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Tipp vom Anwalt: Funktionstauglichkeit trotz abweichender Vertragsleistung

Matthias Scheible

 1. Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) wird von seinem Auftraggeber (AG) mit der Herstellung eines Estrichfußbodens beauftragt. Über die konkrete Ausführung vereinbaren die Vertragsparteien, dass der Estrichfußboden mit Stahldrahtfasern ausgeführt wird. Die Stahldrahtfasern wurden vom Unternehmer nicht verbaut. Diesen Mangel rügt der AG gegenüber dem AN. Im weiteren Verlauf fordert der AG einen Kostenvorschuss für die Beseitigung des Mangels sowie Schadensersatz.

Im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzung stellt ein Sachverständiger fest, dass das Fehlen von Stahlfasern zwar eine Abweichung vom Angebot darstelle, aber grundsätzlich kein Mangel bestehe, da die Gebrauchsfähigkeit und die Tragfähigkeit des Estrichs und seiner Beschichtung nicht beeinträchtigt werde.

2. Entscheidung

Im konkreten Fall gab das Gericht dem AG Recht. Allein die Tatsache, dass der AN den Estrich abweichend von der Vereinbarung ohne Stahldrahtfasern zur Bewehrung verarbeitete, begründet einen Mangel des Werks, der letztlich nur durch vollständigen Austausch des Estrichbodens beseitigt werden kann. Ein Sachmangel liegt insofern bereits dann vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich vereinbarten und damit geschuldeten Beschaffenheit abweicht, § 633 Abs. 2 S. 1 BGB. 

3. Grundsätzliches und Fazit

Die Funktionstauglichkeit ist im Werkvertrag grundsätzlich geschuldet. Allerdings kommt es im hiesigen Verfahren nicht auf die Frage der Funktionstauglichkeit an. Vielmehr ist auf die Funktionstauglichkeit und die übliche Beschaffenheit nur zweitrangig abzustellen, sofern eine bestimmte Beschaffenheit nicht vereinbart ist. Zwar kann grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung dadurch überlagert werden, dass ein funktionales Werk geschuldet wird. Ist eine bestimmte Beschaffenheit jedoch vereinbart und diese auch geeignet, dem Werk zu seiner Funktion zu verhelfen, so besteht keine Veranlassung, von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abzuweichen.

In diesem Fall schuldet der AN die Erstellung des Werks. Auch mögliche weitere Mängel sind damit unerheblich, da der Estrich komplett neu gemacht werden muss.

 

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