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DIN 1986-100: So funktioniert die Hausentwässerung

Bernd Ishorst
Leitungsbereiche der Hausentwässerung.

In Deutschland müssen Hausentwässerungen gemäß DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“, Ausgabe Mai 2008, geplant und ausgeführt werden. Anforderungen aus der europäischen Norm DIN EN 12056 „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden“, Ausgabe Januar 2001, gelten nur in Ausnahmefällen.

Gefälle und Lüftung von Abwasserleitungen

Damit liegende Abwasserleitungen sicher funktionieren und leerlaufen können, müssen sie mit ausreichendem Gefälle verlegt werden. Das Mindestgefälle für die liegenden Leitungsbereiche von Hausentwässerungen wird in der Entwässerungsnorm DIN 1986-100 angegeben.

Grundsätzlich muss in Deutschland jede Schmutzwasserfallleitung als Lüftungsleitung bis über Dach geführt werden. Der Einsatz von Belüftungsventilen ist nur in Ausnahmefällen zulässig.

Der beim Abfließen von Schmutzwasser entstehende Unterdruck muss durch nachströmende Luft (Belüftung) ausgeglichen werden, um das Leersaugen der Geruchverschlüsse zu verhindern. Dazu ist im Belastungsfall eine ungehinderte Luftführung innerhalb des Rohrsystems erforderlich. Beim Abflussvorgang werden erhebliche Luftvolumen mitgerissen. Durch Messungen wurde nachgewiesen, dass der erforderliche Luftvolumenstrom das 10- bis 35-fache des Wasservolumenstroms beträgt.

Die in den öffentlichen Abwasserkanälen sowie in den Gebäude- und Grundstücksentwässerungsanlagen entstehenden Fäulnisgase müssen sicher ins Freie abgeführt werden (Entlüftung). Die Be- und Entlüftung erfolgt über die Lüftungsleitungen der Hausentwässerungen.

Wichtige Grundregeln für die Leitungsverlegung

Gemäß DIN 1986-100 müssen Abwasserleitungen bei einem inneren und äußeren Überdruck bis 0,5 bar unter den zwischen ihnen und ihrer Umgebung möglichen Wechselwirkungen dauerhaft dicht sein. Dies sollte man sich insbesondere auch für Bestandanlagen vor Augen führen.

Die Rohrbefestigungen müssen sicher und fest sein und dürfen die Leitungen und alle Teile oder Elemente des Bauwerks nicht beschädigen.

Richtungsänderungen von Grund- oder Sammelleitungen dürfen generell nur mit Bögen ≤ 45° ausgeführt werden. Zur besseren Funktion und Reinigung ist dies auch bei Einzel- und Sammelanschlussleitungen empfehlenswert. Hierzu wird in der Regel die Auflösung von 90°-Richtungsänderungen mit zwei 45°-Bögen vorgenommen.

In liegenden Leitungen dürfen grundsätzlich nur Abzweige ≤ 45° eingebaut werden; Doppelabzweige in liegenden Leitungen sind unzulässig.

In Sammelanschlussleitungen sollte der Übergang auf andere Nennweiten (exzentrische Reduzierstücke) immer mit Scheitelgleichheit erfolgen. Dies führt zu einer Verbesserung der Luftführung im Scheitelbereich und zur Verminderung von Rückspülungen in den kleineren Rohrdurchmesser der Sammelanschlussleitung.

Fallleitungsanschlüsse ≤ DN 70 müssen mit (88 ±2)°-Abzweigen ausgeführt werden. Bei dieser Konstellation hat sich der 45°-Abzweig als ungünstig erwiesen, da es bei der Anschlussleitung ≤ DN 70 im Bereich der 45°-Umlenkung zur Vollfüllung und somit zum Leersaugen der Geruchverschlüsse kommt. Zur weiteren Verbesserung der Funktion sollten hydraulisch günstige Abzweige (88 ±2)° mit Innenradius oder 45°-Einlaufwinkel eingebaut werden.

Fremdeinspülungen im Anschlussbereich vermeiden

Ein weiteres Problem im Anschlussbereich von Schmutzwasser-Fallleitungen stellen Fremdeinspülungen dar, die wie folgt unterschieden werden:

  • Direkte Fremdeinspülungen durch gegenüberliegende Anschlussleitungen
  • Indirekte Fremdeinspülungen von Schmutzwasser-Fallleitungen in Anschlussleitungen

Gelangt Schmutzwasser durch Fremdeinspülungen bis in fremde Geruchverschlüsse können einwandfreie hygienische Verhältnisse nicht mehr gewährleistet werden.

Um direkte Fremdeinspülungen durch gegenüberliegende Abzweige zu vermeiden, müssen die entsprechenden Konstruktionsvorgaben der DIN 1986-100 beachtet werden.

Indirekte Fremdeinspülungen sind bei (88 ±2)°-Abzweigen, die in vielen Fällen für eine einwandfreie Hydraulik notwendig sind, nicht zu vermeiden. Damit das Fremdwasser zumindest nicht bis in fremde Geruchverschlüsse gelangen kann, muss das Mindestmaß für den Höhenunterschied (h) zwischen dem Wasser im Geruchverschluss und der Sohle der Anschlussleitung am Fallleitungsabzweig eingehalten werden. Gemäß DIN 1986-100 muss das Maß für den Höhenunterschied (h) ≥ DN der Anschlussleitung betragen.

Aufgrund von abwassertechnischen Versuchen wurde der Anwendungsbereich von Doppelabzweigen 87º bis 88,5º in Schmutzwasserfallleitungen erweitert. Hiernach darf der Anschluss von gegenüberliegenden Anschlussleitungen für fäkalfreies und fäkalhaltiges Schmutzwasser auf gleicher Rohrsohle und bei jeweils gleicher Nennweite der Anschlussleitungen über Doppelabzweig mit Innenradius oder 45º-Einlaufwinkel erfolgen.

Durch diese Erweiterung des Anwendungsbereiches von Doppelabzweigen in Schmutzwasserfallleitungen besteht nun seit September 2016 die normative Möglichkeit, gegenüberliegende Anschlussleitungen für fäkalfreies und fäkalhaltiges Schmutzwasser auch ohne komplizierte Leitungsführung an eine Fallleitung anzuschließen.

Temperaturbedingtes Ausdehnungsverhalten ausgleichen

Abwasserleitungen dehnen sich bei Erwärmung aus und ziehen sich bei Abkühlung zusammen. Diese temperaturbedingten Längenänderungen müssen ausgeglichen werden, da mitunter enorme Schub- und Zugkräfte entstehen, die zu Beschädigungen an den Abwasserleitungen führen können.

Größere Längenänderungen gerade verlaufender Abwasserleitungen müssen – zum Beispiel durch Schiebemuffen oder Dehnungsausgleicher – kompensiert werden.

Die Längenänderung wird nach folgender Formel berechnet:

∆l = l0 × α × ∆ν

Formelzeichen:

∆l  = Längenänderung in mm

l0   = Länge der Leitung vor der Temperaturerhöhung in m

α   =  Längenausdehnungszahl in mm/(m × K)

∆ν = Temperaturerhöhung in K

Beispiel: Bei einer 10 m langen Abwasserleitung aus Polypropylen (PP) mit α = 0,15 mm/(m × K) ergibt sich bei einer Temperaturerhöhung von 50 K eine Längenänderung von 75 mm. Daher sind bei der Verlegung Dehnungsausgleicher erforderlich.

Zum Vergleich: Bei Gusseisen mit α = 0,0105 mm/(m × K) ­ergibt sich unter diesen Bedingungen lediglich eine Längen­änderung von 5,25 mm, die in den Verbindungen aufgenommen wird.

Auf vorbeugende Brandschutzmaßnahmen achten

Die wichtigsten Ziele des Brandschutzes sind der Schutz des Lebens und die körperliche Unversehrtheit von Personen sowie der Sachwert- und Umweltschutz. Diese Ziele können durch den vorbeugenden und den abwehrenden Brandschutz erreicht werden.

Der abwehrende Brandschutz erfolgt, wenn es brennt. Hierzu gehören insbesondere die Maßnahmen der Feuerwehr. Zum vorbeugenden Brandschutz gehören alle Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Entstehung, Ausbreitung und Auswirkung von Bränden zu verhindern oder zumindest einzuschränken.

Der vorbeugende Brandschutz wird folgendermaßen unterteilt:

  • baulicher Brandschutz (zum Beispiel Einteilung des Objektes in Brandabschnitte)
  • anlagentechnischer Brandschutz (zum Beispiel Einbau einer Sprinkleranlage)
  • organisatorischer Brandschutz (zum Beispiel die Erstellung von Brandschutzplänen)

Die Einteilung des Objektes in Brandabschnitte sowie die Schaffung von geeigneten Flucht- und Rettungswegen müssen bereits bei der architektonischen Planung festgelegt werden.

Durch die Einteilung in Brandabschnitte soll der Brand auf den Entstehungsabschnitt beschränkt bleiben. Durch die umgebenden Bauteile eines Brandabschnitts, wie zum Beispiel Wände, Decken und Brandschutztüren muss für einen bestimmten Zeitraum – der Feuerwiderstandsdauer – die Ausbreitung des Brandes in andere Brandabschnitte des Gebäudes verhindert werden. In der Regel muss die Feuerwiderstandsdauer bei Bauteilen eines Brandabschnitts mindestens 90 Minuten betragen. Die Anforderungen für die Prüfung des Brandverhaltens von Baustoffen und Bauteilen sind in der Normenreihe DIN 4102 festgelegt.

Die Baustoffe der Bauteile werden unterteilt in die beiden Brandschutzklassen A (nichtbrennbar, zum Beispiel Stahlbeton) und B (brennbar, zum Beispiel Kunststoff). Für Rohrleitungssysteme gelten ebenfalls die Baustoffklassen. So gehören gusseiserne Abflussrohrsysteme der Baustoffklasse A (nichtbrennbar) an, Abflussrohrsysteme aus Kunststoff der Baustoffklasse B (brennbar).  

Um diese Anforderungen zu erfüllen, sind zum Beispiel bei der Durchdringung von Brandwänden oder -decken (F 90) entsprechende Rohrabschottungen (R 90) mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten erforderlich. Hierzu werden in der Regel geprüfte Rohrabschottungen mit allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung (ABZ) oder mit allgemeinem bauaufsichtlichem Prüfzeugnis (ABP) eingesetzt.

Bei brennbaren Kunststoffrohren der Baustoffklasse B werden überwiegend geprüfte Brandschutzmanschetten eingesetzt. Die Abschottung erfolgt durch das in die Brandschutzmanschette eingelegte Blähgrafit. Dieses bläht (intumesziert) bei zunehmender Temperatur auf und verschließt unter Druck die komplette Durchführung. 

Nichtbrennbare Metallrohrsysteme der Baustoffklasse A – zum Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme – können nicht Schmelzen oder Abtropfen, es besteht allerdings die Gefahr der Wärmeübertragung. Durch die hohe Wärmeleitung kann die Temperatur der Metallrohre im benachbarten Brandabschnitt so erhöht werden, dass sich brennbare Materialien im unmittelbaren Bereich entzünden können (Sekundärbrand). Die entsprechenden geprüften Brandschutzlösungen sind meist so aufgebaut, dass unzulässige Temperaturerhöhungen durch eine weiterführende Rohrdämmung – zum Beispiel aus nichtbrennbarer Mineralwolle – verhindert werden.

In der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR 2005 sind die grundlegenden Voraussetzungen für sichere Flucht- und Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoffrohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht freiverlegt, sondern nur innerhalb von Unterdecken, Bodenkanälen oder Installationsschächten mit einer Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30) verlegt werden. Nichtbrennbare Leitungen, zum Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und Rettungswegen freiverlegt werden.

Schallschutzmaßnahmen nach DIN 4109 umsetzen

In haustechnischen Anlagen werden drei Schallarten unterschieden:

  • Körperschall (Weiterleitung des Schalls in festen Körpern, zum Beispiel in Wänden und Decken)
  • Luftschall (von festen Körpern – zum Beispiel einer Rohrleitung – abgestrahlter Schall wird durch die Raumluft weitergeleitet)
  • Wasserschall (Weiterleitung des Schalls in Wasser)

Die Mindestanforderungen für die zulässigen Schalldruckpegel in schutzbedürftigen Räumen sind in der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ festgelegt. In dieser Norm wird zwischen dem Installationsschallpegel LIn (Wasserinstallation) und dem durch sonstige haustechnischen Anlagen verursachten Schalldruckpegel LAFmax (zum Beispiel durch lüftungstechnische Anlagen) unterschieden. Im Beiblatt 2 der DIN 4109 werden zusätzlich Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz gegeben.

Der geforderte Schallschutz für die gebäudetechnischen Anlagen ist grundsätzlich nur im Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger Bau- und Installationstechnik realisierbar. Schlechte Bautechnik, wie zum Beispiel durch akustisch ungünstige Grundrisse und unzureichende Decken- und Wandkonstruktionen, kann erfahrungsgemäß durch moderne Installationstechnik alleine nicht ausgeglichen werden. Hierzu heißt es im Beiblatt 2 der DIN 4109: „Die Einhaltung der Anforderungen setzt voraus, dass die Verantwortlichen für die

  • Planung des Grundrisses,
  • Planung und Ausführung des Baukörpers,
  • Planung und Ausführung der haustechnischen Anlagen,
  • Planung und Ausführung besonderer Schallschutzmaß­nahmen,
  • Auswahl und Anordnung der geräuscherzeugenden Einrichtungen

gemeinsam um Schallschutz bemüht sind und für eine wirksame Koordinierung aller Beteiligten gesorgt wird. Wenn den Beteiligten die nötige Erfahrung fehlt, sollte zur Planung des Gebäudes, der haustechnischen Anlagen und der besonderen Schallschutzmaßnahmen ein Sachverständiger für Schallschutz hinzugezogen werden“.

Günstige Grundrissanordnungen sind eine der Grundvoraussetzungen für guten Schallschutz.

Dieser Beitrag von Bernd Ishorst erschien zuerst in SBZ Monteur 6/2016. Bernd Ishorst ist Geschäftsführer des Informationszentrums Entwässerungstechnik Guss IZEG.

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