Wie sich mit PVT die Effizienz von Wärmepumpen steigern lässt
PVT-Kollektoren sind eine Kombination aus Photovoltaik und Solarthermie, sie liefern sowohl Strom als auch Wärme. Besonders wirtschaftlich sind sie in Kombination mit Solewärmepumpen und Erdsonden.
Besuch im neuen Werk der Firma Sunmaxx in Ottendorf-Okrilla bei Dresden. Im vorigen Jahr wurde die Fertigung aufgebaut, die kleine Fabrik kann bis zu 50 Megawatt PVT-Module im Jahr herstellen. Wer jetzt an klobige Kästen denkt – oben das Photovoltaiklaminat, darunter ein dicker Flachkollektor – wird enttäuscht. Denn der neue PVT-Kollektor ist absolute Hightech: schlank, smart und supereffizient.
Der Wärmetauscher ähnelt einem Kühlblech mit Sicken, in denen die Kühlflüssigkeit zirkuliert. Er ist nur zwei Millimeter stark und vollflächig mit der Rückseitenfolie des Photovoltaiklaminats verklebt. Lediglich die Anschlussdosen für die Solarzellen bleiben ausgespart.
Das Fraunhofer ISE hat nachgemessen: Im Sommer werden die Solarzellen im Frontlaminat von 80 Grad Celsius auf 30 Grad Celsius gekühlt. Dadurch verbessert sich die Performance der Solarzellen spürbar. Insgesamt nutzt das PVT-Modul 80 Prozent der Solarenergie aus: 20 Prozent durch die Solarzellen als sauberen Strom, 60 Prozent durch die thermische Komponente.
Ein Kühlblech als Wärmetauscher
Im Wärmetauscher zirkulieren nur 0,7 Liter Sole, der Druckverlust im PVT-Modul beträgt nur 30 Millibar. „Diese Bleche wurden ursprünglich zur Kühlung der Batterien von E-Autos verwendet“, erläutert Wilhelm Stein, CEO von Sunmaxx. „Wir haben die Technik für Solarmodule adaptiert. Das ist erprobte Massentechnik aus Aluminium, die sehr geringe Kosten erlaubt.“
Hinter Sunmaxx PVT steht der Automobilzulieferer Mahle, der mehr als drei Millionen Euro in die neue Fabrik investiert hat. Aus der Linie läuft ein Solarmodul, das durch den ultradünnen und sehr leichten Wärmetauscher nur 3,5 Kilogramm schwerer ist als ein Standardmodul (22 Kilogramm). Das Laminat besteht aus 108 Halbzellen (M10), es wird komplett vorgefertigt angeliefert. Die Montage der Dosen erfolgt, nachdem der Wärmetauscher angeklebt wurde.
Die PVT-Module liefern also Sonnenstrom und Sonnenwärme, und zwar im Niedertemperaturbereich von 20 bis 30 Grad Celsius. „Die Stagnationstemperatur liegt bei maximal 80 Grad Celsius, sie entspricht der Temperatur des Solarmoduls im Sommer“, berichtet Wilhelm Stein. „Deshalb brauchen wir keine aufwendigen Solarspeicher für den Schutz vor Überhitzung.“
Es besteht auch keine Gefahr, dass zu hohe Drücke die Hydraulik beschädigen. Das waren Schwachpunkte der bekannten Solarkollektoren, die als Flachkollektoren oder Vakuumröhrenkollektoren teilweise Temperaturen von mehr als 100 Grad Celsius erreichten – und gegen Überkochen geschützt werden mussten.
Monovalente und bivalente Nutzung
Mit den niedrigen Temperaturen lässt sich der solare Energiesammler auf dem Dach als monovalente Wärmequelle für Solewärmepumpen nutzen. Luft-Wasser-Wärmepumpen erzielen Jahresarbeitszahlen (JAZ) von zwei bis drei, verursachen aber oft störende Geräusche durch den Luftsog am Außengerät. Mit dem solaren Vorlauf vom Dach kann eine Sole-Wasser-Wärmepumpe durchaus eine JAZ von vier erreichen – komplett lautlos. Aus 30 Grad Celsius im Vorlauf kann sie sehr hohe Temperaturen erzeugen – etwa für Prozesswärme.
Eine zweite Anwendung sind bivalente Systeme mit Erdwärmepumpen, die ihre Umweltwärme aus oberflächennahen Erdkollektoren oder Bohrsonden beziehen. „Die Solarwärme hilft, die Erdsonden im Sommer zu regenerieren“, erklärt Wilhelm Stein. „Das spart bis zu 75 Prozent der Bohrmeter.“
Die Bohrungen sind mit Abstand der teuerste Teil einer solchen Geothermieanlage. Vor allem bei Industriebauten oder kommunalen Nahwärmenetzen summieren sich die Einsparungen schnell zu großen Beträgen. Zudem schrumpft die Fläche, die für das Bohrfeld freigehalten werden muss.
Einfache Montage über steckbare Schläuche
Der PVT-Kollektor wird mit einem 40-Millimeter-Standardrahmen versehen, hinter dem der Wärmetauscher mit seinen Anschlussstutzen komplett verschwindet. Das Montagesystem hat Wagner Solar entwickelt. Die Installation basiert auf normalen Klemmen von Schletter auf einem Alusystem.
Der hydraulische Anschluss des Wärmetauschers erfolgt über Sicherheitsschläuche – einfach gesteckt und fertig! So entsteht für die Solarteure kaum zusätzlicher Aufwand im Vergleich zu Solarmodulen.
Die Schlauchverbinder führen zum Sammelrohr, das bis zu 20 PVT-Module aufnimmt. Weil die zirkulierende Flüssigkeitsmenge und der Druckverlust so gering sind, brauchen die Solarpumpen nur wenig Leistung.
Kleinere Anlagen beispielsweise für Privatkunden werden über Edelstahlrohre hydraulisch eingebunden, größere Anlagen mit Rohren aus Kunststoff. Selbst in der kalten Jahreszeit liefert das System nennenswerte Temperaturen. Denn die Hydraulik nimmt die Temperatur unter den Solarmodulen an.
Mittlerweile wurden Montagesysteme für Flachdächer, Trapezblechdächer (15 Grad), Schrägdächer (30 Grad) und Freilandparks entwickelt. Denn Sunmaxx PVT hat größere Anlagen im Blick.
Industriestandorte dekarbonisieren
Derzeit laufen die Planungen für einen Betrieb von Mahle bei Stuttgart. Dort sollen 1.500 PVT-Module installiert werden, um den Standort komplett zu dekarbonisieren. „Die Einsparungen beim Erdsondenfeld drücken die erforderliche Investition von zehn Millionen Euro auf unter drei Millionen Euro“, rechnet Wilhelm Stein vor. „Zudem kann das Sondenfeld mit kleinerer Fläche realisiert werden. Ab dem dritten Quartal 2024 soll es losgehen, Probebohrungen und Gutachten liegen bereits vor.“
Die Gebäude stammen aus den 1980er-Jahren. Der jährliche Wärmebedarf summiert sich auf 1,9 Gigawattstunden. Bisher wird er durch drei Gaskessel gedeckt. „Sie werden durch unsere PVT-Module überflüssig“, ist sich Stein sicher. „Lediglich ein Kessel für Biogas bleibt als Back-up übrig.“
Der Strombedarf von 5,1 Gigawattstunden wird zu einem Drittel von den PVT-Modulen gedeckt. In einem zweiten Schritt soll ein neuer Solarpark nebenan die Stromversorgung komplett auf Sonnenstrom umstellen.
Energie für Nahwärmenetz der Kommune
In einem anderen Projekt geht es um einen Solarpark auf 16 Hektar. Er soll zur Hälfte mit PVT-Modulen gebaut werden, um Solarwärme für ein kommunales Nahwärmenetz zu gewinnen. Derzeit sind fünf bis sechs Megawatt in der Planung. So sollen die Anlagen wachsen. Bisher wurden vor allem kleinere Anlagen geplant und errichtet, mit 20 bis 40 Modulen.
Im Dezember 2023 nahm das Werk bei Dresden seine Fertigung auf. Es lässt sich von 50 Megawatt bis auf 250 Megawatt erweitern. Derzeit arbeiten 25 Leute in Ottendorf-Okrilla, bis Ende 2024 könnten es zwischen 60 und 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden.
Ein cleveres Produkt für Fachpartner
Das PVT-Modul ist ein cleveres Produkt für alle Installateure, die ihren Kunden mehr anbieten wollen als Sonnenstrom. Sunmaxx sucht bundesweit Partner aus dem installierenden Fachhandwerk. Die PVT-Module kann man direkt bei Sunmaxx kaufen oder über den Fachhändler Wagner Solar. Zur Intersolar im Juni in München wird Sunmaxx mit eigenem Stand vertreten sein.
Die seit 20 Jahren auf Elektro- und Heizungsinstallationen spezialisierte Firma Kütro aus Abensberg bei Regensburg hat bereits erste Erfahrungen mit den PVT-Modulen von Sunmaxx gesammelt. Die Anlagen versorgen Gebäude ganzjährig mit Strom und Wärme.
Lange nach der Lösung gesucht
Bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus werden in 20 Jahren rund 125 Tonnen Kohlendioxid eingespart. „Wir haben lange nach der geeigneten Lösung für unsere Kunden und Projekte gesucht“, erzählt Patrick Küffner, Geschäftsführer von Kütro. „Faktoren, die wir berücksichtigen müssen, sind Klimaschutz, Kohlendioxidvorgaben für Gebäude und Betriebskosten. Mit Sunmaxx haben wir nun einen Hersteller und Lieferanten für unsere Projekte gefunden.“
Ein Vorteil: Energiesysteme mit PVT-Modulen sind beliebig skalierbar, auch für Großprojekte. Beispielsweise ist eine große Freiflächenanlage in Bayern geplant. Dort werden 1,6 Megawatt PVT-Module installiert, um die kommunale Versorgung zu unterstützen.
Kooperation mit Installateuren ausweiten
Sunmaxx kooperiert zudem mit der niedersächsischen Hanebutt-Gruppe. Hanebutt ist vor allem in den Regionen Hannover, Berlin, Hamburg, um Freiburg mit Herbolzheim und in Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Geschäftsführer Henning Hanebutt ist sich sicher, dass die Hauseigentümer das Angebot annehmen, Strom und Wärme vom Dach zu gewinnen.
Angesichts der hohen Gaspreise suchen die Kunden nach einem Weg, um ihre Wärmeversorgung unabhängig zu gestalten. Mit der PVT-Technik will er die steigende Nachfrage nach erneuerbaren Heizungen besser bedienen, betont Henning Hanebutt.
Seit Dezember 2023 gehören zwei Heizungsbauer aus Baden-Württemberg und dem Saarland zum PVT-Netzwerk. DS Innovative Heiztechnik aus Stuttgart und Corona Plus aus Tholey werden künftig die innovativen Module bei ihren Kunden installieren.