Feuchteschaden am Bau: Mangelfreiheit und Funktionalität sind ein Muss
Eine Abdichtung der Außenwände eines Hauses gegen Bodenfeuchte und nicht-stauendes Sickerwasser ist mangelhaft, wenn aufgrund der gegebenen Bodenverhältnisse mit drückendem Wasser gerechnet werden muss. Das gilt auch dann, wenn nach der von einem Fertig- bzw. Massivhausanbieter aufgestellten Leistungsbeschreibung eine weitergehende Abdichtung nicht vorgesehen und der Einbau einer eventuell erforderlichen Drainage Bauherrenleistung ist (vgl. OLG Köln, Urteil v. 02.03.2022, Az.: 11 U 44/21)
Der Fall: Feuchteschäden am Sockel
Der Auftraggeber (AG) verlangt vom Auftragnehmer (AN) Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung. Der AG hatte den AN zu einem vereinbarten Festpreis mit der Planung und Erstellung eines Einfamilienhauses ohne Keller als Ausbauhaus auf seinem unbebauten Grundstück beauftragt.
Die Herstellung der Außenanlagen war nicht im Festpreispaket enthalten und sollte vom AG in Eigenregie erfolgen. Der AG sollte im Übrigen vor Bauausführung ein Baugrundgutachten vorlegen. Dies erfolgte auch. Weder der AN noch der AG führten beim Objekt eine Drainage aus. Hierzu hatte der AN in der Baubeschreibung zum Bauvorhaben lediglich den allgemeinen Hinweis erteilt, dass die standardmäßige Abdichtung dem Lastfall "nicht stauendes Sickerwasser" entspricht, ohne Einbau der Drainage überwiegend der Lastfall "aufstauendes Sickerwasser" auftritt und der Einbau einer Drainage nach DIN 4109 in Bauherreneigenleistung dringend erforderlich ist
Im Zuge der Baumaßnahme und nach Fertigstellung der Arbeiten beim Objekt traten Feuchteschäden im Sockelbereich des Gebäudes auf. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger stellte fest, dass bei dem Gebäude nicht von dem Lastfall "Bodenfeuchte und nicht stauendes Sickerwasser" auszugehen sei, sondern von dem Lastfall "drückendes Wasser", dies auch deshalb, weil keine Drainage errichtet worden sei. Im Übrigen wurde beim Sockel keine mineralische Dichtschlämme ausgeführt. Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen war auf dem Oberputz im Sockelbereich keine Dichtungsschicht vorhanden.
Das sagt der Gutachter
Das Gericht führt insoweit aus, dass hier einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik vorliegt und das Bauvorhaben mangelhaft vom AN errichtet wurde.
Wie der Sachverständige ausgeführt hatte, hätte in Anlehnung an die einschlägige Richtlinie Fassadensockelputz/Außenanlage, Richtlinie für die fachgerechte Planung und Ausführung des Fassadensockelputzes sowie des Anschlusses der Außenanlage, 3. überarbeitete Auflage, Ausgabe 2013, eine mineralische Dichtschlämme 5 cm oberhalb des vorhandenen Belags ausgeführt werden müssen. Für das Fehlen der mineralischen Dichtschlämme auf dem Oberputz habe der AN einzustehen.
Wie der Sachverständige mitgeteilt hatte, gehöre die Erstellung einer Dichtschlämme zu dem Gewerk "Putzarbeiten". Die Erstellung des Putzes wiederum war Aufgabe des AN.
Darüber hinaus stellte der Sachverständige fest, dass eine funktionstaugliche Abdichtung beim Bauvorhaben nicht vorhanden war. Auch insoweit konnte ein Mangel festgestellt werden. In Zuge der Bauausführung und unter Beachtung des Baugrundgutachtens hätte der AN erkennen und feststellen müssen, dass das Bauvorhaben gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik gegen drückendes Wasser (Auszug aus Gutachten: „Versickerung: nicht dauerhaft wirksam möglich") abzudichten gewesen wäre. Diese Feststellung erfolgte jedoch nicht.
Ein allgemeiner Hinweis genügt nicht
„Der Fertig- bzw. Massivhausanbieter wird in diesem Fall nur dann von seiner Gewährleistung frei, wenn er den Besteller nach Klärung der örtlichen Bodenverhältnisse unmissverständlich auf das Erfordernis einer Drainage für das konkrete Bauvorhaben und die Risiken einer nicht den Anforderungen entsprechenden Abdichtung hinweist. Der allgemeine Hinweis in einem mehrseitigen Nachtrag zur Bau- und Leistungsbeschreibung, dass die standardmäßige Abdichtung dem Lastfall "nicht stauendes Sickerwasser" entspricht, ohne Einbau der Drainage überwiegend der Lastfall "aufstauendes Sickerwasser" auftritt und der Einbau einer Drainage nach DIN 4109 in Bauherreneigenleistung dringend erforderlich ist, genügt nicht.“
Zwar sei dem AG hierbei ein Mitverschulden – aufgrund des Baugrundgutachtens – anzurechnen, dies ändere jedoch nichts an der Mangelhaftigkeit des Bauobjekts sowie der Haftung des ANs.
Grundsätzliches und Fazit
Die Funktionstauglichkeit ist im Werkvertragsrecht grundsätzlich geschuldet. Im Sinne der Funktionalität bei einem Bauwerk stellt das Gericht fest, dass eine Mangelfreiheit nur dann gegeben ist, wenn die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten sind und von einer Einsatzfähigkeit in einer „ortsüblichen“ und vergleichbaren Umgebung auszugehen ist.
Aufgrund der vorgefundenen Situation war die beschriebene und ausgeführte Leistung des AN betreffend Abdichtung jedoch nicht ausreichend, um ein mangelfreies Werk in der konkreten Umgebung (drückendes Wasser) zu erstellen. Der allgemeine und nicht auf das Objekt bezogene Hinweis zur Notwendigkeit einer besonderen Abdichtung bei drückendem Wasser hat das Gericht als nicht ausreichend erachtet, um die Haftung des AN zu verneinen. Für Unternehmer ist daher von besonderer Bedeutung, dass sie – soweit nach der eigenen Fachkunde möglich – Schnittstellenprobleme identifizieren und mit dem Bauherrn erörtern.
Matthias Scheible ist Syndikusrechtsanwalt bei einem Wohnungsbauunternehmen und verfasst Artikel zu rechtlichen Themen.