DVGW: Gas geben beim Wasserstoff
Beim Wasserstoffhochlauf ist Deutschland auf einem guten Weg – muss dabei aber an Geschwindigkeit zulegen. So lässt sich die Pressekonferenz des DVGW zum Jahresauftakt zusammenfassen. „Es ist ein erklärtes Ziel der Bundesregierung, Deutschland bis zum Jahr 2030 zum Leitmarkt für Wasserstoff-Technologien zu entwickeln“, sagt Professor Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie seien die Grundlagen für den Einsatz klimaneutraler Gase gelegt worden. „Das ist positiv zu bewerten.“
Doch damit endet das Lob für die aktuelle Bundesregierung. Es gelte nun, in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode mehr Tempo aufzunehmen, so Linke. Besonders kritisiert er die Strategie beim Aufbau der Infrastruktur, um den Wasserstoff zu verteilen. „Die Bundesregierung muss alles dafür tun, dass das Wasserstoff-Kernnetz zügig umgesetzt wird“, so Linke. Das Kernnetz bildet das Grundgerüst für die Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland. An dieses sollen die Verteilnetze sowie die Wasserstoff-Standorte wie etwa große Industriezentren und Kraftwerke angebunden werden. Das Kernnetz sei quasi die Wasserstoffautobahn, von der alles abzweigt, erklärt Linke.
Bei Wasserstoff-Verteilnetzen herrscht Planungschaos
Doch dieses macht eben nur einen Teil der notwendigen Infrastruktur aus. Die Planung und der Ausbau der anzubindenden Verteilnetze kommen laut Linke aber nur schleppend voran. Bei diesen Netze, die den Wasserstoff weitertransportieren sollen, gebe es „ein völliges Planungsdurcheinander“. Das Bundeswirtschaftsministerium habe angekündigt, ein Digital-Tool auf Basis von künstlicher Intelligenz zu entwickeln, um vom Kernnetz in die Verteilnetze zu gehen. Die Bundesnetzagentur arbeite an sogenannten Transformationsplänen. Und die Kommunen seien gesetzlich verpflichtet, Wärmepläne zu erstellen, wozu sie auch Wasserstoffpläne benötigten.
Der DVGW sieht sich als der Partner, um Struktur in dieses vermeintliche Chaos zu bringen. Das passende Instrument dafür ist aus Sicht des Verbands der Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP). In diesem sind die Transformationspläne von aktuell 241 teilnehmenden Gasverteilnetzbetreibern zusammengefasst. Der GTP ist laut Linke das lokale Pendant für die zentrale Kernnetzplanung, für die Umsetzung der Transformation in Wärmeplänen vor Ort sowie für Industriestrukturen. Dieses Potenzial sollte die Bundesregierung in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode nutzen, so seine Empfehlung.
Linke macht noch einmal deutlich, dass der DVGW die Verwendung von Wasserstoff auch für den Wärmemarkt befürwortet. So stellte er in der Pressekonferenz die Ergebnisse einer DVGW-Studie vor, wonach Wasserstoff eine interessante Alternative zum Einsatz von Wärmepumpen sei. Besonders bei nicht-sanierten Gebäuden stellten Wasserstoff und Biomethan die bessere Option dar.
An der Frage, ob Wasserstoff auch für die Wärmeerzeugung genutzt werden sollte und so genannte H2-ready-Heizungen sinnvoll sind, scheiden sich jedoch die Geister. DVGW und Heizungshersteller treiben eine entsprechende Entwicklung voran. Organisationen wie zum Beispiel das Öko-Institut sehen diesen Weg als eine technische Sackgasse.
Kraftwerkstrategie: Schritt in die richtige Richtung
Grundsätzlich positiv sieht der DVGW die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung. Die vorgesehenen Ausschreibungen von H2-ready-Gaskraftwerken seien ein Schritt in die richtige Richtung. „Die Kapazität von vier Mal 2,5 Gigawatt sollte voll ausgeschöpft werden“, so der DVGW-Vorstandsvorsitzende. „Zukünftig werden wir jedoch weitere H2-ready Gaskraftwerke benötigen.“ Dass Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Kraftwerke beschleunigt werden und Hemmnisse bei Bau und Betrieb von Elektrolyseuren abgebaut werden sollen, sei zu begrüßen.
Neben dem Thema Wasserstoff ging es beim Jahresauftakt des DVGW auch um die Wasserwirtschaft. Auch hier stellt der Verband Forderungen an die Politik. „Wir brauchen eine Wasserwende“, sagt Wolf Merkel, Vorstand des DVGW. Das bedeute: „Die Politik muss schnellstens die rechtlichen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für die zukunftsfähige Aufstellung der Branche schaffen.“
Insgesamt sei hierzulande zwar keine Dürre zu befürchten. „Deutschland wird das Wasser nicht ausgehen“, so Merkel. Aber: Die Klimaveränderungen werden variabler. Künftig sei häufiger mit Extremsituationen zu rechnen, die Unterschiede zwischen einzelnen Jahren und verschiedenen Regionen in Deutschland würden größer. Das könne dazu führen, dass Wasserversorgungssysteme an ihre Grenzen stoßen. Der DVGW fordert daher, dass die Infrastruktur für den Ausgleich zwischen regionalen Überschuss- und Mangelgebieten ertüchtigt und ausgebaut wird, um die öffentlichen Wasserversorgung sicherzustellen. Die Wasserwiederverwendung – also der Re-Use – könne in Teilbereichen helfen, werde aber nicht ausreichen.