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Neue Stromkennzeichnung: So viel Ökostrom liefern Versorger wirklich

Ein Großteil der Stromversorger in Deutschland beschafft deutlich weniger Ökostrom für die Belieferung seiner Kund*innen als in der Vergangenheit angegeben. Das geht aus von den Anbietern veröffentlichten Daten hervor, die das Hamburg-Institut im Auftrag von LichtBlick ausgewertet hat. Grund für die neue Transparenz im Strommarkt ist eine Reform der Stromkennzeichnung, die seit November 2021 greift. Alle Versorger müssen die Kennzeichnung auf ihren Internetseiten und in den Rechnungen für Kund*innen ausweisen.

Das Hamburg-Institut vergleicht die neuen Stromkennzeichnungen von 35 Versorgern mit deren Angaben aus dem Jahr 2020. Das Ergebnis fasst das Gutachten so zusammen: „Der Grünstromanteil im Unternehmensmix der Vertriebe ist nach der neuen gesetzlichen Regelung um bis zu 56 Prozentpunkte niedriger als nach der alten Regel.“

Abweichungen von bis zu 56 Prozentpunkten

So betrug der ausgewiesene Ökostromanteil im Unternehmensmix von E.ON im Vorjahr noch 56 Prozent – in der neuen Kennzeichnung sind es nur noch 10 Prozent (minus 46 Prozentpunkte). Bei EnBW sinkt der Grünstromanteil von 65 auf 23 Prozent (mins 42 Prozentpunkte), bei Vattenfall von 66 auf 17 Prozent (minus 49 Prozentpunkte) und bei EWE von 51 auf 19 Prozent (minus 32 Prozentpunkte). Den größten Rückgang verzeichnen bei den untersuchten Versorgern die Stadtwerke Kiel von 60 auf 4 Prozent (minus 56 Prozentpunkte).

Im Gegenzug steigen die ausgewiesenen CO2-Emissionen pro Kilowattstunde Strom deutlich an. Denn bei den meisten Versorgern liegt der Anteil klimaschädlicher fossiler Energien im Unternehmensmix höher als im Vorjahr angegeben.

„Die Reform der Stromkennzeichnung ist ein Meilenstein für Verbraucherschutz und Energiewende. Erstmals können Kund*innen erkennen, wie grün die Strombeschaffung ihres Anbieters wirklich ist. Damit wurde die jahrelange Praxis des legalen Greenwashings endlich beendet“, freut sich LichtBlick-Sprecher Ralph Kampwirth.

Bis zum Vorjahr hatte der Gesetzgeber Stromversorger verpflichtet, neben den selbst beschafften erneuerbaren Energien auch geförderten Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Strom) in ihrer Kennzeichnung auszuweisen. Der rein rechnerische EEG-Anteil hatte aber nichts mit dem Stromeinkauf zu tun. Auf dem Papier wurden die meisten Anbieter mit dem wachsenden EEG-Anteil immer grüner. Im Gegenzug wurden die Anteile Kohle- und Atomstrom und auch die CO₂-Emissionen pro Kilowattstunde kleingerechnet. Erst die Reform des Energiewirtschaftsgesetzes im Sommer 2021 beendete das legale Greenwashing.

"Kennzeichnung muss weiterentwickelt werden"

Das Kurzgutachten des Hamburg-Instituts weist allerdings auch darauf hin, dass die Stromkennzeichnung weiter reformbedürftig ist. Denn die neuen Regeln gelten zunächst nur für den Unternehmensmix, der den vollständigen Stromeinkauf eines Versorgers abbildet. Bei der Kennzeichnung einzelner Tarife (Produktmix) müssen die Anbieter auch weiterhin einen rechnerischen EEG-Anteil von bis zu 65 Prozent ausweisen, der die Produkte deutlich grüner erscheinen lässt, als sie sind.

„Angesichts des wachsenden Ökostromanteils in Deutschland muss die Kennzeichnung weiterentwickelt werden. Nur so kann sie dem gesetzlichen Auftrag gerecht werden und eine objektive Grundlage für die Kaufentscheidung der Verbraucher*innen bilden“, so LichtBlick-Sprecher Kampwirth.

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