Zuwanderung von Fachkräften: Befürworter sind in der Überzahl
Fachkräfteengpässe machen immer mehr Unternehmen in Deutschland Probleme bei der Besetzung von offenen Stellen. Aktuell spielt hierfür der seit langem anhaltende Arbeitsmarktboom eine Rolle, mittelfristig wird darüber hinaus der demografische Wandel für einen problematischen Rückgang an Erwerbspersonen sorgen. Neben einer weiteren Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Eltern, Älteren und Geringqualifizierten ist qualifizierte Zuwanderung ein unverzichtbarer Teil der Fachkräftesicherung.
Einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage von KfW Research zufolge sind 44% der Deutschen zwischen 18 und 67 Jahren der Ansicht, dass Deutschland sich stärker als bisher um Fachkräftezuwanderung bemühen sollte. 30% befürworten Bemühungen auf gleichbleibendem Niveau. Insgesamt sind damit drei Viertel der deutschen Erwerbspersonen der Fachkräftezuwanderung gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt. Allerdings sprechen sich auch 21% für eine geringere Zuwanderung von Fachkräften als bisher aus.
Der Chefvolkswirt der KfW, Dr. Jörg Zeuner, sagt: "Selbst wenn es uns gelingt, die Erwerbsquoten von Frauen und Älteren weiter zu erhöhen, wird der demografische Wandel die Erwerbsbevölkerung in den kommenden 25 Jahren um 3 bis 4 Millionen reduzieren. Deshalb braucht Deutschland deutlich mehr Fachkräfte aus dem Ausland. Aktuell profitiert unsere Volkswirtschaft von zahlreichen Zuwanderern aus der EU, insbesondere aus Polen und Rumänien. Doch ihre Zahl wird abnehmen. Denn unsere europäischen Nachbarn altern ebenfalls und holen erfreulicherweise ökonomisch auf. Qualifizierte Zuwanderung von anderen Kontinenten wird deshalb immer wichtiger. Aktuell kommen jährlich ca. 50.000 Fachkräfte aus Asien, Afrika und Amerika - das sind auf lange Sicht zu wenige. Unsere Umfrage zeigt, dass die Bevölkerung den Bedarf an ausländischen Fachkräften sieht. Das in Berlin auf den Weg gebrachte "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" soll nun den Arbeitsmarkt für Zuwanderer mit nicht-akademischen Abschlüssen weiter öffnen."
Die Haltung zur Zuwanderung weicht in verschiedenen Bevölkerungsgruppen vom Durchschnitt ab - allerdings bleiben die Befürworter einer stärkeren Fachkräftemigration stets in der relativen Mehrheit. Am deutlichsten treten Unterschiede nach dem beruflichen Bildungsniveau und nach dem Einkommen hervor. Je höher der berufliche Bildungsabschluss desto häufiger wird verstärkte Fachkräftezuwanderung befürwortet. So sprechen sich z. B. Uni-Absolventen mit 58 % besonders häufig für mehr Fachkräftezuwanderung aus. Auch Personen mit einem Netto-Haushaltseinkommen von über 5.000 Euro sind mit 65 % weit überdurchschnittlich oft dieser Ansicht, bei Einkommen unter 2.000 Euro sind es mit 40 % deutlich weniger.
Neben den ausgeprägten Einkommens- und Bildungsunterschieden gibt es auch ein deutliches Stadt-Land-Gefälle: Im ländlichen Raum, d. h. in Dörfern und Kleinstädten bis 20.000 Einwohner, sind 40% der Bevölkerung für mehr Fachkräftezuwanderung. Der Anteil ist in Großstädten (ab 500.000 Einwohnern) mit 50 % deutlich größer. Auch zwischen den Bundesländern unterscheiden sich die zuwanderungspolitischen Positionen, wenngleich in allen Landesteilen die Befürworter stärkerer Fachkräftezuwanderung überwiegen.
Norddeutschland sieht überdurchschnittlichen Bedarf, vor allem Hamburg und Schleswig-Holstein. Dort sind jeweils 59% der Erwerbsbevölkerung für verstärkte Fachkräftezuwanderung, aber nur 13% (SH) bzw. 16% (HH) dagegen. In den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg befürworten nur 33 bis 38% verstärkte Fachkräftezuwanderung, während mit 23 bis 29% überdurchschnittlich viele die Gegenposition vertreten.
Weitere Informationen finden Sie auf der KfW-Themenseite "Zuwanderung".