Mehrfamilienhäuser: Mehr Eigentümer, weniger Mieter
Die Wohneigentumsquote in Deutschland ist eine der niedrigsten in Europa und sie verändert sich auch kaum. In einem bestimmten Segment ist allerdings ein gewisser Fortschritt zu erkennen: Nach Berechnungen von LBS Research auf Basis des "Mikrozensus Wohnen" leben in neu erbauten Mehrfamilienhäusern mehr Eigentümer als in den Vor- und Nachkriegsbauten.
Ein Haus mit Garten – für viele Menschen ist dies ein Lebenstraum und deshalb hält es oft auch als Sinnbild für das Wohnen in Eigentum her. Doch die Verwirklichung des Traums von den eigenen vier Wänden mit dem Einfamilienhausbau auf der grünen Wiese gleichzusetzen, wäre verfehlt, wie ein genauerer Blick in die Ende 2019 veröffentlichte vierjährliche Zusatzerhebung des Mikrozensus zum Thema Wohnen zeigt.
Eigentümerquote zwischen 27 und 29%
Zwar machen Einfamilienhäuser einschließlich Doppel- und Reihenhäusern mit einem Anteil von fast 72% immer noch das Gros des selbst genutzten Wohneigentums aus. Fast unbemerkt – weil sich die allgemeine Wohneigentumsquote seit Jahren auf einem nahezu konstant niedrigen Niveau von deutlich unter 50% bewegt – hat sich hierzulande allerdings doch etwas zu verändern begonnen: Je neuer Mehrfamilienhäuser nämlich sind, desto höher ist der Anteil an Wohnungen, die vom Eigentümer selbst bewohnt werden.
In Mehrfamilienhäusern ab Baujahr 2011 beträgt die sogenannte Eigentümerquote immerhin 29%, während sie in Gebäuden, die zwischen 1991 und 2010 errichtet wurden, erst bei knapp 27% liegt.
Ältere Gebäude erfüllen Eigentümeransprüche nur selten
In den Vor- und Nachkriegsbauten bis Baujahr 1978 sind sogar gut 80% aller bewohnten Wohnungen vermietet. Dass der Mieteranteil gerade in jenen Gebäuden besonders hoch ist, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, ist leicht erklärlich:
Seinerzeit war der soziale (Miet-)Wohnungsbau die treibende Kraft, um den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Hinzu kommt, dass gerade die Häuser aus den 1950er und 1960er Jahren die Ansprüche heutiger Eigentümer an die Wohnqualität nur selten erfüllen können.
Bei den Einfamilienhäusern ist keine vergleichbare Dynamik des Selbstnutzeranteils zu beobachten, was allerdings auch nicht weiter erstaunlich ist: Denn es werden ohnehin fast 84% aller Einfamilienhäuser von ihren Eigentümern bewohnt. Im Vergleich nach Baujahren liegt die Quote bei den neueren Häusern mit gut 87% zwar etwas höher als bei den alten, aber viel Luft nach oben gibt es nun einmal nicht mehr.
Junge Menschen erwerben Eigentum in der Stadt
Dass in neueren Mehrfamilienhäusern ein höherer Anteil von Wohnungen in die Kategorie selbst genutztes Eigentum fällt, ist indirekt eine Folge der Landflucht: Immer mehr junge Menschen zieht es zum Studium oder zur Ausbildung in die Städte, und sie bleiben dort, wenn jene Lebensphase ansteht, in der Berufseinstieg und Familiengründung mit dem Erwerb von Wohneigentum Hand in Hand gehen.
Dies führt dazu, dass die Wohneigentumsquote in den Städten steigt und quasi spiegelbildlich auch jene in den Mehrfamilienhäusern, die neu auf den Markt kommen. Einfamilienhäuser sind schließlich in den meisten Metropolen, vor allem in deren begehrten Szenequartieren rar.
Politische Rahmenbedingungen sind kaum absehbar
Generell gilt: Je städtischer – sprich je verdichteter – ein Wohnort ist, umso höher fällt der Anteil von Etagenwohnungen am selbst genutzten Eigentum aus. Laut Mikrozensus beträgt er in den Metropolen gut die Hälfte, in deren Speckgürteln ein Drittel und in den daran angrenzenden Kreisen nur noch etwas mehr als ein Viertel.
Nun wäre es wohl übertrieben, aus der höheren Selbstnutzerquote in neueren Mehrfamilienhäusern zu schlussfolgern, dass die selbstnutzenden Eigentümer die treibenden Kräfte des Wohnungsneubaus in den Städten sind. Dass es einen Trend zum Wohnen im Eigentum auch in den Städten gibt, steht allerdings außer Frage – und vor dem Hintergrund, dass viele gekommen sind, um zu bleiben, ist das durchaus begrüßenswert.
Wie sich die Eigentümeranteile künftig entwickeln werden, hängt allerdings auch von den politischen Rahmenbedingungen ab, die gerade bei angespannten Wohnungsmärkten kaum vorhersehbar sind und in beide Richtungen wirken können.
So machen zum Beispiel Regulierungen wie die Mietpreisbremse oder gar der Berliner Mietendeckel den Mietwohnungsbau aus Investorensicht riskanter und Wiedervermietungen unattraktiver – was die Eigentümerquote eher begünstigt. Umwandlungsverbote in sogenannten Milieuschutzgebieten dagegen können verhindern, dass bestehende Mietwohnungen zu selbst genutzten Eigentumswohnungen werden.