gasexplosionsgefährdete Bereiche (IEC 60079-10- 1:2015 + COR1:2015); Deutsche Fassung EN 60079-10-1:2015

[7] DIN EN 378-4:2019-12 Kälteanlagen und Wärmepumpen – Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen – Teil 4: Betrieb, Instandhaltung, Instandsetzung und Rückgewinnung

[8] DIN EN ISO 22712:2018-09 – Entwurf; Kälteanlagen und Wärmepumpen - Sachkunde von Personal

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