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Diese Vorgaben müssen Trinkwasser-Gefährdungsanalysen einhalten

Arnd Bürschgens
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Der technische Maßnahmenwert von 100 KBE (koloniebildende Einheiten) pro 100 ml trägt sowohl dem Aspekt Rechnung, dass nicht jede Besiedlung mit Legionellen zwangsläufig auch zu Erkrankungen führt, dennoch aber die relevanten Systeme der Trinkwasserinstallation systemisch untersucht werden müssen, um mögliche Gefährdungen für die Nutzer zu beseitigen.

Ein Gutachten zur Gefährdungsanalyse sucht also nicht nur nach realen Gefahren oder nur nach den Ursachen für eine Legionellenkontamination. Es geht vielmehr darum, bereits die Besorgnis einer Gefährdung, die von der Trinkwasserinstallation ausgehen könnte, auszuschließen.

„Eine Schädigung der menschlichen Gesundheit ist nach dem Präventionsgedanken des Infektionsschutzgesetzes nur dann nicht zu besorgen, wenn hierfür keine, auch noch so geringe Wahrscheinlichkeit besteht, eine Gesundheitsschädigung also nach menschlicher Erfahrung unwahrscheinlich ist“ (VG Würzburg W6/S 14.485, 2014).

Was ist eine Gefährdungsanalyse?

Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes als generellem Indikator für Mängel an Trinkwasserinstallationen ist daher immer eine vollständige Überprüfung der Trinkwasserinstallation im Sinne eines Gutachtens zur Gefährdungsanalyse erforderlich, um eine vermeidbare Gesundheitsgefährdung auszuschließen.

Im Sinne der Richtlinie wird dieses Gutachten umfassend sowohl im Hinblick auf den technischen als auch auf den hygienegerechten Funktionserhalt verstanden. Die aktuelle Trinkwasserverordnung definiert im § 3 Nr. 13 seit Dezember 2017 die Gefährdungsanalyse ganz im Sinne der neuen Richtlinie, als „die systemische Ermittlung von Gefährdungen der menschlichen Gesundheit sowie von Ereignissen oder Situationen, die zum Auftreten einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch eine Wasserversorgungsanlage führen können, unter Berücksichtigung

  • der Beschreibung der Wasserversorgungsanlage
  • von Beobachtungen bei der Ortsbesichtigung
  • von festgestellten Abweichungen von den a.a.R.d.T.
  • von sonstigen Erkenntnissen über die Wasserbeschaffenheit, die Wasserversorgungsanlage und deren Nutzung sowie
  • von Laborbefunden und deren örtlicher Zuordnung.“

Nach der Verbände-Richtlinie ist die Aufgabenstellung einer Gefährdungsanalyse entsprechend auch „die Feststellung technischer und betriebstechnischer Mängel einer Trinkwasser-Installation sowie die Bewertung dieser Mängel im Hinblick auf die Hygiene und weiteren denkbaren Gefährdungen. Alle möglichen erkennbaren Gefährdungen, die von der Verteilung von Trinkwasser ausgehen können, sind hierbei mit aufzuführen und individuell zu bewerten.“

Die Feststellung der Mängel erfolgt zunächst durch eine Ortsbegehung und Prüfung der Trinkwasserinstallationen auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 16 Absatz 3 und Absatz 7 Nr. 2 TrinkwV). Im Sinne der Richtlinie ist jede Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik grundsätzlich ein Mangel.

Wenn Informationsbroschüren, Leitlinien und Merkblätter von Vereinen oder Berufsverbänden dann zwischen „noch regelkonformen Schwachstellen“, „leichten regelwidrigen Defiziten“ oder „gravierenden regelwidrigen Defiziten“ unterscheiden, ist diese Bewertung weder zielführend noch den a.a.R.d.T. entsprechend (Bild 1).

Bild 1: Jede Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist im Sinne einer Gefährdungsanalyse als Mangel anzusehen und zu bewerten.

Geltung der Richtlinie

VDI-Richtlinien ist generell per Vermutungswirkung der Status „allgemein anerkannte Regel der Technik“ zu unterstellen. Das gilt aufgrund des in VDI 1000 beschriebenen Konsensverfahrens schon sehr lange. Die Verbände-Richtlinie zur Gefährdungsanalyse wurde von Vertretern des VDI, der wesentlichen Berufsverbände ZVSHK und BTGA, Mitarbeitern des Umweltbundesamts, von Gesundheitsämtern und der Trinkwasserkommission sowie von Mikrobiologen, versierten Sachverständigen und Experten in dem Bereich erarbeitet, die ihre verschiedenen Praxiserfahrungen eingebracht haben.

Nach einem umfangreichen Einspruchsverfahren, in dem weitere wertvolle Hinweise in die Richtlinie aufgenommen wurden, erschien der endgültige Weißdruck zum 1. Januar 2018.

Über die beiden VDI-Expertenforen, viele Fachvorträge auf Seminarveranstaltungen und unzählige Artikel in der einschlägigen Fachpresse zum Thema ist davon auszugehen, dass die Inhalte der Richtlinie bei den auf aktuellem Stand fortgebildeten Fachleuten durchgängig bekannt sind. Damit erfüllt die neue Richtlinie alle Voraussetzungen und gilt mit Erscheinen als allgemein anerkannte Regel der Technik.

Die Beauftragung einer Gefährdungsanalyse gehört, ebenso wie die regelmäßigen Trinkwasseruntersuchungen oder die Sanierung von Mängeln, zum bestimmungsgemäßen Betrieb einer Trinkwasserinstallation. Gemäß § 17 Abs. 1 TrinkwV (4. Änderungsverordnung in der Fassung Dezember 2017), ist der Unternehmer oder sonstige Inhaber einer Trinkwasserinstallation verpflichtet, die Anlage mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu betreiben.

Damit gelten die Vorgaben der neuen Verbände-Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 zur Gefährdungsanalyse verbindlich, und alle Gefährdungsanalysen, die nicht mindestens in Aufbau und Inhalt der Richtlinie entsprechen, sind ein Widerspruch gegen die a.a.R.d.T. und damit gegen die TrinkwV.

Wer macht Gefährdungsanalysen?

Bereits mit der ersten Änderungsverordnung zur Trinkwasserverordnung im Jahr 2011 wurde in Deutschland die Gefährdungsanalyse bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts für Legionellen auch in Wohngebäuden eingeführt. In der Begründung zur Änderung der Trinkwasserverordnung hieß es damals:

„Die Nichteinhaltung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen ist ein Hinweis auf technische oder organisatorische Unzulänglichkeiten in der Trinkwasserinstallation. Zur Abklärung der Ursache für diese Nichteinhaltung muss eine Ortsbesichtigung durchgeführt und von Sachverständigen überprüft werden, welche Gefährdung für die Nutzer des Trinkwassers aus dieser Installation besteht.

Insbesondere ist durch Sachverständige zu überprüfen, ob mindestens die a.a.R.d.T. eingehalten sind. Bei niedrigeren Konzentrationen von Legionellen kann eine mögliche Infektion nicht ausgeschlossen werden.“

Hier wurde bereits in der Begründung klargestellt, dass eine Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts immer technische oder betriebstechnische Ursachen hat und dass entsprechend auch durch technische Sachverständige die Mängel einer Trinkwasserinstallation identifiziert und bewertet werden müssen.

Schließlich reicht es heute nicht mehr aus, die Anforderungen der §§ 5 bis 7a der TrinkwV einzuhalten; die Anlage muss trotzdem einen technischen Mindeststandard einhalten, der in den allgemein anerkannten Regeln der Technik festgelegt ist (siehe § 4 Abs. 1 bis 3 TrinkwV).

Fachliche Qualifikation nachweisen

Grundvoraussetzung für eine Tätigkeit als Sachverständiger ist immer fachliche Kompetenz! Der Sachverständige muss in seinem Fachgebiet überdurchschnittliche fachliche Kenntnisse und Erfahrungen vorweisen können, weil er die bestehende Arbeit anderer Fachleute, die eine Anlage geplant und erstellt haben, rückblickend bewerten muss. Daher ist es zwingend erforderlich, dass ein Sachverständiger durch regelmäßige Fortbildungen mit dem Stand der Technik vertraut ist.

Lediglich vermutet wird diese Qualifikation, wenn die betreffende Person (nicht das beauftragte Unternehmen!) ein einschlägiges Studium (z. B. Versorgungstechnik mit Schwerpunkt Sanitär-, Umwelt- und Hygienetechnik …) oder eine dementsprechende Berufsausbildung nachweisen kann (Meister SHK, Techniker HKLS) und fortlaufende spezielle berufsbegleitende Fortbildungen eine weitere Vertiefung erkennen lassen (z. B. Zertifikat Kategorie A nach VDI/DVGW 6023).

Doch der Unternehmer oder sonstige Inhaber (UsI) bleibt in der Verantwortung: Im Falle von Schadenersatzforderungen vor Gericht kann es wichtig sein, die Unabhängigkeit und ausreichende Qualifikation des hinzugezogenen Sachverstandes belegen zu können, da im Rahmen der Delegation von Aufgaben an Auftragnehmer (z. B. Beauftragung einer Gefährdungsanalyse) eine Auswahlpflicht besteht, das heißt es muss belegbar sein, dass mit der Arbeit jemand beauftragt wurde, der nachweislich dafür geeignet ist (Empfehlung des Umweltbundesamts zur Gefährdungsanalyse, Dez. 2012).

Im Rahmen der Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 wurde nun versierten Fachleuten die Möglichkeit geschaffen, ihre Qualifikation gegenüber Auftraggebern im Rahmen einer Prüfung nach den offiziellen Vorgaben der Richtlinie darzustellen (Bild 2).

Bild 2: Die Zertifizierung nach VDI/BTGA/ ZVSHK 6023 Blatt 2 bietet versierten Fachleuten die Möglichkeit, ihre Qualifikation gegenüber Auftraggebern nachzuweisen.

Es ist nicht davon auszugehen, dass grundsätzlich jeder Teilnehmer einer Schulung mit einem Zertifikat nach VDI/DVGW 6023 Kategorie A hinterher in der Lage ist, eine sachgerechte Gefährdungsanalyse zu erstellen, und auch die diversen Schulungszertifikate von Herstellern, Verbänden oder Vereinen sind selbstverständlich kein aussagekräftiger Qualifikationsnachweis, wenn der Anbieter der Schulung auch die Prüfung direkt mitverkauft.

Selbst die Zertifizierung nach Kat. A VDI/DVGW 6023 ist nur eine notwendige Fortbildung, die ohnehin jeder Fachmann haben sollte, der sich mit Planung, Bau oder Betrieb von Trinkwasserinstallationen befasst. Als einheitliche und anerkannte Qualifikation kann heute die Zertifizierung nach VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 somit als ein Garant für die notwendige Sachkunde eines Gutachters oder Sachverständigen dienen.

Auftraggeber und Gesundheitsämter haben zukünftig anhand dieser Qualifikation den Beleg, dass der Betreiber seiner Verpflichtung zur sorgfältigen Auswahl bei der Auftragsvergabe nachgekommen ist. Derzeit existieren also drei Qualifikationen, bei denen die fachliche Eignung zur Gefährdungsanalyse tatsächlich nachgewiesen ist:

  • Inspektor einer akkreditierten technischen Inspektionsstelle Typ A nach DIN EN ISO/IEC 17020 für Trinkwasserhygiene
  • öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Trinkwasserhygiene im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk
  • VDI/BTGA/ZVSHK-geprüfter Sachverständiger für Trinkwasserhygiene.

Bei einer akkreditierten Inspektionsstelle wird die Qualifikation der Inspektoren durch die Fachbegutachter der DAkkS (Deutsche Akkreditierungsstelle) geprüft, beim ö.b.u.v.S. für Trinkwasserhygiene muss unter anderem die Sachkundeprüfung des jeweiligen Fachverbands SHK bestanden werden, und die Prüfung und Zertifizierung von Sachverständigen für Trinkwasserhygiene nach der neuen Richtlinie wird über ein Zertifizierungsprogramm ausschließlich durch die unabhängige Stelle der DIN Certco durchgeführt.

Die Ortsbegehung und Erstellung einer Gefährdungsanalyse muss immer unabhängig von anderen Interessen erfolgen, was bedeutet, der Sachverständige darf in keiner Weise ein wirtschaftliches Interesse an einem begleitenden oder Folgegeschäft haben, da ihm sonst Befangenheit unterstellt werden kann.

Eine Befangenheit ist auch immer dann zu vermuten, wenn Personen an der Planung, dem Bau oder Betrieb der Trinkwasserinstallation selbst beteiligt waren oder sind oder sich aufgrund der Gefährdungsanalyse weitere Aufträge erhoffen. Schätzungen von Überwachungsbehörden und Experten unterstellen, dass bislang ca. 70 % aller bei Betreibern und Gesundheitsämtern vorgelegten Gefährdungsanalysen aus unterschiedlichen Gründen nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen und damit schlicht mangelhaft sind.

Als eine der wesentlichen Ursachen dafür wurde identifiziert, dass die Praxis der Gefährdungsanalyse bislang nicht hinreichend beschrieben oder verbindlich definiert war. Die neue Richtlinie schafft hier nun eine praxisnahe Grundlage zur Erstellung von vereinheitlichten und zielführenden Gefährdungsanalysen, auf deren Grundlage technisch und wirtschaftlich sinnvolle Sanierungspläne erarbeitet werden können.

Bild 3: Alle zur Gefahrenvermeidung nötigen Maßnahmen müssen als Handlungsempfehlung nach den a.a.R.d.T. in einem Gutachten zur Gefährdungsanalyse genannt werden.

Grundlagen der Gefährdungsanalyse

Das Ergebnis ist ein Gutachten, das alle Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfasst, etwaige Gefährdungen hieraus ableitet und alle zur Gefahrenvermeidung erforderlichen Maßnahmen darstellt (Bild 3).

Die werkvertraglich geschuldete Leistung bei einem Gutachten zur Gefährdungsanalyse liegt folglich in der konkreten Feststellung aller planerischen, bautechnischen und betriebstechnischen Mängel einer Trinkwasserinstallation.

Die Feststellung der Mängel erfolgt durch Ortsbegehung und Prüfung der Trinkwasserinstallationen auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Vorschläge für geeignete Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Gefährdungen und zur dauerhaften Einhaltung mindestens der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind ebenfalls notwendiger Bestandteil einer Gefährdungsanalyse.

Bild 4: Die inhaltliche Kenntnis der einschlägigen allgemein anerkannten Regeln der Technik wird bei einem Sachverständigen für Trinkwasserhygiene vorausgesetzt.

Inhalte der VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2

Die Verbände-Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 beschreibt ausführlich die wesentlichen Vorgaben für ein Gutachten zur Gefährdungsanalyse, verzichtet jedoch gleichzeitig bewusst auf die Wiederholung technischer Vorgaben zu Trinkwasserinstallationen. Diese sind bereits ausführlich in den bestehenden allgemein anerkannten Regeln der Technik beschrieben, vornehmlich in der VDI/DVGW 6023, dem DVGW-Arbeitsblatt W 551 und in den Normenreihen DIN EN 806, DIN EN 1717 und DIN 1988 (Bild 4).

Mit dem Ziel einer deutlichen Qualitätsverbesserung bei Gefährdungsanalysen macht die neue Richtlinie vielmehr konkrete Vorgaben beispielsweise zu

  • den Grundlagen einer Gefährdungsanalyse,
  • der Struktur einer Gefährdungsanalyse,
  • den wesentlichen Inhalten, die aus dem Vorgespräch mit dem Betreiber gewonnen werden können,
  • der vollständigen und aktuellen Bestandsdokumentation (Abschnitt 5.4),
  • den Probenahmestellen, den Probenahmeberichten sowie den Analyseergebnissen,
  • dem Ablauf der Ortsbesichtigung und der Überprüfung auf Einhaltung der a.a.R.d.T. (Abschnitt 5.6),
  • der Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs,
  • den wichtigsten Betriebsparametern,
  • der zusammenfassenden Gesamtbewertung sowie
  • zur Ableitung zielgerichteter und sinnvoller Handlungsempfehlungen.

Beispielsweise fehlende Unterlagen sind jedoch nicht im Rahmen der Gefährdungsanalyse zu erstellen, sondern das Fehlen ist lediglich hinsichtlich hygienischer/technischer Relevanz bzw. hinsichtlich Einschränkungen im bestimmungsgemäßen Betrieb zu bewerten, dies gilt insbesondere auch für eine Neuberechnung der Rohrdimensionen. Eine solche Berechnung kann jedoch eine der möglichen Maßnahmen zur Wiederherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs sein.

Die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse müssen in Gutachtenform dokumentiert werden, um eine Basis für Beratungen zwischen dem Betreiber der Trinkwasserinstallation, dem Gesundheitsamt sowie weiteren an Planung, Bau oder Betrieb der Trinkwasserinstallation Beteiligten zu bieten, welche technischen oder organisatorischen Verbesserungen notwendig sind (Sanierung), damit die Anlage zukünftig keinen weiteren Grund zur Besorgnis gibt.

Sie muss nachvollziehbar, logisch strukturiert und für einen Laien verständlich sein sowie für Fachleute ein nachvollziehbares Ergebnis mit notwendigen Erläuterungen bieten.

Wesentliche Hilfestellung

Durch diese konkreten Festlegungen zu Aufbau und Mindestinhalten von Gefährdungsanalysen haben Gesundheitsämter und Betreiber zukünftig gleichermaßen den Vorteil, dass vorgelegte Gefährdungsanalysen beurteilt und bewertet werden können, was Gesundheitsämtern auch zukünftig die Möglichkeit gibt, unzureichende Gefährdungsanalysen als nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechend abzulehnen.

Auftraggeber wissen über die konkreten Vorgaben bereits im Vorfeld, welche Aspekte im Rahmen der Gefährdungsanalyse mindestens untersucht und bewertet werden müssen und wie diese Daten aufbereitet sein sollen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine ereignisorientierte (Maßnahmen- oder Grenzwertüberschreitung nach TrinkwV) oder um eine systemorientierte (präventive) Gefährdungsanalyse handelt. Die Vorgehensweise ist bei beiden Varianten identisch.

Gutachten zur Gefährdungsanalyse nach VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 bieten zudem jeweils konkrete Handlungsempfehlungen, wie die vorgefundenen Mängel beseitigt werden können, was die Erstellung eines technisch und wirtschaftlich sinnvollen Sanierungskonzepts wesentlich erleichtern kann.

Fachleute, die sich mit der Thematik beschäftigen und Gefährdungsanalysen anbieten wollen, haben durch diese Richtlinie zukünftig auch eine detaillierte Handlungsanweisung.

So beschreibt die Richtlinie neben dem grundsätzlichen Aufbau einer Gefährdungsanalyse als Gutachten unter anderem, welche Angaben in Analysebefunden zu bewerten sind, was im Bereich der Hausanschlussleitung zu kontrollieren ist, welche Details der Trinkwassererwärmungsanlage und des Rohrleitungssystems zu betrachten sind, wo, wie und warum Temperaturmessungen erforderlich sind oder welche Anforderungen bei Werkstoff- und Produkteigenschaften, bei Wasseraufbereitungsanlagen oder Sicherungseinrichtungen zum Schutz der Trinkwasserqualität zu prüfen sind, und auch der Instandhaltungszustand der Installation ist zu bewerten.

Bild 5: In der Bilddokumentation der Bestandsaufnahme kann es hilfreich sein, Markierungen und Beschriftungen zum besseren Verständnis zu verwenden.

Fünfstufiges Gutachten

Die formale Darstellung der begutachteten Punkte 5.1 bis 5.10 gliedert sich nach der neuen Richtlinie jeweils in die folgenden Bereiche:

Bestandsaufnahme – Wie ist es? Keine Bewertungen, keine Interpretationen oder Vermutungen – nur Beobachtungen, Messungen und Darstellung der vorgefundenen Ausführungen in Schrift und Bild als Feststellung des Ist-Zustands (inkl. Fotodokumentation und Beschreibung) (Bild 5).

Prüfung auf Einhaltung der a.a.R.d.T. (Erläuterungen) – Wie sollte es sein? Kurze und bündige Darstellung der Vorgaben der technischen Regelwerke ohne unnötiges „Füllmaterial“.

Gefährdungsanalyse im engeren Sinne zu den Feststellungen – Was könnte passieren? Aus den Ergebnissen der Ortsbesichtigung und der Prüfung auf Einhaltung der a.a.R.d.T. ist für jeden der festgestellten Mängel das Gefährdungsereignis zu definieren und die dazugehörigen Gefährdungen sind zu benennen. Dabei sind auch bekannt gewordene Gefährdungen und Gefährdungsereignisse zu erfassen, die nicht (oder nur unzureichend) durch das technische Regelwerk erfasst sind.

Abschließende Zusammenfassung – Warum besteht ein konkretes Risiko? In der abschließenden Zusammenfassung sollen die Ergebnisse und Befunde der jeweils einzelnen Punkte 5.1 bis 5.10 zusammengeführt werden. In der Zusammenfassung werden Zusammenhänge erklärt, die sich nicht aus den Erläuterungen der Mängel selbst ergeben, und es werden Schlussfolgerungen zu Risiken gezogen.

Handlungsempfehlungen – Was sollte getan werden? Aufzeigen geeigneter Möglichkeiten, wie ein Mangel oder ein Missstand beseitigt werden kann, sodass keine weiteren Risiken von dem Anlagenteil ausgehen können und die Anlage wieder bestimmungsgemäß betrieben werden kann.

Im Rahmen der Ableitung von Handlungsempfehlungen gilt es zu klären, welche der Gefährdungen wesentlich und prioritär zu beseitigen sind. Aufgrund einer akuten Infektionsgefährdung werden dies in der Regel mikrobielle Gefährdungen sein, insbesondere wenn die Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts für Legionellen der Auslöser für die Gefährdungsanalyse war. Das Ergebnis ist somit eine zeitliche Priorisierung der Handlungsempfehlungen.

Kein „Malen nach Zahlen“

Wichtig ist, dass im Rahmen der jeweiligen Gefährdungsanalysen der Punkte 5.1 bis 5.10 keine subjektive Bewertung einer Wahrscheinlichkeit vorgenommen werden soll, wie sie in einigen Informationsbroschüren und Merkblättern noch immer propagiert wird.

Die Abschätzung einer Eintrittswahrscheinlichkeit in Form von bunten Tabellen, die ein Schadensausmaß bei Eintreten eines Mangels in Verbindung mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit bringen sollte, war immer nur eine ausschließlich subjektive Bewertung des Sachverständigen, die in den seltensten Fällen tatsächlich sachlich zu begründen war.

Eine Priorisierung der Handlungsempfehlungen hat heute nur noch das Ausmaß einer Gefährdung bzw. des Schadens als Grundlage, das heißt je schlimmer die Folgen eines Mangels sein könnten, desto eher muss hier Abhilfe geschaffen werden.

Fazit

Zur Aufklärung der Ursachen für eine Nichteinhaltung des technischen Maßnahmenwerts muss immer eine Ortsbesichtigung durchgeführt und von sachkundigen Sachverständigen überprüft werden, ob und gegebenenfalls welche Gefährdungen für die Nutzer des Trinkwassers aus dieser Installation bestehen.

Die Gefährdungsanalyse ist also ein Instrument zur Abwehr von Gesundheitsgefährdungen und keine bloße Auflistung technischer Mängel. Fehlentscheidungen bei der Beurteilung von Schadensfällen oder Kontaminationen in der Trinkwasserinstallation, bei Gefährdungsanalysen oder in der Wahl geeigneter Abwehrmaßnahmen zum Schutz der Nutzer können jedoch zu schwerwiegenden Schäden führen oder zu betriebswirtschaftlich nicht vertretbaren finanziellen Aufwendungen und Schäden an der Installation, denn ohne die genauen Ursachen für nachteilige Veränderungen der Trinkwasserqualität zu kennen, sind zielgerichtete Maßnahmen nicht möglich.

 

Dieser Artikel von Arnd Bürschgens ist zuerst erschienen in SBZ Ausgabe: 01-2018

Literatur

  • Begründung zum Referentenentwurf der Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung (2009)
  • Vierte Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung von Dezember 2017
  • VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 Hygiene in Trinkwasser-Installationen; Gefährdungsanalyse, Januar 2018
  • Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Trinkwasserkommission für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung, Dezember 2012
  • Arnd Bürschgens: Legionellen in Trinkwasser-Installationen, Gefährdungsanalyse und Sanierung, Beuth Verlag, Januar 2016
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