Klimadecken: Das sind die Möglichkeiten und Grenzen
Wärme kann auf drei Arten übertragen werden: durch Transmission, durch Konvektion oder durch Radiation. Transmission oder Wärmeleitung ist der Wärmetransport durch Materie, durch Übertragung von Bewegungsenergie von Atom zu Atom, von Molekül zu Molekül. Konvektion ist die Bewegung warmer Gase, wie zum Beispiel Luft, von A nach B. Radiation schließlich ist die Übertragung in Form von Strahlung. Für die Heizungsplanung sind in erster Linie Konvektion und Radiation relevant, wobei letztere als angenehmer empfunden wird und auch als die gesündere gilt. Sie trocknet unter anderem die Atemwege nicht aus.
Kehrt man das Temperaturgefälle um, kann man dem menschlichen Körper, einem Heizaggregat mit einer Leistung von um die 80 Watt, allerdings auch Wärme entziehen. Die hydraulische Flächenheizung wird so zur Flächenkühlung, die Deckenheizung zur Klimadecke. Anstatt des warmen Wassers wird jetzt kaltes durch die Rohre geleitet. Klimadecken arbeiten nahezu ohne Geräuschentwicklung und so gut wie ohne Luftbewegungen. Abgesehen davon, dass die zur Decke aufsteigende, warme Raumluft sich oben ebenfalls abkühlt und langsam wieder zu Boden sinkt. Wenn Bewohner:innen oder Nutzer:innen von Gebäuden diese Technik meist recht bald schätzen lernen, liegt das aber auch daran, dass man die Wirkung zuerst am Kopf spürt, wo sie die größte Erleichterung bringt. Es ist fast so, als würde man sich unter einem kühlen Nachthimmel aufhalten.
Die Leistung dieser Systeme hat natürlich Grenzen. Wird zu kaltes Wasser durch die Leitungen geschickt, kühlen die wärmeaufnehmenden Oberflächen zu stark ab und es wird unter Umständen der Taupunkt unterschritten. Es kommt zur Kondensation an den Systemkomponenten und den angrenzenden Bauteilen. Deswegen überwacht die Regelung permanent Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit, um den Vorlauf entsprechend anpassen zu können.
Geprüft werden die Anlagen nach der Norm DIN EN 14240, mit einer Differenz zwischen Raum- und mittlerer Vor- und Rücklauftemperatur („Untertemperatur“) von acht Kelvin. In der Praxis sollte diese Untertemperatur, dieses Delta, nicht überschritten werden.
Bauteilintegrierte und abgehängte Systeme
Abhängig von der Konstruktion sind die Klimadecken unterschiedlich reaktionsschnell. Bauteilintegrierte Leitungen, in die Betondecken eingegossen (Betonkernaktivierung) oder unter der Rohdecke beziehungsweise der Putzträgerdecke befestigt und dann verputzt, benötigen eine gewisse Zeit, um das Material um sie herum aufzuheizen oder abzukühlen.
Abgehängte Systeme, unterhalb der Rohdecke oder der Bestandsdecke aufgehängt, bei denen die Leitungen in Platten aus Gipsfasern, Gipskarton oder Lehm eingebettet sind, sind weniger träge. Noch rascher geschieht die Übertragung, handelt es sich um Platten aus Aluminium oder Stahl.
Eine Hybridlösung stellt die Kombination aus Metallschienen mit integrierten Leitungen und zwischen den Schienen eingelegten mineralischen Platten dar, die zugleich als Akustikplatten fungieren können. André Overbeck, Technischer Berater beim bayerischen Hersteller OWA, hebt die Vorzüge des Systems aus Schienen und Platten hervor, betont aber, dass es am effizientesten in bereits energetisch sanierten Gebäuden mit einem guten Wärmeschutz oder in energieeffizienten Neubauten arbeitet. Entscheidend sei die realitätsnahe Berechnung der Heizlast nach DIN EN 12831 sowie der Kühllast nach VDI 2078.
In diese Berechnungen müssen die Raumgeometrie, also Grundriss und Deckenhöhe, und die Art der Nutzung einfließen sowie Wärmequellen wie Beleuchtung, Computer, Drucker, Kopierer oder Maschinen, dazu die Fensterflächen und deren Ausrichtungen. Overbeck weist darauf hin, dass in Büro- und Verwaltungsgebäuden mit einem hohen Glasanteil der Betrieb ohne Außenverschattung unwirtschaftlich sein kann. Vorteilhaft sei die Kombination mit einer Lüftungsanlage, da man mit ihr die Luftfeuchtigkeit senken und damit das Kondensations- beziehungsweise Taupunktproblem entschärfen könne.
Passive und aktive Kühlung
Abgehängte Systeme müssen sich den Raum an der Decke unter Umständen mit noch anderen Technikkomponenten teilen, je nach Nutzung der Räume – neben der Beleuchtung zum Beispiel mit einer Sprinkleranlage oder Audiosystemen, was im Zuge der Planung berücksichtigt werden muss. Doch sind sie meist hinreichend flexibel, lassen sich recht einfach den unterschiedlichsten Gebäudetypen anpassen, was gerade für ihren Einbau in der Bestandssanierung spricht.
Reine Kühldecken können ihr kaltes Wasser von einer Kältemaschine erhalten, für die Klimadecken mit ihrer Doppelfunktion sind jedoch reversible Wärmepumpen die idealen Partner. Sie können im Sommer die über die Decken aufgenommene Wärme an das Medium weitergeben, dem sie in der Heizperiode die Energie entnehmen: Außenluft, Erdboden und Grundwasser.
Geschieht das ohne Einschalten ihres Kühlkreises, weil das Medium kälter ist als der Rücklauf aus den Klimadecken und die den Innenräumen entnommene Wärme ohne weiteres aufnehmen kann, wird „passiv“ gekühlt. Ist das Medium dagegen zu warm, wie im Sommer häufig die Außenluft, muss erst der Kühlkreis dem Rücklauf die Wärme entziehen und sie durch Verdichten auf ein höheres Niveau pumpen, also das nötige Temperaturgefälle für die Übergabe nach draußen erst erzeugen. Man spricht dann von „aktiver“ Kühlung.
Oft vergessen: Ist die Technik rückbaubar?
Vermehrt achten Investoren im Baubereich auf die Nachhaltigkeit der Projekte – ob aus eigenem Antrieb oder von der EU-Taxonomie angetrieben, sei dahingestellt. Diese Nachhaltigkeit müssen sie über Zertifikate nachweisen. Dabei spielen nicht nur die Dauerhaftigkeit der Immobilie eine Rolle, der Schadstoffgehalt der Materialien sowie der Gehalt an Grauer Energie, sondern ebenso die Kreislauffähigkeit. Das heißt: ob und mit welchem Aufwand Bauteile und Baustoffe wieder zurück in den Materialkreislauf eingebracht werden können. Trennbarkeit ist das Stichwort. Die ist bei den bauteilintegrierten Klimadecken eher nicht gegeben. Abgehängte Systeme dagegen lassen sich relativ einfach zurückbauen.