Da hilft nur ein Austausch: SHK-Hilfe nach der Flutkatastrophe im Ahrtal
Die Not ist groß im Ahrtal und in den angrenzenden Regionen – nach wie vor haben die Auswirkungen der Flutkatastrophe die Menschen und deren Alltag fest im Griff. Der SHK-Unternehmer Jörg-Peter Roos und ein Teil seines Teams sind als Helfer vor Ort im Einsatz. Im Gespräch mit der SBZ schildert er seine Eindrücke und spricht ein drängendes Problem an: Der Winter nähert sich mit großen Schritten, aber immer noch sind geschätzt mehrere Tausend Haushalte ohne funktionierende Heizung. Die verschlammten Anlagen sind nicht mehr zu retten.
Wenn die Auswirkungen der Unwetterkatastrophe im Ahrtal auch etwas aus dem Blickwinkel der Bevölkerung gerückt sind: Die Not ist immer noch sehr groß. Davon weiß auch Jörg-Peter Roos, Inhaber der Firmen „Roos, Bad + Heizung“ (Eppertshausen bei Darmstadt) und „Boller, Bad + Heizung + Spenglerei“ (Erlensee bei Hanau) zu berichten. Er ist mit einem Team SHK-Handwerker zurzeit im Ahrtal tätig. Dort ist die Versorgung mit Wärme das bestimmende Thema für viele Einheimische, es verschlimmert die Gesamtsituation: „Ich weiß nicht genau, wie ich die Lage im Ahrtal beschreiben soll, da fehlen einfach die Worte. Ich habe vor Ort viel erzählt bekommen, sowohl von Betroffenen als auch von freiwilligen Helfern. Die Bilder bekommt man nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn man es nicht selbst erlebt hat“, sagt Jörg-Peter Roos.
Wie viele Haushalte in den Flutwassergebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ohne Heizung sind, ist nach wie vor schwer abzuschätzen. Die Zahl dürfte allein im Ahrtal im fünfstelligen Bereich liegen. Doch die Zeit drängt, da schon jetzt die nächtlichen Temperaturen stramm Richtung einstellig gehen – und der Winter steht vor Tür.
Das Wasser hat die Heizungsanlagen zerstört
Heizungen im Keller sind durch das verschmutzte Wasser meistens komplett zerstört, da hilft nur der Austausch, sagen die Helfer. Durch die fehlende Gasversorgung sind auch funktionierende Anlagen betroffen, hier kann die Umstellung auf Flüssiggas den Menschen helfen. Noch einmal Jörg-Peter Ross, der mit unermüdlichem Engagement die Hilfe vorantreibt: „Es wird jede helfende Hand gebraucht, Handwerker aus dem SHK-Gewerk genauso wie Elektriker, Verputzer, Schreiner und auch jeder Helfer, der gewillt ist anzupacken.“ Als Sofortmaßnahme müssen wieder Türen und Fenster in den Gebäuden eingebaut werden. Dazu müssen sie vom Schlamm befreit und entkernt werden, danach gilt es, Bauwerke zu trocknen. Das heißt: Für den Winter müssen die Gebäude beheizt werden, damit keine weiteren Schäden entstehen. Nur so werden die Wohnungen in den Obergeschossen bewohnbar.
Unzählige freiwillige Helfer
Viele freiwillige Helfer und Firmen aus ganz Deutschland sind vor Ort und leisten unbürokratisch sowie unentgeltlich Unterstützung. Die meisten von ihnen dürften noch nie in ihrem Leben so viel und unter solch schwierigen Bedingungen gearbeitet haben: Sieben-Tage-Woche und Unterbringung in Helfercamps. Das Erstaunen über so viel Unterstützung führt zu bisweilen ungläubigen Aussagen, dazu das derbe Zitat einer betroffenen Anwohnerin, dass die Helfer aufgeschnappt haben: „Ich versteh das nicht, wo ihr überall herkommt, um uns den A… zu retten, ich versteh das nicht.“ Aber: Die Helferzahl ist rückläufig, da die Flut und ihre Folgen aus den öffentlichen Medien ziemlich verschwunden sind. Und das obwohl gerade das Thema „Heizung“ jetzt jeden Tag wichtiger wird!
Jeder kann sich einbringen
Die Firma Roos arbeitet momentan „ehrenamtlich“ im Ahrtal. Der Arbeitsaufwand wird erst mal gespendet, bis Versicherungsfragen geklärt sind. Die Hersteller von Heizungen leiten ihre Produkte direkt ins Katastrophengebiet, die Lieferungen dorthin haben höchste Priorität. Wie Jörg-Peter Roos informiert, wird z. B. auch die Innung SHK Hanau Heizungsbauprojekte im Ahrtal übernehmen. Um das Material zu finanzieren, werden weitere Spenden benötigt, außerdem natürlich weitere Innungen und SHK-Betriebe und Monteure, Hersteller und Lieferanten, die sich in den Dienst der guten Sache stellen.
Mehr tun als gewöhnlich
Stellvertretend für umfangreiche Hilfe steht die „AHRche“, die als gemeinnütziger Verein zur Katastrophenhilfe und im Wiederaufbau tätig ist. Sie wurde infolge der Flutkatastrophe im Juli 2021 im Ahrtal von der lokalen Bevölkerung wie auch von Helfern aus ganz Deutschland ins Leben gerufen. Vom Sitz in Ahrweiler aus unterstützt die AHRche mit ihrem Angebot die Anwohner direkt vor Ort, wie auch andere von der Flut Betroffene im Ahrtal und im weiteren Umkreis. (DTS)
Die AHRche
Die AHRche, ein gemeinnütziger Verein für Katastrophenhilfe und Wiederaufbau, wurde infolge der Flutkatastrophe im Juli 2021 im Ahrtal von der lokalen Bevölkerung wie auch von Helfern aus ganz Deutschland ins Leben gerufen. Sie unterstützt Anwohner vor Ort wie auch andere von der Flut Betroffene im Ahrtal und im weiteren Umkreis.
Das Helfer-Shuttle
Helfende Hände von auswärts wenden sich am besten an das Helfer-Shuttle. Es handelt sich um ein von Privatleuten eingerichtetes Angebot, um die Unterstützer ins Katastrophengebiet zu bringen.
Das Ahrtal nach der Katastrophe
- Knapp 250 Ortschaften betroffen
- An die 60 Brücken zerstört
- Geschätzt 5000 Heizungsanlagen sind unbrauchbar, entspricht ca. 20 000 Haushalten
- Das Gasversorgungsnetz ist teilweise zerstört; der Aufbau wird sich bis nächstes Jahr hinziehen, also über den Winter hinweg.
Dringend gesucht
- Heizungsbauer + Gas-/Wasserinstallateure + Elektriker + Schreiner, Verputzer + freiwillige Helfer
- 2 bis 4 Stk. Bürocontainer ca. 3 x 10 m oder auch 2,5 x 6 m, auch Doppelcontainer
- Lager- und Hochseecontainer
- Bauschuttcontainer mit Türen (müssen mit Schubkarren beladen werden)
- Bauwagen
- Lkw 7,5 t Kipper
- Traktoranhänger 3-Seiten-Kipper, Einachser
- Gasheizungsanlagen, geeignet für Flüssig- und Erdgas; die Anlagen werden jetzt mit Flüssiggas betrieben und müssen 2022
wieder auf Erdgas umgerüstet werden.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in SBZ Ausgabe 15/2021.