Wie das GEG die Nutzung von Luft/Luft-Wärmepumpen vereinfacht
Mit dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) am 01. Januar 2009 wurde neben der primärenergetischen Mindestanforderung über die Energieeinsparverordnung auch der Einsatz von erneuerbaren Energien im Neubau zur anteiligen Deckung des Wärmeenergiebedarfs verpflichtend. Da es zu dieser Zeit keine Anforderungen an die Mindesteffizienz von Wärmepumpen auf europäischer Ebene gab, hatte das EEWärmeG technische Mindestanforderungen, wie eine Mindestjahresarbeitszahl für Wärmepumpen und den Einbau eines Strom- und Wärmemengenzählers, festgelegt.
2011 wurde das EEWärmeG dahingehend erweitert, dass der Wärme- und Kälteenergiebedarf zusammen nun anteilig durch erneuerbare Energien gedeckt werden musste. Ebenfalls wurden die technischen Mindestanforderungen erweitert: Wärmepumpen mussten z. B. die Anforderungen an das EHPA-Quality-Label erfüllen oder es vorweisen. Bei der Festlegung der aufgeführten Anforderungen wurde davon ausgegangen, dass sie für alle Wärmepumpentechnologien erfüllbar seien. Eine Unterscheidung der Technologien (wassergeführtes oder luftgeführtes Heizungssystem) hat nicht stattgefunden.
Hürden für die VRF/VRV-Technik
Offensichtlich hatte der Gesetzgeber nicht realisiert, dass damit an Luft/Luft-Wärmepumpen Anforderungen gestellt wurden, die nur mit besonderem Aufwand erfüllt werden konnten. Der Einsatz von VRF/VRV-Technik1) im Neubau und hier besonders im Nichtwohngebäudebereich wurde dadurch behindert. Das Potenzial, das Luft/Luft-Wärmepumpen wie die VRV-Systeme von Daikin für die Energiewende im Bereich der Nichtwohngebäude aufweisen, konnte so über diesen Zeitraum nur mit größerem Aufwand genutzt werden.
Mit der Weiterentwicklung der EU-Gebäuderichtlinie wurde auch die Energieeinsparverordnung (EnEV) fortgeschrieben. Parallel wurden Mindestanforderungen an Wärmepumpen durch die europäischen ErP(Ökodesign)-Richtlinie und die daraus abgeleiteten EU-Verordnungen festgelegt. Allerdings hatte das EEWärmeG mit seinen Anforderungen an Wärmepumpen trotzdem weiterhin Bestand, sodass die Hürden für Luft/Luft-Wärmepumpen weiterhin Bestand hatten. Erst mit dem verspäteten Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes am 1. November 2020 sind bei der Zusammenführung von EnEV, Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und EEWärmeG die Hürden für die für VRF/VRV-Technik wegfallen.
Energetische Bilanzierung reicht aus als Nachweis
Der Gebäudesektor hat bei der Energiewende eine gewichtige Rolle, die Nutzung von Gebäuden verursacht rund 35% des Endenergieverbrauchs und etwa 30% der CO2-Emissionen. Wärmepumpen wie die VRV-Systeme punkten hier, da sie Dreiviertel der Nutzenergie direkt vor Ort aus erneuerbaren Energien gewinnen und so besonders wenig End- und Primärenergie benötigen. Die VRV-Technik bietet Flexibilität und innovative Lösungen für den gewerblichen Bereich. Ein VRV-Komplettsystem für Heizen und Kühlen, Trinkwassererwärmung, Fußbodenheizung sowie die Möglichkeit einer Anbindung von RLT-Geräten kann bis zu 70% des Energiebedarfs eines Gebäudes abdecken.
Daikin war im Entstehungsprozess des Gebäudeenergiegesetzes seit 2017 über verschiedene Verbände bis hin zur ersten Anhörung aktiv beteiligt. Wichtigste Änderung für den Einsatz von Wärmepumpen gegenüber den ehemaligen Anforderungen der EnEV und des EEWärmeG sind der Wegfall des Nachweises einer Mindestjahresarbeitszahl und des Wärmemengenzählers. Durch die mittlerweile geltenden ErP(Ökodesign)-Mindestanforderung sind auch alle Anforderungen an zusätzliche Zertifikate weggefallen. Die energetische Bilanzierung reicht nun als alleiniger Nachweis aus, dass der geforderte Anteil von 50 % Umweltwärme am Wärme- und Kälteenergiebedarf durch die VRF/VRV-Wärmepumpe erbracht wird.
Niedrigstenergiegebäude-Standard
Mit der EU-Gebäuderichtlinie wurde schon 2010 festgelegt, dass neue Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand ab 2019 und alle neuen Gebäude ab 2021 als Niedrigstenergiegebäude errichtet werden müssen. Die EU-Mitgliedsstaaten wurden dabei verpflichtet, einen entsprechenden Standard national festzulegen. Obwohl dies schon die Bundesregierung der 18. Legislaturperiode (2013 – 2017) in den Koalitionsvertrag geschrieben hatte, wurde es erst in der 2021 auslaufenden Legislaturperiode mit dem GEG verspätet umgesetzt.
Die Krux dabei ist, dass im Koalitionsvertrag festgelegt wurde, am bestehenden energetischen Anforderungsniveau an Neubauten festzuhalten. So deklariert das GEG die schon seit 2016 geltenden energetischen Standards als den europäisch geforderten Niedrigstenergiegebäude-Standard, auch für öffentliche Gebäude. Das GEG bleibt damit hinter dem notwendigen Niveau zum Erreichen der Klimaziele des Gebäudesektors zurück – obwohl Bauen auf einem (KfW-)Effizienzhaus-55-Standard längst wirtschaftlich ist, insbesondere mit Wärmepumpen als Heizungstechnik, so der Bundesverband Wärmepumpe (BWP).
Berechnungsverfahren für Nichtwohngebäude
Die Absätze 1 und 2 des § 18 GEG bestimmen den maximalen Jahres-Primärenergiebedarf eines zu errichtenden Nichtwohngebäudes (NWG). Der jeweilige Höchstwert ist auf der Grundlage des Referenzgebäudeverfahrens zu berechnen. Der Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes, der auf der Grundlage dieser technischen Ausführung berechnet wird, ist mit dem Faktor 0,75 zu multiplizieren (Absatz 1). Für das zu errichtende Gebäude und das Referenzgebäude ist der Jahres-Primärenergiebedarf nach DIN V 18 599:2018-09 zu ermitteln. Anmerkung: Für einige Berechnungen enthält der Gesetzestext besondere Vorgaben zur Verwendung von DIN V 18 599:2018-09.
Bis zum 31. Dezember 2023 kann für das zu errichtende Wohngebäude und das Referenzgebäude der Jahres-Primärenergiebedarf auch nach DIN V 4108-6:2003-06, geändert durch DIN V 4108-6 Berichtigung 1:2004-03, in Verbindung mit DIN V 4701-10:2003-08 ermittelt werden, wenn das Gebäude nicht gekühlt wird. Ab 2024 wird DIN V 18 599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ alleinige Bilanzierungsregel für den öffentlich-rechtlichen Nachweis der energetischen Qualität von Gebäuden (gilt für Wohn- und Nichtwohngebäude).
Alternativ kann für Wohngebäude ein vereinfachtes Nachweisverfahren gemäß Anlage 5 angewendet werden. Es sind dort quasi Modellgebäude aufgeführt, bei denen die Kombination aus Vorgaben an die Gebäudehülle und die Gebäudetechnik definiert sind, womit die Anforderungen des GEG erfüllt werden.
§ 22 GEG regelt in Verbindung mit Anlage 4 die für die Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs eines zu errichtenden Gebäudes zu verwendenden Primärenergiefaktoren. Die in der Anlage 4 definierten Primärenergiefaktoren führen die bislang verwendeten EnEV-Werte unverändert weiter. Die Nummern 1 bis 3 regeln besondere Fälle, für die von Anlage 4 abweichenden Werte, inklusive den Voraussetzungen, die für die Verwendung dieser Werte festgelegt sind (flüssige und gasförmige Biomasse, Erdgas KWK, Fernwärme).
Nutzungspflicht erneuerbarer Energien
Das GEG regelt in Teil 2, Abschnitt 4 in den §§ 34 bis 45 (vormals EEWärmeG) den Umfang und die Nutzung von erneuerbaren Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung bei neu zu errichtenden Gebäuden. Neben konkreten Vorgaben zum Deckungsanteil am Wärme- und Kälteenergiebedarf wird auch festgelegt, mit welchen Ersatzmaßnahmen anstelle der Nutzung erneuerbarer Energien die Anforderungen erfüllt werden können. Die Anforderung an die einzelnen erneuerbaren Energiequellen beschreiben die §§ 35 bis 45 GEG, wobei diese Maßnahmen zur Erfüllung der Nutzungspflicht kombinierbar sind.
Erweiterte Anrechnung von PV-Strom
Gebäudenah erzeugter Strom aus erneuerbaren Energien gilt nach § 36 GEG zukünftig als Erfüllungsoption im Neubau. Die neue Regelung sieht eine gegenüber der EnEV erweiterte Anrechnung von PV-Strom auf den Jahres-Primärenergiebedarf des Gebäudes vor, soweit dieser vorrangig in dem Gebäude unmittelbar nach Erzeugung oder nach vorübergehender Speicherung selbst genutzt und nur die überschüssige Strommenge in das öffentliche Netz eingespeist wird.
Der Wärme- und Kältebedarf muss dabei zu mindestens 15% gedeckt werden. Für Wohngebäude mit PV-Anlagen lässt sich der Nachweis auch über die Anlagengröße führen. Hiervon werden besonders Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik-Anlagen profitieren.
Erweiterte Definition von Umweltwärme
Eine weitere Neuerung in § 37 GEG ist die Erweiterung der Definition der Umweltwärme um Abwasser. Zur Erfüllung der Anforderung zur Nutzung erneuerbarer Energien gemäß § 10 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes durch Geothermie, Umweltwärme und Abwärme aus Abwasser muss der Wärme- und Kälteenergiebedarf eines zu errichtenden Gebäudes mindestens zu 50 % daraus gedeckt werden. Dies entspricht der bisherigen Regelung in § 5 Absatz 4 EEWärmeG. Neu sind wie schon erwähnt der Entfall der Anforderung eines Wärmemengenzählers sowie der Wegfall des Nachweises / bzw. der Berechnung einer Mindest-Jahresarbeitszahl.
Der Deckungsanteil am Wärme- und Kälteenergiebedarf muss durch die Anlagen zur Nutzung der Geothermie und Umweltwärme, also insbesondere durch die Wärmepumpe, nicht aber durch deren Einsatzstoff (z. B. Gas bei gasbetriebenen Wärmepumpen) gedeckt werden.
Die Erschließung geothermischer Wärmequellen ist gerade in dicht bebauten Gebieten herausfordernd. Die Nutzung von Abwasser als Wärmequelle ist daher eine sinnvolle Lösung und nun auch als erneuerbare Energie anerkannt. Daikin bietet mit der wassergekühlten VRV-Technik und der Wärmequelle Abwasser eine technische Lösung, mit der nun zusätzliche Alternativen bei der Nutzung von Umweltwärme möglich sind.
Neuer Wettbewerber zu Wärmepumpen
In § 40 GEG wurde nun neben der Nutzung von Biogas in einer KWK-Anlage auch die Nutzung in einem Brennwertheizkessel ermöglicht. Diese Änderung ist quasi in letzter Minute mit der Begründung der Technologieoffenheit im Gesetz aufgenommen worden. Damit wird faktisch die Nutzung von Biogas bessergestellt als die Nutzung von Ökostrom. Es wäre ein Einfaches gewesen, die Nutzung von Ökostrom aus dem Netz mithilfe von Wärmepumpen ebenfalls als Erfüllungsoption anzuerkennen. So ist mit der neuen Option ein neuer Wettbewerber zur Wärmepumpe entstanden. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies auf die bislang erfolgreiche Entwicklung der Wärmepumpe im Neubau auswirken wird.
Zudem sieht das GEG vor, dass bis 2023 geprüft wird, auf welche Weise und in welchem Umfang synthetisch erzeugte Energieträger in flüssiger oder gasförmiger Form bei der Erfüllung der Anforderungen an zu errichtende Gebäude und bei der Erfüllung der Anforderungen an bestehende Gebäude Berücksichtigung finden können.
Es ist also weiterhin wichtig, den politischen Prozess zu begleiten. Das GEG wird zwar aufgrund noch nicht abgearbeiteter und eventuell noch kommender europäischer Vorgaben in den nächsten Jahren an einigen Stellen verändert werden, die energetischen Gebäudestandards sollen aber zunächst unverändert bleiben.
Konkret sieht das GEG vor: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat werden die Anforderungen an zu errichtende […] [und bestehende Gebäude […] nach Maßgabe von § 5 [„Grundsatz der Wirtschaftlichkeit“] und unter Wahrung des Grundsatzes der Technologieoffenheit im Jahr 2023 überprüfen und nach Maßgabe der Ergebnisse der Überprüfung innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der Überprüfung einen Gesetzgebungsvorschlag für eine Weiterentwicklung der Anforderungen an zu errichtende und bestehende Gebäude vorlegen.“
Fußnoten: 1VRF steht für „Variable refrigerant flow“; VRV steht für „Variable Refrigerant Volume“ und ist ein von Dakin geschützter Begriff.
Dieser Beitrag von Volker Weinmann ist zuerst erschienen in TGA 01/2021. Volker Weinmann ist Beauftragter Politik, Umwelt und Verbände bei der Daikin Airconditioning Germany GmbH.