Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Ohne Wärmepumpe keine ­Wärmewende

Martina Schmitt

Wärmepumpensysteme wechseln auf die Überholspur: Im Neubau haben sie sich längst als Standard etabliert und in kleineren Bestandswohngebäuden werden sie zunehmend eingesetzt. Auch im mehrgeschossigen Wohnungsbestand ersetzen sie immer häufiger fossil betriebene Wärmeerzeuger. Wohnungsunternehmen haben begonnen, die verschiedenen Wärmepumpensysteme in Gebäuden zu testen, Erfahrungen zu sammeln und in die Breite zu tragen.

Die braucht es, denn ohne Wärmepumpen wird es keine Wärmewende geben: Noch immer werden rund 80 Prozent der 24 Millionen installierten Wärmeerzeuger fossil mit Gas, Kohle oder Öl versorgt. Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes wurde nun der Rahmen für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Gebäuden gesetzt. In Neubaugebieten müssen seit 2024 alle neu installierten Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Für den Gebäudebestand gilt die Vorgabe je nach Wärmeplanung der Kommunen etwas später, spätestens aber ab Mitte 2028. Bestehende Heizungen sind nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Das generelle Ende für die Nutzung fossiler Brennstoffe in allen Heizungen ist zum 31. Dezember 2044 datiert. 

Aus ökologischer und ökonomischer Sicht ist es jedoch sinnvoll, die Umstellung auf erneuerbare Energien bereits jetzt zu planen, da steigende CO2-Preise die Betriebskosten für fossile Energieträger erhöhen werden. Mit dem Einsatz von Wärmepumpensystemen wird die Vorgabe des Gebäudeenergiegesetzes erfüllt. Weitere Optionen sind zum Beispiel Biomasseheizungen, Hybridanlagen und Wärmenetze.

Aufstellung der Wärmepumpe im Außenraum, im Dachbereich und im Kellergeschoss

Wärmepumpen vor allem im Neubau

Bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung rücken neben kleineren Wohngebäuden zunehmend Mehrfamilienhäuser in den Fokus. Sie spielen eine wichtige Rolle, da sich jede zweite Wohnung in einem Mehrfamilienhaus befindet. Wärmepumpen haben sich hier bisher vor allem im Neubau durchgesetzt: In Mehrfamilienhäusern liegt der Einsatz bei rund 36 Prozent. Von den rund 3,3 Millionen Mehrfamilienhäusern im Bestand werden dagegen bisher nur rund 3,3 Prozent mit Wärmepumpen beheizt. Jede dritte Heizungsanlage ist bereits älter als 20 Jahre. In diesen Gebäuden mit ihren besonderen Herausforderungen liegt daher ein enormes Potenzial.

Erhöhter Platzbedarf und intensive Flächennutzung: Mehrfamilienhäuser befinden sich häufig in verdichteten städtischen Gebieten oder sind in Gebäudegruppen angeordnet. Die Platzverhältnisse für die Erschließung von Wärmequellen sind in diesen engen Bebauungsstrukturen oft eingeschränkt. Wärmepumpenanlagen benötigen meist mehr Platz als konventionelle Kesselanlagen. Deshalb wurden neue Varianten der Aufstellung entwickelt: im Dachstuhl, etagenweise aufgestellt, in der Fassade integriert oder als Technikzentralen im Erdreich positioniert. Eine weitere Lösung bietet die doppelte Flächennutzung durch photovoltaisch-thermische Module, die sowohl Strom erzeugen als auch Wärme aus der Umgebung erschließen und für die Wärmepumpe nutzbar machen.

Lösungen für zentrale und dezentrale Heizsysteme: Fast jedes fünfte Mehrfamilienhaus versorgen dezentrale wohnungsweise Heizsysteme wie Gasetagenheizungen oder Einzelöfen mit Wärme. Entweder wird mit hohem Aufwand auf eine zentrale Wärmeversorgung umgestellt oder es werden dezentrale Wärmepumpenlösungen wie Multisplitgeräte eingesetzt. Dabei werden die einzelnen Räume in den Wohnungen über die erwärmte Luft beheizt. Die wasserführenden Heizungen (Heizkörper) werden so nicht mehr benötigt und können demontiert werden. Die Trinkwassererwärmung erfolgt getrennt von der Heizwärmeversorgung.

Trinkwassererwärmung auf einem niedrigen Temperaturniveau: In großen Gebäuden wird das warme Trinkwasser über lange Leitungswege transportiert, sodass die Gefahr des Legionellenwachstums besteht. Um dies zu vermeiden, ist bei einem großen Wasservolumen die Erhitzung auf 60 Grad Celsius vorgeschrieben. Die hohen Temperaturen erfordern hohe Leistungen der Wärmepumpensysteme und bewirken eine geringere Effizienz. Die Temperaturen lassen sich mit dem Einsatz von Frischwasserstationen verringern. Innerhalb der Wohnungen wird so nach dem Durchflussprinzip die Wärme vom Heizsystem auf das Trinkwasser übertragen. Dadurch werden große Wasservolumina und Stagnation vermieden.

Eine Erwärmung auf 60 Grad Celsius ist in diesen Fällen nicht mehr vorgeschrieben. Auf die entsprechende Leitungsführung ist allerdings weiterhin zu achten. Möglich ist auch die Ultrafiltration des Trinkwassers und der damit verbundenen Temperaturabsenkung von bis zu 45 Grad Celsius. Diese Variante erfordert jedoch zusätzliche Maßnahmen, wie den sicheren hydraulischen Abgleich über thermo-elektronische Zirkulationsventile und die regelmäßige Beprobung des Trinkwassers hinsichtlich Legionellen sowie die Einbindung des Gesundheitsamts.

Selbstgenutzte oder vermietete Gebäude: Bei Mehrfamilienhäusern handelt es sich häufig um Mietobjekte. Die Versorgungssicherheit mit Wärme muss somit gewährleistet sein und Umbausituationen im bewohnten Zustand sind mit einem hohen Aufwand und der Einbindung vieler Mietparteien verbunden. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften gestaltet sich der Prozess, sich auf eine Versorgungsvariante zu einigen, besonders herausfordernd. Hausverwaltungen sind aufgrund von fehlendem Fachwissen und mangelnder Zeit oft überfordert.

Die Höhe der Investitionen stellt für alle Eigentümer meist die größte Herausforderung dar, obwohl sie sich aufgrund der steigenden CO2-Kosten im Vergleich zu Heizungen mit fossilen Brennstoffen monetär lohnen. Das Vermieter-Mieter-Dilemma bleibt auch hier bestehen. Hohe Förderungen, insbesondere für selbstgenutztes Wohneigentum, unterstützen und setzen Anreize für die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien. Selbst erzeugter Strom aus Photovoltaikanlagen auf dem Gebäude kann mit dem neuen Solarpaket I einfacher in einem Mieterstrommodell und für die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung genutzt werden.

Aufstellung der Wärmepumpe an der Gebäudefassade und in einzelnen Wohnungen

Umgesetzte Wärmepumpenprojekte machen es vor

In den vergangenen Jahren haben Wohnungsunternehmen vermehrt Pilot- und Forschungsprojekte mit Wärmepumpen in Mehrfamilienbestandsgebäuden umgesetzt und wertvolle Erkenntnisse für Konzeption, Planung und Betrieb gewonnen. Es existieren jedoch auch Anlagen, die mehr als 20 Jahre alt sind, aus denen sich ebenfalls Empfehlungen ableiten lassen.

Diese Projekte zeigen, dass die Wärmeversorgung über Wärmepumpensysteme in großen Bestandsgebäuden umsetzbar ist. Dabei ist der Großteil der Gebäude bereits für Wärmepumpensysteme geeignet beziehungsweise es ermöglichen geringinvestive Maßnahmen im Gebäude ihren effizienten Einsatz. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Absenkung der Temperaturen im Heizsystem, zum Beispiel durch den Austausch einzelner Heizkörper.

Es gibt vielfältige erprobte Lösungsvarianten, die Wärmequellen aus Erdreich, Luft und Wasser nutzen. Darüber hinaus bestehen verschiedene Varianten, die Heizwärme in den Wohnungen zu verteilen: zentral oder dezentral über Wasser in Flächenheizungen und Heizkörpern oder direkt über die Raumluft. Zudem lassen sich Wärmepumpen mit Photovoltaik und anderen Komponenten wie Speichern oder Wärmenetzen kombinieren. Das Spektrum der Versorgungsvarianten präsentiert sich dementsprechend groß und komplex, sodass die eigentliche Herausforderung ist, das passende System für ein Gebäude zu finden. Energieberatende, die in der Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes gelistet sind, können helfen, die passende Lösung zu finden.

Erkenntnisse und Empfehlungen aus der Praxis

Temperaturen im Heizsystem absenken und Effizienz der Anlage erhöhen: Über die Anlageneffizienz entscheidet hauptsächlich die Vorlauftemperatur des bestehenden Heizsystems. Häufig ist sie niedriger als erwartet, sodass sie sich durch geringinvestive Maßnahmen senken lässt - zum Beispiel durch eine Heizkurvenabsenkung, einen Heizkörperaustausch oder einen hydraulischen Abgleich. In realisierten Projekten reichte der Austausch weniger Heizkörper aus, um die Temperaturen zu senken. Empfehlenswert ist die wohnungsweise Aufnahme der baulichen Situation und Installation vor Planungsbeginn, beispielsweise der Heizkörperabmessungen. Grund: Bauliche Änderungen sind in alten Gebäudeplänen häufig nicht zuverlässig notiert.

Hybridheizung bei hohen Heizlasten einbinden: Für Gebäude mit einem hohen Wärmebedarf und höheren benötigten Heiztemperaturen wird die Wärmepumpe mit weiteren Wärmeerzeugern kombiniert - zum Beispiel Gas-Brennwertkesseln. Die Wärmepumpe übernimmt die Grundlast und wird durch den weiteren Wärmeerzeuger mit höheren Temperaturen unterstützt. Ist die Gebäudehülle saniert und der Wärmebedarf dadurch gesenkt, versorgt ausschließlich die Wärmepumpe das Gebäude. Empfohlen wird die Auslegung der Wärmepumpe auf den zukünftigen Wärmebedarf nachdem Sanierungsmaßnahmen umgesetzt wurden, um eine Überdimensionierung zu vermeiden und einen effizienten Betrieb zu ermöglichen.

Es ist eine der großen Herausforderungen, grundlegende Empfehlungen und Standards für den Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern zu definieren.

Schallausbreitung verhindern und Anlage vom Baukörper ent­koppeln: Die baulichen Gegebenheiten am Aufstellort beeinflussen zu einem großen Teil die Schallausbreitung - wie zum Beispiel die Schallreflexionen durch Wände - und müssen berücksichtigt werden. Die Entkopplung der Wärmepumpe vom Baukörper, etwa durch Gummimatten und Schwingungsdämpfer, vermindert die Ausbreitung von Körperschall. Herstellerangaben zur Schallleistung eines Wärmepumpengeräts und der weiteren Komponenten - wie der Leistungselektronik - unterscheiden sich und sollten verglichen werden.

Betrieb der Anlagen überwachen und Potenzial der Wärmepumpe sichern: Wärmepumpenanlagen bieten das Potenzial, einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien zu nutzen. Ein zu intensiver Heizstabeinsatz, eine ungünstige hydraulische Einbindung oder eine unzureichende Abstimmung der Systemkomponenten können neben weiteren Faktoren dazu führen, dass dieses Potenzial nicht genutzt wird. Ein hoher Stromverbrauch mit entsprechenden Kosten ist die Folge.

Das optimale Zusammenspiel der Komponenten in diesem komplexen System hat viele Einflussfaktoren und muss reguliert und überwacht werden. Das Energiemonitoring in bisherigen Projekten zeigt häufig Optimierungspotenziale auf, die ohne Betriebsüberwachung und Analyse unerkannt bleiben - zum Beispiel bei der Einstellung von Regelparametern und der Dimensionierung von Komponenten.

Einbindung ins Stromnetz planen und frühzeitig Netzbetreiber kontaktieren: Seit diesem Jahr können Verteilnetzbetreiber die Leistung neuer steuerbarer Verbrauchsanlagen – dazu gehören Klimaanlagen, Stromspeicher, Wärmepumpen und Wallboxen – bis zu zwei Stunden pro Tag auf eine Mindestleistung von 4,2 Kilowatt reduzieren. Für größere Anlagen gelten höhere Mindestleistungen. Im Gegenzug müssen neue Verbrauchsanlagen unverzüglich ans Netz angeschlossen werden und es wird ein reduziertes Netzentgelt gewährt. Die Steuerbarkeit muss vom Betreiber der Verbrauchseinrichtung gewährleistet werden.

Auch Wärmepumpenanlagen müssen angemeldet werden und der Netzbetreiber prüft die Netzverträglichkeit. Wird ein Netzausbaubedarf festgestellt, kann der Netzbetreiber bei Überschreitung der Hausanschlussleitung von 30 Kilowatt einen Baukostenzuschuss fordern. Empfohlen wird, mit dem zuständigen Netzbetreiber in der Konzeptionsphase frühzeitig Kontakt aufzunehmen, um einen gegebenenfalls nötigen Netzausbaubedarf einzuplanen.

Mut zu Innovation und ganzheitlichen Konzepten zahlt sich aus: Das Prinzip des seriellen Sanierens ist ein innovatives Konzept, das Bestandsgebäude schneller, einfacher und mieterfreundlicher ganzheitlich klimaneutral gestaltet. Das Konzept setzt den Umstieg auf erneuerbare Energien und die Steigerung der Energieeffizienz in der Gebäudetechnik und an der Gebäudehülle zusammen um. Wärmepumpensysteme bilden dabei einen wesentlichen Bestandteil. Statt kleinteiliger Einzelleistungen unterschiedlicher Gewerke verbindet das serielle Sanieren digitale Planung mit industrieller Vorfertigung und standardisierten Prozessen. Dach-, Energie- und Fassadenmodule werden im Werk vorgefertigt und auf der Baustelle montiert. Große Bestände werden mit weniger Fachkräften in kürzerer Zeit und im bewohnten Zustand auf einen klimaneutralen Standard gebracht. Umgesetzte Projekte zeigen den Erfolg bei den eingesparten CO2-Emissionen und Betriebskosten sowie bei der Zufriedenheit der Mieterschaft.

Wissen teilen und ­multiplizieren

Diese und weitere Handlungsempfehlungen beschreibt der Praxisleitfaden für Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern, den die Deutsche Energie-Agentur in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Wärmepumpe, dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme erstellt hat. Der Leitfaden stellt den Status quo, Empfehlungen und acht Praxisbeispiele für die Nutzung von Wärmepumpensystemen in Mehrfamilienhäusern dar. Er beschreibt für jedes Projekt die Motivation der Eigentümer, den Umsetzungsprozess, die technischen Daten und Anlagenschemata sowie die Lessons Learned.

Der Leitfaden steht auf der Website des Gebäudeforum klimaneutral zum Herunterladen bereit. Das Gebäudeforum klimaneutral ist eine zentrale Anlaufstelle zum klimaneutralen Bauen und Sanieren in Gebäuden und Quartieren. Die Onlineplattform stellt Fachwissen in Form qualitativ hochwertiger Informationsformate unter anderem zu Wärmepumpen bereit. Im Best-Practice-Portal des Gebäudeforums finden Interessierte eine Sammlung von erfolgreich umgesetzten Projekten mit Wärmepumpen. 

Dieser Artikel, geschrieben von Martina Schmitt, erschien zuerst im Gebäude Energieberater Ausgabe 5/2024. Martina Schmitt ist bei der Deutschen Energie-Agentur als Seniorexpertin für Klimaneutrale Gebäude tätig.

Auslegung einer ­Wärmepumpe

Die Abbildung veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Außentemperatur, erforderlicher Heizleistung und verfügbarer Leistung einer Wärmepumpe. Die benötigte Heizleistung wird durch verschiedene Gebäudeparameter bestimmt, beispielsweise die Wärmeverluste. Die maximale Leistung, die die Wärmepumpe liefern kann, ist spezifisch für das jeweilige Gerät. Die Heizleistung der Wärmepumpe nimmt mit sinkenden Außentemperaturen ab, während die benötigte Heizleistung steigt. Der Schnittpunkt dieser beiden Linien definiert den Bivalenzpunkt, der die Außentemperatur kennzeichnet, ab der ein zusätzlicher Wärmeerzeuger erforderlich ist, um die Wärmebelastung zu decken.

Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder