Neue Urteile rund ums Wohnen: 4 Fälle und ihre Auflösung
Lärm im Wintergarten
Wer einen ungenehmigten, noch nicht einmal genehmigungsfähigen Wintergarten als Wohnraum nutzt, der kann nicht darauf bestehen, dass ihm Schallschutzmaßnahmen im Zusammenhang mit einem Flughafenbau finanziert werden. So urteilte nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS die Verwaltungsgerichtsbarkeit. (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Aktenzeichen 6 A 4.20)
Das Urteil im Detail
Der Fall: Ein Anwohner des Großflughafens BER beanspruchte Schallschutz für seinen fast 25 Jahre alten Wintergarten. Der Raum werde von seiner Familie zu Wohnzwecken genutzt, argumentierte er. Das Anwesen liege innerhalb des für den Flughafen festgesetzten Tag- und Nachtschutzgebietes. Doch die Behörden verweigerten die Unterstützung mit der Begründung, weder sei der Wintergarten genehmigt noch könne er unter gegebenen Umständen genehmigt werden. Unter anderem verwiesen sie darauf, dass die Dachhaut dieses Anbaus nur aus einem vergleichsweise dünnen, lichtdurchlässigem Kunststoff bestehe, was den Brandschutzanforderungen nicht gerecht werde.
Das Urteil: Nach zutreffender Einschätzung der Behörden handle es sich hier „nicht um einen schützenswerten Wohnraum im Sinne der Schallschutzauflage“, entschied der zuständige Richter. Von einer genehmigten Nutzung zu Wohnzwecken könne nicht die Rede sein, es handle sich um einen Raum, „der baulich und funktionell von dem Wohnhaus abgetrennt ist und somit einer eigenständigen Nutzung dient“.
Kein Gewohnheitsrecht
Selbst wenn ein Grundstückseigentümer über einen sehr langen Zeitraum hinweg unwidersprochen einen Weg über das nachbarliche Anwesen nutzt, ergibt sich daraus noch kein Gewohnheitsrecht. Kommt es zu keiner Einigung, muss er die Nutzung des Weges einstellen. (Bundesgerichtshof, Aktenzeichen V ZR 155/18)
Das Urteil im Detail
Der Fall: Zwei Nachbarn stritten sich nach Jahrzehnten ohne größere Probleme um das Wegerecht, das durch ein Grundstück führte. Einer von beiden verwies darauf, dass er auf diese Zufahrt zu seinen (baurechtlich nicht genehmigten) Garagen angewiesen sei und dem ja auch über einen denkbar langen Zeitraum nicht widersprochen worden sei. Nach einem Eigentümerwechsel und einer Übergangsphase erklärten die neuen Grundstückseigentümer jedoch, sie würden einer weiteren Nutzung nun nicht mehr zustimmen.
Das Urteil: Der Bundesgerichtshof musste das letzte Wort sprechen, nachdem sich bereits Landgericht und Oberlandesgericht für eine weitere gewohnheitsrechtliche Nutzung ausgesprochen hatten. Die höchste Instanz sah das anders. Außerhalb einer Eintragung im Grundbuch und wegen anderer Ausnahmen wie eines Notwegerechts könne die Erlaubnis durchaus widerrufen werden. Der BGH verwies den Fall zurück an die unteren Instanzen, um zu prüfen, ob hier eine Ausnahme vorliege. Wenn nicht, bleibe es bei der Untersagung.
Schlimme Schäden
Hat ein Mieter nach einem Eigentümerwechsel schuldhaft einen Substanzschaden an der Immobilie verursacht, so können die Ausgaben für Reparaturen sofort als Werbungskosten geltend gemacht werden. (Bundesfinanzhof, Aktenzeichen IX R 6/16)
Das Urteil im Detail
Der Fall: Der frisch gebackene Eigentümer einer Mietwohnung trennte sich unter anderem wegen verweigerter Nebenkostenzahlungen von seinem Mieter. Im Zuge der Rückgabe des Objekts zeigten sich erhebliche Schäden – unter anderem eingeschlagene Scheiben an den Türen, zerstörte Bodenfliesen und Schimmelbefall an den Wänden. Auch war ein Rohrbruch nicht gemeldet worden. Nun ging es darum, wie der Eigentümer die Reparaturausgaben absetzen könne, als anschaffungsnahe Herstellungskosten über einen längeren Zeitraum oder als Werbungskosten auf einen Schlag.
Das Urteil: Der Bundesfinanzhof ging angesichts dieser schuldhaft verursachten Substanzschäden davon aus, dass es sich nicht um anschaffungsnahe Herstellungskosten handle, sondern um einen sofort geltend zu machenden „Erhaltungsaufwand“ und damit um Werbungskosten. Das sei anders zu bewerten als Aufwendungen für normale bauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Eigentumsübergang.
Mehr Haus als Boot
Dem allgemeinen Sprachgebrauch nach ist ein Hausboot etwas anderes als ein Gebäude. Doch unter bestimmten Voraussetzungen kann diese schwimmende Unterkunft in rechtlicher Hinsicht ähnlich behandelt werden wie eine normale Immobilie. Das musste der Besitzer eines überwiegend stationär genutzten Hausbootes zu seinem Leidwesen erfahren. Die Behörden verlangten von ihm eine sofortige Beseitigung des Bootes, weil dafür keine Baugenehmigung vorliege. Die Justiz stützte diese Rechtsauffassung. Konkret gelte hier die Landesbauordnung von Schleswig-Holstein, gegen die verstoßen worden sei und deswegen sei eine Beseitigungsanordnung berechtigt. Wenn ein Objekt – wie hier das Hausboot – überwiegend am selben Ort genutzt werden solle, dann greife eben auch die Bauordnung. (Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Aktenzeichen 8 B 6/21)