Tipps: Kleines Gäste-WC optisch vergrößern
Die Ausgangslage: Die Kunden wünschten sich ein modernes und gleichzeitig wohnliches Gäste-WC mit einem außergewöhnlichen Blickfang, um von der Enge abzulenken. Wie in Altbauten häufig zu finden, ist der Raum zweigeteilt: Im vorderen Bereich das schmale Gäste-WC, dahinter ein Vorratsraum, der von der daneben liegenden Küche aus betreten wird.
Kleines Gäste-WC optisch vergrößern: Vorbereitungen
Die Position der Sanitärobjekte im Gästebad war vorgegeben und konnte nicht verändert werden. Die Einrichtung im kleinen Gäste-WC war modern – WC und Waschbecken waren vor nicht allzu langer Zeit bereits ausgetauscht worden und in gutem Zustand. Daher wurden sie demontiert, eingelagert und nach der Sanierung wieder montiert. Auch die Vorwand samt Spülkasten blieb erhalten, lediglich die Betätigungsplatte wurde erneuert.
Theoretisch wäre es möglich gewesen, auf die vorhandenen Fliesen aufzubauen. Aufgrund der Enge des Raumes entschieden wir uns jedoch für den Abriss, schließlich ging es buchstäblich um jeden Zentimeter. Zudem mussten Schlitze für neue Elektroleitungen gestemmt werden, ein Teil der Fliesen wäre also ohnehin beschädigt worden. Meine Erfahrung zeigt, dass der Aufwand für einen komplett neuen Aufbau ohnehin meist geringer ist als ein „Anflicken“ an vorhandene Flächen. Und das Ergebnis ist in jedem Fall besser.
Kleines Gäste-WC: Ideen, um den Raum größer wirken zu lassen
1. Idee: Der Spiegeltrick
Im vorderen Teil des Gästebads ist der Raum nur 67 cm breit. Um hier – zumindest optisch – mehr Weite zu erzeugen, nutzten wir einen „Spiegeltrick“: Die linke Wand ist bis zur Höhe des Türrahmens komplett mit einem Spiegel belegt. Darin spiegelt sich die Tapete an der rechten Wand und erzeugt so den Eindruck eines doppelt so breiten Raumes. Wichtig dabei: Der Spiegel muss wirklich über die ganze Breite der Wand gehen, um die Illusion perfekt zu machen.
2. Idee: Der Tapetentrick
Übrigens wirken Räume und erst recht kleine Gäste-WCs generell breiter, wenn die gegenüberliegenden Wände unterschiedlich gestaltet sind. Bei der Tapete konnte ich die Kunden überzeugen, „nicht zu kleckern, sondern zu klotzen“. Die Wahl fiel auf ein großformatiges Seerosenmotiv in Aquarelloptik. Die Gäste-WC-Tapete wurde auf Maß für den Raum angefertigt. Sie hat eine gewebte Struktur, wirkt also auch aus der Nähe interessant.
Aufgrund des geringen Abstands ist es nicht möglich, das ganze Motiv direkt von vorne zu sehen, es ist nur über den Spiegel komplett sichtbar. Der Effekt ist verblüffend und lenkt von der räumlichen Enge ab. Gleichzeitig sorgt die Begrenzung von Tapete und Spiegel auf Türhöhe dafür, dass die Höhe des kleinen Gästebads weniger wahrgenommen wird.
Lesen Sie auch: Das perfekte Gästebad: Die schönsten Beispiele
3. Idee: Farbige Nische
Ein besonderes Element des Raumes war eine Nische mit einem – mehr oder weniger – halbrunden Abschluss. Sie wurde liebevoll aufgearbeitet und gibt dem Raum jetzt eine besondere Note – und betont nochmals das moderne kleine Gäste-WC. Der neue Spiegel über dem Waschbecken ist an die Form der Nische angepasst. Die Lampe für die Spiegelbeleuchtung – natürlich ebenfalls rund – ist aus Platzmangel auf dem Glas montiert.
Um der Nische mehr optische Tiefe zu geben, wurde sie, passend zu Farbtönen aus der Tapete, in einem Petrolton gestrichen. Einen Warmwasseranschluss gibt es nicht, daher konnten wir eine minimalistische Armatur passend zum Becken einsetzen. Ihre Bogenform nimmt die Form der Nische wieder auf.
Aber das sind noch längst nicht alle Ideen, um ein kleines WC einrichten zu können: Unter dem Waschbecken bietet ein kleines Regal Ablagemöglichkeiten für Lektüre und Handtücher. Die hellgrau beschichteten Flächen sind pflegeleicht, die Kanten aus Multiplex bringen einen Holzton und damit Wohnlichkeit in den Raum. Aufgenommen wird dieser Materialmix noch einmal bei der Deckplatte der Vorwand am WC.
4. Idee: Heizen mit Infrarot
Die Beheizung des Raumes war nicht so einfach zu lösen. Denn man kann zwar ein kleines Gäste-WC optisch vergrößern – für einen klassischen Heizkörper ist trotzdem kein Platz. Eine wasserführende Fußbodenheizung konnte nicht installiert werden. Letztlich fiel die Wahl auf eine platzsparende und unauffällige Infrarotheizung mit einer Deckplatte aus mattiertem Glas. Sie ist an der Wand hinter dem WC installiert und wird über ein digitales Thermostat gesteuert.
5. Idee: Spachteln statt fliesen
Die kleinen Flächen an Wand und Boden sollten nicht noch zusätzlich durch Fugen unterteilt werden, daher kamen Fliesen in diesem kleinen Gäste-WC nicht zum Einsatz. Stattdessen wurden der Boden und die Vorwand am WC mit einer fugenlosen Spachteltechnik beschichtet. Aus der handwerklichen Verarbeitung entsteht eine leichte Wolkigkeit, die perfekt zur Aquarelltechnik des Tapetenmotivs passt. Das Ergebnis ist ein kleines Gäste-WC, das deutlich größer wirkt als es ist – und das bei seinen Besuchern immer wieder für Verblüffung sorgt und noch lange in Erinnerung bleibt.
Details zur Planung
Diese Gestaltungstipps wurden beim Projekt umgesetzt, um das kleine Gäste-WC größer wirken zu lassen – und gleichzeitig auch modern zu gestalten:
- Wandbreiter Spiegel für optische Weite
- Bei schmalen Räumen gegenüberliegende Wände unterschiedlich gestalten
- Großes Tapetenmotiv zur Ablenkung
- Nische dunkel abgesetzt für mehr Tiefe
- Holz setzt wohnliche Akzente
- Platzsparende Infrarotheizung
- Spachteltechnik für fugenlose Flächen.
Dieser Artikel von Birgit Hansen ist zuerst erschienen in SBZ Ausgabe 15/2021. Birgit Hansen betreibt in Köln ein Innenarchitekturbüro für individuelle Raumkonzepte und Materialberatung. Einen Schwerpunkt bilden Bäder und Fliesen.