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Photovoltaik und Denkmalschutz: Behörden tun sich schwer

Joachim Berner
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Denkmalschutz und Klimaschutz müssen sich nicht ausschließen. Im Juli hat das Land Baden-Württemberg die Installation von Photovoltaikanlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden erleichtert. Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen hat als oberste Denkmalschutzbehörde des Landes entsprechende Leitlinien erlassen. Demnach sind die Genehmigungen regelmäßig zu erteilen, wenn sich die Solarenergieanlagen der eingedeckten Dachfläche unterordnen und möglichst flächenhaft sowie farblich abgestimmt angebracht werden.

„Viele Besitzer denkmalgeschützter Gebäude, insbesondere auch die Kirchen, wollen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Diesem Wunsch tragen wir mit den neuen Leitlinien Rechnung“, erklärte Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen. Nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Gebäudes komme künftig noch die Ablehnung einer PV-Anlage in Betracht.

Denkmalschutz und Klimaschutz schließen sich nicht aus, im Gegenteil: Der Erhalt und die Modernisierung denkmalgeschützter Gebäude ist Klimaschutz im besten Sinne“, beschrieb die Ministerin den neuen Umgang mit Solartechnik auf historischen Dächern.

Neue technologische Entwicklungen bei der Photovoltaik versprechen immer bessere Denkmallösungen. In die Dachfläche integrierte Solarmodule können Energiewende, Klimaschutz und Kulturerbe harmonisch miteinander verbinden.

Baden-Württemberg: PV-Anlage auf Denkmal benötigt Genehmigung

Wer in Baden-Württemberg eine Solaranlage an oder auf einem Kulturdenkmal errichten will, braucht wie in den anderen Bundesländern auch grundsätzlich eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Geprüft wird sie im Einzelfall von den zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörden in den Landratsämtern, größeren Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften. Die neuen Leitlinien des Ministeriums dienen als Handreichung und Entscheidungshilfe.

Sie stellen klar, dass die Genehmigung für Solaranlagen auf einem Denkmal regelmäßig zu erteilen ist. Nur bei einer „erheblichen Beeinträchtigung“ des Kulturdenkmals könne anders entschieden werden. In der Einzelfallprüfung soll zum Beispiel berücksichtigt werden, ob die Solaranlage ausreichend Abstand zur Dachkante hält oder ob sie farblich weitgehend an die Farbe des Dachs angepasst ist.

Laut den Leitlinien haben die Denkmalschutzbehörden zu entscheiden, ob sich Alternativstandorte beispielsweise auf nachrangigen Nebengebäuden des Denkmals besser für die Errichtung eignen. Bestehen künstlerische Schutzgründe für das Kulturdenkmal, ist zu prüfen und gesondert zu begründen, ob durch die Errichtung einer Solaranlage eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes und/oder ein erheblicher Substanzeingriff vorliegt. Ist das der Fall, ist sie regelmäßig nicht genehmigungsfähig.

NRW: Denkmalbehörden zögern noch

Ebenfalls im Sommer hat der nordrhein-westfälische Landtag ein neues Denkmalschutzgesetz beschlossen, das von den Behörden verlangt, bei ihrer Entscheidung „insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.“ In Nordrhein-Westfalen gibt es rund 82.000 denkmalgeschützte Baudenkmäler. Vier von fünf befinden sich im Besitz privater Eigentümer.

Und sie wollen vermehrt erneuerbare Energien einsetzen. So melden der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) und die Verbraucherzentrale NRW vermehrt Anfragen von Besitzer denkmalgeschützter Gebäude. „Wir sind froh über das steigende Interesse, auch Baudenkmäler für erneuerbare Energien zu nutzen. Das zeigt, dass die Gesetzesnovelle überfällig gewesen ist“, sagt LEE NRW-Geschäftsführer Christian Mildenberger.

Bei den Denkmalschutzbehörden allerdings scheint ein Umdenken noch nicht stattgefunden zu haben. „Grundsätzlich gibt die Novelle des Landesdenkmalschutzgesetzes den Denkmalbehörden bei ihrer Abwägung mehr Möglichkeiten, Belange des Klimaschutzes stärker zu berücksichtigen. Nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen stellen viele Eigentümer jedoch fest, dass die Denkmalbehörden überwiegend bei ihrer bisherigen Ablehnung zum Beispiel von Photovoltaik bleiben“, berichtet Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie bei der Verbraucherzentrale NRW. Er verweist aber auch auf einzelne Positivbeispiele. Derzeit würden verschiedene Gespräche mit dem zuständigen Bauministerium, den Denkmalbehörden und der kommunalen Klimaschutzverwaltung geführt, um die Situation zu verbessern.

Hessen: Denkmalschutz kooperiert mit Energieagentur

In Hessen dagegen arbeitet das Landesamt für Denkmalpflege mit der Landesenergieagentur zusammen, um im Rahmen des Hessischen Klimaschutzplans eine Beratungsoffensive für Solaranlagen auf Altbauten und denkmalgeschützten Gebäuden zu organisieren. Außerdem unterstützt es die Behörden der Kommunen dabei, Eigentümerinnen und Eigentümer für möglichst denkmalgerechte Lösungen zu beraten.

In Hessen stellt seit Oktober eine neue Richtlinie für Denkmalbehörden klar, dass Solaranlagen auf oder an denkmalgeschützten Gebäuden in der Regel zu genehmigen sind. Allenfalls, wenn ein Kulturdenkmal erheblich beeinträchtigt werde, komme eine Nichtgenehmigung in Frage. Als Beispiele für eine erhebliche Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals nennt die Richtlinie unter anderem Gesamtanlagen, die das Ortsbild prägen, also beispielsweise herausragend an bedeutenden Plätzen oder in Sichtachsen liegen, erhebliche Eingriffe in die denkmalwerte Bausubstanz, also etwa die Dachkonstruktion oder Fassade, oder eine Gefährdung der Statik.

Doch auch in diesem Fall müssen die Behörden stets alle Möglichkeiten nutzen, um die Beeinträchtigung des Denkmals zu ­reduzieren und eine genehmigungsfähige Alternative zu finden. Sie müssen prüfen, ob sich zum Beispiel nachrangige Nebengebäude besser eignen oder ob eine gestalterisch untergeordnete, zurückhaltende Solaranlage ­angebracht werden kann. Die Denkmalbehörden müssen ­dabei ihren Ermessens- und Beurteilungsspielraum ausschöpfen, um die Genehmigungsfähigkeit möglichst herbeizuführen.

Damit Klimaschutz auf Augenhöhe mit dem Denkmalschutz steht, hat Hessen bereits 2016 sein Denkmalschutzgesetz novelliert. Dort steht seitdem, dass die Denkmalbehörden bei allen Entscheidungen die Belange des Klima- und Ressourcenschutzes besonders zu berücksichtigen haben. „Auf dieser Basis legen wir mit der neuen Richtlinie fest, dass Denkmalschutz allein kein Grund ist, Solaranlagen nicht zu genehmigen“, sagt Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn.

Bayern: Augsburg geht voran

In Bayern hat der Ministerrat Anfang August einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes beschlossen. Die wegweisenden Neuerungen sollen unter anderem einen leichteren Einsatz erneuerbarer Energien im Denkmalbereich ermöglichen. Darin heißt es, dass auf Flächen, die nicht vom öffentlichen Raum einsehbar sind, (auch) herkömmliche aufgeständerte Anlagen regelmäßig erlaubnisfähig sein sollen.

In Ensembles sollen bei vom öffentlichen Raum aus ein­sehbaren Flächen entsprechende Anlagen, die mit dem Erscheinungsbild des Ensembles denkmalfachlich vereinbar sind, beispielsweise in die Dachfläche integrierte Anlagen, Folien etc., regelmäßig erlaubnisfähig sein. Bei Einzeldenkmälern sollen auf vom öffentlichen Raum aus einsehbaren Flächen denkmalverträgliche PV-Anlagen, die mit dem Erscheinungsbild des Denkmals im Einzelfall denkmalfachlich vereinbar, zum Beispiel Solarziegel, Solarfolien oder in die Dachfläche integrierte Anlagen etc., und ohne nachteilige Auswirkungen auf die Substanz sind, ebenfalls regelmäßig erlaubnisfähig sein.

Während das Land Bayern seine Gesetzesnovelle noch nicht beschlossen hat, hat die Stadt Augsburg kürzlich einem Richtlinienentwurf ihrer Bauverwaltung zugestimmt, der neue Grundsätze bei der Beurteilung von Solaranlagen auf Denkmalen formuliert. Demnach sollen künftig folgende Grundsätze gelten, analog auch für Solarthermieanlagen:

  • Photovoltaikanlagen auf vom öffentlichen Raum aus nicht einsehbaren Dächern und Nebengebäuden des Denkmals sind möglich. Sie sind matt und farblich dem Untergrund (d. h. der Dachdeckung) anzupassen und in möglichst einheitlichen rechteckigen Flächen anzuordnen. Sie dürfen nicht über die Dachfläche überstehen und müssen flach auf dem Dach aufliegen (d. h. sie dürfen nicht aufgeständert werden).
  • Photovoltaikanlagen auf vom öffentlichen Raum aus einsehbaren Dächern müssen unauffällig in die vorhandene Dachfläche integriert werden, d. h. sie müssen eine geschlossene, homogene Fläche bilden, die flächenbündig in die Dachdeckung eingebaut ist. Die PV-Anlage muss matt sein und homogen die Farbe der Dachdeckung haben. PV-Anlagen auf dem Dach von herausragenden Einzelbaudenkmälern oder konstituierenden Bauten im Ensemble sind nicht zulässig.
  • Photovoltaikanlagen auf Flachdächern sind zulässig. Sie dürfen nicht über die Dachfläche überstehen und müssen – wenn keine Attika vorhanden ist – flach auf dem Dach aufliegen. Bei Vorhandensein einer Attika dürfen sie so weit aufgeständert werden, dass sie diese nicht überragen.
  • Photovoltaikanlagen an Balkonbrüstungen und an Fassaden sind nicht zulässig.
  • Photovoltaikmodule in genehmigungsfähigen Glasflächen (z. B. in Glasdächern und Fensterscheiben) sind in transparenter Form zulässig.

„Die Grundsätze der Materialgerechtigkeit und des ungestörten Erscheinungsbilds stand bisher im Bayrischen Denkmalschutz im Fokus. Diese Grundsätze werden durch die neue stadtinterne Richtlinie in der Art modifiziert, dass unter dem Gesichtspunkt der Verwendung erneuerbarer Energien das Erscheinungsbild im Gesamtzusammenhang als maßgeblich herangezogen wird“, erläutert die Augsburger Bauverwaltung die unterschiedlichen Ansätze von Landesgesetz und städtischer Richtlinie bei der Beurteilung von Solartechnik auf Denkmalen. Die Richtlinie diene dazu, klare Regel zu formulieren, um eine Nutzung von Photovoltaik im Denkmal zu ermöglichen.

Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Augsburg begründet den neuen Ansatz folgendermaßen:

„Denkmäler entsprechen mit der Nutzung von Bestehendem („Graue Energie“) und dem Ziel der Reparatur von je her ökologischen Grundsätzen und dem Nachhaltigkeitsgedanken. So soll auch bei Einzelbaudenkmäler und im Bereich der Ensembles dem Themenkomplex „Regenerative Energien“ mit der Gewinnung von Wärme (Thermische Solaranlagen) und der Erzeugung von Strom (Photovoltaikanlagen) Rechnung getragen werden.“

Obwohl die neue Richtlinie erst verabschiedet worden ist, hat die Stadt bereits Erfahrungen mit ihr gemacht. Denn schon Ende 2021 hat die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Augsburg begonnen, sie zu erarbeiten. Die Stadt hat daraufhin vor über sechs Monaten testweise angefangen, Photovoltaikanlagen auch in den denkmalgeschützten Bereichen vermehrt zuzulassen. 60 Anfragen wurden beantwortet, vier PV-Anlagen erlaubt, weitere neun Anträge werden noch bearbeitet. Die Rückmeldungen der Denkmaleigentümer sind laut Bauverwaltung durchweg positiv.

Die Angaben zu Verordnungen entsprechen dem Stand vom November 2022 und sind ohne Gewähr.

Weitere Informationen

Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, Forschungsgruppe Solarspeichersysteme: PV und Denkmalschutz. Ein kurzer Überblick darüber, wie Sie eine PV-Anlage auf einem Denkmal errichten und häufige Hindernisse vermeiden können.

Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart: Broschüre „Denkmalpflege und erneuerbare Energien“, Februar 2022.

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