Pumpentausch und hydraulischer Abgleich: Was bringen sie wirklich?
Dass ein hydraulischer Abgleich aus energetischer und Komfort-Sicht Sinn macht, ist unbestritten. In einem schlecht eingestellten Heizsystem entspricht der Durchfluss des warmen Wassers nicht der Leistung der Heizkörper. Dadurch erhalten manche Heizkörper sehr viel warmes Wasser, andere zu wenig. Wenn die kesselnahen Radiatoren also bereits „pochern“, werden die entfernten nicht richtig warm. Das System ist ineffizient. Abhilfe schafft der hydraulische Abgleich.
Auch dürfte der Austausch von alten Umwälzpumpen gegen neue Hocheffizienz-Pumpen unbestritten sein, auch, weil oft unterschätzt wird, wieviel Strom die alten im Jahr tatsächlich verbrauchen, weil sie oft dauerlaufen.
Selbst der Gesetzgeber sieht das so, denn auch nach der neuen Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG), die seit 1.1.2021 gilt und die die BAFA- und KfW-Förderung weitgehend zusammenfasst, wird der hydraulische Abgleich als Maßnahme weiter gefördert. Fördergegenstand ist u. a. auch der Austausch von Heizungspumpen.
Pilotprojekt zum Thema Pumpentausch und hydraulischer Abgleich
Sowohl bzgl. des Umfangs und auch der Verschiedenheit der einbezogenen Objekte, liefert das Projekt HAPT (Hydraulischer Abgleich & Pumpentausch) der evangelischen Landeskirche in Baden vom Rahmen her schon beeindruckende Daten.
HAPT hatte sich zum Ziel gesetzt, die im Besitz befindlichen Liegenschaften, Kindergärten, Kirchen, Miets- und Pfarrhäusern, hydraulisch abzugleichen und großflächig einen Heizungspumpentausch vorzunehmen. Es sollte demonstrieren, wie mit diesen beiden Maßnahmen effektiv vorhandene Heizsysteme verbessert werden können, was sich in Energieeinsparungen, Klimaschutzgründen und letztendlich auch in einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung darstellen lässt. Auch wegen der Dimension erstreckte sich der Zeitraum dieses Projekts von 2013 bis 2019. Es wurden 555 hydraulische Abgleiche durchgeführt und 945 Heizungspumpen getauscht.
Nach eigenen Angaben des Projektteams, bestehend aus engagierten Energieberatern und SHK-Experten sowie Ehrenamtlichen unter Federführung des kircheneigenen Büros für Umwelt und Energie (BUE), hat es ein Projekt in einem solchen Umfang diesbezüglich noch nicht gegeben. Die bis heute als Leitstudie anerkannte Optimus-Studie zum hydraulischen Abgleich wurde 2005 an der FH Braunschweig/Wolfenbüttel veröffentlicht. Sie umfasste 31 Gebäude. Im HAPT-Projekt konnten in die abschließende Untersuchung 197 Gebäude in die Evaluation des hydraulischen Abgleichs einbezogen werden. Rein zahlenmäßig gesehen verfügt damit die Untersuchung derzeit über den mit Abstand größten Datenbestand.
Bunter Mix von Gebäuden und Heizsystemen
Die Gemengelage der im HAPT-Projekt einbezogenen Gebäude ist nicht nur von der Nutzung, sondern auch vom Altersspektrum her sehr unterschiedlich und damit auch in den Voraussetzungen (z. B. Dämmstandard). Eingeteilt wurden die Gebäude schlussendlich in drei Altersklassen: Solche, die bis 1977 erstellt wurden, solche im Zeitraum von 1978 bis 1994 und Gebäude mit Baujahr ab 1995.
In allen sind dann wiederum die unterschiedlichsten Heizsysteme vertreten: Erdgas, Heizöl, Holzpellets, auch Fernwärme, Gebäude mit Brennwertkessel, solche mit Niedertemperaturkesseln und außerdem unterschiedliche Verteilsysteme, von Radiatoren über Fußboden- oder Wandheizungen.
Bestandsaufnahme: Wie lange die Pumpen laufen
Nicht neu, aber dennoch immer wieder betonenswert: Alte Umwälzpumpen sind heimliche Energiefresser. Im HAPT-Projekt schätzte Christian Dahm von der Energieagentur Nordrhein-Westfalen, dass in etwa der Hälfte der Badener Kirchengemeinden die Pumpen das ganze Jahr durchlaufen und somit auf einen Volljahreswert von 8.760 Betriebsstunden kommen. In den übrigen 50% würden diese von Mai oder Juni bis September abgeschaltet. Diese kämen dann auf 5.080 bis 5.800 Stunden. Zwar sei in kirchlichen Liegenschaften mit einer höheren Laufzeit zu rechnen als zum Beispiel in Privathaushalten (Dahm setzt in seiner Abschätzung einen durchschnittlichen Korridor von 6.920 bis 7.300 Betriebsstunden ein). Die Projektmacher nahmen zwecks Berechnung der Energieeinsparung aber sicherheitshalber einen konservativen Wert von 6.000 Betriebsstunden an.
Das brachte der Pumpentausch in Zahlen
Im Projekt drückte sich nach Berechnungen die Pumpenmodernisierung in Zahlen zusammengefasst so aus: Die durchschnittliche Leistungsaufnahme der Pumpen sank durch den Tausch von rund 98,5 auf 21 kW; prozentual gesehen eine Einsparung von 79%. Bezogen auf alle Modernisierungs-Maßnahmen im Bestand ergaben sich im Monitoring folgende Werte:
- Einsparungen an Energie: 465.239 kWh pro Jahr
- Umgerechnet in Kosten: 116.310 €, bei einem Strompreis von 25 Ct/kWh
„Die Investitionskosten inklusive Pumpenauslegung in einigen Fällen durch den Energieberater betrugen 542.836 €, also im Schnitt 574 € pro Pumpe. Die statistische Amortisationszeit (ohne Zinsen) für den Pumpentausch beträgt damit 4,7 Jahre“, resümiert der Bericht.
Im Bericht werden beispielhaft Gemeinden aufgeführt, die die prognostizierte Energiekosteneinsparung in eigenen Umweltberichten bestätigen können, was aufgrund der Vielzahl der Projekte ja auch nur beispielhaft geht. Mancherorts waren die Einsparungen sogar eher noch höher als zuvor prognostiziert.
Schritt zwei: Hydraulischer Abgleich
Ein fehlerfrei durchgeführter hydraulischer Abgleich führt zu Energie- und damit Kosteneinsparungen. Im HAPT-Projekt kam die Evaluierung auf diese Zahlen:
- Insgesamt wurden 555 Gebäude abgeglichen
- Die Energieeinsparung beträgt 2.754.465 kWh pro Jahr
- Kosteneinsparungen in Höhe von 220.357 Euro/Jahr, bei einem Energiepreis von 8 ct
Für den hydraulischen Abgleich wurden durchschnittlich 3.500 Euro pro Gebäude ausgegeben. Aus Einsparungen und Kosten errechnet das Projekt-Monitoring eine statistische Amortisationszeit (ohne Zinsen) von 9 Jahren.
Der Bericht merkt in Ergänzung an: „Nicht berücksichtigt bei diesen Einsparungen ist die Einsparung an Strom, die dadurch möglich wird, dass die Pumpen deutlich weniger Wasser durchs Rohrnetz pumpen müssen. Angesichts der Tatsache, dass nun überall Hocheffizienzpumpen eingebaut sind, liegt dieser Wert allerdings vermutlich auch nur bei einigen tausend kWh Strom pro Jahr."
Im Vorfeld der Messungen
Nach Durchlauf diverser Kriterien, was insbesondere Mess-Schwierigkeiten oder Unplausibilitäten bzgl. des Vorher-Nachher-Effekts beim Pumpentausch betraf, konnten witterungsbedingt bereinigt am Ende 197 Gebäude in die Projekt-Gesamterfassung aufgenommen werden.
Die HAPT-Untersuchung brachte hervor, dass die durchschnittlichen Energie-Einsparung bei den evaluierten Gebäuden bei 6,6 % liegt. In einigen Fällen konnten allerdings steigende Verbräuche festgestellt werden, für die es keine pauschale Erklärung gibt, doch vermutete Ursachen bzw. Feststellungen:
- Verbraucherverhalten (der neu gewonnene Wärmekomfort veranlasst zu stärkerem Heizen),
- technische Mängel bei der Umsetzung des Abgleichs sowie
- Eingriffe in die eingestellten Parameter, außerdem
- weiterhin vorhandene hydraulische Probleme (insbesondere hydraulische Weichen),
- defekte Regelungen sowie
- aus Hygienegründen erhöhte Heißwassertemperaturen.
Bestätigt sich die Optimus-Studie?
An Einzelfallbeispielen sollte anhand von Messungen genauer untersucht werden, wie der hydraulische Abgleich wirkt. Dies diente auch dazu, um herauszufinden, ob sich die Aussagen der Optimus-Studie in diesem Projekt bestätigen lassen.
- U. a. wurde so genannte EnergyCams installiert, die den Gasverbrauch alle fünf Minuten messen, jeweils eine Woche vor und eine Woche nach dem Abgleich
- Im Rahmen des Projekts wurde auch der Prototyp eines eigens entwickelten Wärme-Smart-Meters zur Datenerhebung eingesetzt
Ein Zwischenergebnis dieser Messungen ist auch die Erkenntnis: „Es zeigte sich, wie wichtig ein kontinuierliches Energiemanagementsystem sowie die Einweisung von Wartungsfirma und Nutzern ist, damit Fehleinstellungen vermieden oder korrigiert und Einstellungen im Zuge des hydraulischen Abgleichs nicht leichtfertig zurückgenommen werden“, heißt es in dem Bericht.
Der hydraulische Abgleich lohnt sich in allen Gebäuden
Tatsächlich führten die Messungen mit Ziel Optimus-Studie zu einer Aussagen-Erweiterung bzw. einer Nichtbestätigung von dort getroffenen: „Zentrales Ergebnis jener Studie, an dem sich dieses Projekt auch maßgeblich orientiert hat, war, dass sich der hydraulische Abgleich nur in neueren oder sanierten Gebäuden lohnt, in Gebäuden mit Fernwärme und in Gebäuden mit geringerem Energieverbrauch mehr als in Gebäuden mit höherem Energieverbrauch“, fassen die Autoren des HAPT-Berichts zusammen. Sie resümieren: „Das HAPT-Projekt kann den Zusammenhang zwischen Baujahr und Einsparung aus der Optimus-Studie nicht bestätigen.“
Entstprechend der hier gemachten Erfahrungen komme man zu dem Ergebnis, dass sich der hydraulische Abgleich in Gebäuden aller Baujahre lohne. „Auch bezüglich der Heizlast, der Größe von Gebäuden und dem Energieverbrauch ergibt sich kein statistisch signifikanter Zusammenhang.“
Fazit: Beide Maßnahmen lohnen sich
Im Gesamtergebnis konnten laut Bericht in allen Projektbereichen zufriedenstellende Einsparungen erzielt werden. Auch Gebäudebegehungen, Messungen von Vor- und Rücklauftemperaturen, die Erstellung von Anlagenschemas und die Installation von Einzelraumregelungen hätten sich gelohnt. Diese Schritte werden im Bericht an der einen oder anderen Stelle zwar nur angerissen; dennoch ist die zusammenfassende finale Bewertung aussagekräftig. Und es gibt möglichen Stoff für weitere Untersuchungen – so resümieren die Autoren auch: „Besonders erstaunlich ist auch, dass Gebäude mit Brennwertkesseln deutlich schlechtere Einsparungen zeigen als Gebäude mit älteren Kesseln.“
Das federführende, kircheneigene Büro für Umwelt und Energie (BUE) bietet Kontakt für Rückfragen und Beratung für eigene Projektvorhaben an. Außerdem kann hier der Projektbericht angefordert werden (PDF). Ansprechpartner ist HAPTA-Projektleiter Felix Schweikhardt, felix.schweikhardt@ekiba.de, Tel.: 0721/9175-826.
Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.