Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Tiny House: Warum die kleinen Häuser mehr als ein Trend sind

Dittmar Koop
Inhalt

Wer an Tiny House denkt, denkt vielleicht auch an Peter Lustig. Die ZDF-Kindersendung „Löwenzahn“ dürfte noch den Leuten der Generation X bekannt sein. Also den Menschen, die zwischen 1965 und 1979 geboren sind und die Peter Lustig oftmals gar nicht so lustig fanden, weil er nicht nur erklärte, sondern auch immer belehrte.

Allerdings bleibt sein ausgebauter Bauwagen, in dem er lebte, legendär. Rein faktisch gesehen war Lustigs Bauwagen eines der ersten Tiny Houses in Deutschland – ganz sicher das prominenteste, aber hierzulande war diese Gebäudekategorie in den 80ern praktisch unbekannt.

Mittlerweile sind Minihäuser aber ein richtiger Lifestyle-Trend, auch in Deutschland und haben so gut wie nichts mehr mit Peter Lustigs Bauwagen zu tun. Wir stellen Ihnen hier alles über das Bauen, Wohnen und Leben im Tiny House vor.

Was ist ein Tiny House?

Bei Tiny Houses handelt es sich per Definitionem bisher um freistehende Häuser bis 50 Quadratmeter im Grundriss. Verbunden ist der Begriff Tiny House landläufig noch mit einer Art Gartenhaus-Image, aber das wandelt sich zu Recht. Es werden hochprofessionelle, architektonisch sehr ansprechende, auch ungewöhnliche Tiny Houses als Fertighäuser in Holzständerbauweise mitunter inklusive Innenausbau angeboten, die energetisch auf den KfW-40-Standard zusteuern. Ein Tiny House ist also schon längst nicht mehr das einfache Gartenhaus.

Tiny Houses: Amerikanischer Export

Der Begriff Tiny House kommt ursprünglich aus den USA. In den Anfängen bezeichnete er dort Kleinsthäuser (tiny = sehr klein), die man ggf. auch an eine Anhängerkupplung hängen konnte, wenn man umziehen wollte oder musste, sogenannte Trailer oder Mobile Homes. Die Abgrenzung, was noch ein Wohnwagen war oder bereits ein Tiny House ist, war auch deshalb nicht immer exakt trennscharf.

Mittlerweile hat sich aus diesem anfänglichen Tiny House ein neuer Gebäudetyp entwickelt, der nicht nur von der Fläche her größer ist als die ursprünglichen Tiny Houses, sondern vielfältige und sehr moderne architektonische Lösungen entwickelt. So sind z. B. auch Obergeschosse im Tiny House möglich, die dann wegen ihrer kompakten Größe fast wie eine Maisonette wirken. Man rückt deshalb auch von dem ursprünglichen Begriff Tiny House ab und hat neue kreiert wie Minihaus, Modulhaus oder Kompakthaus, zumindest in Deutschland.

Durch die bei Minihäusern angewendete Holzständerbauweise sind eigenwillige Architekturen möglich.

Zielgruppen für Minihäuser

Tatsächlich sind kleine Minihäuser auch ein Trend in der deutschen Baulandschaft, die bislang eher davon geprägt ist, über das Eigenheim mehr Wohnfläche zu gewinnen, als es vorher im Mietverhältnis meist der Fall war. Doch es wächst eine (nicht nur) junge Bauleute-Klientel heran, die sich dank dem Tiny House in ihren Werten und Vorstellungen, was das Bauen betrifft, anders fokussiert als bisher üblich. Flexibilität, Reduktion auf das Wesentliche, Umweltbewusstsein sind drei Gründe für das Leben im Tiny House.

Es ist auch zu beobachten, dass bei Interessenten von Tiny Houses finanzielle Prioritäten anders gesetzt werden. So möchten viele Menschen für den Hausbau oder für die Miete eher weniger Geld einzusetzen bei gleichzeitig hohem Baustandard, wie er durch das Minihaus inzwischen gewährleistet wird. Dadurch möchte man mehr Geld für andere Dinge im Leben übrig haben, z.B. Reisen und Lifestyle. Ein kleines Haus bedeutet also mehr Freiheit.

Weitere Zielgruppen sind ältere Paare, die sich mit dem Tiny House in ihrer neuen Lebensphase (ohne Kinder) flächenmäßig reduzieren wollen, weil sie nicht mehr so viel Platz zum Leben in ihrem Haus benötigen. Außerdem wird für diese Zielgruppe auch das Thema Barrierefreiheit im Tiny House wichtiger. Barrierefreies Wohnen bedeutet z. B. Ebenerdigkeit des Gebäudes. Dies ließ sich schon damals – und erst recht heute (aufgrund der astronomischen Baupreise und kleinen Grundstücke) – oft nicht verwirklichen, wenn man Kinder im Gepäck hat oder solche plant. Sind die Kinder außer Haus, wird weniger Platz benötigt und das Leben im Minihaus kann beginnen.

Tiny Houses vor allem für Paare und Singles

Laut einer aktuellen Branchenumfrage des Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) sind 50 Prozent der Fertighaus-Bauherren Paare oder alleinstehend. Dazu zählt auch das Minihaus. Viele der Befragten planten, dauerhaft allein oder zu zweit zu bleiben oder hätten den Nachwuchs bereits erfolgreich auf eigene Füße gestellt. Das Tiny House bietet sich für sie hier optimal zum Wohnen an.

„Kleine Kompakthäuser wie das Tiny House sind in Grundriss und Architektur speziell auf ein oder zwei Bewohner zugeschnitten und bieten hohen Wohnkomfort auf kleiner Fläche und in einem überschaubaren Kostenrahmen", skizziert Christoph Windscheif, Sprecher beim BDF, das Leben im Minihaus.

Äußerst moderne Architektur, selbstbewusst in Form eines Minihauses. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Selbst Geschossbau wird angeboten, der in seiner Kompaktheit hier wie ein Maisonette daherkommt, aber freistehend ist.
Der Warendorfer Minihaus-Anbieters hat seine „T2“-Häuser in Form zwei von zwei zusammengesetzten Modulen konzipiert. Der Grundriss des so entstehenden Hauses beträgt 47 m2.
Minihäuser wie das T2 von Livingunits stehen für einen Trend am Baumarkt, der an Bedeutung gewinnen wird: serielles, vorgefertigtes Bauen.
Die T2-Module werden per Schwertransport zur Baustelle gefahren und dort binnen Stunden zusammengesetzt.

Blick in die Praxis: T2 Tiny House Projekt in Harsewinkel

Herstellung der Minihäuser

Wie Minihäuser aussehen können, sei beispielhaft über ein aktuelles Projekt im westfälischen Harsewinkel dargestellt. Die mittelgroße Stadt ist möglicherweise dem einen oder anderen bekannt, weil sie der Stammsitz des Landmaschinen-Weltkonzerns Claas ist. In einem kleinen Baugebiet mitten im Zentrum der Stadt entsteht in zwei Bauabschnitten ein Gebäude-Ensemble aus sechs Häusern in der so genannten Modul- bzw. Containerbauweise. Es handelt sich um kleine, eigenständige (freistehende) Häuser mit jeweils nur 47 Quadratmeter Grundfläche. Die erste Bauphase mit drei Tiny Houses wurde im vergangenen Jahr abgeschlossen. In diesem Jahr werden die nächsten drei folgen.

Schöpfer der T2 Tiny Houses bzw. Minihäuser in Harsewinkel ist das Warendorfer Unternehmen Livingunits. T2 ist ihr erstes Modell seriellen Bauens kleiner, eingeschossiger Fertighäuser. Die Tiny Houses werden in Holzrahmenbauweise in Hallen komplett vorgefertigt und dann in zwei Teilen (Module) per Schwertransport zur Baustelle geliefert und dort vor Ort binnen weniger Stunden zusammengefügt. Einen Dachstuhl gibt es nicht im Minihaus.

Tiny House Struktur

Bislang wurden die Häuser im KfW-55-Standard errichtet, doch mit dem Auslaufen der KfW-Förderung für diesen Baustandard Ende Januar dieses Jahres werden die in Zukunft gebauten T2 nun auf KfW 40 umgeplant. Auf den 47 Quadratmeter Grundfläche im Tiny House sind die Bereiche Schlafzimmer, Küche, Bad, Home Office und Wohnzimmer untergebracht. Auch ein Außenbereich in Form einer kleinen Terrasse ist Bestandteil des Konzepts.

Livingunits arbeitet mit verschiedenen Industriepartnern und Handwerksbetrieben zusammen, um Bauherren mit ihrem Minihaus individuell konfigurierte Gesamtpakete anbieten zu können, die auch den Innenausbau (z.B. eingerichtetes Bad, Elektroinstallationen oder das Heizsystem) und ggf. sogar Einbaumöbel im Tiny House umfassen (z. B. Küche oder Stauraummöbel im Schlafzimmer). Preislich bewegt sich das T2 Tiny House ab rund 160.000 Euro in der Grundversion Eco und ab rund 200.000 Euro in der erweiterten Version Eco Plus, abzüglich der möglichen KfW-Förderung.

Kerngedanke dieser Philosophie des Lebens auf kleinem Raum ist, diesen bestmöglich zu organisieren und, wie im Fall der T2-Philosophie, mit hochwertiger Innenausstattung zu versehen.
Fertighaus wird hier so verstanden, dass auch der Innenausbau schlüsselfertig ist. Tatsächlich entspricht das auch einem Trend am Markt, auf Muskelhypothek zugunsten von Komplettlösungen zu verzichten.
Blick in die Küche im T2 von Livingunits. Das Konzept lebt auch davon, die Wände als Stauraum bestmöglich zu nutzen.
Obwohl so sensible Funktionen wie Essen und Schlafen unmittelbar aneinandergrenzen, gewinnt man doch den Eindruck, dass sie separiert sind.
Die Minihaus-Konzepte zielen auf eine neue Bauklientel. Das sind nicht nur Singles, sondern auch ältere Menschen und Paare.
Auch ein Außenbereich in Form von Terrasse oder ggf. Garten ist im Minihaus-Konzept vorgesehen bzw. möglich. Die Hersteller sehen Fensterflächen auch als architektonisches Mittel, um die Räume in der Wahrnehmung zu erweitern.

Tiny House: Großer Wohnbereich, Rest funktional

Die T2 Tiny Houses in Harsewinkel sind exemplarisch dafür, wie Kompakthäuser gestalterisch vom Grundsatz her konzipiert sind. Laut BDF steht im Mittelpunkt eines solchen Hauses meist ein offener Wohnbereich mit Küche und Esstisch, einklappbarem Sekretär und Sofaecke sowie angrenzender Terrasse oder Veranda. Große Fensterflächen bringen Licht in das Hausinnere, die das Tiny House optisch mit dem Garten verschmelzen. Es gibt funktional gehaltene Schlafzimmer sowie Badezimmer, die trotz geringem Raumangebotes einen gewissen Wellness-Charakter bieten. Das Leben im Minihaus soll ja auch Spaß machen.

Typischerweise findet all dies in einem ebenerdigen, auf Wunsch barrierefreien Bungalow Platz. Aber auch ein kompaktes Dachgeschoss oder eine Teilunterkellerung für die Haustechnik sind bei Minihäusern oder Kompakthäusern laut BDH je nach Anbieter problemlos möglich.

Wärmepumpe plus Fußbodenheizung

In Harsewinkel wird zur Wärmeversorgung des Tiny Houses mit Wärmepumpen gearbeitet. Die Raumwärme wird dann über eine wasserbasierte Fußbodenheizung im ganzen Tiny House verteilt. Hoher Wohnkomfort ist auch in einem kompakten Holz-Fertighaus sehr gut möglich, resümiert der BDF. Mitunter könne es sogar einfacher sein, ein kleines Rand- oder Restgrundstück mit 300 Quadratmeter zu finden als einen Bauplatz im Neubaugebiet.

Tiny Houses werden eine Alternative zur klassischen Massivbauweise sein. Nicht zuletzt durch den Wandel der Gesellschaft wird das serielle Bauen eins der Zukunftsthemen sein, in Deutschland und über die Grenzen hinaus.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Mehr zu diesem Thema
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder