Hydraulischer Abgleich: Vorteile und Fördermöglichkeiten
Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass alle Stränge und Heizflächen eines Heizsystems nur die tatsächlich benötigte Wassermenge erhalten. Damit bietet er neben erhöhtem Komfort ein erhebliches Energieeinsparpotenzial von bis zu 10 %.
Doch noch immer sind rund 80 % der Heizungsanlagen in Wohngebäuden nicht hydraulisch abgeglichen, hier besteht ein riesiger Bedarf. Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums sehen vor, dass bis 2020 jährlich rund 200.000 hydraulische Abgleiche durchgeführt werden.
Zwar sind erst wenige Hauseigentümer mit dem Begriff „hydraulischer Abgleich“ vertraut, verschiedene Informationskampagnen tragen aber dazu bei, dass ihre Zahl zunimmt. Hinzu kommt, dass viele Eigentümer sich bei hohen und wohl künftig weiter steigenden Energiepreisen gegenüber Optimierungsmaßnahmen aufgeschlossen zeigen werden.
Für den Gebäudeenergieberater bietet sich also durchaus ein weites Feld für die Beratungstätigkeit. 97 % der Energieberater sind übrigens laut einer Umfrage von co2online davon überzeugt, dass ein hydraulischer Abgleich sinnvoll ist. Allerdings sollten sie sich in Beratungsgesprächen nicht allein auf die Einsparpotenziale stützen, sondern auch „weiche“ Faktoren ansprechen.
Mit einem hydraulischen Abgleich - meist in Verbindung mit einem Pumpentausch sowie modernen, teilweise auch programmierbaren Regelventilen - kann der Wohnkomfort gesteigert werden, indem nervende Anlagengeräusche und unangenehme Raumtemperaturschwankungen beseitigt werden.
Das BAFA fördert den hydraulischen Abgleich
Diese Vorteile hat auch der Fördermittelgeber erkannt. Das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) fördert seit August 2016 neben dem Einbau moderner, hocheffizienter Pumpen auch die Durchführung des hydraulischen Abgleichs, „um die Potenziale der Energieeffizienz bei der Wärmeversorgung von Gebäuden zu steigern“.
Dafür müssen sich die Eigentümer vor Maßnahmenbeginn online auf der BAFA-Website registrieren. Der Antrag auf Förderung wird nach Abschluss der Maßnahme online eingereicht. Durch die Förderung reduzieren sich für den Eigentümer die Investitionen in die Heizanlage beträchtlich: Mit 30 % der Nettoinvestitionskosten - maximal jedoch 25 000 € - werden u. a. Optimierungsarbeiten an bestehenden Anlagen unterstützt.
Förderfähige Produkte sind z. B. Rohrleitungsarmaturen, Messgeräte und Berechnungstools für den hydraulischen Abgleich, Thermostatventile und -regler, programmierbare Einzelraumregler und die Regelungstechnik.
Handwerker fürchten den hohen Aufwand des hydraulischen Abgleichs
Viele Heizungsfachhandwerker vermeiden im Bestandsbereich den hydraulischen Abgleich, weil sie den Aufwand von Rohrnetz- und Heizlastberechnung (gemäß DIN EN 12831) scheuen. Hauptproblem sind die im Eigenheim- und Wohnungsbau meist fehlenden Architekten- und (TGA-)Revisionspläne sowie fehlende Berechnungsunterlagen zur Heizungsauslegung.
Während sich die zur raumweisen Heizlastberechnung notwendigen Daten noch einigermaßen herausfinden lassen, bleiben bei Unterputzinstallationen die Rohrleitungslängen und -dimensionen, die Widerstände und die Druckverhältnisse teilweise unbekannt.
Aufgrund unvollständiger Anlagendaten sind im Gebäudebestand praxisgerechte Annäherungen gefragt, die mit vertretbarem Aufwand eine hinreichende Genauigkeit liefern. Der Zeitaufwand für ein Einfamilienhaus mit zwölf Heizkörpern dürfte bei etwa drei Stunden liegen.
Außer Produkten für die Heizungsoptimierung bietet Honeywell auch Broschüren sowie Seminare für Installateure, Planer und Energieberater an, in denen die Durchführung verschiedener energetischer Maßnahmen erläutert und die Fördermöglichkeiten beschrieben werden. Die Broschüren stehen unter www.honeywell-infomaterial.de zum Download, Informationen zu den Seminaren unter www.honeywell-fachseminare.de.
Heizlastberechnung per App möglich
Qualität dieser Maßnahme: Etwa 80 % im Vergleich zu einer genauen Berechnung des hydraulischen Abgleichs, die im Bestandsgebäude quasi unmöglich ist. Honeywell Haustechnik stellt dafür eine kostenlose Heizlast-App zur Verfügung, mit der sich in bestehenden Gebäuden die Raumheizlast entsprechend den Anforderungen der DIN EN 12831 auf einfache Art ermitteln lässt (s. Infokasten „Raumheizlast per App ermitteln“).
Mit der App „Heizlastberechnung“ lässt sich ohne zusätzliche Unterlagen oder Software die Heizlast von Räumen ermitteln. Außerdem können Wassermengen pro Heizfläche berechnet und Voreinstellungen von Honeywell-Thermostatventilen durchgeführt werden.
Um die Heizlast möglichst zuverlässig und einfach zu ermitteln, entwickelte Honeywell die App auf Basis der Vorgaben der DIN EN 12831. Für kleinere Gebäude bis 500 m2 ist das Verfahren von der KfW und vom BAFA anerkannt.
Für die Heizlastberechnung per App legt der Anwender ein Projekt mit den Adressdaten des Gebäudes an und gibt die Spreizung vor.
Über die Postleitzahl ermittelt das Programm die minimale Außentemperatur für den Standort. Zunächst wird die Raumheizlast errechnet, anschließend ermittelt die App im Hintergrund die Ventilvoreinstellung und wählt zwischen den Ventil-Modellen VS von Honeywell oder, bei geringer Wassermenge, das Modell FS. Ist dies für alle Räume erledigt, kann der hydraulische Abgleich an den voreinstellbaren Heizkörperventilen vorgenommen werden.Mit der App für iOS und Android lässt sich der hydraulische Abgleich vor Ort ohne PC, Datenblatt oder Datenschieber durchführen. Die ermittelten Daten werden gespeichert und können anschließend im Excel-Format per E-Mail verschickt werden.
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Alle sollten an einem Strang ziehen
Im Idealfall ziehen Gebäudeenergieberater, Installateure und Hausbesitzer an einem Strang: Der Energieberater erklärt dem Hausbesitzer den Nutzen eines hydraulischen Abgleichs und informiert ihn über Fördermöglichkeiten.
Der Hausbesitzer erkennt die Vorteile und scheut sich nicht vor sinnvollen Investitionen, die er zum Teil über Förderprogramme wieder erstattet bekommt, und der Installateur verfügt über Hilfsmittel, mit denen der hydraulische Abgleich einfach und problemlos durchgeführt werden kann. So profitieren alle Seiten vom energieeffizienteren Betrieb der Heizungsanlage.
Rechtliche Grundlagen
VDMA-Einheitsblatt 24199 zum hydraulischen Abgleich
Hydraulisch abgeglichene Strömungskreise sind eine Voraussetzung für einen bestimmungsgemäßen Betrieb von Heizungsanlagen. Eine wirtschaftliche und ökologische Betriebsweise (Energieeinsparung, CO2-Minderung) wird damit sichergestellt.
Hydraulisch abgeglichene Strömungskreise vermeiden typische Mängel wie ungleichmäßige bzw. nicht bestimmungsgemäße Wärme-/Kälteverteilung, zu hohe oder zu geringe Pumpenleistung, falsche Ventilautorität, falsche Heizkennlinieneinstellung, Reduzierung des Wärme- oder Kälteerzeugerwirkungsgrades, Geräuschbildung sowie die Nichterfüllung der technischen Anschlussbedingungen bei Fernwärmeanlagen.
Energieeinsparverordnung
Anforderungen an das Referenzgebäude umfassen ein hydraulisch abgeglichenes Rohrnetz.
VOB C – DIN 18380
Der SHK-Fachhandwerker ist laut BGB- bzw. VOB-Werkvertragsrecht verpflichtet, ein mangelfreies Werk abzuliefern. Dazu gehört auch der hydraulische Abgleich. Er ist eine Nebenleistung der VOB C – DIN 18380 und bei Anlagen in Neubauten sowie bei Heizungsmodernisierungen nach den anerkannten Regeln der Technik zu erwarten:
DIN 18380, Absatz 3.1.1: „… Armaturen und Rohrleitungen sind durch Berechnungen so aufeinander abzustimmen, dass auch bei den zu erwartenden wechselnden Betriebsbedingungen eine ausreichende Wassermengenversorgung sichergestellt ist …“
DIN 18380, 3.5.1: „… Der hydraulische Abgleich ist mit den rechnerisch ermittelten Einstellwerten so vorzunehmen, dass bei bestimmungsgemäßem Betrieb, also z. B. auch nach Raumtemperaturabsenkung oder Betriebspausen der Heizungsanlage, alle Wärmeverbraucher entsprechend ihrem Wärmebedarf mit Heizwasser versorgt werden …“
Mindestanforderung der KfW
Der hydraulische Abgleich ist als technische Mindestanforderung und ergänzende Information für Maßnahmen zur Sanierung zum KfW-Effizienzhaus und für Einzelmaßnahmen nach Programmnummer 151, 152 und 430 immer erforderlich
- bei einem Austausch der Heizungsanlage,
- beim Ersatz oder erstmaligen Einbau von Umwälzpumpen des Heizkreislaufs,
Es wurde festgelegt, dass ein hydraulischer Abgleich bei Gebäuden die nach dem 31.10.1977 erbaut wurden, auf jeden Fall durchgeführt werden muss. Und bei älteren Gebäuden dann, wenn mehr als 50% der wärmeübertragenden Umfassungsfläche wärmeschutztechnisch verbessert wird. Dabei sind aber auch Wärmeschutzmaßnahmen aus der Vergangenheit zu berücksichtigen.
Die KfW fördert übrigens auch die „Optimierung der Wärmeverteilung“ bei bestehenden Heizungsanlagen, wobei der hydraulische Abgleich ein Teil dieses Maßnahmenpakets ist.
Voraussetzung für BAFA-Zuschüsse
Seit 1. August 2016 fördert das BAFA das Ersetzen von Heizungspumpen und Warmwasserzirkulationspumpen durch hocheffiziente Pumpen sowie den hydraulischen Abgleich.
Die Förderung erfolgt als nicht rückzahlbarer Zuschuss, der nach Umsetzung der Maßnahmen und Einreichung der vollständigen Antragsunterlagen an den Antragsteller überwiesen wird. Die Förderung beträgt bis zu 30 % der Nettoinvestitionskosten, höchstens jedoch 25 000 €.
Für die Berechnung des hydraulischen Abgleichs bei einer Einzelmaßnahme sind folgende Verfahren zulässig:
Verfahren A
- Näherungsverfahren, relevante Werte werden überschlägig ermittelt.
Verfahren B
- basiert auf der raumweisen Heizlastberechnung in Anlehnung an die DIN EN 12831 und wird üblicherweise per Software berechnet. Alternativ kann nach dem Optimus-Verfahren vorgegangen werden (s. auch S. 22).
Bei der Förderung des KfW-Heizungspakets ist das Verfahren B vorgeschrieben, ansonsten ist bei der Wahl des Verfahrens der jeweilige Fördertatbestand zu beachten.
Unter www.intelligent-heizen.info können Formulare zur Bestätigung des hydraulischen Abgleichs für KfW-Effizienzhäuser und für Einzelmaßnahmen heruntergeladen werden. Sie enthalten auch eine Leistungsbeschreibung für die Durchführung des hydraulischen Abgleichs. Auf der Website steht zudem die Fachregel Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand.
Dieser Beitrag von Jürgen Lutz ist zuerst erschienen in Gebäude Energie Berater Ausgabe: 03/2017. Jürgen Lutz ist Leiter des Seminar- und Schulungswesens Heiztechnik bei Honeywell in Schönaich.
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