Die Kombination macht's: Mini-BHKW plus Ziegelspeicher, Kaltdach und Solar
In Leuna steht ein Einfamilienhaus, das hinsichtlich der Strom- und Wärmeversorgung und in Kombination mit einem ungewöhnlichen Speicherkonzept selbst die vorberechneten Werte aus der EnEV auf den Kopf stellt. Hauseigentümer Norbert Hoffmann hat es mit seiner HoffTech Energy konzipiert und realisiert. Wir stellen das Projekt vor.
Das Energiesystem besteht aus zwei Kreisen, einem Strom- und einem Wärmekreis. Im Zentrum des Stromkreises steht bei Norbert Hoffmann eine Brennstoffzelle mit einer elektrischen Leistung von 1,5 kW sowie 600 W Wärmeleistung, das Mini-BHKW BG-0 von Solid Power (Die BG-0 Serie von Solid Power ist inzwischen ausgelaufen. Nachfolgerin ist die BG-15). Die elektrische Effizienz der Anlage beträgt nach seinen Angaben 57%. Die bei der Stromproduktion anfallende Wärme wird zu fast 100% im Haus genutzt. Zum Betrieb nutzt Hoffmann Erdgas.
„Die Brennstoffzelle läuft 365 Tage im Jahr und rund um die Uhr. Alles, was über die Grundlast hinausgeht, kommt aus dem öffentlichen Netz. Im Jahr benötigen wir derzeit zwischen 350 bis 400 kWh externen Bezug, Tendenz sinkend“, berichtet er. Akut nicht benötigten Strom speist Norbert Hoffmann ein, der ihm vom Netzbetreiber nach Börsenpreis vergütet wird, derzeit (Stand Mai 2022) ca. 18 ct/kWh. Sein Eigenstrom koste ihn 10 ct/kWh, berichtet er.
Das Wärmekonzept
Das Wärmekonzept im Haus der Hoffmanns basiert auf einem Festkörperspeicher und einem Schichtwasserspeicher. Der Festkörperspeicher besteht aus alten Maurerziegeln und befindet sich flächig unter dem Haus. Der Speicher besitzt ein imposantes Volumen von rund 130 m3 (ca. 10 x 10 m und 1,5 m in der Tiefe) und es wurden annähernd 12.000 Ziegel darin verbaut. Mittlerweile hat Hoffmann sein Konzept weiterentwickelt, so dass heute auch Ziegelbruch verarbeitet werden kann.
Dieses Bauteil wird mittels Solarthermie und Wärme aus der Brennstoffzelle "aufgeladen" auf rund 60°C. Die Wärme der Brennstoffzelle dient zum einen der Brauchwassererwärmung und zum anderen wird die überschüssige Wärme in den Ziegelspeicher eingespeist.
Der 15 m2 Röhrenkollektor (Hersteller: Akotec) auf dem Dach bringt laut Norbert Hoffmann ca. 9.800 kWh an Wärme im Jahr- ganzjährig, auch bei diffusem Licht. „Dazu kommen noch mal rund 5.500 kWh aus der Brennstoffzelle bei einem nach EnEV errechneten Bedarf von 7.300 kWh und einem tatsächlichen Bedarf von rund 5.000 kWh, Tendenz weiter sinkend. Der Speicher lädt sich mit den Überschüssen immer weiter auf“, berichtet er.
Von den 5.500 kWh Wärme aus der Brennstoffzelle werden 3.500 bis 4.000 kWh in den Ziegelspeicher geladen. Die Übertragung erfolgt über eine Rohrleitung. Es wurden rund 1.200 m Leitungen im Speicher verlegt.
Die zweite Säule im Speicherkonzept ist ein Schichtwasserspeicher mit einem Volumen von 1.000 l. Er koordiniert sämtliche Wärmeströme: „Der Brauchwasserbereich wird vorrangig durch die Brennstoffzelle aufgeladen. Wenn die Solarthermie die erforderliche Wärme errreicht, lädt diese diesen Bereich vollständig durch bzw. den gesamten Schichtwasserspeicher. Verbrauch vor Einlagerung ist das Prinzip. Sind alle Bereiche geladen, regelt der Schichtwasserspeicher ab und die gesamte Wärme geht in den Ziegelspeicher“, erläutert Hoffmann.
Die Wärmenutzung
Dass hier sehr viel mehr Wärme entsteht als tatsächlich benötigt wird - sogar noch deutlich weniger als nach der EnEV berechnet -wirft die Frage auf, wie sie praktisch genutzt wird bzw. überhaupt genutzt werden kann. Über die Wärme aus dem Ziegelspeicher wird die Fußbodenheizung gespeist. In nicht unerheblichem Maße von der Durchschlagswärme aus dem Ziegelspeicher, das heißt, sie „heizt“ ohne überhaupt in Betrieb zu sein. Diese Wärme schafft den Ausgleich zum Wärmeverlust nach außen. „Diese Durchschlagswärme führt zu einem stark verzögerten Heizbeginn. Letzten Herbst haben wir somit die Heizperiode um 6 Wochen verschoben. Je besser der Speicher durchgeladen ist, um so mehr verschiebt sich der Zeitpunkt“, berichtet Norbert Hoffmann.
Er hat auf Kapillarrohrmatten verzichtet und eine normale Fußbodenheizung verbaut, in Teilen mit Speicherestrich. Seine Begründung: Kapillarrohrmatten sind ein sehr schnelles System: „Innerhalb weniger Minuten merken Sie dort die Wärme. Da wir aber mit passiver Wärme arbeiten, ist eine schnelle Erhöhung der Temperatur nicht nötig. Alle Fußbodenplatten werden als zusätzlicher Speicher gebraucht. Wenn die Sonne genug Wärme bringt über den Tag, laden wir die Wärme immer in die Fußbodenheizung. Damit laden wir im Niedertemperaturbereich von 25°C. Somit ist das Haus mit ca. 22/23°C vollständig aufgeheizt.“
Die Speicherisolierung
Das Speichern von Wärme ist immer verbunden mit ungewollten, aber unvermeidbaren Wärmeverlusten. Wie sieht es bei den Hoffmanns aus, insbesondere, weil der zentrale Speicher so groß ist? Die Außendämmung des Speichers erfolgt mit Perimeterdämmung und oder Schaumglasschotter. „Die Verluste kann ich derzeitig nicht definieren, da wir keinerlei Sensoren außerhalb verbaut haben. Diese dürften aber nicht allzu hoch sein, da wir im Winter den Schnee ohne zu tauen bis an das Haus heran haben“, berichtet Norbert Hoffmann. Innerhalb des Hauses gibt es eine thermische Trennung vom Speicher zum Gebäude.
Das architektonische Konzept/TGA
Das Strom- und Wärmeversorgungskonzept ist aber auch eingebunden in eine architektonische Gesamtkonzeption des Gebäudes, was wiederum Wechselwirkungen erzeugt.
Ein Problem heutzutage, das im Zuge besser gedämmter Gebäude größer wird, sind passive Wärmegewinne über die Fensterflächen, die nicht mehr abgeführt werden können. Das Haus der Hoffmanns hat einen Fensterflächenanteil von 30% an der Fassade (65 m2 Glas bei ca. 220 m2 gesamte Außenfläche der Hülle), was auf die Problematik bezogen bereits relativ viel ist. Das Zusammentreffen aus passiver Wärmegewinnung über die Fenster und der permanenten Wärmetransmission über die Fußbodenheizung würde zum Problem. Die Hoffmanns haben es auf zweierlei Weise angegangen. Zum einen ist mehr als die Hälfte der Glasfläche elektrochrom ausgelegt (35 m2). Die elektrochromen Fenster werden, wenn die Zieltemperatur erreicht ist, gedimmt, um den weiteren Wärmeeintrag zu verringern.
Zum anderen ist das Dach als eine Art Kaltdach konzipiert. Die Luftebene zwischen Sparren und Ziegeln wurde erheblich erhöht. „Damit wird die entstehende Wärme unter den Ziegeln durch eine Sogwirkung weggezogen nach oben. Kalte Luft wird von unten angezogen und warme Luft oben über den First abgeführt. Im Winter dreht sich das um und wird zur zusätzlichen Dämmschicht“, berichtet Norbert Hoffmann. Durch diese Konstruktion hätten sie außerdem eine Klimatisierung eingespart.
Erfahrungen aus der Praxis
Hoffmann dokumentiert die Bilanzströme akribisch. Die Erfahrungen aus den ersten drei Jahren zeigen, dass ab ca. April die Brennstoffzelle faktisch nur noch auf den Ziegelspeicher läuft, da der Schichtwasserspeicher allein über die Thermie die erforderliche Wärme vorhält.
Zu den Daten 147 m2 Wohnfläche, 3 erwachsene Personen, Fachwerk ermittelt die EnEV laut Norbert Hoffmann 7.300 kWh Wärmebedarf bei 21°C. „Wir haben immer mindestens 23°C und wir werden jetzt im dritten Winter sicherlich die 5.000 kWh unterschreiten.“ 90% des im Haus benötigten Stromes erstellen die Hoffmanns nach eigenen Angaben selbst, und das zu einem Preis von ca. 10 ct/kWh aktuell.
Was ist sein Geheimnis? Ein kleines, dass er noch zwei Freunde mit im Boot hat. Der eine hat eine eigene Steuerung für das System konzipiert, der andere erfasst und verarbeitet technische Daten zur Auswertung und Weiterentwicklung, wobei unterschiedliche Steuerungsmodalitäten geprüft werden.
Hoffmann hat in der Weiterentwicklung des Ziegelspeichers Speicherkerne ausgebildet und dadurch nach eigenen Angaben die Austragungsverluste drastisch reduziert. „Ist letztlich ein anderes Verlegemuster der Rohre, aber eben deutlich effizienter“, skizziert er.
Jede Komponente des Systems könnte er auch für sich alleine betreiben. „Das sind doch alles bekannte Bauteile“, hört er öfter, wenn er sein System vorstellt. „Ja, das stimmt“, sagt er dann. Es gehe vielmehr darum, sie sinnvoll miteinander zu verschalten: Erst die Kombination und die Synergieeffekte machen es zu dem, was es ist.
Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.