Biomasse-Heizung: Gibt es ein programmiertes Holz-Mobbing?
Im September sind die Anträge zur Förderung des Einbaus von Biomassefeuerungen nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auf ein sehr niedriges Niveau abgestürzt. Auch andere Heizsysteme waren betroffen – Vorzieh-Effekte, nachdem das Wirtschaftsministerium die BEG-Förderung seit Mitte August unattraktiver gemacht hat. Doch könnte der Absturz auch ein Vorzeichen einer politisch angelegten Entwicklung sein. So lässt sich jedenfalls die für 1. Januar geplante neuerliche Änderung der Förderrichtlinie lesen.
Statistiken lassen sich oftmals so oder so lesen, manchmal dann aber doch eindeutig. So wie diese hier: Laut der aktuellsten derzeit verfügbaren Monatsstatistik des BAFA zu den Antragszahlen Wärmeerzeuger nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ist es von Juli (rund 92.000) auf August (rund 269.000) zu einem sprunghaften Anstieg gekommen, im September dann zum schlagartigen Absturz auf rund 29.000. Selbst im Juli war die Zahl schon fast sprunghaft zu nennen hoch, verglichen mit den Monaten März bis Juni, die sich jeweils in der Größenordnung von um die 55.000 Anträge bewegten.
Alte Förderkonditionen mitnehmen
Viele Hausbesitzer wollten noch die alten Förderkonditionen mitnehmen, bevor ab Mitte August die neuen BEG-Regeln galten. Insofern lässt sich Sprunghaftigkeit wohl in erster Linie damit erklären, dass hier Vorzieheffekte zum Ausdruck kamen und nun abzuwarten bleibt, wie die Antragszahlen sich jetzt dauerhaft entwickeln werden unter der neuen BEG-Regie und auf welchem Niveau.
Null Förderanträge im September: Wie erklärt sich der Absturz?
Wenn man dann einen Blick aufs Detail wirft, wie sich der Absturz bei den verschiedenen Wärmeerzeugern im Einzelnen bemerkbar macht. Dass der Sektor Gashybrid und Renewable-Ready im September dann so niedrig lag, kann nicht überraschen, weil Gasbrennwert seit Mitte August nicht mehr gefördert wird. Aber dass auch die Biomasse auf so niedrigem Niveau liegt (954), sollte bedenklich stimmen. von Juli (rund 19.000 Anträge) zu August (rund 56.000 Anträge) war noch ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen, Holzheizungen waren nach den Wärmepumpen die zweitstärkste Fraktion – sie lagen selbst über den Antragszahlen für Solarthermieanlagen sehr deutlich (rund 30.000 Anträge).
Die Auftragsbücher der Holzheizungshersteller waren seit Monaten aufgrund der guten BEG-Förderkonditionen voll und Produktionskapazitäten wurden erweitert. Dass nun ein derartiger Antrags-Absturz passiert, kann nicht allein mit Vorzieheffekten oder allgemeiner Zurückhaltung zu erklären sein oder im Augenblick von großen Investitionen Abstand zu nehmen, weil man nicht weiß, wie teuer alles noch wird. Möglicherweise könnte es auch bereits ein erstes Anzeichen einer Entwicklung sein.
Holz-Verbände beziehen Stellung zu BEG-Änderungen
Am 25. Oktober veröffentlichten die Verbände BDH, DEPV, FvH (Fachverband Holzenergie) und der HKI sowie die Initiative Holzwärme (IH) eine gemeinsame Stellungnahme zu den neuerlich geplanten Änderungen an der BEG-Förderrichtlinie Einzelmaßnahmen (EM), die ab 1. 1. 2023 gelten soll. In ihr werden die Bedingungen zur Förderung von Biomassefeuerungen verschärft.
Die Verbände positionieren sich z.B. gegen die Planung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK), BAFA-förderfähige Holzfeuerungen nur noch dann zu fördern, wenn sie mit einer Solarthermieanlage kombiniert werden. Rein technisch gesehen ist das ein altbewährter, klassischer Hybrid der ersten Stunde, der seit mehr als 20 Jahren eingebaut wird. Die Verbände gegenargumentieren aber mit darüber entstehenden Verteuerungen des Systems, um förderfähig zu bleiben.
Technologie-Konkurrenz und Fördervoraussetzungen
Es hätte aber auch noch an ganz anderer Stelle Auswirkungen, nämlich auf dem Dach. Zwischen Photovoltaik und Solarthermie gibt es längst eine Konkurrenz um die Dachfläche, die die Solarthermie nicht selten verliert. Biomassefeuerungen könnten also auch deshalb Aufträge verlieren, weil die Dachfläche bereits mit PV belegt ist oder nicht mehr genug Fläche für die Solarthermie zur Verfügung steht, um die geplante Fördervoraussetzung zu erfüllen. Demnach müssen Solarthermieanlagen im Kontext von Biomasse so dimensioniert sein, dass sie die Trinkwassererwärmung vollständig decken können.
Und es kann durchaus auch die Fälle geben, dass sich ein Dach für Solarthermie oder PV auch gar nicht eignet. Eine Verpflichtung zu Holz mit Solarthermie als Fördervoraussetzung nach BEG (EM) könnte jedenfalls Holzfeuerungen verhindern, die sonst gekommen wären – ggf. allein aus Gründen der Gegebenheiten vor Ort.
Steigende Preise kehren Verhältnisse um
In der Vergangenheit haben Berechnungen gezeigt, dass sich die Amortisation einer Holzpelletfeuerung vergleichsweise nach hinten verschiebt, wenn sie mit Solarthermie kombiniert wird. Die Erklärung hierfür ist einfach: Die Gesamtanlage wird teurer, dafür werden zwar weniger Holzpellets verbraucht, aber diese Ersparnis war nicht so sehr von Gewicht. Angesichts der momentan sehr hohen Preise für Holzpellets (und auch Scheitholz) dürfte sich das gerade allerdings umdrehen, so dass aus gegenwärtiger Sicht alles für eine Kombination von Holz mit Solarthermie spricht. Das aber dürfte nicht das Motiv des BMWK gewesen sein, die Kombination nun als Förderbedingung in die Richtlinie einzubauen.
Feinstaubbonus gestrichen, Bedingungen verschärft
Der Referentenentwurf für die BEG (EM) Förderung ab 1.1. sieht außerdem vor, dass der bislang gezahlte Innovationsbonus Biomasse i. H. v. 5% für Feuerungen, die einen Emissionsgrenzwert beim Feinstaub von 2,5 mg/m3 einhalten, gestrichen werden soll. Vielmehr soll dieser Wert nun zur Fördervoraussetzung werden. Zur Streichung gesellt sich also auch noch eine Verschärfung. Bislang war die Fördervoraussetzung nach MAP/BEG die Einhaltung eines Grenzwerts beim Staub von 15 mg/m3. Zum Vergleich: Die 1. BImSchV sieht für Holzfeuerungen kleiner und mittlerer Größe einen Grenzwert von 20 mg/m3 vor. Die Argumente gegen das Heizen mit Holz über das Thema Feinstaub sind leidlich bekannt und dann oftmals polemisch sowie undifferenziert vorgetragen. Sie hat sich leider in jüngster Zeit wieder verschärft und sie findet ihren Niederschlag nun offenbar auch in der BEG-Förderung ab 1.1.2023.
Heizen mit Holz an den Rand gedrängt
Auch neu eingefügt werden soll die Vorgabe, dass die eingesetzte Biomasse die Nachhaltigkeitsanforderungen der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) einhalten muss. Das ist erst einmal unverständlich, weil hier vom Stromsektor auf den Wärmesektor etwas übertragen wird, was sich nicht so einfach 1:1 übertragen lässt. Das erweitert außerdem von der Technik um den Betriebsstoff. Genau so gut müsste dann vorgeschrieben werden, dass Wärmepumpen nur dann nach BEG gefördert werden, wenn sie nachweislich mit Grünstrom betrieben werden. Davon ist aber in der BEG-Richtlinie nichts zu lesen. Auch dieser für Biomasse geplante Passus weist darauf hin, dass das Heizen mit Holz im Kreis der Energiewende an den Rand gedrängt bzw. die weitere Teilnahme erschwert werden soll. So hatte die Bundesregierung über die BEG-Anpassung Biomassefeuerungen bereits im August schlechter gestellt. Wärmepumpen werden hingegen bevorzugt. Biomassefeuerungen erhalten aktuell nur noch einen maximalen Fördersatz von 20% (10 % Zuschuss plus 10 % Heizungstausch).
Förderung für Biomassefeuerungen wird massiv ausgedünnt
Da wirkt die Ankündigung, dass die geplante Verschärfung des jahreszeitbedingten Raumnutzungsgrads ƞs (= ETAs) in der BEG um ein Jahr auf den 1.1.2024 geschoben werden soll, wie ein zynisches Trostpflaster. Dieser Wert ist maßgeblich für die Effizienzanforderungen der BEG an zu fördernde Heizsysteme. Für Biomassefeuerungen soll der Wert nun erst im übernächsten Jahr von 78% auf 81% angehoben werden. Für die Holzheizungsbranche löst sich darüber aber das Problem nicht, dass derzeit systematisch angelegt wird: Dass die Förderung für Biomassefeuerungen vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Debatten über die Rolle von Holz im Rahmen der Energiewende massiv ausgedünnt und erschwert wird.
Nach Schätzung des DEPV blieben, wenn die neuen Förderkonditionen so kommen sollten, im besten Fall rund 5% der derzeit förderfähigen Holzfeuerungen in der Förderung. Laut Verband wären das dann ausschließlich Pellet-Zentralheizungen. Im Umkehrschluss, so der DEPV, würde das bedeuten, dass Heizungssanierer, die die Investition in Pelletbrennwert und Solar nicht stemmen könnten, bis zum Eintreten der 65-%-Regel fossile Heizungen einbauen würden, oder billige Kessel, die so gerade die gesetzlichen Grenzwerte für Emissionen und Effizienz einhielten.
Nebenbei bemerkt würden durch die Solarthermie-Pflicht auch neue Hybridlösungen, die derzeit am Markt in den Startlöchern stehen, erschwert, z.B. Wärmepumpen mit wassergeführten Pelletöfen zu kombinieren. Solche Kombinationen sind aber Teil der Zukunft des Heizens mit Holz.
Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.