Gebrauchte Waren verkaufen: Neues Kaufrecht ab 2022

Händler, die Gebrauchtwaren verkaufen, müssen seit 2022 ein neues Kaufrecht beachten. Die Novelle des Kaufrechts basiert auf der EU-Warenrichtlinie 2019/771. Sie löst die bisher gültige Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ab. Die neuen Regeln beziehen sich vor allem auf B2C-Beziehungen, also den gewerblichen Verkauf von Gebrauchtwaren an private Konsumenten. Welche Änderungen gibt es im Einzelnen?
Sachmangel: Neue Definition
Der Begriff des Sachmangels wird grundlegend verändert. Geregelt sind die Voraussetzungen in § 434 BGB. Bisher wurde beim Mangelbegriff vor allem auf die vertragliche Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer abgestellt. Das heißt, auf welche Eigenschaften sich die Parteien geeinigt hatten. Ab sofort berücksichtigt der Paragraph, dass objektive Kriterien (Absatz 1) und subjektive Kriterien (Absatz 2) zu gleichen Teilen berücksichtigt werden sollen.
Den objektiven Anforderungen entspricht die Ware, wenn sie
- sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und
- die übliche Beschaffenheit aufweist.
Den subjektiven Anforderungen entspricht die Ware, wenn sie
- die vereinbarte Beschaffenheit hat,
- sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
- mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Nacherfüllung des Verkäufers
Das neue Kaufrecht 2022 bedeutet für Verkäufer von Gebrauchtwaren erweiterte Pflichten zur Nacherfüllung. Das betrifft übrigens auch Verkäufe zwischen Privatpersonen oder zwischen Unternehmern.
- Ersetzt der Verkäufer die Kaufsache, muss er das erste Produkt zurücknehmen und hierfür auch die Kosten tragen (§ 439 Abs. 6 Satz 2 BGB).
- Handelt es sich um ein Verbrauchsgut, muss der Verkäufer die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer durchführen. Auch muss er sie innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen haben (§ 475 Abs. 5 BGB). Die Frist beginnt mit der Mitteilung des Käufers, dass die Ware mangelhaft ist.
- Der Käufer wird dazu verpflichtet, dem Verkäufer die Kaufsache für die Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen (§ 439 Abs. 5 BGB).
Rücktritt durch den Käufer
Bisher musste der Käufer den Verkäufer auffordern, den Mangel zu beseitigen. Kam der Verkäufer der Aufforderung nicht nach, musste der Käufer ihm hierfür eine angemessene Frist setzen. Erst wenn diese Frist erfolglos abgelaufen war, durfte der Käufer von dem Kaufvertrag zurücktreten.
Zwar gilt dieser Vorrang der Nacherfüllung wie zuvor, allerdings entfällt nun die Pflicht zur Fristsetzung (§ 475d Abs. 1 BGB). Es reicht, wenn nach der Mängelnachricht einige Zeit vergangen ist, in der der Verkäufer den Mangel üblicherweise hätte beseitigen können. Danach darf der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Die genaue Dauer der Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Nach dem Rücktritt muss der Käufer dem Verkäufer die Ware zurückgeben – persönlich oder per Post oder Kurier. Die Kosten dafür muss der Verkäufer übernehmen. Zudem muss er den Kaufpreis erstatten.
Und was gilt bei offensichtlich mangelhaften Waren? Bislang waren die Mängelrechte ausgeschlossen, sobald der Käufer vom Mangel wusste oder die Unkenntnis grob fahrlässig war. Künftig können Käufer Mängelrechte auch wahrnehmen, wenn sie von Mängeln gewusst haben.
Verjährung von Mängelansprüchen
Bisher galt, dass ein Käufer im Regelfall zwei Jahre nach dem Erhalt der Kaufsache einen Mangel geltend machen konnte (§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB). Auch, wenn sich der Mangel erst gegen Ende dieses Zeitraums zeigte, verlängerte sich die Frist zur Geltendmachung nicht. So konnte es passieren, dass ein Käufer zwar innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf einen Mangel bemerkte, diesen aber nicht mehr rechtzeitig geltend machen konnte.
Im neuen Kaufrecht genügt es, dass der Mangel während der Verjährungsfrist auftritt. Ab diesem Zeitpunkt haben Käufer vier Monate Zeit, um den Mangel geltend zu machen.
Erhält der Verkäufer die Ware zur Nacherfüllung, hemmt das die Verjährung. Die Frist läuft erst wieder zwei Monate, nachdem der Käufer die Ware wieder erhalten hat. So soll er genug Zeit erhalten, die Nachbesserung zu prüfen.
Verkäufer von Gebrauchtwaren sollten daher ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) an die neuen Regelungen anpassen. Besonders die Klauseln mit veralteten Verjährungsfristen sollten sie erneuern.
Beweislastumkehr: Wann wer was nachweisen muss
Bei der bisherigen Regelung des Kaufrechts profitierten Käufer von der sogenannten Beweislastumkehr. Diese besagt, dass ein Mangel, der innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf auftritt, vermutlich bereits von Anfang an vorhanden war (§ 477 BGB). Im neuen Kaufrecht wird diese Beweislastumkehr ausgeweitet. Für diese Vermutung genügt es, wenn sich der Mangel innerhalb eines Jahres zeigt (§ 477 Abs. 1 BGB).
Digitale Waren und Updatepflicht
Eine wichtige Änderung im neuen Kaufrecht 2022 ist die Einführung der neuen Kategorie „Ware mit digitalen Elementen“ (§§ 475b ff. BGB).
„Waren mit digitalen Elementen“ enthalten digitale Produkte oder sind so mit ihnen verbunden, dass sie ohne diese ihre Funktion nicht erfüllen können (§ 327a Abs. 3 Satz 1 BGB). Das sind sowohl digitale Inhalte (zum Beispiel Betriebssysteme oder Software, Video- und Autodateien) als auch digitale Dienstleistungen (etwa Software as a Service, Messenger oder Cloud-Dienste).
Verkäufer von digitalen Produkten bzw. Waren mit digitalen Elementen müssen ihre Kunden während der üblichen Nutzungsdauer mit Updates versorgen und über vorliegende Aktualisierungen informieren (§ 475b Abs. 4 BGB). Dieser Zeitraum ist nicht festgelegt, maßgeblich soll jedoch die übliche Nutzungszeit, mindestens aber zwei Jahre (gesetzliche Gewährleistungsfrist).
Auf diese Weise soll die Funktionsfähigkeit des Produkts erhalten und Risiken durch Sicherheitslücken entschärft werden.
Vernachlässigt der Verkäufer diese Pflicht oder ist ein Update fehlerhaft, gilt die Ware schnell als mangelhaft, mit allen Folgen. Der Käufer ist seinerseits dazu verpflichtet, die Updates zu nutzen, sonst erlöschen seine Mängelrechte.
Regress innerhalb der Lieferkette
Macht ein Käufer einen Sachmangel geltend, kann sich der Verkäufer an seinen Verkäufer wenden.
Garantieerklärung des Verkäufers
Anders als bei der Gewährleistung handelt es sich bei Garantien um freiwillige Leistungen eines Herstellers oder Verkäufers. Daher können die Garantieinhalte grundsätzlich frei vom Garantiegeber bestimmt werden. Eine solche Garantieerklärung muss mit dem neuen Kaufrecht jedoch einfach und verständlich formuliert werden. Auch schreibt das Gesetz bestimmte Pflichtinhalte vor (§ 479 Abs. 1 BGB). Diese sind:
- Der Verkäufer muss auf die gesetzlichen Mängelrechte des Verbrauchers hinweisen, ebenso auf die Unentgeltlichkeit der Geltendmachung und die Tatsache, dass die Rechte nicht durch die Garantie eingeschränkt werden.
- Name und Anschrift des Garantiegebers müssen genannt sein.
- Auch das Verfahren, das der Käufer für die Geltendmachung der Garantie einzuhalten hat, muss verdeutlicht sein.
- Die Ware muss genau bezeichnet sein.
- Sowohl die Dauer als auch der räumliche Geltungsbereich der Garantie müssen genannt werden.