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Gebäudeentwässerung ohne Graben und Stemmen sanieren

Abschätzung der in Deutschland verlegten Abwasserleitungen und -kanäle.

Während sich die Länge der öffentlichen Kanalisation mit ca. 600 000 km aus statistischen Erhebungen gut ableiten lässt, sind valide Zahlen für die private Entwässerung kaum verfügbar. Die Fachwelt geht davon aus, dass die Länge der privaten Grundstücksentwässerung etwa das Zwei- bis Dreifache der öffentlichen Kanalisation beträgt, sodass von einer Länge von etwa 1,5 Mio. km ausgegangen werden kann. Für die Gebäudeentwässerung im Bestand gibt es momentan keine Marktdaten. Fachleute von Fachverbänden, Rohrherstellern und der Industrie schätzen aber, dass in der Gebäudeentwässerung deutlich mehr Abwasserleitungen als im Erdreich verlegt sind.

Anhand der Absatzzahlen wird davon ausgegangen, dass über 20 Mio. km Abwasserleitungen in Deutschland innerhalb von Gebäuden verlegt sind. Auch wenn keine statistisch belastbaren Zahlen verfügbar sind, ist bei der Sanierung der Gebäudeentwässerung von einem sehr hohen Marktpotenzial auszugehen.

Bisher gibt es keine Daten zu Schäden

Während aus statistischen Erhebungen und Pilotprojekten bekannt ist, dass etwa 20 % der öffentlichen Abwasserkanäle und vermutlich weit über 50 % der Grundstücksentwässerungen schadhaft sind, ist über den baulichen Zustand, die Schäden und die Schadensquoten in der Gebäudeentwässerung (noch) wenig bekannt. Aus dem Handwerk ist zu vernehmen, dass sich die bekannten Schadensbilder bei älteren Rohren aus Guss oder Stahl insbesondere auf Korrosion, Risse, Inkrustationen und zum Teil undichte Rohrverbindungen konzentrieren.

Über Kunststoffrohre der ersten Generation, die etwa seit Ende der 1960er-Jahre eingesetzt wurden, wird berichtet, dass diese teilweise spröde geworden sind. Von vielen Faserzementleitungen ist bekannt, dass diese inzwischen häufig Undichtigkeiten, z. B. durch Risse und schadhafte Rohrverbindungen, aufweisen.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in vielen Abwasserleitungsnetzen eine übliche Betriebsdauer von 50 Jahren heute (weit) überschritten ist.

Schon neun DIBt-zugelassen Systeme

Da die Neuverlegung schadhafter Abwasserleitungen innerhalb von Gebäuden sehr aufwendig und inklusive aller Nebenarbeiten sehr teuer ist, ist hier die grabenlose Sanierung mit Schlauchlining- und Sprüh-Schleuder-Systemen, also die Innensanierung ohne Stemm- und Aufbrucharbeiten, auf dem Vormarsch.

Sanierungssysteme, die in der Gebäudeentwässerung zum Einsatz kommen, müssen die an die Verfahren gestellten bautechnischen Anforderungen erfüllen, um eine allgemein gültige bauaufsichtliche Zulassung durch das Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt) zu erhalten. Insbesondere müssen die eingesetzten Produkte die Anforderungen an die Baustoffklasse B2 für normalentflammbare Stoffe und eine ausreichende Temperaturbeständigkeit nachweisen (z. B. zur Abführung von heißen Küchenabwässern).

Durch das DIBt sind bereits neun Schlauchlining- und Sprüh-Schleuder-Systeme für den Einsatz innerhalb von Gebäuden bauaufsichtlich zugelassen, die eine Sanierung ohne Stemm- und Aufbrucharbeiten in diesem speziellen Anwendungsfall ermöglichen. Weitere Systeme sind aktuell noch nicht zugelassen, z. B. Kurzliner-Produkte.

70 % Wachstum in 2018

Die grabenlose Sanierung der Gebäudeentwässerung mit Schlauchlining- und Sprüh-Schleuder-Systemen ist in Skandinavien seit über 15 Jahren Standard. Allein in Finnland wurden im Jahr 2017 in diesem Markt mit über 1000 gewerblichen Mitarbeitern in über 85 Firmen mehr als 120 Mio. Euro umgesetzt.

Diese Zahlen auf Deutschland projiziert würden ein Marktvolumen von mehr als 1 Mrd. Euro/a bedeuten. Dabei ist zu beachten, dass Skandinavien schon zwei Schritte weiter ist, hier existiert nämlich bereits ein Markt für die proaktive Sanierung von Entwässerungsnetzen am Ende der sich abzeichnenden Nutzungsdauer, also schon bevor umfangreiche Schäden die Eigentümer zum Handeln zwingen.

Seit etwa zwei Jahren gibt es in Deutschland seitens verschiedener Akteure Aktivitäten zur Entwicklung des neuartigen Geschäftsfelds. So werden u. a. Immobilienbesitzern und -gesellschaften, der Industrie, Architekten, TGA-Fachplanern und Hochbauingenieuren die noch kaum bekannten technischen Möglichkeiten und Alternativen zur traditionellen Sanierung mit Stemm- und Aufbrucharbeiten bekannt gemacht.

Mit Erfolg: 2018 wurde bereits in zahlreichen Projekten die Gebäudeentwässerung von innen saniert. Anhand der Absatzzahlen der speziell für diesen Anwendungsfall entwickelten Produkte lässt sich ein Marktwachstum von über 70 % im Vergleich zum Vorjahr ableiten.

Dies ist selbst zu Beginn der Markteinführung ein hoher Wert, da dahinter nicht nur der Verkauf von Produkten, sondern komplette Werkleistungen durch speziell ausgerüstete Dienstleister stehen. Mit der Erhöhung des Bekanntheitsgrads und durch die steigende Zahl geschulter Unternehmen dürfte das Wachstum auch in den nächsten Jahren sehr steil sein.

Ausblick

2019 ist in Deutschland und auch EU-weit mit einem weiteren Marktwachstum zu rechnen. Die Hersteller und Anwender der speziell für die Sanierung der Gebäudeentwässerung zugelassenen Bauprodukte werden die Bemühungen zur Entwicklung des Marktes weiter vorantreiben.

Mit großer Wahrscheinlichkeit werden 2019 noch weitere Hersteller in den Markt eintreten, sich neue Anwender rüsten und auch die technische Weiterentwicklung der bisherigen Produkte voranschreiten. Den neuen Markt haben auch viele Fachverbände und die Regelwerksgeber im Blick.

Bisher fehlen nämlich noch einheitliche Standards sowie Planungs- und Entscheidungshilfen für Auftraggeber, Auftragnehmer und Ingenieurbüros. Vor diesem Hintergrund wird derzeit auf europäischer Ebene durch das Europäische Komitee für Normung (CEN) eine EN-Norm speziell für diesen Bereich erarbeitet. Auch mit der Veröffentlichung von nationalen Regelwerken und Arbeitshilfen u. a. vom Rohrleitungssanierungsverband (RSV) und vom Verband zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme (VSB) ist zu rechnen.

Mit diesen Maßnahmen werden bei Immobilienbetreibern die Bekanntheit der grabenlosen Methoden zur Sanierung der Gebäudeentwässerung und ihre Anwendung steigen.

2018 wurde eine Vielzahl von Projekten zur grabenlosen Sanierung der Gebäudeentwässerung mit Schlauchlining- und Sprüh-Schleuder-Systemen erfolgreich umgesetzt. Dabei wurden sowohl kleinere Baumaßnahmen, bei denen einzelne schadhafte Leitungen in einem Tageseinsatz saniert wurden, als auch komplexe Baumaßnahmen, bei denen komplette Entwässerungsnetze von Mehrfamilienhäusern mit Bauzeiten von mehreren Monaten, abgewickelt.

Dass bereits ein hohes technisches Know-how im Markt existiert, mit dem auch sehr individuelle Projektanforderungen mit engen Zeitvorgaben bedient werden können, verdeutlichen die drei Projektberichte.

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in: TGA Fachplaner 01-2019.

Literatur

[1] Beck, S.: Innensanierung statt Neuverlegung – Inhouse-Sanierung von Abwasserleitungen. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 11-2017

[2] Beck, S.: Abwasserleitungen: Innensanierung statt Neuverlegung – Inhouse-Sanierung in der Praxis. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 01-2018

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