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Winterertrag von PV-Anlagen mit der richtigen Aufstellung steigern

Werner Schmid
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Das Ziel ist ausgegeben: Europa und Deutschland streben Klimaneutralität bis 2045 an. Eine der Mammutaufgaben, die es auf dem Weg zu bewältigen gilt, heißt Energiewende. Dem Ausbau der Photovoltaik fällt dabei eine bedeutsame Rolle zu. Ausbauziele zwischen 400 bis 500 Gigawatt Peak (GWp) installierter Anlagenleistung in Deutschland werden diskutiert. Ende 2020 waren rund 50 GWp in Betrieb.

Geht man von einem Investitionsbedarf von durchschnittlich 600 bis 700 Euro pro Kilowatt Peak (kWp) für die Anlagenherstellung aus, resultiert für den weiteren Ausbau eine Investitionssumme zwischen 240 bis 350 Milliarden Euro. Angesichts dieser hohen Beträge scheint es ratsam, die derzeit favorisierten Konzepte für Photovoltaik auf ökonomische und Ressourcen-Effizienz zu prüfen - insbesondere für die Nutzung im Winter.

Den Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen bildet eine Auswertung von 477 Photovoltaikanlagen im Süden Deutschlands. Die dabei festgestellten Ergebnisse werden anhand eines Modells überprüft. Abschließend werden die Ergebnisse in Bezug zum Jahres-Verbrauchslastgang des Energieverbrauchs in Deutschland gesetzt.

Einstellungssache: Im Winter können flach montierte PV-Module zum Teil über Wochen mit Schnee bedeckt sein, sodass sie keinen Strom produzieren. Bei steil installierten Anlagen dagegen rutscht der Schnee schon nach wenigen Stunden Sonnenschein ab.

Wie viel Solarstrom die Anlagen produzieren

Wer eine Photovoltaikanlage bauen will, steht vor der Frage, ob sich die vorhanden (Dach-)Flächen bezüglich Anstellwinkel und Himmelsrichtung eignen. Bislang wurden im Süden Deutschlands bei der Modulausrichtung folgende Faustregeln bei Photovoltaik angewendet:

  • Anstellwinkel gegen waagerecht (Dachneigung, DN): Als ideal wird bei Südausrichtung der Anlage ein Anstellwinkel von ca. 30° genannt. Bei weitgehender Ost- oder Westausrichtung der PV-Anlage wird ein deutlich flacherer Anstellwinkel von 15° empfohlen.
  • Himmelsrichtung (Azimutwinkel): möglichst ideale Südausrichtung der Photovoltaikanlage. Geringfügige Abweichungen sind tolerierbar, bei stärkerer Abweichung ist mit schwächeren Erträgen zu kalkulieren.

Um der „optimalen“ Modulausrichtung näherzukommen, hat der Autor die anonymisierten Betriebsergebnisse von 477 Photovoltaikanlagen in Nord-Württemberg (Breitengrad: ca. 48,8° Nord) ausgewertet. Die Modulfelder sind zwischen Süd-West (plus 45°) bis Süd-Ost (minus 45°) ausgerichtet. Die Anstellwinkel der Module sind in Klassen zwischen 0° bis über 45° gegenüber waagerecht eingeteilt.

Abb. 1: Durchschnittlicher spezifischer PV-Tagesertrag in Abhängigkeit von der Modulneigung

Die monatlichen Erträge der Anlagen stammen von der Firma Asedi, einer Tochtergesellschaft des Maschinen- und Betriebshilfsrings Schwäbisch Hall. Seit 2004 erfasst sie die Daten der PV-Systeme in einem Meldeportal, um die Betreiber bei der Anlagenkon­trolle unterstützen zu können. Die Betreiber erhalten monatlich einen Bericht, mit dessen Hilfe sie die Leistung ihrer Anlage mit der anderer vergleichen können, um Ausfälle von Komponenten oder Defekte zeitnah erkennen zu können.

PV-Anlage im Sommer & Winter: Der Aufstellwinkel ist entscheidend

In Summe liegen der Auswertung 4.733 vollständige Jahresdatensätze zugrunde. Die zusammenfassenden Ergebnisse zeigt Abb. 1:

  • Der langjährige Durchschnittsertrag der 477 Photovoltaikanlagen lag bei 1035 kWh/kWp.
  • Den höchsten Durchschnittsertrag mit 1.051 kWh/kWp erzielten Anlagen mit Anstellwinkeln zwischen 40 und 45°.
  • In Summe konnten auch mit steilerem Anstellwinkel hohe Jahreserträge erzielt werden. Anlagen mit Anstellwinkeln größer 45° erzielten mit durchschnittlich 1035 kWh/kWp Jahreserträge, die nahezu so hoch lagen wie diejenigen der Referenz (Anstellwinkel: 30°, 1.036 kWh/kWp).
  • Das Verhältnis zwischen dem spezifischen Durchschnittsertrag an einem Sommertag und einem Wintertag zeigt eine Korrelation zum Anstellwinkel. Bei Anlagen mit kleinen Anstellwinkeln zwischen 0° und 9° fällt der Energieertrag an einem Sommertag durchschnittlich 8- bis 9-fach höher aus als an einem Wintertag. Bei der Referenz (Anstellwinkel: 25° bis 34°) liegt der Faktor bei ca. 6:1. Steil installierte Anlagen mit Anstellwinkeln über 40° weisen hingegen ein Verhältnis zwischen Sommer- und Winter-Tagesertrag von 4 bis 4,5:1 auf.
  • Anlagen mit einem Anstellwinkel größer 40° erzielen im Winter mit rund 1 kWh/kWp am Tag sowohl nominal als auch relativ die höchsten durchschnittlichen Tageserträge.

Aus Abb. 2 ist zu erkennen, dass bei flach installierten Anlagen der Ertrag zum Zeitpunkt der Sommersonnwende erwartungsgemäß am höchsten liegt. Sie ernten im Tagesdurchschnitt rund 5 kWh/kWp. Bei steil installierten Anlagen sind es im Sommer dagegen nur gut 4 kWh/kWp. Anders das Bild zur Wintersonnwende: Flach installierte Anlagen erreichen lediglich Erträge zwischen 0,5 bis 0,6 kWh/kWp am Tag. Steil installierte Module schaffen hingegen durchschnittliche Tageserträge von rund 1 kWh/kWp. Die Referenz bringt es an einem Wintertag auf durchschnittlich 0,75 kWh/kWp am Tag.

Der Jahres-Gesamtertrag liegt bei allen Anlagen mit Anstellwinkeln größer 25° mit 1.035 bis 1.050 kWh/kWähnlich hoch. Steil aufgestellte Anlagen können pro Wintertag 25 bis 35 % bzw. 0,2 bis 0,3 kWh/kWp höhere Durchschnittserträge erzielen als die Referenz. Verglichen mit flach installierten Anlagen beläuft sich das Plus beim Winterertrag auf 0,4 bis 0,45 kWh/kWp.

Abb. 2: Durchschnittlicher spezifischer PV-Tagesertrag mit unterschiedlichen Anstellwinkeln (DN) zur Sommersonnwende (JUN), zu Herbstbeginn (SEP), zur Wintersonnwende (DEZ) und zu Frühlingsanfang (MRZ) dargestellt.

Photovoltaik: Modell bestätigt Ergebnisse

Eine komplexe Modellrechnung bestätigt die Auswertungsergebnisse (Abb. 3). In Nord-Württemberg errechnet sich im Modell der höchste Gesamt-Jahresertrag für Photovoltaikanlagen mit einem Anstellwinkel zwischen 40 bis 60° bei einer Himmelsausrichtung nach Süden (Abb. 4). Mit der Modulausrichtung in diesem Bereich lassen sich gegenüber der Referenz (Anstellwinkel: 30°, 0° Süd) ca. 2 bis 3 % höhere Gesamt-Jahreserträge erzielen.

Ebenfalls bestätigt werden konnte, dass mit steilerem Anstellwinkel sowohl der nominale als auch der relative Ertrag an einem Wintertag ansteigt. Das nominale Ertragsoptimum eines Wintertags liegt bei Anstellwinkeln zwischen 60° und 90° (Abb. 5), das Optimum an einem Sommertag hingegen bei einem Anstellwinkel von 30°. An einem Wintertag ist in Nord-Württemberg ein durchschnittlicher Tagesertrag von etwa 1 kWh/kWp zu erzielen. Das sind rund 30 % mehr als bei einer Photovoltaikanlage mit einem Anstellwinkel von 30°. Gegenüber Anlagen mit sehr flachen Anstellwinkeln beträgt das Plus an einem Wintertag bis zu 100 %.

Die Modellergebnisse gelten für Photovoltaikanlagen mit idealer Südausrichtung. Weicht die Himmelsausrichtung, der Azimutwinkel der Photovoltaikanlage, von diesem Idealwert ab, fallen die Erträge geringer aus. Zu beachten ist, dass sich eine Ab­weichung von der idealen Südausrichtung auf den Gesamt-Jahresertrag und den Winter-Tagesertrag unterschiedlich auswirkt.

Der relative Gesamt-Jahresertrag (Abb. 6) fällt in der Region bei einer Modulneigung zwischen 45° und 60° und einem Azimutwinkel zwischen 7,5° SSW und –7,5° SSO am höchsten aus. Er beträgt 102 % gegenüber der Referenz. Mit zunehmender Abweichung von Süden sinkt der Jahresertrag. Bei einem steilen Anstellwinkel nimmt der Ertrag der Photovoltaikanlage in Abhängigkeit vom Azimutwinkel deutlich stärker ab als bei einem flachen Anstellwinkel. Deshalb gilt die Empfehlung, Photovoltaikmodule bei starker Abweichung von Süden mit einem flachen Anstellwinkel zu installieren.

Ein anderes Bild zeigt sich, nimmt man den Winter-Tagesertrag in den Fokus. Hier gilt: Je idealer die Moduloberfläche der PV-Anlage im rechten Winkel zur Winter-Mittagssonne steht, ein desto höherer nominaler und auch relativer Durchschnittsertrag ergibt sich an einem Wintertag (Abb. 6). In Nord-Württemberg steht die Winter-Mittagssonne knapp 18° über dem Horizont. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass eine Photovoltaikanlage die besten Winter-Tageserträge bei einem Anstellwinkel zwischen 70° und 80° erzielt.

Abb. 3: Eine komplexe Modellrechnung bestätigt die Auswertungsergebnisse.

Energiewende im Winter meistern

Bei der Umsetzung der Energiewende ist zu berücksichtigen, dass der tägliche Energieverbrauch in Deutschland im Winter deutlich höher liegt als im Sommer. 2018 betrug der durchschnittliche Pro-Kopf-Energieverbrauch – Strom, Wärme, mechanische Energie – etwa 60 kWh an einem Sommertag, aber 100 kWh an einem Wintertag. Der Mehrverbrauch im Winter liegt überwiegend im Heizwärmebedarf begründet.

Selbst wenn zukünftig der gesamte Energieverbrauch in Deutschland durch Energieeffizienzmaßnahmen sinkt und der Energiebedarf im Winter zusätzlich durch Maßnahmen wie z. B. die Elektrifizierung etwas schwächer ausfallen könnte, so bleibt doch die Winterproblematik im Grundsatz bestehen. Zur Bewältigung der Herausforderung sind verschiedene Lösungsansätze denkbar.

  • Energieeffizienz: Konsequente Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen, um den spezifischen Energieverbrauch zu verringern.
  • Verlagerung des Energieverbrauchs in Zeiten der Energie­produktion: Diese Maßnahmen eignen sind allerdings eher zur Bewältigung von Tages- und Wochenschwankungen. Zur Bewältigung der Winterproblematik sind kaum Beispiele vorhanden.
  • Langzeitspeicherung: Zum „Transport“ überschüssiger Energie aus dem Sommer stehen zum einen Speichertechnologien für Strom oder Wärme zur Verfügung. Zum anderen lässt sich Sommerstrom durch Umwandlung in „stapelbare“ Energieträger (Power-to-X, Wasserstoff) in den Winter transportieren.
  • Technologiepark zur Gewinnung und Bereitstellung regenerativer Energie: Je besser es gelingt, das virtuelle Kraftwerk auf den Energieverbrauchslastgang abzustimmen, desto geringer fallen die Anforderungen auf Seiten der Kurz- und Langzeitspeicherung aus.
Abb. 4: Modellrechnung für den PV-Jahresertrag in Abhängigkeit vom Anstellwinkel

PV-Winterbetrieb in den Fokus rücken

Die Anpassung des Technologieparks auf den Jahresverbrauchslastgang gelingt bei den Erneuerbaren unterschiedlich gut. Die meisten Technologien hängen direkt von den vorherrschenden Umweltbedingungen ab und bieten mit Ausnahme der Abregelung nur wenig Spielraum für eine Anpassung der Erzeugungsleistung auf den Verbrauchslastgang. Eine Sonderstellung nimmt die Biomasse ein.

Bei der Photovoltaik, die direkt von der Intensität der Sonneneinstrahlung abhängt, besteht allerdings die Möglichkeit, durch geeignete Anlagenkonzepte eine höhere durchschnittliche spezifische Tagesleistung im Winter zu erzielen. Diese Eigenschaft sollte beim Ausbau der Photovoltaik als eine der tragenden Technologien der Energiewende deutlich mehr als bislang Berücksichtigung finden. Das bedeutet,

  • dass der geplante Gesamtausbau um 20 bis 25 % niedriger ausfiele, würden die Photovoltaikanlagen einen um 30 bis 35 % höheren Tagesertrag im Winter erzielen durch eine optimale Winter-Modulausrichtung nach Süden und zwischen 50 und 70° geneigt.
  • dass bei optimaler Winterausrichtung das erforderliche Investitionsvolumen für den PV-Ausbau ebenfalls um ca. 20 bis 25 % reduziert werden könnte.
  • dass ein niedrigeres Ausbauziel bei gleicher Winterleistung große Einsparpotenziale an CO₂-Emissionen, Energie und Rohstoffen bei der Herstellung birgt.
  • dass ein geringerer Investitionsbedarf sich auf Ebene der Verbraucherpreise deutlich preisdämpfend bemerkbar machen dürfte.
Abb. 5: Mit steileren Anstellwinkeln steigt sowohl der nominale als auch der relative Ertrag an einem Wintertag.

Für einen zukunftsgerechten und ökonomisch tragbaren Ausbau der Photovoltaik ist es daher zwingend notwendig, dass Anlagenkonzepte und -planungen darauf überprüft werden, ob und in welchem Maße sie in der Lage sind, dem Energie-Verbrauchslastgang gerecht zu werden, insbesondere dem hohen Energieverbrauch in den Wintermonaten.

Zumal just in time erzeugte Energie im Vergleich zu gespeicherter Energie die niedrigsten Kosten, den geringsten Ressourcenverbrauch und die geringsten CO₂-Emissionen verursachen dürfte. Um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, wäre auch eine Änderung der Förderpolitik notwendig. Nicht die Jahres-Gesamtleistung sollte in ihrem Fokus stehen, sondern die Fähigkeit, Energie im Winter dank Photovoltaik just in time bereitstellen zu können.

Abb. 6: Je idealer die Moduloberfläche im rechten Winkel zur Winter-Mittagssonne steht, desto höher ist der nominale und auch der relative Durchschnittsertrag an einem Wintertag.

Angesichts des hohen Bedarfs an Investitionen und Ressourcen für die Anlagen sollten Fehler möglichst vermieden werden. So werfen beispielsweise große PV-Anlagen in der freien Flur mit flachen Anstellwinkeln und oftmals Ost/West-Ausrichtung, wie sie derzeit in großem Umfang gebaut werden, kritische Fragen auf. Anlagen mit einer solchen Ausrichtung produzieren Strom mit deutlichem Schwerpunkt im Sommer. 

Aber bereits heute sind die vorhandenen PV- und Windkraftkapazitäten in der Lage, an manchen Sommertagen den kompletten Strombedarf der Nation zu decken. Mit der Konsequenz, dass Anlagen abgeregelt oder Teile des überschüssigen Stroms zu negativen Tarifen im Markt „entsorgt“ werden müssen. Dieser Trend wird in Zukunft zunehmen, werden die Photovoltaikanlagen künftig nicht besser aufgestellt.

Dieser Beitrag von Werner Schmid ist zuerst erschienen in GEB 06/2021. Werner Schmid arbeitet bei der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) in Schwäbisch Gmünd. Der Autor dankt Thomas Braun und Fritz Hube vom Maschinen- und Betriebshilfsring Schwäbisch Hall für die Bereitstellung der anonymisierten Daten.

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