Bauindustrie: Das sind die Top 5 Herausforderungen 2019
Trotz einer steigenden Zahl an Baugenehmigungen und einer grundsätzlich positiven Stimmung in der Bauindustrie stehen 2019 herausfordernde Themen ins Haus. Dr. Andrea Maessen und Sebastian Strasmann haben diese fünf Herausforderungen zusammengestellt.
1. Kostendruck
Volatile Rohstoffkosten, Gebühren für CO2-Zertifikate sowie Mautgebühren und Frachtkostensteigerungen sorgen weiterhin für ein dynamisches Umfeld. Die Fähigkeit, erfolgreich Preiserhöhungen umsetzen zu können, entscheide auch in 2019 wieder maßgeblich darüber, wer dem Margendruck standhalten oder sogar Margen ausbauen könne, so die Berater.
"Preiserhöhungen sind seit Jahren ein Thema. Trotzdem schaffen Unternehmen es immer noch nicht, die gezielte Erhöhung tatsächlich umzusetzen. Veränderungen in den Vorgaben und Abläufen sowie in der Steuerung und Kontrolle sind nötig. Erfolgreiche Unternehmen etablieren eine ausgeprägte Preiserhöhungsmentalität mit klaren Prozessen, Mechanismen und Einstellungen", so Maessen.
2. Online-Strategie
Auch im Vertrieb von Baumaterialien und Gebäudetechnik gewinnen Online-Portale, und damit ganz neue Marktanbieter, immer weiter an Bedeutung. "Sowohl Hersteller als auch Händler müssen sich fragen, wer zukünftig für welche Produkte wie nahe an welchem Kunden sein will", beschreibt Strasmann die Herausforderung.
Historische Besitzstände, die den Zugang zu Kunden, Entscheidern und Verarbeitern regeln sollten, seien überkommen. Die Treue zum Fachhandel werde durch die Digitalisierung in Frage gestellt. Eine klare Positionierung in der Vertriebskanalstrategie lasse sich nicht mehr beliebig in die Zukunft verschieben, so Strasmann, sonst gäbe es andere Anbieter, die das Feld besetzten.
3. Kundenfokus
Die Digitalisierung beeinflusse auch maßgeblich, wie die Interaktionen mit dem Kunden erfolgen. "Eine qualitativ hochwertige Customer Journey wird zu einem Wettbewerbsvorteil und Wachstumstreiber", so Maessen. Gemäß einer Simon-Kucher-Studie sieht allerdings nur ein Drittel der Unternehmen der Bauindustrie, das in Customer-Relationship-Management (CRM)-Systeme investiert hat, tatsächlich einen Topline-Effekt aus deren Nutzung. Die Technologie sei nur der Schlüssel zu neuen Umsatzmöglichkeiten, müsse aber funktionieren. Ohne ein funktionierendes CRM, das die Vertriebsprozesse richtig abbildet, lasse sich ungenutztes Potenzial aber nur schwer erkennen, so die Berater von Simon-Kucher.
"Dies wird umso wichtiger, je mehr mit einer Verschiebung der Bedeutung von einzelnen Entscheidergruppen zu rechnen ist. Wer hier die Kundenstruktur nicht sauber abgebildet hat und bearbeitet, wird an wichtigen Projekten nicht teilhaben", so Strasmann. Auch Partner-Programme, um näher am Kunden zu sein, erlebten in der digitalen Welt ein Revival, so die Berater.
4. Digitale Wertschöpfungsketten
Der Industrie stehen strukturelle Umbrüche ins Haus. Mit digitalen Planungswerkzeugen, mit denen sich Daten direkt in individuell gefertigte Bauteile übersetzen lassen, lässt sich der Grad der Vorfertigung und der modularen Systembauweise deutlich erhöhen. Das führt zu mehr Effizienz, weniger Fehlern und höherer Qualität auf der Baustelle. Wegweisend sind hier die Anbieter von Baumaterialien, die mit sogenannten "digitalen Zwillingen" (digitale Abbildungen von physischen Produkten mit ihren technischen Eigenschaften) bereits einen vollkommen digitalisierten Planungs-, Fertigungs- und Bauprozess ermöglichen.
Aber auch Verkaufsprozesse werden sich ändern. "Während die heutigen Verkaufsprozesse für Projekte bei der Ausschreibung starten, wird zukünftig bereits beim Entwurf des Gebäudes und der digitalen Planung darüber entschieden, mit welchen Produkten man plant", so Maessen. BIM (Building Information Modeling) spiele dabei eine entscheidende Rolle, aber auch ein profundes Verständnis der veränderten Entscheiderstrukturen. "Neben dem Verkaufsprozess muss sich auch das Angebot der Hersteller ändern", so Strasmann. Der Baustoffhersteller werde stärker zum Lösungsanbieter und werde seine Organisation darauf umstellen müssen.
5. Smart Homes
Auch das Gebäude selbst wird immer digitaler, unterstützt durch die Internet-of-Things-Technologie. Smart-Home-Lösungen veränderten die Angebotsstruktur und -komplexität deutlich sowie die zum Einsatz kommenden Preismodelle, wie beispielsweise bei "Mobile Keys" für Hotels, so die Berater. Diese werden über Smartphone-Anwendungen genutzt, die auch das Ein- und Auschecken übernehmen. Das Angebot basiert auf einem komplexen Ökosystem von Plattformen. Das Hotel kauft keine Schlüssel mehr, sondern abonniert die "Mobile Keys" pro Tür pro Jahr für eine Gebühr, die sich aus den Effizienzgewinnen, die das neue System für Hotels bringt, errechnet.
"Für Smart-Home-Lösungen werden vollkommen neue Fähigkeiten und Preismodelle benötigt", so Strasmann.
Zu den Autoren
Dr. Andrea Maessen ist Senior Partner und Global Head of Construction bei Simon-Kucher & Partners, Sebastian Strasmann ist Partner bei Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants.
Die Beratungsarbeit von Simon-Kucher & Partners ist ganz auf TopLine Power ausgerichtet. Laut mehrerer Studien unter deutschen Top-Managern (manager magazin, Wirtschaftswoche, brand eins) ist Simon-Kucher bester Marketing- und Vertriebsberater und führend im Bereich Pricing und Wertsteigerung. Die Unternehmensberatung ist mit rund 1.300 Mitarbeitern in 38 Büros weltweit vertreten