Gebrauchte Kältemittel entsorgen oder verwerten?
Spätestens seit Erscheinen der F-Gase Verordnung (EU 517/2014) und der Veröffentlichung des sogenannten Gapometers durch das European Partnership for Energy and the Environment (EPEE) muss dem letzten Optimisten klargeworden sein, dass das Jahr 2018 das Entscheidungsjahr für die Kältebranche sein wird.
Ab 2018 sollen 90 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente im Vergleich zum Basisjahr 2015 reduziert werden, das sind 44 Prozent. Gerade die Kältemittel mit sehr hohen GWP-Werten (Treibhauspotenziale) werden 2018 in eine drastische Verknappung laufen oder unter Umständen überhaupt nicht mehr verfügbar sein. Der Abverkauf gestaltet sich allerdings immer noch auf einem extrem hohen Niveau, sodass zu befürchten ist, dass sich die Kältebranche für diesen Einschnitt nicht genug vorbereitet.
Einsparung von CO2-Äquivalenten ist Pflicht
Das Gapometer zeigt allerdings auch Lösungen der Probleme auf (auf das Jahr 2018 bezogen):
- Einsparung von 36 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten durch neue Systeme mit Kältemitteln mit niedrigerem GWP oder mit Kältemitteln, die nicht reportpflichtig sind.
- Einsparung von 30 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten durch erhöhte Überwachung der Dichtheit und Umrüstung bestehender Systeme auf Kältemittel mit niedrigerem GWP.
- Einsparung von 24 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten durch Nutzung aufgearbeiteter oder recycelter Kältemittel.
Zu den Umrüstungen sei noch erwähnt, dass sie in Bezug auf die verfügbaren CO2-Äquivalente nur dann sinnvoll sind, wenn die entnommenen gebrauchten Kältemittel wieder einer Verwendung zugeführt werden. Sollten diese entsorgt werden, belasten die eingesetzten neuen Kältemittel die Quote nur zusätzlich, auch wenn das GWP geringer ist.
Aus den letzten zwei Punkten der Aufzählung geht demnach hervor, dass den gebrauchten Kältemitteln in den kommenden Jahren eine größere Bedeutung zukommen muss.
Recycling und Aufarbeitung gebrauchter Kältemittel
Die F-Gase-VO schreibt in Artikel 6:
- „(1) Die Betreiber von Einrichtungen, …, führen für jede einzelne dieser Einrichtungen Aufzeichnungen, die die folgenden Angaben enthalten.“ Unter Absatz c) folgen „Angaben dazu, ob die eingesetzten fluorierten Treibhausgase recycelt oder aufgearbeitet wurden, einschließlich des Namens und der Anschrift der Recycling- oder Aufarbeitungsanlage und gegebenenfalls deren Zertifizierungsnummer.“
Da die Begriffe „Recycling“ und „Aufarbeitung“ immer wieder missbräuchlich verwendet werden, hier die Definitionen aus der Verordnung:
- (15) „Recycling“ (ist) die Wiederverwendung eines rückgewonnenen fluorierten Treibhausgases im Anschluss an ein einfaches Reinigungsverfahren.
- (16) „Aufarbeitung“ (ist) die Behandlung eines rückgewonnenen fluorierten Treibhausgases, damit es … Eigenschaften erreicht, die denen eines ungebrauchten Stoffes gleichwertig sind.
Der Begriff Recycling wird im Abfallrecht anders definiert. Danach beinhaltet der Begriff das Reinigungsverfahren selbst und nicht die Wiederverwendung. Aufarbeitung bedeutet nach (16), dass die Kältemittel so weit behandelt werden müssen, bis sie die Anforderungen an die Qualität gemäß DIN 8960 (national) oder AHRI 700 (international) erfüllen. Das bedeutet aber auch, dass eine oder mehrere Analysen zur Sicherstellung dieser Kriterien unabdingbar sind.
Die Betreiberpflichten werden in Artikel 8 der Verordnung beschrieben:
- „Die Betreiber ortsfester Einrichtungen …, die fluorierte Treibhausgase enthalten, stellen die Rückgewinnung dieser Gase … sicher, damit diese recycelt, aufgearbeitet oder zerstört werden.“
Die Verordnung zeigt auf, wer verantwortlich für die gebrauchten Kältemittel ist und was mit ihnen weiter geschehen soll. Wenn der Betreiber festlegt, wie mit „seinen“ gebrauchten Kältemitteln weiter zu verfahren ist, wird die Rechtslage eindeutig. Schließlich ist es sein Produkt.
Abfall und Entledigung gebrauchter Kältemittel
Dieser Sachverhalt ist deshalb so wichtig, weil es davon abhängig ist, ob die gebrauchten Kältemittel dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) unterliegen oder nicht. Das ist der Fall, wenn diese Stoffe als Abfall definiert werden müssen. Der Begriff Abfall wird im KrWG so beschrieben:
- „Abfälle … sind Stoffe oder Gegenstände, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.“ Letzteres trifft auf die Kältemittel immer dann zu, wenn die rückgewonnenen Stoffe nicht mehr verwendet werden dürfen, z. B. R22. Dann handelt es sich also immer um Abfall. Was bedeutet nun Entledigung nach dem KrWG?
- „Entledigung … wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung … oder einer Beseitigung … zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.“
Eine weitere Zweckbestimmung wäre zum Beispiel, dass ein Altreifen als sogenannter Fender weiter benutzt wird. Dann ist es kein Reifen mehr, sondern ein Rammschutz für Boote an Kaimauern. Es ist demnach durchaus möglich, dass der Betreiber das rückgewonnene Kältemittel in eine andere seiner Anlagen einfüllen möchte. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass er das Kältemittel sehr wahrscheinlich nicht sofort in der anderen Anlage verwenden kann, sondern nur nach Bedarf. Demnach muss er diese Stoffe in dafür geeigneten Druckbehältern zwischenlagern. Sind die Druckbehälter Eigentum der Gase-Händler (wie die Westfalen AG), für welche diese Gebinde als Verpackung für den Handel dienen, müssen die für eine Zwischenlagerung anfallenden Mietkosten vom Nutzer getragen werden.
Ist jedoch ein Entledigungswille durch den Betreiber vorhanden, sind die gebrauchten Kältemittel als Abfall definiert. Gemäß Europäischem Abfallverzeichnis sind die Stoffe dann als gefährliche Abfälle unter der Schlüsselnummer 14 06 01 gelistet, und an diese sind besondere Anforderungen gestellt.
Entsorgung von Kältemitteln als gefährliche Abfälle
Nach § 50 KrWG ist die ordnungsgemäße Entsorgung solcher gefährlichen Abfälle nachzuweisen. Das gilt allerdings nicht, wenn die Erzeugnisse einer verordneten Rücknahme oder Rückgabe nach § 25 unterliegen. Diese verordnete Rücknahme findet man für Kältemittel in der ChemKlimaschutzV (Entwurf) im § 4:
- „(1) Betreiber oder Unternehmen, die für die Rückgewinnung von fluorierten Treibhausgasen aus stationären Einrichtungen nach Artikel 8 Absatz 1 der VO (EU) 517/2014 … verantwortlich sind, können die Erfüllung ihrer Verpflichtungen auf Dritte übertragen.“ „(2) Die Hersteller und Vertreiber fluorierter Treibhausgase sind verpflichtet, diese nach Gebrauch zurückzunehmen oder die Rücknahme durch einen von ihnen bestimmten Dritten sicherzustellen.“
Nach Absatz (1) werden die Betreiber ihre Verpflichtungen in der Regel auf den Kältefachbetrieb übertragen, denn für die Rückgewinnung muss das Unternehmen zertifiziert sein. In Absatz (2) ist die verordnete Rücknahme festgeschrieben. Demnach sind von einer Nachweispflicht bis zum Abschluss der Rücknahme alle Beteiligten befreit. Im KrWG § 49 sind aber die Registerpflichten geregelt:
- „(1) Die Betreiber von Anlagen oder Unternehmen, die Abfälle … entsorgen, haben ein Register zu führen, in dem … folgende Angaben verzeichnet sind:
- die Menge, die Art und der Ursprung sowie
- die Bestimmung, die Häufigkeit der Sammlung, die Beförderungsart sowie die Art der Verwertung oder Beseitigung, …“
Danach ist scheinbar nicht einmal ein Register zu führen, denn das müssen nur die Unternehmen, die Abfälle entsorgen. Weder der Betreiber noch der Kältefachbetrieb oder Händler besitzen den Entsorgerstatus. Im Absatz (3) des gleichen Paragraphen wird allerdings weiter ausgeführt:
- „(3) Die Pflicht nach (1), ein Register zu führen, gilt auch für die Erzeuger, Besitzer, Sammler, Beförderer, Händler und Makler von gefährlichen Abfällen.“
Alle Beteiligten - vom Betreiber (Besitzer, Abfallerzeuger) über den Kältefachbetrieb (Sammler, Beförderer) - müssen demnach adäquate Register darüber führen, wann, wie viel, von wem usw. gefährliche Abfälle (gebrauchte Kältemittel) übergeben/übernommen wurden, und zwar in Form von eventuellen Lieferscheinen, Wiegescheinen oder Übernahmescheinen.
Wann sind gebrauchte Kältemittel gefährlicher Abfall?
Bleibt also zu klären, ob es sich bei gebrauchten Kältemitteln um gefährlichen Abfall handelt oder nicht. Behält der Betreiber die gewollte Sachherrschaft über das rückgewonnene Kältemittel, dann ist es kein Abfall. Möchte der Betreiber das Kältemittel in eine andere seiner Anlagen wiedereinsetzen, unterliegt dieses nicht dem Abfallrecht. Fraglich bleibt dann, welche Qualität das gebrauchte Kältemittel hat. Ist bereits Säure enthalten, stimmt die Gemisch-Zusammensetzung, ist in früherer Zeit kein anderes Kältemittel in das System gefüllt worden? Das ist vor allem eine Frage der Garantie für den Kältefachbetreib.
Das Garantieproblem trifft auch auf das Folgende zu:
- Tritt der Betreiber 1 die gewollte Sachherrschaft über das gebrauchte Kältemittel ab (an den Kältefachbetrieb) und es besteht die Möglichkeit der Wiederverwendung des Kältemittels in einem anderen System eines anderen Betreibers 2, ohne dass dieses einer Behandlung unterzogen werden muss, dann ist es kein Abfall. Das setzt allerdings voraus, dass Betreiber 1 über den weiteren Verbleib in Kenntnis gesetzt wird. Es bedeutet, dass zum Zweck der Nachverfolgbarkeit in das Logbuch des Betreibers 1 eingetragen werden muss, in welches System des Betreibers 2 das Kältemittel eingefüllt wurde. Weiterhin muss im Logbuch des Betreibers 2 eingetragen werden, wo das Kältemittel seinen Ursprung hat.
- Tritt der Betreiber die gewollte Sachherrschaft über das gebrauchte Kältemittel ab (an den Kältefachbetrieb) und es wird im Arbeitsauftrag die Entsorgung verlangt, ist es immer Abfall und entsprechend registrierpflichtig zu behandeln.
Verwertung gebrauchter Kältemittel
Die Westfalen AG befasst sich schon seit Mitte der 90er-Jahre mit der Verwertung gebrauchter Kältemittel, sei es zur Aufarbeitung bis zur Qualität der Neuware oder der Aufspaltung zu Salz- und Flusssäure, also in Grundstoffe für die chemische Industrie. Die Möglichkeit der Aufarbeitung setzt allerdings voraus, dass die Kältemittel sortenrein zurückgegeben werden. Sind zum Beispiel dem Kältemittel R404A andere Produkte wie R410A oder gar R22 beigemischt, ist eine Aufarbeitung nicht mehr möglich. Hier wäre ein teures Destillierverfahren notwendig.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der Ausgabe 3/2017 von Die Kälte & Klimatechnik. Der Autor Harald Conrad ist Technischer Berater Kältemittel bei der Westfalen Gruppe, Münster www.westfalen-ag.de