Regenwassernutzung: Tipps für die Altbausanierung
Eine Genehmigung zur Nutzung von Regenwasser ist in Deutschland nicht erforderlich. Allerdings besteht vor dem Bau einer Anlage Anzeigepflicht durch den Betreiber beim Wasserversorger und beim Gesundheitsamt. Vordrucke hierfür sind beispielsweise beim Fachverband Betriebs- und Regegenwassernutzung e. V. unter www.fbr.de/publikationen kostenpflichtig erhältlich. In den Unterlagen enthalten sind auch ein Übergabe- und Einweisungsprotokoll sowie Hinweise für Betrieb, Inspektion und Wartung.
In Deutschland darf von Gesetzes wegen für die Zwecke Garten bewässern, WC spülen oder Wäsche waschen Regenwasser verwendet werden, wenn die Anlagen zur Regenwassernutzung normgerecht gebaut sind, das heißt die technischen Vorgaben der DIN 1989-1 (1), zukünftig der DIN EN 16 941-1 (2) eingehalten werden. Dazu gehören unter anderem der freie Auslauf bei Nachspeisung aus dem Trinkwassernetz und die Kennzeichnung von Leitungen und Entnahmestellen. Kommt regelmäßig genug Regenertrag in den Speicher, weil vor Ort überdurchschnittlich viel Niederschlag fällt oder sehr große Dachflächen vorhanden sind, können maximal 50 % des Trinkwassers ersetzt werden.
Tipp: Übersteigt der Ertrag den Bedarf Monat für Monat deutlich, würde ein preiswerter kleiner Speicher genügen, denn er füllt sich schnell wieder. Allerdings muss dann mit häufigen und großen Überlaufmengen gerechnet werden. Und für Trockenperioden ist keine Reserve vorhanden. Deshalb immer Regenspeichergröße fachlich korrekt auslegen.
Regenspeichergröße berechnen
Vor dem Erstellen eines Angebotes sollten mit der Bauherrschaft unterschiedliche Varianten der Nutzung durchgespielt und diskutiert werden, bevor die Entscheidung für die Verwendung fällt. Die überschlägige Bemessung der Anlagengröße kann gemäß folgendem Beispiel erfolgen:
1. Jahresertrag in Liter: Jahresniederschlag des Ortes in mm (= l/m²) x Auffangfläche in m² (Grundriss mit Dachüberstand bzw. horizontale Projektion zwischen den Regenrinnen) x Minderungsfaktor 0,8 (= 20% Abschlag für Benetzungsverluste und gelegentlichem Speicherüberlauf)
2. Jahresbedarf in Liter: Personenzahl x Tagesbedarf pro Person x 365 Tage (gelegentliche Abwesenheit gleicht gelegentliche Besucher aus). Tagesbedarf/Person: WC ganztägig zuhause 24 l, Waschmaschine 10 l. Pro m² Nutzgarten addiert man einen Jahresbedarf von 60 l, bei automatisch beregneter Grünfläche bis zu 200 l.
Das Speichervolumen wird mit 6 % vom kleineren der beiden Jahreswerte ermittelt und ergibt einen etwa drei Wochen reichenden Vorrat, wenn der Speicher voll war und es in dieser Zeit nicht regnet. Das ist vom Kosten-/Nutzenverhältnis her die sinnvollste Formel. Genaue Berechnungen bieten Speicher- und Anlagenhersteller kostenlos im Internet an, alternativ die unabhängige Fachvereinigung fbr unter https://regenwasser-experten.fbr.de/.
Tipp: Den letzten Tropfen von Starkregenfällen zu sammeln gelingt nicht und ist ökonomisch nicht sinnvoll. Anzustreben ist, dass Ertrag und Bedarf etwa gleich groß sind. Dann ist der Nutzungsgrad optimal, das heißt wenig Regenwasser geht in den Überlauf und wenig Trinkwasser muss nachgespeist werden.
Nicht genug Regenertrag?
Wer kalkuliert, stellt schnell fest, dass die Toilettenspülung im Wohnhaus mehr Trinkwasser spart als der Hausgarten, weil ganzjährig in Betrieb; so auch die Waschmaschine, bei der im Regenwasserbetrieb noch zusätzlich Waschmittel und damit Geld gespart wird. Denn das weiche Niederschlagswasser ermöglicht bei allen Vollwaschmitteln die Minimaldosierung und bei Baukastenwaschmitteln das Weglassen des Enthärters. Damit wird das Abwasser weniger mit Tensiden belastet, die Kläranlage muss weniger reinigen.
Tipp: Bei nachträglicher Installation der Regenwassertechnik und sehr hartem Trinkwasser, falls nicht genug Niederschlagswasser für alle Verwendungszwecke zur Verfügung steht, der Waschmaschine den Vorzug geben. Neben Wasser wird dabei viel Waschmittel gespart. Außerdem ist der Anschluss an das separate Leitungsnetz meist einfacher und kürzer als bei den Spülkästen der Toiletten in mehreren Geschossen des Hauses.
Planung und Ausführung
Regenwassernutzungsanlagen sind „Lowtech“, benötigen wenig Wartung im Betrieb, allerdings fundiertes Wissen bei Planung und Bau. Für eine gute Wasserqualität gelten unter anderem folgende Voraussetzungen:
- Als Sammelflächen nur Dachflächen nutzen. Doch Vorsicht bei Gründachabflüssen: Sie enthalten in der Regel Huminstoffe, die das Wasser färben, und sind daher für das Wäschewaschen nicht geeignet.
- Filter zwischen Sammelfläche und Wasservorrat sind unbedingt nötig, um grobe Verunreinigungen vom Speicher fernzuhalten. Je nach Fabrikat sitzen sie in der Fallleitung, in der Grundleitung oder im Speicher am Ende des Zulaufrohres.
- Wartung: Filter müssen mehrmals jährlich manuell gereinigt werden. Die Säuberung der Zisterne genügt dann alle zehn Jahre. Einmal jährlich sollten Sammelflächen und Regenrinnen inspiziert werden.
- Im Speicher Licht und Wärme vermeiden. Zulauf, falls dies nicht durch einen Filter innerhalb des Speichers geschieht, durch Formstücke beruhigen sowie Betriebswasser nahe der Wasseroberfläche mit schwimmender Entnahme ansaugen – beides, um das Aufwirbeln des Sediments zu vermeiden.
Tipp: Was es sonst noch zu beachten gilt, zeigen die Informationen der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V. (fbr) auf www.fbr.de/publikationen/fbr-top-reihe/. Wer sich vorab grundsätzlich über einzelne Komponenten orientieren möchte, dem sei die fbr-Marktübersicht empfohlen. Etwa 400 Produkte werden darin vorgestellt.
Grauwasser, Alternative und Ergänzung zu Regenwasser
Wohngebäude, Sporthallen und Beherbergungsbetriebe sind ideale Objekte, da dort der Ertrag aus Körperreinigung dem Bedarf entspricht, der bei Raumreinigung und WC-Spülung entsteht – und der Umsatz meist innerhalb 24 Stunden erfolgt. Die optimale Speicher- und Anlagengröße lässt sich durch Computersimulation ermitteln. Für die Menge des genutzten Grauwassers wird sowohl Trinkwasser- als auch Abwassergebühr gespart. Zusätzliche Zähler sind nicht erforderlich. Zwei Systeme haben sich etabliert:
- Wirbelbett- bzw. belüftete Festbettanlagen, Besonderheit: als vorgefertigte Haustechnik-Module seit 20 Jahren am Markt, insbesondere für Projekte ab ca. 40 Nutzern geeignet.
- Membrananlagen/Ultrafiltration, Besonderheit: als vorgefertigte Haustechnik seit 15 Jahren am Markt, auch für kleine Projekte geeignet.
Regel der Technik ist das inhaltsgleiche Hinweis- bzw. Merkblatt zweier Verbände (fbr-H 202 und DWA-M 277), bis die in Vorbereitung befindliche DIN EN 16 941-2 veröffentlicht ist.
Wärmerückgewinnung aus Grauwasser: Das am 1. März 2018 begonnene und vorerst auf drei Jahre begrenzte staatliche Klimaschutz-Förderprogramm bezuschusst Duschrinnen, Duschtassen und Duschrohre, jeweils in Kombination mit einem Wärmeübertrager sowie Anlagen zur Wärmerückgewinnung aus dem gesamten, im Gebäude anfallenden Grauwasser, das einer Wärmerückgewinnung unterzogen wird – sofern ein zweites Leitungsnetz (Grauwassernetz) installiert ist.
Literatur
- DIN 1989-1:2002-04. Regenwassernutzungsanlagen, Teil 1: Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung. Beuth Verlag. Berlin, April 2002
- DIN EN 16 941-1:2018-06. Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser – Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser. Diese europäische Norm legt Planung, Bemessung, Einbau, Kennzeichnung, Inbetriebnahme und Wartung von Regenwassernutzungsanlagen zur Verwendung von Regenwasser für verschiedene Nutzungen vor Ort als Ersatz für Trinkwasser fest. Beuth Verlag. Berlin, 2018.
- fbr-Marktübersicht. Ein Produktkatalog von Fabrikaten und Typen unterschiedlicher Hersteller, u. a. zu Regenwasser- und Grauwasserrecycling. Hrsg.: Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (fbr). Darmstadt, 2019.
Dieser Beitrag von Dipl.-Ing. Klaus W. König ist zuerst erschienen in SBZ 5/2020.