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Holz im CO2-Rechner des Umweltbundesamts: Ein kritischer Bericht

Dittmar Koop

Es gibt viele Fragen zu dem vom Umweltbundesamt (UBA) online zur Anwendung gestellten, hauseigenen CO2-Rechner. Was die Verbrennung von Holz zur Wärmeversorgung eines Gebäudes angeht, sind es zwei. Die erste ist, warum die Verbrennung von Holz überhaupt in die CO2-Rechnung des UBA aufgenommen worden ist. Die zweite, warum Brennholz dann konkret mit diesem bestimmten CO2-Tonnen-Wert beaufschlagt wird. Für SHK-Handwerksbetriebe, aber auch für Planer könnten die Antwortet darauf im Alltagsgeschäft und bei Fragen von Kunden hilfreich sein.

Was ist der CO2-Rechner? 

Mit dem CO2-Rechner will das Umweltbundesamt (UBA) Menschen bzw. Verbrauchern einen Rechner an die Hand geben, über den sie per Eingabe von konkreten Daten ermitteln können, wie viel CO2 aus ihrer Lebensweise resultiert, aufgeschlüsselt nach Lebensbereichen. Zahlen können eingegeben und Angaben gemacht werden in den Lebensbereichen „Wohnen“, „Strom“, „Mobilität“, „Ernährung“ und „Sonstiger Konsum“ – zu letzterem zählt z. B. die Frage, ob man Geräte reparieren lässt und ob man beim Kauf auf Langlebigkeit und Qualität der Produkte achten würde. Am Ende erhält man als Ergebnis die eigene persönliche CO2-Bilanz, konkret als Zahl, mit Hinterkommastellen, in t CO2, für die Teilbereiche und in Summe. Dem wird der deutsche Durchschnitt gegenübergestellt – so dass erkennbar werden soll, wo man hier aktuell jeweils im Ranking steht.

Fragwürdige Ansätze

Es lässt sich trefflich darüber streiten, wie das UBA auf die einzelnen Berechnungsfaktoren in den jeweiligen Bereichen kommt, die zum CO2-Output jeweils führen. Beispiel CO2-Rechner, Kategorie „Ernährung“:

Fleisch und der Konsum von anderen tierischen Produkten ist überhaupt nicht per se klimaschädlich, sondern es geht um das Wie und Woher. Auch nicht, was „viel“ ist und was „wenig“. Kein Wissenschaftler hat übrigens jemals festgestellt und wird auch nicht feststellen können, ob das Zuviel“, gemessen am „Durchschnittlichen“, dann auch gesundheitsschädlich ist. Es fließen viel zu viele weitere Faktoren ein, die überhaupt nicht berücksichtigt sind und in Gänze niemals werden können (ggf. irgendwann mit Hilfe von KI).

Man hat beim Rechner ein begründetes, mitschwingendes Gefühl, dass bei allem guten Ansatz und Willen der Benutzer des CO2-Rechners in bestimmten Bereichen unterschwellig in eine bestimmte Richtung gebracht werden und im Namen des Klimaschutzes zu Handlungs- und Lebensweisen ggf. erzogen werden soll, die eher pädagogischer, wenn nicht gar ideologischer Natur sind.

Es ist außerdem anzunehmen, dass ein Großteil der Bevölkerung, der insbesondere erreicht werden müsste, hierüber gar nicht erreichbar ist. Es ist fraglich, ob bestimmte Zielgruppen in der Bevölkerung Interesse an einem solchen Rechner zeigen, ihn verstehen und am Ende überhaupt ausfüllen können, z. B., was haustechnische Angaben betrifft, also bzgl. der Haustechnik und individueller Energieverbräuche. Es stellt sich schlussendlich die (nicht neue) Frage, ob Bewusstsein am Ende auch zu einer Verhaltens- und Konsumänderung führt. In der Realität meistens nicht.

Gewollte Wirkung des CO2-Rechners

Für die Haustechnik-Branche und TGA, aber auch weitreichender für die Wohnungswirtschaft oder Kommunen über ihre Bautätigkeiten, selbst für Hausbesitzer, die zunehmend darauf fokussiert sein müssen, CO2-Emissionen zu reduzieren, gilt: Wer oder welche Technik CO2 angelastet bekommt, hat schlechte(re) Karten.  Das reicht von einfachen Heizungssanierungen im Einfamilienhaus, Mehrfamilienhäusern, über große Objekt-Gebäudeplanungen bis hin zu den Zielvorgaben der kommunalen Wärmeplanung. 

Im Lebensfeld „Wohnen“ belegt der CO2-Rechner nun das Heizen mit Holz mit einem CO2-Wert. Wer also mit Holz heizt, der verschlechtert seine CO2-Bilanz.

Mehr oder weniger groß: Der CO2-Wert, den jeder persönlich hinterlässt, ergibt sich als Summe der Einzelwerte aus den unterschiedlichen Lebensbereichen.

UBA versus Heizen mit Holz

Dass dem UBA das Heizen mit Holz ein Dorn im Auge ist, ist nicht neu. So riet das Umweltbundesamt am 10. 2. 2022 bei der Vorstellung der Zahlen zur Luftqualität in Deutschland 2021 öffentlich vom Heizen mit Holz ab. Für das UBA lag der Grund für diese Empfehlung im Feinstaub, der bei der Verbrennung von Holz entsteht und der die Luft belaste. Verbände und Hersteller wehrten sich erfolgreich gegen diese Pauschalverurteilung.

Im aktuellen Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird Holz gleichwertig als nachhaltig bzw. erneuerbarer Energieträger neben z. B. der Solarenergie genannt. Im Zuge der Debatte um den Entwurf zur Nationalen Biomassestrategie (NABIS) im Jahr 2022 wurde die Einführung eines CO2-Faktors diskutiert. Das federführende Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) hat dem aber eine Absage erteilt.

Es ist aktueller politischer Konsens, dass das Heizen mit Holz als klimaneutral eingestuft wird  - mit der Begründung, dass bei seiner Verbrennung nur soviel CO2 freigesetzt wird, wie der Baum zuvor gespeichert, also der Atmosphäre entzogen hat. Das wird im Grunde genommen von Gegnern schon seit den Anfangszeiten des Heizens mit Holzpellets immer wieder in Frage gestellt. Hauptargument schon damals: Die bilanzielle Sichtweise sei schief, weil das CO2, wofür der Baum viele Jahre brauchte, um es zu speichern, beim Verbrennen schlagartig freigesetzt werde.

Diese Logik findet sich nun auch im UBA-Rechner wieder. Es mag schon etwas sonderbar anmuten, wenn eine untergeordnete Regierungsbehörde wie das UBA eine Meinung öffentlich vertritt, die der Linie der Bundesregierung wiederholt und neuerlich diametral entgegensteht - und darüber selbst seit Jahren Politik zu machen versucht. 

Warum rechnet das UBA Holz CO2 zu?

Seit März 2024 ordnet der UBA-CO2-Rechner z. B. 1 t Pellets 1,77 t CO2 und 1 t Buche 1,72 t CO2 zu.

Zur Begründung und Erläuterung, warum der CO2-Rechner so verfährt, sei das UBA zitiert: „Die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung von Holz setzen sich zusammen aus den direkten Emissionen, die bei der Verbrennung entstehen, sowie aus den Emissionen der Vorkette (Transport, Bearbeitung). Bei Holz aus der Grün- und Gartenpflege wird davon ausgegangen, dass ein wesentlicher Zuwachs an Kohlenstoffspeicher aufgrund der gegebenen Nutzungsweise nicht möglich ist. Das im entnommenen Holz gebundene CO2 würde durch Zersetzung somit in relativ kurzer Zeit wieder frei werden. Im CO2-Rechner werden deshalb in diesem Fall vereinfachend keine direkten Emissionen angesetzt.“

Das ist einigermaßen wirr. Aber es spiegelt ja auch Wirres. Die umständliche Begründung will sagen, warum Holz aus dem Gartenschnitt beim Heizen mit Holz den CO2-Wert Null erhält. Warum außerdem Landschaftspflegeholz mit Null angesetzt wird, erscheint mindestens willkürlich. Denn wer legt hier fest, ab welchem Zeitraum die CO2-Speicherung in einem Baum lang genug ist, so dass es für den CO2-Rechner relevant wird? Wer legt außerdem fest, ab welchen Mengen das relevant ist?

Das Umweltbundesamt (UBA, hier im Bild der Hauptsitz der Behörde in Dessau), betreibt einen CO2-Online-Rechner, mit dem Verbraucher ermitteln können, wie sich ihre Lebensweise umgerechnet in CO2-Tonnen ausdrückt.

Was ist die Grundlage für den CO2-Rechner?

Wie aber kommt das UBA überhaupt auf den CO2-Tonnen-Wert für Holz in seinem Rechner. „Ausführlichere Informationen“ (Zitat UBA auf der Homepage zum CO2-Rechner) zur Bilanzierung der Holzverbrennung fänden Benutzer im Arbeitspapier „Bilanzierung von Holz im CO2-Rechner“. Verfasserin dieser Publikation ist das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH (Ifeu). In der 6-seitigen Kurzpublikation der Autoren wird im Kern angeführt, wie viel CO2 ein Baum pro m3 speichert und was folglich dann über die Verbrennung freigesetzt werde. In der mittleren Zusammensetzung wären das 1,35 CO2/t (Abschläge in der Gesamtberechnung gibt es darüber, weil Landschaftspflegeholz z. B. mit dem Wert 0 einfließt). Inklusive Vorkette kommen Holzpellets dann auf die besagten 1,77 CO2/t und Stückholz Buche auf 1,72. Stückholz aus Gartenpflege übrigens nur auf 0,08 und Holzhackschnitzel auf 1,37. Für Stückholz wird in Raummeter angegeben, für Holzhackschnitzel in Schüttraummeter.

Das klingt alles sehr wissenschaftlich. Ist es aber nicht. Pauschal lässt sich zwar nicht immer sagen, dass mehr Quellenangaben den Wert einer Publikation automatisch erhöhen. Aber es lässt sich treffsicher sagen, dass wenn es wenige Angaben gibt, das umgekehrt Fragen aufwirft. In der vom UBA beauftragten Ifeu-Publikation, die dem CO2-Rechner bzgl. der CO2-Tonnage für die Verbrennung von Holz schlussendlich zugrunde liegt, sind insgesamt nur 7 (!) Quellen angegeben. Bei dreien davon sind die Ifeu-Autoren selbst beteiligt. Außerdem: Zwei davon sind sogenannte Preprints. In der wissenschaftlichen Sprache steht das für eine Vorab-Publikation, die zwar schon veröffentlicht wurde, aber noch nicht einem Peer-Review-Verfahren unterzogen wurde, also einer wissenschaftlichen Begutachtung von unabhängiger Seite. Bei einer weiteren Quellenangabe steht die Veröffentlichung, aktuellen Stand der Veröffentlichung des Kurzpapiers, „bevor“. So scheint die Quellenlage doch sehr dünn.

Man weiß nicht so genau, ob man dieses UBA-Projekt ernst nehmen soll oder nicht. Aber ja, man sollte es, wenn man bedenkt, welche Tragweite daraus resultieren kann. Zwar ist hier nicht explizit von einem CO2-Preis die Rede, wie man ihn für fossile Brennstoffe kennt. Aber ein CO2-Emissionsfaktor für Holz hätte das irgendwann zur Folge.

Breiter Widerstand und UBA-Fragwürdigkeiten

Kein Wunder also, dass sich gegen die Belegung des Heizens mit Holz mit CO2 von Seiten des UBA breiter Widerstand regt. In einer gemeinsamen Stellungnahme von 10 Verbänden vom 13. August, die u. a. vom BDH, ZVSHK, dem HKI, dem DEPV oder auch dem ZIV unterzeichnet wurden und die an Bundesumweltministerien Steffi Lemke gerichtet ist, monieren diese die Gegensätzlichkeit im Verhalten des UBA: 

„Die wissenschaftlich und politisch anerkannte CO2-Neutralität der Energieressource Holz entfällt damit. Das für die Nationale Biomassestrategie (NABIS) mit federführende Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat der in der NABIS ehemals vorgesehenen CO2-Abgabe für Holzenergie eine klare Abfuhr erteilt und am vergangenen Wochenende deutlich widersprochen. Dies entspricht der technologieoffenen Vorgehensweise der Bundesregierung, wie beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Auch die EU hat im RED-III-Beschluss Holzenergie als nachhaltig eingestuft.“

Die Verbändeallianz befürchtet wirtschaftliche Schäden unter Ofen- und Heizungsherstellern sowie in der Waldwirtschaft und Verunsicherungen beim Verbraucher sowie allgemein Investoren. Sie resümieren: „Der UBA-Rechner in der aktuellen Form irritiert Verbraucher mit Heizungstauschabsicht und verstärkt die aktuelle, durch die GEG-Diskussion hervorgerufene Marktschwäche.“

Seit März 2024 wird das Heizen mit Holz im CO2-Rechner des UBA mit CO2/t belegt. Das widerspricht Gesetzen und dem aktuell geltenden politischen Common Sense.

An Bundesumweltministerin Lemke weiter adressiert fordern sie: „Wir möchten Sie dringend auffordern, als Fach- und Dienstaufsicht hier tätig zu werden und stehen gerne für einen Austausch zur Verfügung. Allein das Ihrem Haus nachgelagerte Umweltbundesamt (UBA) belastet in seinem CO2-Rechner das Heizen mit Holz mit einem Emissionsfaktor.“ Die Verbände fordern die Abschaffung des CO2-Emissionsfaktors für Holz im CO2-Rechner.

Aus Branchenkreisen ist aktuell zu erfahren, dass sich das UBA mittlerweile gesprächsbereit zeigt. Doch wer hat hier eigentlich den Hut auf? Dass das UBA Gesprächsbereitschaft zeigt, ist doch etwas seltsam und gefühlt eine Selbstüberhöhung einer untergeordneten Behörde, die eigentlich von der vorgesetzten Ministerin angewiesen werden müsste.

Zukunftsrechner „Mein CO2-Szenario“

Das Ganze wäre ja nur unvollständig, wenn man bei der Bestandsaufnahme seiner eigenen CO2-Bilanz stehen bliebe und dann nach Hause ginge bzw. den CO2-Rechner verlassen würde. Folgerichtig also der nächste Schritt: Auf der Grundlage der selbst ermittelten CO2-Bilanz (Status-Quo) kann der Teilnehmende anschließend über den UBA-Rechner sich CO2-optimieren lassen. Dazu dient der Zukunftsrechner „Mein CO2-Szenario“. Dieses errechnet und schlägt Optimierungen kurzfristig vor (in den nächsten 5 Jahren) und mittelfristig (in den nächsten 10 bis 15 Jahren).

Im Bereich Heiz- und Wärmeenergie empfiehlt das UBA an erster Stelle, den Wärmebedarf durch Wärmedämmung weitgehend zu reduzieren. Der verbleibende Wärmebedarf solle durch eine möglichst CO2-neutrale Heizung wie die Wärmepumpe gedeckt werden. Über Wärmedämmung lässt sich trefflich diskutieren. Sie pauschal als den ersten Weg zu beschreiben, ist nicht richtig. Und eine Wärmepumpe ist auch nur dann CO2-neutral, wenn sie mit Grünstrom betrieben wird. 

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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