So funktioniert die Wärmepumpenkaskade: Regelung, Vorteile, Kombinationsmöglichkeiten
Im Fußball gewinnt selten das Team, bei dem alle Mitspielenden blind aufs gegnerische Tor stürmen. Den Sieg erringt, wer sich taktisch klug auf dem Spielfeld bewegt und sich das Spielgerät sicher zupassen kann. Ähnliches gilt für die sogenannte Wärmepumpenkaskade.
Es bringt keinen energetischen Gewinn, wenn die einzelnen Wärmepumpen in Kaskadenanlagen nicht vernünftig miteinander kommunizieren können und sich beim gemeinsamen Heizauftrag nicht abstimmen. Wie beim Fußball ein guter Coach das Spiel von außen überblickt und seine Anweisungen ins Feld ruft, so weiß die Steuerung bei einer Kaskadenanlage, wie viele und welchen Kessel es braucht, um den Wärmebedarf bestmöglich zu decken, sodass sie die entsprechenden Geräte ins Spiel bringen kann.
Kaskadenregelung: Smarte Steuerung der Wärmepumpen
Manche Hersteller bauen deswegen einen Kaskadenmanager in die Systemregelung ihrer Geräte ein. Über ein Buskabel werden die einzelnen Wärmepumpen miteinander verbunden. Bei der Kaskadenregelung von Max Weishaupt beispielsweise lässt sich jedes Gerät in ein Energiemanagementportal einbinden, um die Kaskade über das Internet mit dem Computer, einem Smartphone oder einem Tablet bedienen und überwachen zu können.
Wird die Anlage zum Heizen verwendet, bietet das Portal unter anderem die Möglichkeit, auf alle Anlagenparameter, die Fernüberwachung und die Steuerung zugreifen zu können und sich Energiebilanzierung und Verbräuche der Wärmepumpenkaskade anzeigen zu lassen. Die Industrieunternehmen können mit einer App beispielsweise Heizprogramme oder Temperaturen ändern – und auf diese Weise dem Zusammenspiel des Wärmepumpen-Teams die Richtung vorgeben.
Praxisbeispiel: Wärmepumpenkaskade für Unternehmen
Auch bei AIT-Deutschland ist die Kaskadenschaltung in der Regelung intergiert. Sie kann vier Fix-Speed-Wärmepumpen berücksichtigen. Für komplexere Anwendungen besteht die Möglichkeit, die Wärmepumpen über eine Schnittstelle zum BACnet, einem Netzwerkprotokoll für die Gebäudeautomation, von einer übergeordneten Regelung der Gebäudeleittechnik zu führen.
Worauf es bei der Einstellung der Wärmepumpen bezüglich der Kaskadenschaltung ankommt, erläutert Dieter Degner, Leiter des Produktmanagement Heiztechnik von AIT-Deutschland: „Sie sollte sicherstellen, dass ein kurzfristiges Ein- und Ausschalten sowie ein häufiges Takten der Verdichter vermieden wird.“
Bei Geräten, bei denen ein Inverter die Leistung regelt, müsse zudem darauf geachtet werden, dass für den Inverter keine Zu- und Abschaltung der Spannung stattfinde, damit der Verdichter geregelt zu- beziehungsweise abgeschaltet werden könne.
Führungsgröße gibt die Richtung der Anlage vor
Als Führungsgröße für die Anlage dient bei AIT-Deutschland die benötigte Gebäudeheizleistung bzw. die Gebäudekühlleistung. An ihr orientiert sich, wie viele Wärmepumpen in einer Kaskade laufen müssen, um den Zielwert zu erreichen. Bei den Geräten von Ochsner lassen sich verschiedene Führungsgröße wählen: der Bivalenzpunkt Außentemperatur, der Bivalenzpunkt Vorlauftemperatur, die fehlende Leistung in Prozent oder die fehlende Leistung in Kilowatt.
„Die Führungsgröße ist in der Regel die Temperatur“, erklärt Matthias Elsasser, Leiter des Produktmanagements Heiztechnik bei Daikin Airconditioning Germany. Werde der Sollwert unterschritten, schalte die Steuerung einen weiteren Wärmeerzeuger zu. „Leistungskurve über aktuellen Wärmebedarf“, nennt Elsasser das Prinzip.
Alternativ lassen sich die Wärmepumpen in der Kaskade auch zu- oder abschalten, wenn ein bestimmter Betriebspunkt erreicht wird. Dabei wird der Kaskadensteuerung beispielsweise eine fixe Lastkurve über die Außentemperatur vorgegeben. Die Steuerung schaltet dann je nach gemessener Außentemperatur nach dem First-in-First-out-Prinzip zu oder ab. Sprich: Das Ein- und Auswechseln der Teamplayer orientiert sich an deren aktueller Laufzeit. Die Anlage, die als erste angeschaltet wurde, wird als erste wieder abgeschaltet.
Kaskadenschaltung: Unterschiedliche Steuerung
Heizungsanbieter Dimplex unterscheidet bei der Wärmepumpenkaskade zwischen einer dezentralen und einer zentralen Steuerung. Sein Masterregler bietet eine flexible Kaskadierung von bis zu 14 Wärmepumpen. Zentral geregelt arbeiten ja nach Anforderung eine oder mehrere Wärmepumpen, damit genügen Warmwasser bereitsteht, ausreichend Heizwärme zum Heizen oder Kühlung erzeugt wird oder das Schwimmbad angenehm temperiert ist. Im Störungsfall kann jede Wärmepumpe die Funktion einer anderen übernehmen.
Bei der dezentralen Steuerung bearbeiten bestimmte Wärmepumpen in der Kaskade vorrangig eine Anforderung. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Warmwasserbereitung, Heizung und Kühlung parallel bedienen. Sobald die Warmwasser- oder Schwimmbad-Anforderung parallel abgearbeitet wurde, steht die Wärmepumpe auch für die Heizungsunterstützung zur Verfügung.
Wann eine Wärmepumpenkaskade sinnvoll ist
Es gibt einige Vorzüge, die für Mehrgeräteanlagen sprechen und Einsatzgebiete, für die sie sich anbieten. „Damit kann die Effizienz des gesamten Heizsystems erhöht werden“, schreibt der Bundesverband Wärmepumpe in seiner Publikation „Gewerbeobjekte und Industrieanlagen mit Wärmepumpe“ zu den Vorteilen eines flexiblen Anlagenbetriebs. Ferner würde sich durch die Reihenschaltung von mehreren Wärmepumpen ein höheres Temperaturniveau im gesamten Heizsystem ergeben, was für industrielle Prozesse interessant sein könne.
Kaskaden bieten sich immer dann als Lösung an, wenn:
- Eine große Heizleistungen ist erforderlich.
- Der Heiz-, Warmwasser- und Kühlbedarf schwankt stark oder muss parallel gedeckt werden.
- Es wird gleichzeitig ein hohe Anlagenverfügbarkeit erwartet.
„Mit Wärmepumpenkaskaden lassen sich Lastspitzen besser kompensieren und die Grundlast wird möglichst effizient abgedeckt“, formuliert Elsasser von Daikin. Ihr Einsatz macht deshalb nicht nur in Gebäuden einen Sinn, deren Energiebedarf außerhalb des Leistungsbereichs eines einzelnen Wärmeerzeugers liege, sondern auch in solchen mit einer hohen Lastfluktuation, wie zum Beispiel in Hotels. Wärmepumpenkaskaden kommen außerdem immer häufiger in Nahwärmenetzen von Quartieren zum Einsatz.
Kaskade aus Wärmepumpen: Vorteile
Die Taktik, mehrere kleine Player auf dem Spielfeld zu verteilen, anstatt auf einen großen Alleinunterhalter zu setzen, bietet außerdem den Vorteil eines flexiblen, effizienten Systems. „Während sich leistungsgeregelte Wärmepumpen im kleinen Leistungsbereich optimal an den jeweiligen Bedarf anpassen können, kann die Modulation bei größeren Leistungsbereichen häufig schwierig sein“, erklärt Elsasser. Die Kaskadierung standardisierter Wärmepumpen hält er, bezogen auf die Investitionskosten, für häufig günstiger als projektbezogen gefertigte Sondermodelle.
Außerdem ermöglicht es eine Kaskade, Anlagen flexibler zu planen. So lassen sich Geräte mit unterschiedlichen Leistungen und Vorlauftemperaturen in einer Anlage miteinander verknüpfen. „Eine Kaskadenanlage kann deshalb individuell an den Bedarf des jeweiligen Objektes angepasst werden“, erläutert Viessmann-Pressesprecher Wolfgang Rogatty. Liegen zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus eine Warmwasseranforderung und eine Heizungsanforderung parallel vor, so kann eine Hochtemperatur-Wärmepumpe mit 70 Grad Celsius Vorlauftemperatur den Speicher-Wassererwärmer auf 60 Grad Celsius aufheizen, während andere Kaskadenmodule die Heizung mit wesentlich geringeren Temperaturen versorgen können. Das wäre mit einer Einzelmaschine nicht möglich.
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Schließlich kann der redundante Betrieb mehrerer Wärmepumpen die Betriebssicherheit erhöhen. Denn sollte ein Aggregat ausfallen oder eine Wartung notwendig werden, lässt sich die Gesamtanlage weiter betreiben – meistens sogar ohne spürbare Nachteile für die Nutzer. „Das ist zum Beispiel in vermieteten Wohngebäuden mit Blick auf die Zufriedenheit der Bewohner und potenziell drohende Mietkürzungen ein nicht zu unterschätzender Vorteil“, sagt Wolf-Markteinführungsmanager Maximilian Schmidt.
Laufzeiten bei Kaskadenregelung abstimmen
Welche Wärmepumpe neu ins Spiel kommt oder rausgenommen wird, entscheidet bei AIT-Deutschland die Laufzeit der Verdichter. „Die Verdichter mit den geringeren Laufzeiten starten als erste“, beschreibt Degner die Startaufstellung. Wie lange eine Wärmepumpe schon aktiv ist, lässt sich durch eine Überwachung der Verdichterlaufzeiten ermitteln.
Die Einschalt- und Laufzeitoptimierung beim Heizungsanbieter Wolf erläutert Pressereferentin Karin Prechtner:
„Ziel ist es, die Laufzeit des Führungsgeräts zu maximieren. Sobald ein zweites, drittes oder viertes Gerät zugeschalten werden muss, sollte das erste Gerät adäquat heruntermodulieren. Dabei sollten die Geräte auch in festgelegten Intervallen die Führungsrolle untereinander wechseln. Bezüglich des Gerätefolgewechsels wird nach einstellbaren Betriebsstunden des aktuellen Führungsgerätes die Reihenfolge gewechselt. Dabei wird jeweils das nächste Gerät rotierend zum Führungsgerät.“
Dadurch lasse sich ein Ausgleich der Betriebsstunden über alle Wärmepumpen der Kaskade erzielen.
Beispiel für modulierende Geräte
Das Führungsgerät läuft auf 80 Prozent seines Gesamtmodulationsgrades, das nachgeschaltete Gerät wird angefordert und läuft auf 40 Prozent an. Parallel moduliert das Führungsgerät auf 40 Prozent herunter, um eine unnötig hohe Leistung zu verhindern. Sie könnte dazu führen, dass die Gesamtanlage abschaltet.
Sobald das zweite Gerät 40 Prozent seiner Leistung erreicht hat, moduliert das Führungsgerät auf volle Leistung. Alle nachgeschalteten Wärmepumpen arbeiten mit einer intelligenten Einschalt- und Laufzeitoptimierung ebenfalls nach diesem Prinzip.
Fazit: Verschiedene Wärmepumpen-Typen kombinieren
Nicht nur Geräte der jeweiligen Wärmepumpenarten lassen sich kombinieren. Genauso ist es bei einigen Herstellern möglich, beispielsweise Luft-Wasser-Wärmepumpen mit Sole-Wasser-Wärmepumpen zusammenzuschalten. In diesem Fall sollten laut Degner neben der bedarfsorientierten Führungsgröße regelungstechnisch weitere Kriterien berücksichtigt werden, etwa die Außentemperatur.
Als Beispiel für eine nützliche Kombination nennt der Fachmann den Fall, bei dem aufgrund einer limitierten Erdreichwärmeentzugsarbeit eine Luft-Wasser-Wärmepumpe die Heizung bis zu einer festzulegenden Außentemperatur von beispielsweise minus zwei Grad Celsius bedienen würde. Unterhalb der Temperatur kann die Sole-Wasser-Wärmepumpe die Heizung übernehmen.
Ein anderes Beispiel: Die Firma Ratiotherm baut Vertriebsleiter Michael Westermaier zufolge häufig zweistufige Systeme, bei denen eine Luft-Wasser-Wärmepumpe effizient Niedertemperaturwärme erzeugt, die eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe als Quelle nutzt und auf 75 Grad Celsius aufheizt. „Solche Anlagen werden häufig in der Sanierung im Innerstädtischen realisiert, wo nur Luft als Quelle infrage kommt, aber im Mietobjekt dennoch eine effiziente Trinkwasserhygienisierung gewährleistet sein soll“, berichtet Westermaier. So oder so – richtig aufgestellt und mit der passenden Einstellung bildet jede Wärmepumpenkaskade ein effizientes Team.
Worauf Energieberater:innen bei der Wärmepumpenkaskade achten müssen
- Eine Kaskadenschaltung bedingt zumeist einen erhöhten Aufwand für Planung und Installation.
- Mehrere kleine Geräte benötigen in der Regel mehr Platz als eine Großwärmepumpe.
- Unterschiedliche Wärmepumpenarten lassen sich kombinieren, zum Beispiel Luft-Wasser- mit Sole-Wasser-Wärmepumpen. Die Kombination bedarf jedoch einer exakten Planung sowie einer genauen Effizienz-, Kosten- und Nutzenanalyse.
- Die Wärmepumpen sollten für eine Kaskadenschaltung über eine Schnittstelle für eine übergeordnete Steuerung verfügen oder mit einem Kaskadenregler ausgestattet sein.
- Puffer-Warmwasserspeicher und die Verrohrung müssen auf die Zahl der Wärmepumpen ausgelegt werden.
- Die hydraulische Verschaltung der Gesamtanlage muss ebenfalls planerisch geprüft werden (dazu gehören die hydraulische Weiche und das Vorschaltgefäß).