Gebäudeenergiegesetz 2024: Der Streit in der Politik geht weiter
Nach langer Diskussion wurde vom Bundeskabinett am 18.4.2023 der inzwischen 3. Entwurf zum neuen Gebäudeenergiegesetz beschlossen. Doch nach wie vor gibt es eine heftige Debatte in der Politik darüber, wie die geplante 65 %ige erneuerbare Wärmepflicht umgesetzt werden soll. Auch das vorgelegte „Förderkonzept für erneuerbares Heizen“ überzeugt nicht, sondern ist ungerecht und schlecht konstruiert. Sogar Bundesfinanzminister Christian Lindner stimmte dem Kabinetts-Beschluss nur unter Vorbehalt zu und gab dazu eine Protokollerklärung ab. Was hat Lindner nicht gefallen?
Wärmewende muss praktikabel, technologieoffen und bezahlbar sein
Auf dem Bundesparteitag der FDP hat Christian Lindner am 21.4.2023 seine Sicht wie folgt erläutert: „Der jetzt vom Kabinett gebilligte Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes ist noch nicht das, was am Ende vom Bundestag beschlossen werden sollte. Ich hoffe also darauf und bin mir sicher, dass wie immer im parlamentarischen Verfahren mit dem Sachverstand unserer Kolleginnen und Kollegen und durch die öffentliche Debatte das Gebäudeenergiegesetz zu dem gemacht wird, was wir brauchen, nämlich ein technologieoffener, wirtschaftlich vernünftiger und sozial akzeptierter Weg, auch unsere Gebäude und Heizungen klimafreundlich zu machen. Das ist unsere Aufgabe.“
Detaillierter hatte sich bereits am 19.4.2023 der Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der FDP-Fraktion, Daniel Föst, zum Beschluss des 3. GEG-Entwurfs im Bundeskabinett geäußert:
„Die Wärmewende muss praktikabel, technologieoffen und bezahlbar sein. Denn der Kraftakt wird nur gelingen, wenn Bürgerinnen und Bürger diesen Weg mitgehen. Es liegt jetzt ein beratungsfähiger Entwurf vor, der mehr Flexibilität beinhaltet und weniger verschärfte Anforderungen. Das sind deutliche Verbesserungen. Klar ist aber auch, dass dieses Gesetz im parlamentarischen Verfahren weiter überarbeitet werden muss. Viele Fragen zur Umsetzbarkeit sind noch offen. Die Hinweise der Fachverbände und Kommunen wurden nicht ausreichend berücksichtigt. Das ist noch ein hartes Stück Arbeit und dafür werden wir uns entsprechend Zeit nehmen. Maßstab müssen Finanzierbarkeit und Machbarkeit sein. Zudem bleibt es von unserer Seite dabei: Die kommunale Wärmeplanung und Maßnahmen zur CO2-Einsparung müssen stärker berücksichtigt werden. Technologieoffenheit bedeutet auch, dass in Zukunft grüne Gase in die jetzige Heizung fließen können. Hier brauchen wir bessere Übergangsregelungen.“
Kein Öl-/Gasheizungsverbot und keine Wärmepumpen-Priorisierung
Einen kleinen Vorgeschmack darauf, was im Bundestag noch an Einwänden kommen könnte, gab es bei einer ersten Debatte am 20.4.2023: „Heftiger Streit über Pläne der Regierung zum Heizungstausch“ titelt die Info-Seite des Bundestags. Die Abgeordneten haben über die geplante Dekarbonisierung des Wärmebereichs beraten. Dazu hatte die AfD-Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Verbot von Öl- und Gasheizungen verhindern – Priorisierung der Wärmepumpen beenden“ und einen Antrag mit dem Titel „Eigentum vor Willkür in der Energiepolitik schützen“ vorgelegt. Beide Vorlagen wurden nach der Bundestagsdebatte an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie zur federführenden Beratung überwiesen.
Das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen sei eine soziale Katastrophe, sagte Marc Bernhard (AfD). Dadurch würden die Mieten weiter explodieren. Zudem führe es zu einer faktischen Enteignung und zur Zerstörung der Altersversorgung von Millionen Menschen.
Der Zwang zur Wärmepumpe stoße aber noch auf andere Probleme. Es gebe nicht genügend Wärmepumpen, nicht genügend Handwerker und auch nicht genügend Strom, damit künftig zusätzlich mehr als 60 Millionen Menschen mit Strom heizen sollen, meinte Bernhard.
Anne König (CDU/CSU) warf der Ampel hingegen vor, eine Politik zu betreiben, „die den Menschen von oben herab sagt, wann sie was zu tun haben“. Eine solche Politik mache Angst und ermutige eben nicht zum Klimaschutz. „Ihr Zwangstausch wird der Mammutaufgabe Wärmewende nicht gerecht“, sagte König und nannte dies einen tiefen Eingriff ins Eigentum. Schließlich sei es mit einem Austausch des Heizkessels nicht getan. Meist müssten im ganzen Haus die Heizkörper herausgerissen, die Böden für Fußbodenheizungen aufgestemmt, neue Fenster eingebaut sowie Wände und Dach neu gedämmt werden. Damit kämen hohe und unkalkulierbare Anforderungen und Kosten auf die Betroffenen zu. Niemand, meinte König weiter, glaube doch daran, dass dieser Regierung eine auskömmliche und verlässliche Förderung gelingt.
Rund 80% der Bundesbürger lehnen den GEG-Entwurf ab
Und was meinen die Deutschen zum GEG-Entwurf des Bundeskabinetts? Die am 20.4.2023 veröffentlichten Ergebnisse einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv sind eindeutig: „78% der Bundesbürger lehnen das geplante Gesetz ab, das ab 2024 den Einbau von Öl- und Gasheizungen in Eigenheimen und Mehrfamilienhäusern untersagt. Nur 18% halten den Schritt für richtig… Auffällig auch die Ost-West-Spaltung: 91% der Menschen in den neuen Bundesländern sind gegen das Verbot, im Westen sind es 75%.“
Mit Blick auf die Parteien-Zugehörigkeit der ergibt sich folgendes Bild: 53 % der Grünen-Anhänger sind mehrheitlich für das Gesetz. Dreiviertel der Anhänger von SPD und FDP sind dagegen. Bei der Union lehnen 88 % ein Verbot fossiler Heizungen ab, AfD-Wähler sind zu 98% dagegen.
Laut Analyse habe die ablehnende Haltung auch viel mit der Sorge vor steigenden Heizkosten zu tun. 62% der Befragten erwarten „eher steigende“ Preise, wenn die Heizenergie aus erneuerbaren Energien stammt. Nur 12% glauben an sinkende Preise, 23% der Befragten erwarten überhaupt keinen Preiseffekt. Diese Einschätzungen seien über alle Einkommensschichten ähnlich.
Die Fürsprecher des Verbots fossiler Heizungen würden auf absehbar steigende Gas- und Ölpreise verweisen, weil diese über den CO2-Preis Stück für Stück aus dem Markt gedrängt werden sollen. Mittel- und langfristig würden demnach die Strompreise sinken.
Daniel Föst (FDP) griff die Umfrage-Ergebnisse in der Bundestagsdebatte am 20.4. auf und räumte ein, dass der geleakte Gesetzentwurf für Verunsicherung geführt habe. Auch das, was dann durch das Wirtschafts- und das Bauministerium nachgelegt worden sei, „führt dazu, dass 80 % der Bürgerinnen und Bürger dies ablehnen“. „Das kann keinen Volksvertreter kalt lassen“, sagte er. Es müsse daher zwingend nachgebessert werden. Die fundierten Eingaben der Verbände müssten stärker berücksichtigt werden, verlangte Föst. „Wenn die Gasnetzbetreiber sagen, wir können dekarbonisieren, dann haben wir die Pflicht, ihnen die Chance dazu auch zu geben.“