Warum Sie eine E-Commerce-Strategie brauchen - und wie das genau geht
E-Commerce war lange Zeit am Fenstermarkt nur ein Schlagwort, das kaum ernst genommen wurde. Tatsächliche Verkäufe über die Homepage waren und sind aufgrund der Maßanfertigung eines Fensters selten und so wurde die Bedeutung des Vertriebskanals gering eingeschätzt. Gerade in den letzten Jahren zeigt sich aber ein massiver Wandel im Kundenverhalten: 80-95% der Kunden holen sich die Erstinformationen vor einem Fensterkauf im Internet ohne notwendigerweise über diesen Kanal direkt zu kaufen. Das ändert die Ausgangssituation radikal:
- Der Verkaufsprozess wird nicht mehr vom Verkäufer dominiert, sondern vom Kunden, der bereits über wichtige Basisinformationen verfügt.
- Unternehmen, die bei einer üblichen Erstsuche im Internet nicht gefunden werden, haben nur sehr geringe Chancen, in weiterer Folge überhaupt berücksichtigt zu werden und somit ins sogenannte relevant set zu gelangen.
- Unternehmen brauchen einen Prozess, um die vielen Anfragen zu klassifizieren und weiterzubearbeiten.
- Ein durchaus relevanter Anteil von Verkäufen wandert direkt ins Netz und findet ohne Einschaltung von Offline-Kanälen statt.
Eine wichtige Erkenntnis ist bei diesem Prozess, dass es kein „Entweder-Oder“, sondern ein „Sowohl-als-Auch“ gibt. Online-Anfragen und Offline-Kauf sind nahtlos miteinander verknüpft (seamless commerce) und ergeben so unterschiedliche Verläufe (customer journey), die vom Unternehmen verstanden werden müssen, um diese auch effizient zu beeinflussen.
Mindestens 80% der Kunden holen sich die Erstinformationen vor einem Fensterkauf aus dem Internet.
Die Generation der heute 20-30-Jährigen, die mit Online-Handel groß geworden sind (Digital Natives), haben dabei ein ganz anderes Einkaufsverhalten, als ältere Generationen, die noch großen Wert auf persönlichen Kontakt legen. Klar ist aber auch, dass der traditionelle Offline-Käufer ausstirbt.
Unternehmen, die somit keine Strategie haben, um schon bei der ersten Suche potenzielle Fensterkäufer zu identifizieren, sind mittelfristig zum Scheitern verurteilt. Wenn es der Branche insgesamt zu wenig gelingt, selbst Leads zu generieren, dann wird diese Funktion durch Portale wahrgenommen, deren Geschäftsmodell allein in der Verknüpfung von Käufern und Verkäufern liegt, ohne selbst operativ tätig zu sein. Diese Unternehmen können dabei eine enorme Macht erlangen und Margen auf ein minimales Niveau drücken. Beispiele aus anderen Branchen sind z. B. Uber, Flixbus oder Airbnb.
Schritte einer E-Commerce Strategie
Dreh- und Angelpunkt einer E-Commerce Strategie ist die Gestaltung der Homepage, bzw. genauer genommen, der Landing Pages, also jener Seiten, die von potenziellen Kunden angesteuert werden sollen, um dort gewünschte Aktionen durchzuführen, wie z.B. das Bestellen eines Folders, eine Anfrage, Newsletterregistrierung, Empfehlung, etc.
Bild 3 zeigt die wichtigsten Elemente, um potenzielle Interessenten auf eine Landing Page zu bringen und diese mit Leben zu füllen. Auf die wichtigsten dieser Punkte gehen wir im Folgenden detaillierter ein.
Content Strategie
Content is King ist ein wichtiger Leitsatz im Bereich des E-Commerce. Die Internetsurfer suchen Inhalte und nur wenn suchrelevante Inhalte auf den Seiten der Anbieter zu finden sind, wird diese auch bei Google gefunden. Dabei ist es wichtig, sich in die Entscheidungssituation der Kunden hineinzudenken und die eigene Denkschablone zu verlassen: Weg von der reinen Kernproduktdenke!
Kunden suchen nach Lösungen
Kunden suchen nicht nur nach "Fenster", um ein Fenster zu kaufen; Kunden suchen nach Lösungen zu aktuellen Problemen oder Bedürfnissen, wie Sanierungsthemen, Energiesparthemen, Sicherheitsthemen, Vor- und Nachteilen verschiedener Produkte, etc. Auf Basis der unterschiedlichen Suchvorgänge müssen Landing Pages mit passendem Content bereitgestellt werden, um Leads zu generieren und anschließend Kompetenz zu vermitteln.
Konversionsstrategie
Die beste Landing Page mit dem besten Inhalt nützt nichts, wenn Sie sich als Unternehmen passiv zurücklehnen und Webseiten-Besuchern keine gewünschten Interaktionsziele vorgeben, bzw. keinen Anreiz schaffen, eine Anfrage zu stellen oder andere gewünschte Aktion auszuführen. Unterschiedliche passende Tools für Zielgruppen sind eine Erfolgsschraube für bessere Konversionsraten, die Platzierung und der optische Anreiz sind nicht weniger wichtig.
Geringe Konversionsraten sind für Unternehmen aber sehr teuer, weshalb es mittlerweile eine ganze Reihe von Testverfahren und Erfahrungswerten gibt, um die Konversionsrate zu erhöhen. So können z. B. mittels Eye-Tracking, also der Vermessung des Blickverlaufs der Pupillen oder Facial Coding, also der Messung der Emotionen des Users während der Interaktion, Schwachstellen einer Webseite rasch definiert werden.
SEO/SEM-Strategie
SEO/SEM-Strategien fokussieren darauf, durch inhaltliche oder technische Aspekte von Suchmaschinen besser gefunden zu werden. Der Plural des Wortes Suchmaschinen entspricht dabei nicht ganz der Realität, de facto ist in Europa Google ein Quasi-Monopolist und es geht somit darum, dem Suchalgorithmus von Google, der wie ein Staatsgeheimnis gehütet wird, am besten zu entsprechen. Bei der Search Engine Optimization (oder Suchmaschinenoptimierung) liegt der Fokus auf Optimierungen des Inhalts und der Programmierung der Seite.
Hier gibt es mittlerweile einen sehr großen Erfahrungsschatz von Fehlern, die vermieden werden müssen, wie z. B. schlechte Meta-Tags, falsche inhaltliche Schwerpunkte, die durch technische Mängel noch verstärkt werden, Vermischung von verschiedenen Sprachen, kein Tool-Mix bei der Präsentation von Inhalten, etc.
Beim Search Engine Marketing (SEM) geht es vor allem darum, mit beschränktem Budget eine maximale Wirkung zu erzielen, sowohl bei der Google Suche, als auch bei Display-, Gmail- oder Youtube-Kampagnen. Wer seine Anzeigen nicht optimal einstellt, wirft schnell viel Geld zum Fenster hinaus.
Durch schlechte Keywords- oder Themeneinstellung, fehlende ausschließende Keywords oder schlechte Landing Pages sind schon viele Kampagnen schnell zum Eurograb mutiert.
Wir testen, wie Unternehmen auf Kundenanfragen reagieren. Dabei zeigen sich manchmal katastrophale Reaktionen."
Promotionsstrategie
Die Landing Page kann im Rahmen einer Promotionsstrategie offline oder online beworben werden, wobei sich im Wesentlichen Online-Werbeformen als effizienter und zielführender erwiesen haben. Die Bandbreite an online Werbeformaten ist extrem breit und innovativ, wobei sich zunehmend Video-Formate großer Beliebtheit erfreuen.
Der Erfolg dieser Promotionsstrategien sollte allerdings keinesfalls nur daran gemessen werden, wie oft das Werbemotiv angeklickt oder das Video aufgerufen und angesehen wurde. Diese Werte geben zwar einen Eindruck davon, wie groß die erreichte Zielgruppe ist, aber sie sagen nichts darüber aus, ob dadurch auch gewünschte Aktionen auf der Landing Page durchgeführt wurden bzw. entsprechend Geschäft akquiriert wurde.
Die kurze Geschichte des Videokanals Youtube ist voller sogenannter viraler Hits, die millionenfach angesehen wurden, aber keinen oder sogar einen negativen Effekt auf die Absätze des Unternehmens hatten. In eine sinnvolle Promotionsstrategie ist eine Lead-Generierung Kampagne integriert.
Portalkooperationen
Newsletter sind ein effektives Instrument, um hochwertige Inhalte an Abonnenten zu senden. Aber wie erreiche ich neue Zielgruppen? Wie liefere ich hochwertigen Content, Aktionsangebote, etc. schnell und effizient an neue Kunden? Hierfür eignen sich Themenportale, wie z. B. Bauportale oder Portale für Architekten, etc. Sie können über diese Kanäle hochwertige Artikel versenden, Events promoten, in Firmenlisten erscheinen, in Foren mit diskutieren, Bannerwerbung betreiben oder auch postalisch zielgruppenspezifische Werbung betreiben.
Hochwertige Portale bieten eine Vielzahl an Kooperationsmöglichkeiten, online wie offline, und verfügen über heiße potenzielle Kundenadressen für Ihre Geschäfte, die Sie auf legalem Wege ansprechen können.
Analyse-Strategie
Eigentlich sollte jedes Lead Generation Projekt mit einer fundierten Analyse beginnen. Leider ist das in der Praxis meist nicht der Fall, wie wir in unseren zahlreichen Projekten von KMUS bis großen Konzernen feststellen müssen. So passiert es häufig, dass Kampagnen vorbei an Zielgruppen durchgeführt werden und schlussendlich viel Geld für nichts verpulvert wird.
Abseits der Inhalte (Produkte, Themen, Branchentrends, etc.) sollten Sie sich auch vorab Gedanken über die Customer Journey Ihrer Zielgruppen, Suchverhalten, Tools bzw. Touchpoint machen, aber auch die Konkurrenz nicht aus den Augen verlieren. Das Internet bietet hier eine Vielzahl an (kostenlosen)Tools an, um bei der Online Lead Generierung am Ball zu bleiben und Trends nicht zu verschlafen.
Dabei haben Sie den Fokus auf den Lead in allen Phasen der Lead Generierung (Gewinnung, Klassifizierung, Pflege, Abschlussphase, After Sales Services, etc.).
Implementierung eines Leadmanagements
Eine gekonnte Umsetzung aller hier nur kurz angerissenen Tools zur Erhöhung der Zugriffe auf die Landing Page, wird zu einem hohen Anfall von Anfragen – neudeutsch Leads – führen. Dieser vermeintlich sehr positive Effekt ist für viele Unternehmen der Beginn einer großen Herausforderung: Interconnection Consulting testet regelmäßig anhand sogenannter Online Mystery Shopping-Projekte, wie Unternehmen auf fundierte (aber natürlich fiktive) Anfragen über die Homepage reagieren.
Dabei zeigen sich teilweise katastrophale Reaktionen: Bei einigen Unternehmen blieben die Anfragen, die ja das Ergebnis eines langwierigen teuren Prozesses sind, gänzlich unbeantwortet, in vielen anderen Fällen war das Antwortverhalten so mangelhaft, dass in keinem Fall von einem positiven Verkaufsabschluss auszugehen war.
Tatsächlich bedarf die Generierung von großen Mengen von Leads eines klar definierten Prozesses, wie diese Leads einerseits fortlaufend nach Interesse qualifiziert werden und andererseits mit möglichst geringem Aufwand bis zum tatsächlich Kauf umgewandelt werden. Dieser Prozess ist arbeitsteilig und kann nur mit Unterstützung eines effizienten CRM-Systems treffsicher umgesetzt werden.
Erfahrungsgemäß müssen die Leads zuerst zentral beantwortet und qualifiziert werden und dürfen erst dann an den lokalen Vertrieb weitergeleitet werden, wenn das Interesse absehbar und konkret ist. Ohne eine CRM-Unterstützung im Hintergrund, gehen zu viele Leads verloren.
Marktforschungstools schaffen Transparenz
Im Gegensatz zu klassischen Werbemaßnahmen, gibt es im Internet wesentlich leicht verfügbare Daten über den Erfolg von Werbemaßnahmen. Es lässt sich in Echtzeit feststellen, wie oft Seiten angeklickt werden, welches Budget für einen Sucherfolg nötig war, auf welchen Geräten auf eine Seite zugegriffen wird usw. Die leichte Verfügbarkeit vieler Daten täuscht darüber hinweg, dass auch viele Erfolge oder Misserfolge nicht direkt gemessen werden können, wie insbesondere Einstellungswirkungen oder Markenbekanntheit aber auch Begründungen für das jeweilige Verhalten. Dafür gibt es aber sehr viele Marktforschungstools, die hier Klarheit schaffen können.
Die Vielzahl der Daten kann man grafisch zu ein paar klassischen Verläufen zusammenfassen, wie sie in Bild 5 dargestellt sind.
Schritt für Schritt zum Erfolg
Die Homepage eines Unternehmens ist meist der wichtigste Umsatzmotor für Online- und Offline-Geschäft und muss in dieser Hinsicht optimiert und laufend verbessert werden. Der Prozess zur Kundengewinnung ist allerdings komplex und muss Schritt für Schritt aufeinander abgestimmt werden: Wer nur einzelne Elemente im Bereich des E-Commerce optimiert, schafft sich sehr schnell ein aufwendiges Eurograb ohne Mehrwert für das Unternehmen.
Die Optimierung des E-Commerce Prozesses basiert auf einem tiefen Verständnis der Kundenbedürfnisse und der Customer Journey, die in den einzelnen Tools der E-Commerce Strategie so reflektiert werden, dass unterschiedliche Kundengruppen rasch ihre Wünsche in Käufe umwandeln können. Das ist keine technische Herausforderung, sondern ein Mix aus Kundenverständnis und Know-how in der Optimierung von Online Leadmanagement.
Dieser Beitrag von Dr. Frederik Lehner ist zuerst erschienen in Glaswelt 3/2018. Dr. Lehner ist geschäftsführender Inhaber des Marktforschungsinstituts Interconnection Consulting.