Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Oberflächennahe Geothermie: Erdwärme nach oben bringen

Wolfgang Schmid
Inhalt
Im Lodenfrey Park in München-Schwabing bilden 84 thermisch aktivierte Mixed-in-Place-Wände-Träger und eine 2.500 Quadratmeter große thermisch aktivierte Bodenplatte die Energiequelle für die Wärme- und Kälteversorgung eines neuen Bürogebäudes.

Die geothermische Eignung eines Standortes lässt sich mit dem quasi barrierefreien Zugang zu den landes- und bundesweiten geologischen Daten - im Abgleich mit den vorhandenen Oberflächendaten zum Gebäudewärmebedarf - künftig auch für Nicht-Geologen per Mausklick abrufen. In einem nächsten Schritt könnte die Robotisierung der Bohrverfahren entscheidend zur Kostensenkung beitragen. Ob die Einzelsonde für die Wärmepumpe eines Einfamilienhauses davon profitieren wird, bleibt abzuwarten. Die Entwicklung in der oberflächennahen Geothermie geht hin zu größeren Sondenfeldern, geothermischen Pendelspeichern und saisonalen Aquiferspeichern.

Bislang fehlen Daten zum Potenzial der oberflächennahen Geothermie weitgehend. Grund: Die geologischen Daten sind bislang Ländersache und werden von den jeweiligen Behörden eigenständig erhoben und herausgegeben. Im Gegensatz dazu stehen die Daten über die Tiefengeothermie seit 2007 bundesweit über das geothermische Informationssystem GeotIS als virtueller Atlas im Internet bereit. Doch künftig wird das in ähnlicher Weise auch bei der oberflächennahen Geothermie der Fall sein. Im Forschungsvorhaben Wärmegut sollen die Daten einheitlich aufbereitet und zentral in einer Datenbank – auch als 3D-Temperaturmodell – zur Verfügung gestellt werden. Bei dieser Gelegenheit werden zudem vorhandene Datenlücken geschlossen.

Auch Daten zum Wärmebedarf stehen bereit

Um die Ermittlung des geothermischen Potenzials zu vereinfachen, sollen auch Oberflächendaten zum Wärmebedarf implementiert werden. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach wird das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover zudem eine neue Funktion hinzufügen, mit der es möglich sein soll, das Erdwärmepotenzial von Sondenfeldern interaktiv für verschiedene Konfigurationen zu berechnen. Angesichts der überaus erfolgreichen Projekte mitteltiefer Geothermieanlagen in den Niederlanden sollen auch Daten aus dieser Sparte künftig wissenschaftlich aufbereitet und einheitlich zur Verfügung gestellt werden.

„Ziel dieser Vereinheitlichung ist die Ansprache neuer Nutzergruppen mit wenigen oder gar keinen Fachkenntnissen“, erklärt LIAG-Mitarbeiter Thomas Agemar. Die Bedienung soll möglichst einfach und interaktiv sein, damit jeder Interessierte mit wenigen Mausklicks die Eignung eines Standorts für die geothermische Nutzungsvarianten tief, mitteltief und oberflächennah abrufen kann, inklusive geothermischer Bewertung des Standorts auf einer Skala von 1 (erfüllt nicht die Mindestanforderungen) bis 6 (erfüllt Mindestanforderungen 6-fach).

Ausgekühlte Sondenfelder verschlechtern Effizienz

Es ist kein Geheimnis, dass Sondenfelder über die Zeit auskühlen und damit die Effizienz der Anlage gemindert wird. Allgemein gilt: Je tiefer die Sonde und je geringer der Abstand zwischen den Sonden, desto schneller kühlt das Erdreich aus. Im Extremfall vereist das Sondenfeld. Der Betrieb einer Wärmepumpenanlage wird dadurch immer unwirtschaftlicher.

David Kuntz und Florian Schwinghammer von der Projektfirma Geo Alto haben in den vergangenen Jahren verschiedene standortbezogene Potenzialanalysen durchgeführt und dabei untersucht, inwiefern sich Erdwärmesonden beziehungsweise Brunnen- und Grundwasser für Fernwärmenetze nutzen lassen. Kuntz warnt davor, Erdwärmesonden ohne Wärmerückführung zu betreiben, denn über die Jahre gehe der COP (Coefficient of Performance) einer Wärmepumpe aufgrund der Auskühlung des Erdreichs kontinuierlich zurück. Oft sei es wirtschaftlicher, ganz auf Erdsondenfelder zu verzichten und stattdessen Grundwasser als Wärmequelle zu nutzen.

Starke Temperaturwechsel beeinflussen Systemdurchlässigkeit

Oft sind es unscheinbare Details, welche die vertikale hydraulische Systemdurchlässigkeit eines Erdwärmesonden-Bauwerks beeinflussen. Da in ausgeführten Sonden relevante Daten zu den Eigenschaften von Hinterfüllbaustoffen, Frost-Tau-Wechsel,
Temperatursprüngen des Fluids sowie zum Einfluss von Druck­unterschieden bei der Verfüllung nicht messbar sind, hat das ZAE Bayern im Verbundprojekt QEWSplus (Qualitätssteigerung oberflächennaher Geothermiesysteme) die Versuchsstände und Messverfahren weiterentwickelt. Dadurch ist es möglich, unterschiedliche Baustoff- und Sondenkontingente im Labor auf ihren Einfluss auf die Systemdurchlässigkeit reproduzierbar zu prüfen. Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Starke Temperaturwechsel der Sondenflüssigkeit haben einen bedeutenden Einfluss auf die Sondenrohre und damit auf die Systemdurchlässigkeit.
  • Kühlen Sondenrohre besonders stark aus und kontrahieren dadurch, besteht die Gefahr, dass behördliche Auflagen zur Systemdurchlässigkeit nicht mehr erfüllt werden.
  • Die meist eingesetzten PE-Sondenrohre neigen bei starker Abkühlung zum Schrumpfen, was die Ringspaltbildung begünstigt.
  • Wellrohrsonden haben gegenüber U-Rohrsonden ein günstigeres Temperaturverhalten.
  • Die Systemdichtigkeit von Edelstahlrohren ist anfänglich gewährleistet, diese neigen aber nach Frost-Tau-Wechseln zur Undichtigkeit.
  • Tonbasierende Verfüllbaustoffe sind extrem undurchlässig - auch nach Frost-Tau-Wechseln.
  • Liegen die Sondenrohre am Rand der Verfüllung, kann keine Garantie für die Systemdichtigkeit übernommen werden.

Wichtige Erkenntnisse für künftige Verfüllstrategien

Nachteil dieser Versuchsanordnung ist es laut Micha Pinnekamp vom ZAE Bayern, dass der Einfluss des Gebirges auf die Sonde nicht erfasst werden kann. Dazu liefert jedoch das folgende Projekt weitere Hinweise. Verbundvorhaben rund um die Qualitätssicherung und -steigerung von Erdwärmesonden begleiten die Branche von Anfang an – eine offensichtlich unendliche Geschichte. Jetzt ist es Yannick Reduth vom Stuttgarter Forschungsinstitut Solites und seinem Team in dem Gemeinschaftsprojekt QEWSplus gelungen, den Verfüllvorgang und das tatsächliche Erscheinungsbild von Erdwärmesonden im Untergrund zu untersuchen und damit wichtige Erkenntnisse für künftige Verfüllstrategien und Verfüllmaterialien zu gewinnen.

  • Der Verfüllbaustoff gibt das Anmachwasser während und nach dem Verfüllvorgang in signifikanten Mengen an den porösen Untergrund ab. Diese Wasserabgabe, Filtration genannt, ändert die Eigenschaften des Verfüllbaustoffs – je nach hydraulischer Durchlässigkeit – teils erheblich.
  • Anhand von realen, wieder freigelegten Erdwärmesonden, wurden teils erheblich abweichende Bohrlochgeometrien festgestellt.
  • Bei Schichtübergängen im Erdreich wurden vereinzelt Lunker (Hohlräume) an Erdwärmesonden festgestellt.
  • Druckstöße beim Verfüllen können schirmartige Ausprägungen im Verfüllmaterial hervorrufen - insbesondere beim Übergang vom verrohrten zum nichtverrohrten Bereich.

Die Ergebnisse stammen sowohl aus einem Filtrationsversuchsstand als auch aus acht real niedergebrachten Erdwärmesonden in einem Steinbruch. Nach einer Standzeit von einem Jahr wurden die unterschiedlich verfüllten beziehungsweise in unterschiedlichen Bauformen ausgeführten Sonden (Doppel-U, Wellrohr, mit und ohne Abstandshalter) lageweise freigelegt und unbeschädigt geborgen (Abb. 1).

Neben der visuellen Prüfung wurden die rückgebauten Sondenabschnitte analog zu den Filtrationsversuchen am Prüfstand auf Dichte, Wassergehalt, Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität untersucht. Dabei zeigte sich, dass die wesentlichen Änderungen der Baustoffeigenschaften mit den Filtrationsver­suchen übereinstimmen. Alle freigelegten Erdwärmesonden entsprechen in ihrer Verfüllqualität den in Baden-Württemberg vorgegebenen Qualitätskriterien (Abb. 2).

Abbildung 1: In einem Steinbruch hat das Forschungsin­­sti­tut Solites lagenweise für wissenschaftliche Untersuchungen erstellte Erdwärmesonden ausgraben lassen (links) und die Abschnitte mehrerer freigelegter Erdwärmesonden unterschiedlicher Ausführung für die Analyse vorbereitet.

Abbildung 2: Details der freigelegten Erdwärmesonden: (a) Querschnitt einer Erdwärmesonde mit Zentrierhilfe, (b) beim Anbau der Verrohrungssegmente durch einen Druckstoß hervorgerufene schirmartige Ausprägung im Verfüllmaterial, (c) Übergang von einem verrohrten zu einem nicht verrohrten Bereich, (d) Lunker oberhalb des Schichtübergangs von Löss zu Kalkstein.

Markt will geprüft eingebaute Erdwärmesonden

Das Bohren in den Erdboden, das Installieren der Erdwärmesonden und die anschließende Verfüllung gehören zu den risikoreichsten Arbeiten beim Bau einer Geothermieanlage. Auftraggeber und Auftragnehmer wollen deshalb sichergehen, dass Erdwärmesonden den gängigen Normen entsprechen. Nach den Geländehebungen in Staufen im Breisgau im Jahr 2007 und anderen Orten verhalten sich potenzielle Anwender gegenüber Erdwärmesondenanlagen nach wie vor zurückhaltend. Der Anteil der in Deutschland jährlich installierten Erdwärmepumpen lag zuletzt bei etwa 26.000 Anlagen, das sind nur etwa sieben Prozent des jährlichen Absatzes an Wärmepumpen.

Um Vertrauen in die Technologie zurückzugewinnen, muss die Qualität rund um das Bohrloch weiter verbessert werden, lautet der allgemeine Tenor in der Branche. „Der Markt verlangt nach geprüft eingebauten Erdwärmesonden“, konstatiert Ernst Rohner vom Schweizer Geothermiespezialisten Engeo. Die Erfahrungen rund um das Bohrloch haben zu einer Revision der Schweizer Norm SIA 384/6 geführt, die unter anderem auch den Auslegungszeitraum (Einfluss künftiger Erdwärmesonden in der Umgebung, aktive Regeneration) definiert und ein aktualisiertes Prüfverfahren berücksichtigt. Grob gesagt soll bei jeder Bohrung der Hinterfüllungsvorgang der Erdwärmesonden elektronisch erfasst und ausgewertet werden.

Um die oft sehr komplexen Zusammenhänge zwischen Bohrloch, Hinterfüllungsmaterial, Sondenmaterial und -typ sowie Sondentiefe in den Griff zu bekommen, hat Engeo den Prüfautomaten H-EP entwickelt (Abb. 3). Er ermöglicht eine normkonforme Prüfung der eingebauten Erdwärmesonde. Mehr noch: Der Prüfautomat unterstützt die Benutzer mit einem graphischen Display. Vorkenntnisse seien nicht erforderlich, auch ein Fernzugriff am Gerät durch externe qualifizierte Mitarbeiter sei möglich, erklärt Rohner. Das Gerät erstellt und bewertet Protokolle und kann diese fälschungssicher direkt ab der Baustelle mit den GPS-Koordinaten des Messorts versehen versenden.

Abbildung 3: Der als Schweizer Wärmepumpen-Papst bekannte Peter Hubacher bezeichnet das Erdwärmesonden-Prüfgerät als geniale Erfindung. Sämtliche von der Schweizer SIA-Norm 384/6 vorgegebenen Vorgänge seien mit ihm in hoher Qualität kontrollierbar.

Grundwasser beeinflusst Standorttest

„Wer misst, misst Mist“. Diese alte Volksweisheit hat gerade – oder mal wieder – in der oberflächennahen Geothermie ihre Bestätigung gefunden. Aber der Reihe nach: Beim Verbundvorhaben QEWSplus zur Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung oberflächennaher geothermischer Systeme hat das Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) wissenschaftliche Messungen im Bohrloch durchgeführt. Es ging um den Enhanced Thermal Response Test (ETRT), mit dem nicht nur die effektive Wärmeleitfähigkeit bestimmt wird, sondern auch ein möglicher Grundwasserfluss, der die Leistung einer Sonde – je nach Fließgeschwindigkeit – mehr oder weniger beeinflusst. Der ETRT unterscheidet sich von einem normalen Thermal Response Test (TRT) dadurch, dass zusätzlich ein Heizkabel mit einer definierten Leistung in den Untergrund eingebracht wird. Die daraus resultierende Temperaturentwicklung in der Sonde wird über ein Glasfaserkabel bestimmt.

Bekannt ist, dass der Grundwasserfluss die Auswertung der ETRT-Ergebnisse signifikant beeinflusst. Bei Versuchen mit verschiedenen Messmethoden in einem Testfeld mit hoher Grundwasserfließgeschwindigkeit wurden Abweichungen von bis zu zwölf Prozent gemessen, berichtet KIT-Mitarbeiterin Anna Albers. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass von der Länge des oberirdisch verlegten Teils des Heizkabels eine vergleichsweise hohe Messungenauigkeit ausgeht - je nachdem, ob es frei liegt oder abgedeckt wird. Diese und andere Erkenntnisse sollen in eine Empfehlung für die Durchführung von ETRT einfließen.

Mehr Akzeptanz für Erdwärmenutzung 

Ähnlich wie KIT, Solites und ZAE arbeitet auch die in Freiberg in Sachsen ansässige BLZ Geotechnik an Projekten zur Qualitätsverbesserung von Erdwärmesonden. Geschäftsführer Rolf Michael Wagner würdigt die gemeinsamen Anstrengungen mit dem Hinweis, dass die Forschungsarbeiten das Gefährdungspotenzial durch Erdwärmesonden deutlich reduziert hätten und dadurch die Akzeptanz für die Erdwärmenutzung deutlich gestiegen sei.

Dennoch gäbe es beim Verfüllprozess einer Erdwärmesonde immer noch Schwachpunkte - wie beispielsweise die Rohranordnung im Bohrloch, das Anbringen von Abstandshaltern oder Zentralisatoren, die zu Fehlstellen in der Verfüllsäule führen können, sowie die Geschwindigkeit des Verfüllvorgangs und das eingesetzte Verfüllmaterial. Wichtig sei, dass sich der Baustoff beim Füllen nicht entmische, da sonst die geforderte geringe Systemdurchlässigkeit nicht erreicht werde. Dazu gehöre auch eine vollständige Verdrängung der Bohrspülung durch die Suspension, die durch den Einbau von Abstandshaltern nicht immer gewährleistet werden könne. Eine zu schnelle Verfüllung des Bohrlochs führe zu Turbulenzen und damit zu einer ungleichmäßigen Verfüllung.

Gute Erfahrungen hat man Wagner zufolge mit den momentan noch nicht sehr stark verbreiteten Ringrohrsonden gemacht. Hierbei wird eine veränderte Einbau- und Verfülltechnologie genutzt, die erweiterte Möglichkeiten bei der Positionierung der Sondenrohre und der Abdichtung bietet. Insbesondere die Anordnung der Rohre innerhalb eines durchlässigen Gewebeschlauches führt laut Wagner zu besseren Verfüllergebnissen (Abb. 4).

Abbildung 4:  Schnitt durch eine verfüllte Ringrohrsonde: Die Anordnung der Ringrohre innerhalb eines durchlässigen Gewebeschlauches kommt der idealen Anordnung in einem Bohrloch sehr nahe.

Sondenfelder mit Luft-Wärmeübertragern regenerieren

Obwohl das Ende der Lernkurve noch nicht erreicht ist, gilt der Untergrund als Wärmequelle in Fachkreisen wegen der stabilen Temperatur im Erdreich – gerade bei extrem tiefen Außentemperaturen – als hocheffizient und robust. Allerdings gilt es, sich mit Einschränkungen durch die Bohrtiefe und bei der zur Verfügung stehenden Fläche für die Anordnung von Erdwärmesonden auseinanderzusetzen. Auch zeigen sich im Langzeitbetrieb oftmals gewisse Leistungseinbußen durch eine zu hohe Entnahmeleistung im Heizbetrieb.

Kathrin Singer von der Inspektionsfirma Tewag empfiehlt deshalb eine Kombination von oberflächennaher Geothermie und weiteren Umweltquellen wie Luft- oder Abwärme. Damit könne einerseits der Untergrund regeneriert werden, andererseits bestehe die Option, die jeweils höhere Quellentemperatur für den Wärmepumpenbetrieb zu nutzen. Für besonders wichtig hält sie die Regeneration bei großen Erdwärmesondenfeldern mit einer hohen Entzugsleistung im Winter und nur wenig Regeneration über das Jahr: „Durch eine gezielte Einbindung von Solarthermieanlagen, Luft/Sole-Wärmeüberträgern und/oder Trockenkühlern könnten bis zu 35 Prozent an Antriebsenergie für die Wärmepumpe eingespart werden.“ Im Idealfall sollte bei Erdsondenfeldern die zweite Wärmequelle von Anfang an eingeplant werden, weil dadurch teure Bohrmeter entfallen.

Laut Singer hat der Markt auf den Trend zu Multiquellen-Wärmepumpenanlagen bereits reagiert und bietet fertige Zusatzmodule für Sole-Wärmepumpen an - beispielsweise den Terra-Booster der Firma ATF aus Schönaich. Singer rät, Erdwärmesondenanlagen in jedem Fall im Heiz- und Kühlbetrieb zu fahren. Das sei die einfachste Möglichkeit zur Regeneration des Untergrunds.

Höhere Leistungen durch Multiquellensysteme

Dass die Nutzung der Erdwärme auch ohne Tiefenbohrungen funktioniert, verdeutlichen Projekte der Firma Geo Collect. In mehr als 1.000 Anlagen haben die von ihr entwickelten oberflächennahen Erdwärmekollektoren ihre Leistungs- und Funktionsfähigkeit bewiesen. Vertriebsleiter Volkmar Frotscher sieht in Multiquellensystemen eine Möglichkeit, mit weniger Grundfläche höhere Leistungen zu erreichen. Am Beispiel eines realisierten Projektes in Lüneburg erklärt er, wie sich durch eine Kombination der Geo-Collect-Kollektoren mit einem Energiezaun eine nahezu 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung auch im nicht sanierten Gebäudebestand realisieren lässt.

Dazu hat das Unternehmen die Erdkollektoren so angeordnet und verschaltet, dass ein leistungsfähiger Pendelspeicher entsteht. Das System kann das Erdreich sowohl als Energiespeicher als auch als Energiequelle nutzen. Auch PVT-Kollektoren oder thermische Solarkollektoren können eingebunden werden. Eine sorgfältige Planung der Hydraulik und ein temperaturgeführtes Quellenmanagement nennt Frotscher als wichtigste Punkte bei der Realisierung von Anlagen dieser Größenordnung. Als Vorteile gegenüber Luft/Wasser-Wärmepumpen verweist er auf durchschnittliche Jahresarbeitszahlen zwischen 4,6 und 5,6, keine optische und akustische Belästigung sowie eine nahezu kostenlose sommerliche Gebäudetemperierung.

Erfahrungen aus Einzelsonden nicht einfach übertragbar 

Berechnungen und Erfahrungen mit Einzelsonden lassen sich nicht einfach auf Sondenfelder übertragen. „Besonders im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung seien solide Lösungen auf sicherer Grundlage gefragt“, betont Professor Frieder Häfner von der TU Bergakademie Freiberg. Wichtig sei der Nachweis einer nachhaltigen Wärmeentnahme aus dem Erdreich über den Lebenszyklus des Sondenfeldes, mindestens aber für einen Zeitraum von 50 Jahren. Häfner empfiehlt dazu die Software ModThermWg/ModGeo3D, mit der verschiedene Szenarien numerisch simuliert werden können - wie beispielsweise die Bauart von Sonden und deren Anordnung im Erdreich sowie verschiedene Regenerationsvarianten (Abb. 5).

Abbildung 5: Bei großen Sondenfeldern ist die Regeneration heute ein absolutes Muss. Die Simulation des Sondenfelds mit unterschiedlichen Regenerations­strategien verdeutlicht den Vorteil einer hohen Regenerationsrate. Der Vertikalschnitt verdeutlicht die Temperaturabsenkung durch das Feldzentrum eines Ringrohr-Sondenfelds nach 50 Jahren.

a) Die Geländeoberfläche wird als thermisch dicht betrachtet, zum Beispiel durch Überbauung.
b) An der Geländeoberfläche wird die mittlere Grundwassertemperatur (10 °C) konstant gehalten. Der Zustrom von Wärme wird mit dem Wert von 10 W/m² limitiert. (Der natürliche Wärmeeintrag in den Boden ohne technische Abkühlung des Erdreiches beträgt nur etwa 1 W/m2).
c) Sommerspeicherung zum Beispiel durch Erwärmung des Vorlaufwassers der Sonden durch einen Luft-Wärmeübertrager, Solarthermie oder mit industrieller Abwärme. (Juni bis August, je 16,3 h/d = 1.500 Jahresbetriebsstunden).
d) Halbjahresspeicherung: In 24 zentral gelegenen Sonden wird in dieser Zeit Wärme gespeichert (1.800 Jahresbetriebsstunden), im Rest der Sonden nur von Juni bis August. Das ist vorstellbar mit industrieller Abwärme außerhalb der Sonnenstunden und anderer Erwärmungsquellen in der Übergangsperiode.

Fremdwärme unterstützt Sondernfelder

Häfner nennt genügend Fremdwärme als wichtige Voraussetzung für Sondenfelder - beispielsweise die Abwärme von RLT-Anlagen, von Luft/Wasser-Wärmeübertragern oder von PVT-Kollektoren. Diese Bauart liefere nicht nur erhebliche Wärmemengen, sondern auch den Strom für die Wärmepumpe. Von einem Sondenfeld unter einer Gebäudegrundplatte rät Häfner ab, da dadurch die natürliche Regeneration in der oberen Erdschicht unterbrochen werde. Für die Regeneration sei auch der Sondenabstand zu beachten, der maßgeblich die Dauerleistung des Sondenfeldes beeinflusst.

Um die Baukosten für das Sondenfeld gering zu halten, empfiehlt Häfner den Einsatz von Ringrohrsonden. Je nach Regenerationsgrad könnten damit gegenüber den allgemein gebräuchlichen Doppel-U-Sonden bis zu 40 Prozent der Baukosten eingespart werden. In jedem Fall sollte der Fokus der Planung auf einer möglichst hohen Wärmepumpen-Rücklauftemperatur (=Sondenvorlauftemperatur) liegen, die im Idealfall zwischen fünf und acht Grad Celsius betragen sollte. Zusammen mit einer hohen Regenerationsrate könnten damit Jahresarbeitszahlen von mehr als 4,5 erreicht werden.

Aquiferspeicher - Schlüsseltechnologie für die Wärmewende

Für die erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende bedarf es nicht nur Wärmepumpen großer Leistung, sondern auch ausreichend dimensionierter, möglichst saisonaler thermischer Speicher. Immer dann, wenn große Heizleistungen (im Winter) und Kühlleistungen (im Sommer) gefragt sind, könnte es sich lohnen, das überaus große energetische Potenzial von thermischen Aquiferspeichern (Aquifer Thermal Energy Storage, ATES) anzuzapfen. Forscher des KIT sehen in Aquiferspeichern eine Schlüsseltechnologie der Wärmewende. „Im Vergleich zur konventionellen Wärme- und Kältegewinnung mittels fossiler Energieträger können mit ATES-Systemen bis zu 75 Prozent an Treibhausgasemissionen vermieden werden“, sagt Ruben Stemmle vom KIT. Laut einer KIT-Studie eignen sich rund 54 Prozent der Fläche in Deutschland gut bis sehr gut für die Speicherung von Niedertemperaturwärme im Erdreich (Abb. 6).

Abbildung 6: Besonders gute Voraussetzungen für Aquiferspeicher finden sich im norddeutschen Becken, im Oberrheingraben und im süddeutschen Molasse­becken.

Großer Untergrundspeicher - mehr Wirtschaftlichkeit

Für ein klassisches ATES-System werden zwei Bohrungen (Dublette) benötigt: Während der Sommermonate kühlt Grundwasser aus Tiefen zwischen 15 und 50 Metern das Gebäude und das erwärmte Wasser wird wieder in den Grundwasserleiter zurückgeführt. In den Wintermonaten wird diese eingespeicherte Wärme als Wärmequelle für eine Wärmepumpe zum Heizen genutzt, wobei das abgekühlte Medium wieder in den Grundwasserleiter zurückgepumpt wird.

Meist entscheidet der sommerliche Kühlbedarf über die Wirtschaftlichkeit eines Aquiferspeichers. „Je größer der Untergrundspeicher, desto wirtschaftlicher ist die Investition“, sagt Stemmle. Schon ab etwa 100 Kilowatt Heiz-/Kühlbedarf seien ATES-Systeme kosteneffizienter als Erdwärmesonden. Aquiferspeicher haben sich in den Niederlanden bereits zu einer Art Standard für die Beheizung und Kühlung von Gewächshäusern entwickelt. Dort sind schon mehr als 3.000 ATES-Speicher installiert. In Deutschland erschweren noch legislative, regulatorische und sozio-ökonomische Barrieren den Markteinstieg.

Mitteltiefe Geothermie nutzen

Eigentlich hatte die Hamburger Energie Geothermie (HEGeo) ihre Bohrdublette für ein Projekt im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg als Tiefenbohrung geplant, doch eine zu geringe Mächtigkeit des ursprünglichen Reservoirs erforderte es, bei laufendem Projekt neu zu planen. Da das Unternehmen bereits in einer Tiefe von 1.300 Metern auf einen mitteltiefen Sandsteinhorizont mit zufriedenstellendem Zufluss und einer Wassertemperatur von 48 Grad Celsius stieß, brachte es eine zweite, abgelenkte Bohrung nieder.

Projektmanager Carsten Hansen erklärt das geänderte Nutzungskonzept: „Um die geforderte Heizwassertemperatur von 75 bis 85 Grad Celsius für eine Fernwärme-Quartiersversorgung zu erreichen, ist ein mehrstufiger Wärmepumpenprozess in Verbindung mit einem Blockheizkraftwerk nötig. Das Blockheizkraftwerk liefert dazu den Strom für die Wärmepumpe und übernimmt die Nacherwärmung des Heizwassers.“ HEGeo erzielt mit dem Konzept eine Heizleistung von sechs Megawatt, was für etwa 6.000 Haushalte ausreicht. Das Vorhaben gehört zum Projekts IW3 (Integrierte Wärmewende Wilhelmsburg) und wird als eines der Reallabore der Energiewende vom Projektträger Jülich gefördert.

Auch die Stadt Potsdam sieht in der mitteltiefen Geothermie eine Lösung, um in Fernwärmenetzen die fossilen Energieträger durch Erdwärme zu ersetzen. Sven Fuchs vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ lokalisierte in 1.000 bis 1.500 Metern angeordneten salzwasserführenden Aquiferen ein ausreichend hohes geothermisches Potenzial für grüne Fernwärme. Die Auswertung einer Dublettenbohrung im Stadtgebiet von Potsdam deutet ihm zufolge darauf hin, dass eine kommerzielle Nutzung möglich ist. Voraussetzung ist eine Hochtemperatur-Wärmepumpe, um die umliegenden bestehenden Wohngebäude mit der entsprechend hohen Vorlauftemperatur zu versorgen.

Großes Potenzial für oberflächennahe Geothermie

Oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von 400 Metern und Temperaturen von bis zu 25 Grad Celsius für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen oder Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen. In über 470.000 Ein- oder Mehrfamilienhäusern, öffentlichen Einrichtungen, Krankenhäusern, Schulen oder Gewerbebetrieben wird die oberflächennahe Geothermie in Deutschland eingesetzt. Jährlich kommen 31.000 oberflächennahe Geothermieanlagen dazu (Stand: 2022, Quelle: Bundesverband Geothermie).

Eisfreihaltesysteme: Um beispielsweise Auffahrten, Dächer oder Landebahnen von Eis freizuhalten, werden sie meist elektrisch beheizt. Das Verbundvorhaben GERDI hat ein Verfahren entwickelt, das mittels einer direkt gekoppelten CO₂-Erdwärmesonde ausschließlich Erdwärme nutzt. Durch die Einbindung eines Zweiphasen-Thermosyphons kann auf eine Umwälzpumpe verzichtet werden, das heißt der Antrieb erfolgt rein thermisch. Laut Zion Market Research wurden in Deutschland im vergangenen Jahr Eisfreihaltesysteme mit einem Marktvolumen von 490 Millionen Euro verbaut. 2026 soll das Volumen 580 Millionen Euro erreichen.

Erdwärmepumpen für bestehende Fernwärmenetze: Die Dekarbonisierung bestehender Hochtemperatur-Fernwärmenetze ist ein wichtiger Bestandteil der Wärmewende. Mit den Forschungsvorhaben HeatSHIFT sollen Lösungen für die optimale Einbindung von Wärmepumpen in bestehende, oft über 120 Grad Celsius heiße Fernwärmenetze unter Einsatz von Abwärme und saisonal zwischengespeicherter Überschusswärme gefunden werden. Das Institut für Gebäude- und Energiesysteme der Hochschule Biberach erstellt ein Modell für einen saisonalen Erdwärmesondenspeicher, das in die kommerzielle Kraftwerks-Simulationsumgebung „EBSI-LON Professionell“ integriert wird. Ziel ist es, die konventionellen Hochtemperatur-Wärmenetze möglichst lange weiter betreiben zu können.

Bohrroboter ersetzt Bohrturm: „Konventionelle Bohrverfahren für Erdwärmesonden arbeiten energieintensiv und ungenau, verursachen Lärm und können zu Schäden an Gebäuden, Gärten und der Landschaft führen“, sagt Hans-Jörg Dennig, vom Institut für Produktentwicklung und Produktionstechnik (IPP) der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Gerade deshalb käme die oberflächennahe Geothermie nur schleppend voran. Dennig und sein Team sind zuversichtlich, dass sich die Situation durch ihr neues Bohrverfahren ändern wird, denn der von ihnen entwickelte Bohrroboter benötigt weder ein Bohrgestänge noch ein Raupenfahrzeug noch größere Gerätschaften. Seine autonome und energieeffiziente Arbeitsweise senkt zudem die Erstellungskosten. Derzeit wird der Grabowski genannte Bohrroboter in Ton-, Sand- und Lockergestein getestet. Ziel ist eine maximale Bohrtiefe von 250 Metern. Auf der Basis der bisherigen Ergebnisse wurde das Spin-off Borotronics gegründet, das die Kommerzialisierung des Produkts übernimmt.

Geothermisch aktivierte Gründungselemente: Mit der Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes wächst nach Ansicht des Dienstleistungsunternehmens Bauer Resources das Interesse an geothermisch aktivierten Fundamentplatten und Energiewänden. Dies gelte insbesondere für Regionen mit enger Bebauung und Bohrtiefenbegrenzung. Zur Absicherung der Leistungsfähigkeit dieser Art von Geothermie hat Bauer einen speziellen Thermal Response Test (TRT) entwickelt, wobei das Unternehmen eigens dafür eine numerische Berechnung auf der Basis von wissenschaftlich bestätigten Algorithmen einsetzt. Diese Art der Berechnung von geothermischen Fundamentgründungen sei deutlich schneller als rein numerische Methoden. Auch sei eine hinlänglich genaue Abschätzung eventueller thermischer Einflüsse von Nachbargrundstücken möglich.

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder