Holzpellets: Preise, Hamsterkäufe und Kritik am Heizen mit Holz
Zugegeben, die Pressemitteilung des Deutschen Pelletinstituts (DEPI) vom 16.9.2022 unter der Schlagzeile „Pelletmarkt noch im Ausnahmezustand – Trendwende in Sicht“ war schon ein Schlag ins Kontor, weil die Pelletspreise im September im Bundesdurchschnitt auf 763,76 Euro pro Tonne geschossen war, wenn 6 Tonnen abgenommen wurden.
Dies entspricht einer Steigerung des Preises gegenüber des ohnehin schon hohen Augustwerts um noch einmal 11,8 Prozent – und 322,7 Prozent mehr als im September 2021. Mit 15,28 ct/kWh für die Wärmebereitstellung lag der Wert erstmals seit vielen Jahren sogar über dem Wert für Heizöl (15,22 ct/kWh).
Warum werden nur Pellets teurer?
Eine erstaunliche Entwicklung: Während die Brennstoffkosten-Kurve für Heizöl in den letzten Monaten recht stabil auf diesem Niveau verlief, stieg die Kurve für Pellets steil nach oben, seit Juli etwa auch steiler als die Kurve für die Wärmebereitstellungskosten aus Gas. Weder Gas noch Heizöl haben sich seit Juli so verteuert wie Holzpellets. Das führt zu teilweise skurrilen Diskussionen in den Medien und von interessierter Seite, die schon eine Renaissance des Heizens mit Heizöl sehen.
Das DEPI begründet diese Verwerfungen u. a. mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Dazu zählt eben auch die Verteuerung von Strom und Energie im Allgemeinen, die auch die Produktion von Holzpellets teurer macht. Außerdem den Transport über die gestiegenen Spritpreise, da Holzpellets ja per Lkw zum Kunden gefahren werden.
Auch die Kosten für den Rohstoff Sägespäne sind gestiegen, weil die Baukonjunktur derzeit gerade abflacht. In Deutschland werden Holzpellets überwiegend aus Sägespänen gefertigt, die als Koppelprodukt bei der Produktion von Bauholz abfallen. Hinzu kommt seit jeher die Sägespäne-Konkurrenz zwischen energetischer (Holzpellets) und stofflicher Nutzung (z.B. Spanplattenindustrie).
Hamsterkäufe: Sind Pellets das neue Klopapier?
Die Furcht vor weiteren Preissteigerungen führt bei manchen zu einer Art Bunkermentalität, d.h. sie bestellen Pellets obwohl sie noch genug im Lager haben. In welchem Umfang das in den vergangenen Monaten geschehen ist, lässt sich wohl nur schwer beziffern.
Die gestiegene Nachfrage ist aber auch auf sehr viele neue Pelletfeuerungen in Deutschland zurückzuführen, was von der staatlichen Förderung seit 2021 über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) befeuert wurde. Laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) verzeichneten die Wärmepumpen mit einem Plus von 25 Prozent sowie Biomasse-Kessel, hier insbesondere die Pelletheizung, mit einem Plus von 6 Prozent (gegenüber dem Vorjahr) den größten Zuwachs unter allen Heizsystemen im ersten Halbjahr dieses Jahres.
Pelletspreise: Kommt jetzt die Preiswende?
Doch Fragen bleiben offen. Laut DEPI-Mitteilung ist seit Mitte September eine Trendwende beim Preis in Sicht, was laut Institut von verschiedenen Händlern bestätigt werde: Sie würden Pellets schon wieder deutlich unterhalb des Durchschnittspreises von September anbieten. Der dafür genannte Grund: die sinkende Nachfrage, die sich in Richtung Normalniveau entwickle.
Eine Trendwende ist das zwar, allerdings bleiben die Kosten-Argumente Rohstoffpreise und hohe Energiekosten in Produktion und Logistik ja bestehen, so dass abgewartet werden muss, wohin sich die Preise nun absolut entwickeln und welchen Einfluss die gestiegene Nachfrage auf den Angebots-Preis tatsächlich nahm. Umgekehrt ist damit aber auch nicht auszuschließen, dass die Pelletspreise ggf. deutlich wieder nach oben gehen, wenn die Nachfrage anzieht und sich das derart stark auswirkt.
Das sagen die Gegner der Pelletheizung
Die aktuellen Verwerfungen und Unsicherheiten sind aber auch Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das Heizen mit Holz in der Pelletheizung überhaupt nicht gerne sehen. Die Lager der Befürworter und Gegner sind so alt wie die ersten Pelletfeuerungen, die um das Jahr 2000 in Deutschland eingebaut wurden.
Zwischenzeitlich war es etwas ruhiger geworden – was möglicherweise auch damit zusammenhängt, dass der Absatz an Pelletfeuerungen nach dem ersten Boom dann seit etlichen Jahren vor sich hindümpelte und damit die Sorge der Gegner verbannt schien, dass Holzpellets von der Menge her dem Wald und der stofflichen Verwertung gefährlich werden könnten, wenn sich daraus ein Massenmarkt entwickeln würde.
Die Gegenargumente haben sich seit den Anfangstagen nicht großartig verändert, in der Hauptsache sind es das Thema Feinstaub, verbunden damit das Infragestellen der Technik der Pelletheizung, außerdem die Auswirkungen auf den Wald sowie nun wiederholt die Frage, ob der Brennstoff Holz überhaupt klimaneutral ist.
Ein wichtiges Argument der Branche: Beim Verbrennen von Holz wird nur soviel CO2 freigesetzt, wie der Baum zu Lebzeiten speicherte. Holz ist außerdem ein nachwachsender Rohstoff. Darüber reklamiert die Branche ihren Status als erneuerbare Energie, inklusive dem, was (förder)politisch dann daraus folgt.
Gegner argumentieren, dass der Baum dafür ja aber viele Jahre brauchte, wohingegen die Verfeuerung in kürzester Zeit geschieht. Es gibt Pro- und Contra-Argumente von beiden Seiten. Es sind praktisch dieselben wie schon vor 15 bis 20 Jahren. Aber es sind neuralgische Punkte.
Pellets-Branche steht vor Herausforderungen
Es ist derzeit eine merkwürdige Gemengelage, die für das Heizen mit Holz gefährlich ist. Die Branche muss einerseits die massiven Preissteigerungen kommunizieren, was eben auch mit der sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach Holzfeuerungen begründet wird. Darüber lässt sich aber dann die Verbraucher-Frage nicht vermeiden, ob die Versorgungssicherheit gewährleistet ist, was auch verunsichert. Es droht, dass die Branche Opfer ihres eigenen Absatzerfolgs werden könnte, der sich über die guten Förderbedingungen der letzten Jahre aufgetan hat.
Zugleich ist es aber auch gerade dieser Erfolg, der die Gegner nun wieder auf den Plan ruft. Die Diskussion ist seit jeher auch mit viel Polemik verbunden. Wer tatsächlich an sachlicher Information interessiert ist, dem sei z.B. die sehr ausführliche Publikation „Energetische Holzverwendung: Ist die Kritik berechtigt?“ der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) empfohlen.
Kritik an Holzpellets von Umweltschutzverbänden
Erstaunlich ist dabei aber, wie derzeit in einer so noch nie gewählten Sprachform gegen das Heizen mit Holz Front gemacht wird. „Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher als Holz“, lautet die Schlagzeile eine Online-Meldung auf n-tv.de vom 28.9.2022 und bemüht wird hier ein Zitat von Achim Dittler, Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Leiter der Arbeitsgruppe Gas-Partikel-Systeme.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist seit Jahren dafür bekannt, dass sie Kaminöfen und Holzfeuerungen als maßgeblich für Feinstaub in der Luft und daraus resultierender Todesfälle in Deutschland brandmarkt. Das Umweltbundesamt (UBA) mit einer Meinung Aufsehen, die der Linie der Bundesregierung damals diametral entgegenstand. Das UBA riet am 10.2.2022 bei der Vorstellung der Zahlen zur Luftqualität in Deutschland 2021 öffentlich vom Heizen mit Holz ab, obwohl der Einbau solcher Feuerungen staatlich ganz bewusst gefördert wird.
Der WWF spricht von der „Korrektur eines historischen Fehlers“ als Reaktion auf den Beschluss des EU-Parlaments Mitte September, Energie aus Waldholz-Verbrennung nur begrenzt als erneuerbare Energie zu werten. Holz zu verbrennen sei nicht klimaneutral. Man könne es sich nicht leisten, den dringend benötigten Kohlenstoffspeicher Wald zu verfeuern.
Gegen die vom Parlament beschlossene Novelle der Renewable Energy Directive (RED III) läuft derzeit ein deutsches Bündnis aus neun Verbänden aus dem Bereich Holzenergie und Holzwärme in der „Initiative Holzwärme“ unter Federführung des BDH Sturm – ergebnisoffen: Die RED III befindet sich nun im Diskussionsprozess zwischen EU-Parlament, der Kommission und dem Europarat.
Förderung für Biomasse-Heizungen gekürzt
Nicht zu unterschätzen ist auch, dass im Hintergrund das politische Stimmungsbild derzeit möglicherweise kippt. Andeutungen gibt es dafür. So wurde das gemeinsame Konzeptpapier von Bundeswirtschafts- und -bauministerium geändert. Zur Umsetzung des Ziels, dass ab 1.1.2024 neue Heizungen nur noch mit mindestens 65-Prozentanteil erneuerbarer Energien zur Trink- und Warmwasserversorgung eingebaut werden dürfen, gibt es nun eine zweite Variante. Biomasse ist demnach erst eine nachgelagerte Option zur Erfüllung des Ziels, wenn andere Optionen nicht möglich sind.
Siehe dazu auch: 65 Prozent Erneuerbare: Konzeptpapier mit zwei Gesichtern
Mitte August wurde die BEG-Förderung im Segment Einzelmaßnahmen (BEG EM) stark verändert. Biomassefeuerungen und Solarthermie sind nun in der Förderung schlechter gestellt. Wärmepumpen werden hingegen bevorzugt. Biomassefeuerungen erhalten nun nur noch einen maximalen Fördersatz von 20 Prozent (10 Prozent Zuschuss plus 10 Prozent Heizungstausch).
Offiziell wird die Anpassung damit begründet, dass die Fördertöpfe ausgeschöpft waren bzw. das Finanzierungsvolumen für die alten Sätze bei vorhandener Nachfrage nicht mehr ausreichend war. Dennoch kann der starke Beschnitt bei der Biomasse auch so gedeutet werden, dass hier der Zubau möglicherweise abgebremst werden soll bzw. dass man das Segment als überfördert ansah.
Nebenbei sei auch einfach mal die Frage gestellt, warum die aktuell diskutierte Gaspreisbremse eigentlich nur auf Gas zielt. Besitzer von Heizöl-Heizungen z.B. schauen folglich in die Röhre, und auch die von Holzpellets.
Fazit: Pellets sind kein Massenmarkt
Das wird sicher nicht dazu führen, dass nun die Flucht in Gas-Brennwerttherme einsetzt. Bereits die aktuelle Marktentwicklung zeichnet ein gegenteiliges Bild: Zwar waren gasbasierte Systeme laut Marktstatistik (1. Halbjahr 2022) des BDH mit rund 300.000 Geräten absolut gesehen immer noch das dominant am Markt verbaute Heizsystem, doch im Vergleich zum Vorjahr war das ein Minus von 6 Prozent.
Das von der Politik präferierte Heizen mit Strom ist auch kein Allheilmittel und ebenfalls mit vielen Fragen behaftet, wenn es die Dimensionen annimmt, die der Politik vorschweben. Die Argumente gegen das Heizen mit Holz sind leidlich bekannt und dann oftmals polemisch sowie undifferenziert vorgetragen.
Der Absatz von Pelletfeuerungen ist trotz der Steigerungsraten noch weit davon entfernt, ein Massenmarkt zu sein. Wenn der Run auf Öfen bzw. Kaminholz, der derzeit zu registrieren ist, wieder einmal dazu benutzt wird, das Heizen mit Holz negativ zu generalisieren, dann ist das etwas, was immer wieder schon in den vergangenen Jahrzehnten mehr oder weniger stattgefunden hat. Man sollte sich davon nicht verunsichern lassen und mit gutem Gewissen das Heizen mit Holz über moderne Kessel- und Ofensysteme, die es am Markt gibt, empfehlen, wenn das Interesse daran besteht.
So paradox es ist: Der eigene Erfolg bläst der Pelletbranche gerade auch als Gegenwind ins Gesicht – was von den Gegnern nur zu gerne ausgenutzt wird.
Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.