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EPBD-Neufassung: Das bedeutet der Standard Null-Emissions-Gebäude

Jochen Vorländer
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Nimmt man die wohlwollende Begrüßung der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die Aufschreie der Immobilienverbände und die Einwände der mit fossilen Energieträgern noch gute Geschäfte machenden Branchenteile als Messlatte, dann ist der im Rahmen der Fit-for-55-Pakets von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EU-Gebäuderichtlinie, EPBD: Energy performance of buildings directive) ein großer Schritt in Richtung klimaneutraler Gebäudebestand.

Denn eine bis 2050 klimaneutral wirtschaftende EU mit einem Einsparziel von 55 % der Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 gegenüber dem Referenzjahr 1990 – das wird mit der bisherigen Vorgehensweise im Gebäudesektor kaum zu realisieren sein: Es werden zu wenige Gebäude energetisch saniert und nur wenige der aktuellen Neubauten sind klimazielkompatibel, müssen also voraussichtlich in den nächsten 29 Jahren oder – bei vorgezogenen nationalen Ziele für die Klimaneutralität – früher noch einmal energetisch optimiert werden. So kann das Ziel aufgrund mehrerer Engpässe schwerlich erreicht werden. Und es ist kaum nachvollziehbar, wie viele Fördermittel und Erleichterungen weiterhin im Gebäudesektor nicht zukunftstaugliche Strukturen zementieren.

Erweiterter Ansatz

Bisher zielte die EU-Gebäuderichtlinie in erster Linie auf eine Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Dieser Ansatz gilt seit einiger Zeit schon als unzureichend. Nun soll sie stärker auf die Reduktion der Treibhausgasemissionen von Gebäuden ausgerichtet werden, mit dem Ziel, bis 2050 einen „emissionsfreien“ Gebäudebestand zu erreichen.

Wie dies bezüglich nicht zu vermeidender Energiebedarfe aussehen kann, verdeutlicht der für Neubauten geplante Standard Null-Emissions-Gebäude („zero emission building“). Der Entwurf der EU-Gebäuderichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ab 2030 alle Neubauten Null-Emissions-Gebäude sind. Neue Gebäude, die von öffentlichen Stellen genutzt werden oder sich in ihrem Eigentum befinden, sollen bereits ab 2027 Null-Emissions-Gebäude sein.

Null-Emissions-Gebäude

Im Sinne der Richtlinie ist ein „Null-Emissions-Gebäude“ ein Gebäude mit einer sehr hohen Gesamtenergieeffizienz gemäß Anhang I [der Richtlinie], bei dem der noch sehr geringe jährliche Gesamtprimärenergiebedarf jährlich netto vollständig durch

● Energie aus erneuerbaren Quellen, die vor Ort erzeugt wird und die Kriterien von Artikel 7 der Richtlinie (EU) 2018/2001 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen] erfüllt,

● erneuerbare Energie aus einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft im Sinne von Artikel 22 der Richtlinie (EU) 2018/2001 oder mit

● erneuerbare Energie und Abwärme aus einem effizienten Fernwärme- und -kältesystem

gemäß den Anforderungen in Anhang III [der Richtlinie] gedeckt wird.

Zu den Anforderungen in Anhang III gehört, dass der jährliche Gesamtprimärenergiebedarf in einer Tabelle angegebene Höchstwerte einhalten muss. Für ein Mehrfamilienhaus in der für Deutschland maßgeblichen Klimazone „Oceanic“ liegt der Wert beispielsweise bei < 60 kWh/(m2 ∙ a). Das klingt aus deutscher Sicht zunächst wenig ambitioniert. Mit der übergeordneten Festlegung, dass die Erzeugung erneuerbarer Energie vor Ort oder eine Belieferung mit den oben genannten Alternativen mindestens dem Primärenergieverbrauch entsprechen muss, wird man im Regelfall aber aus wirtschaftlichen Gründen ein Gebäude mit einem Primärenergiebedarf deutlich unter den Tabellenwerten entwerfen.

Zudem ist vorgesehen, dass für Gebäude das Treibhauspotenzial basierend auf ihren Emissionen über den gesamten Lebenszyklus im Energieausweis anzugeben ist.

Bild 1 Der Entwurf der EU-Gebäuderichtlinie definiert den neuen Standard Null-Emissions-Gebäude (zero emission building).

Gebäudebestand

Für den Gebäudebestand werden Mindeststandards für die Energieeffizienz vorgeschlagen. Sie sehen vor, dass die energetisch schlechtesten 15 % des Gebäudebestands jedes Mitgliedstaats von der Klasse G (dies muss jeweils so skaliert werden, dass 15 % des Gebäudebestands hier eingeordnet sind) auf mindestens die Klasse F verbessert werden müssen. Für Nichtwohngebäude soll dies bis 2027 und bis 2030 für Wohngebäude erreicht werden. Die Konzentration auf die energetisch schlechtesten Gebäude soll das Potenzial zur Dekarbonisierung und zur Linderung von Energiearmut maximieren.

Eine bloße Verbesserung in die Klasse F ist allerdings wenig sinnvoll, denn 2030 bzw. 2033 müssen alle Gebäude mindestens die Klasse E erfüllen. Unter Strich bedeutet das für den Wohngebäudebereich, dass innerhalb von zehn Jahren allein rund 30 % des Gebäudebestands mit dem höchsten Energiebedarf mindestens energetisch optimiert werden müssen.

Ähnliche Sanierungsraten werden zwar bereits seit langem gefordert, haben aber die Praxis bisher nicht erreicht. So moniert der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW: „Eine faktische Sofort-Verdoppelung der Sanierungsrate ist unter den aktuellen Bedingungen von knappen Handwerkskapazitäten sowie angesichts Materialmangel und -verteuerung absolut realitätsfern.“

Weitere Aspekte des Entwurfs

Neben der Mobilisierung von Finanz- und Fördermitteln (für die Umsetzung der Mindestnormen an die Gesamtenergieeffizienz will die EU bis 2030 bis zu 150 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stellen), wird insbesondere der Bedarf an Fachkräften zur Herausforderung, wie ein Blick auf weitere Aspekte zur Sanierungsförderung und zur Dekarbonisierung im Entwurfs für die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie zeigt:

● Die Verpflichtung, dass ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorliegen muss, wird auf Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, auf Gebäude, für die ein Mietvertrag verlängert wird, und auf alle öffentlichen Gebäude ausgeweitet.

● Es gibt im Vorschlag eine Verpflichtung zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Wohn- und Geschäftsgebäuden und zur Förderung spezieller Parkplätze für Fahrräder.

● Gebäude oder Gebäudeteile, die zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten werden, müssen über einen Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz verfügen, und die Energieeffizienzklasse und der -indikator sollten in allen Anzeigen angegeben werden.

● Die nationalen Gebäuderenovierungspläne sind vollständig in die nationalen Energie- und Klimapläne zu integrieren – um die Vergleichbarkeit und die Nachverfolgung der Fortschritte zu gewährleisten. Sie müssen Fahrpläne für den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in der Wärme- und Kälteversorgung bis spätestens 2040 enthalten.

● Ein „Gebäuderenovierungspass“ soll den Verbrauchern Zugang zu Informationen ermöglichen und ihre Kosten senken, um ihre Planungen und eine schrittweise Renovierung hin zu einem emissionsfreien Niveau zu erleichtern.

● Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Renovierungserwägungen in die Vorschriften für öffentliche und private Finanzierungen aufzunehmen und geeignete Instrumente, insbesondere für einkommensschwache Haushalte, einzurichten.

● Es soll eine Verfallsklausel für finanzielle Anreize zur Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden eingeführt werden: für die Installation von Heizkesseln, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, sollte es ab 2027 keine finanziellen Anreize geben, und die Mitgliedstaaten sollen die rechtliche Möglichkeit bekommen, die Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden zu verbieten.

Bild 2 Der Entwurf für die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie „kann auf dem Weg durch die Instanzen“ noch erheblich geändert werden.

Ausblick

Faktisch übersetzt die EU-Kommission mit dem Entwurf für die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie die im Rahmen des Grünen Deals geplante „Renovierungswelle“ in konkrete Vorschläge. Der Kommissionsvorschlag muss nun von Rat und Parlament beraten werden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass die EU-Gebäuderichtlinie „auf dem Weg durch die Instanzen“ deutlich abgeschwächt wird, vielmehr ist die augenblickliche Situation im Gebäudesektor sogar eine Folge dieser Abschwächungen und der halbherzigen Umsetzung der Kompromisse in den Mitgliedstaaten. Auch Deutschland war hier zuletzt kein Vorbild, einige Punkte aus der aktuellen EU-Gebäuderichtlinie sind bis heute nicht realisiert.

Fachberichte mit ähnlichen Themen finden Sie bei der Fachzeitschrift TGA Fachplaner im Dossier Regelwerk unter www.tga-fachplaner.de/themen/regelwerk-update.

Dieser Artikel von Jochen Vorländer ist zuerst erschienen in TGA Ausgabe 01/2022.

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