IG Infrarot stellt traditionelle Heizsysteme infrage
Die Hersteller von Infrarotheizungen (IR-Heizungen) sind dabei, mit Unterstützung zahlreicher Forschungsinstitute eine Alternative zur klassischen Warmwasserheizung aufzubauen. Lars Keussen, Vorstand IG Infrarot Deutschland, betont, dass Infrarotheizungen schon heute die Kriterien des Gebäudeenergiegesetzes erfüllen. Die Vorteile gegenüber der klassischen Wärmepumpenheizung seien die sehr geringen Energieverluste, die gute Regelbarkeit – quasi „on demand“– und der geringe Installationsaufwand durch die Nutzung bereits vorhandener Stromleitungen.
Doch auch bei der Sanierung von Bestandsgebäuden könnte die Infrarotheizung von Fall zu Fall interessant sein - beispielsweise als hybride Komponente zur vorhandenen Warmwasserheizung. Wichtige Impulse für die Infrarotheizung könnten künftig auch von der Verpflichtung der Energieversorger ausgehen, allen Kunden einen dynamischen Stromtarif anzubieten. Auch die in einzelnen Bundesländern bestehende beziehungsweise eventuell kommende Solardachpflicht könnte positive Rückwirkungen auf Infrarotheizungen haben. Weitere Impulse könnten vom Ausbau der Elektromobilität im Zusammenhang mit bidirektionalem Laden ausgehen, so Keussen.
Zukunft Bau sieht weiteren Forschungsbedarf bei IR-Heizsystemen
Das Forschungsprojekt IR Bau 1 - ausführlich „Potenzial von Infrarot-Heizsystemen für hocheffiziente Wohngebäude“ - hat sich bereits in den Jahren 2017 bis 2019 mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Low-Tech-Lösung Infrarotheizung in sehr gut wärmegedämmten Wohngebäuden eine preisgünstige Lösung und damit eine Alternative zur klassischen Warmwasser-Wärmepumpenheizung sein kann.
Grob gesagt kann diese Frage mit einem „Ja, aber“ beantwortet werden. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass Forschungsberichte fast immer mit dem Hinweis enden, dass weiterer Forschungsbedarf bestehe. Deshalb war es auch im Fall des Forschungsprojekts IR Bau 1 aufgrund der noch offenen Fragen naheliegend, ein Anschlussprojekt mit dem Titel „Ergänzende Untersuchungen zum Potenzial von IR-Heizsystemen“ zu initiieren. Unklar ist beispielsweise, ob reflektierende Oberflächen in einem Raum die Effizienz eines IR-Heizsystems verbessern.
Keine Zweifel bestehen daran, dass Infrarotheizungen aufgrund ihrer geringen thermischen Speichermasse sehr reaktionsschnell die Temperatur im Raum regeln, auch weil sie thermisch von der Baumasse entkoppelt sind. Bei Labormessungen zwischen einem Raum mit Fußbodenheizung und einem Raum mit Infrarotheizung lag die Differenz beim Stromverbrauch bei 15 % zugunsten der IR-Heizung.
Noch gravierender sind die Unterschiede bei den Übergabeverlusten der beiden Heizsysteme. Zitat aus der Zusammenfassung der Studie: „Die Labormessungen in Verbindung mit den Simulationsmodellen haben ergeben, dass Infrarotheizungen gegenüber wassergeführten, im Heizestrich verlegten Fußbodenheizungen mindestens 50 % geringere Übergabeverluste aufweisen.“ Je nach Messverfahren – reaktionsschnelle Infrarotthermometer anstelle von Globesonden – würde die Fußbodenheizung gegenüber einer Infrarotheizung bei den Übergabeverlusten sogar noch schlechter abschneiden. Hier bestehe weiterer Forschungsbedarf, so die Wissenschaftler der Studie.
Rückseitige Dämmung ist wichtig
Auch das leidige Thema Strahlungswirkungsgrad sprechen die Wissenschaftler an. Je nach Hersteller variiere dieser zwischen 40 und 70 %. Wichtig sei deshalb eine wirkungsvolle rückseitige Dämmung des IR-Paneels sowie eine bevorzugte Platzierung an der Decke, da so die Wärmeübergabe durch Konvektion verringert werde.
Nicht so ganz ins Bild der IR-Marketingakteure passen die in Laborräumen vorgenommenen Vergleichsmessungen zwischen einer deckenaufgehängten Infrarotheizung, einer elektrischen Fußbodenheizung und einer Warmwasser-Fußbodenheizung mit Luft/Wasser-Wärmepumpe. In der Heizperiode 2018/19 habe die IR-Heizung 2,9-mal mehr Strom und die elektrische Fußbodenheizung (Trockenbau) 3,4-mal mehr Strom verbraucht als die Wärmepumpenheizung.
Die Wissenschaftler räumen jedoch ein, dass sich die Ergebnisse wegen der Ausrichtung (nur südorientierte Räume) und einer nicht exakten Bilanzgrenze nicht unmittelbar auf reale Gebäude übertragen lassen. Gerade bei Wärmepumpenheizungen sei der Stromverbrauch in hohem Maße auch von der Güte des installierten Heizsystems abhängig, so die Studie. Anders gesagt: Auch die Wärmepumpenheizung mit klassischem Warmwassersystem hat noch Optimierungspotenzial.
Vorzeigeprojekt Low-Tech-Genossenschaftsbau K76
Eines der Vorzeigeprojekte der IR-Branche ist das bereits im Jahr 2017 realisierte Mehrfamilienhaus und Bürogebäude K76 in Darmstadt (1360 m2 Wohnfläche, 4 Geschosse, 15 Wohneinheiten). Grundsätzlich bewerten die Bewohner des Pilotprojekts das IR-Heizsystem als thermisch behaglich und gut bedienbar. Die Entscheidung für ein PV-System im Hinblick auf die Nutzung des Solarstroms für die IR-Heizung wird von den Wissenschaftlern des IR-Bau-Projekts als richtig und – berechnet über einen Lebenszyklus von 50 Jahren – sogar als wirtschaftlicher gegenüber einer entsprechenden Luft-Wärmepumpenheizung angesehen.
Vergleichende Berechnungen von Lebenszyklusanalyse (LCA = Ökobilanz) und Lebenszykluskostenanalyse (LCC) hätten gezeigt, dass in sehr gut gedämmten Wohngebäuden (< 30 kWh/m2 a Jahresheizwärmebedarf) bis ca. 1500 bis 2000 m2 beheizte Wohnfläche eine IR-Heizung Vorteile in ökologischer und ökonomischer Sicht gegenüber einer Wärmepumpenheizung aufweisen kann. Je kleiner und besser ein Haus gedämmt ist, desto größer sind die wirtschaftlichen Vorteile eines IR-Heizsystems gegenüber einem Wärmepumpensystem, so die Zusammenfassung der Forschungsergebnisse.
Im Anschlussprojekt IR Bau 2 geht es darum, die Optimierung von IR-Systemen und PV-Systemen hinsichtlich ökologischer und ökonomischer Effizienz genauer zu untersuchen sowie die von Personen unterschiedlich empfundene thermische Behaglichkeit in von IR beheizten Räumen genauer zu bewerten und Vorschläge über die Projektierbarkeit des Gesamtsystems IR/PV auszuarbeiten. Hierbei soll Fachwissen generiert werden, das für den Entscheidungsprozess, also die Motivation von Bauherren und Planern, notwendig ist.
Auch die Vergleichbarkeit der am Markt angebotenen IR-Heizsysteme – nach Ansicht des Autors ist das Angebot an Unübersichtlichkeit kaum zu überbieten – ist Teil des Projekts. Auf großes Interesse dürften die Fragen nach der Netzdienlichkeit und dem Eigenversorgungsgrad von IR/PV-Systemen stoßen. Spannend ist auch die Frage, welche Auswirkungen ein vermehrter Einsatz von IR-Heizungen auf das Gesamtenergiesystem in Deutschland haben könnte.
„Fehlende belastbare Bewertungen“
Prof. Dr.-Ing. Bert Oschatz, Geschäftsführer des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung (IGT), Dresden, referierte über die aktuelle Fassung des Gebäudeenergiegesetzes im Hinblick auf die Rolle der Infrarotheizung. Dort heißt es sinngemäß:
Eine Stromdirektheizung darf in einem zu errichtenden Gebäude nur dann eingebaut werden, wenn das Gebäude die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz nach § 16 und § 19 um mindestens 45 % unterschreitet. Für den Einbau in bestehende Gebäude ist eine Unterschreitung des Wärmeschutzes nach § 16 und § 19 um 30 % vorgegeben. Ist im Gebäude bereits eine Warmwasserheizung installiert und soll diese mit einer Stromdirektheizung nachgerüstet werden, liegen die Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz nach § 16 und § 19 bei mindestens 45 %. Für Ein- und Zweifamilienhäuser, in denen die Eigentümer eine Wohnung selbst bewohnen, gibt es keinerlei Einschränkungen in Bezug auf den baulichen Wärmeschutz. Das Gleiche gilt für den Fall, dass Einzelgeräte wie Nachtspeicheröfen oder Elektrokonvektoren ersetzt werden, ebenso für Hallen mit über 4 m Höhe und dezentralem Heizsystem. Als Rechenregel gilt die DIN 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“. Die Bundesregierung begründet die Entscheidung damit, dass Strom im öffentlichen Netz bereits zu 50 % aus erneuerbaren Quellen stammt und dieser Anteil kontinuierlich steigen wird. In einer Pro- und Kontra-Gegenüberstellung brachte Oschatz die künftige Rolle von IR-Heizungen auf den Punkt.
Skepsis sei dagegen angebracht bei der Bewertung, ob die Stromkosten bei einem wachsenden Anteil der erneuerbaren Energien tatsächlich sinken werden, so Oschatz. Bei PV-Anlagen und Stromspeichern sei hingegen mit weiter nachgebenden Investitionskosten zu rechnen.
Aktuell fehlt es laut Oschatz noch an belastbaren Bewertungen von ausgeführten Infrarotheizungen, um daraus eine Empfehlung abzuleiten. Diese sei jedoch „in Arbeit“.
Nur noch maximal 4,2 kW Haushaltsstrom?
Wie künftig Warmwasserheizungen in Bestandsgebäuden mittels Wärmepumpe und einer hybriden Infrarotheizung zur Spitzenabdeckung energetisch saniert werden können, erklärte Prof. Dr.-Ing. habil Joachim Seifert, Bereichsleiter Gebäudeenergietechnik am Institut für Energietechnik der Technischen Universität Dresden. Seifert hat bereits auf der IR-Konferenz 2023 die energetische Sanierung eines gasbeheizten Einfamilienhauses mithilfe einer hybriden, infrarotunterstützten Wärmepumpenheizung vorgestellt. Diese Studie wurde jetzt um fünf Gebäudeklassen mit vergleichsweise schlechten Dämmstandards erweitert. Seifert betonte, dass auch bei den weiteren Untersuchungen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen außer Acht gelassen wurde.
Probleme bei solchen hybriden Systemen könnte seiner Ansicht nach künftig von § 14a EnEG (Energiewirtschaftsgesetz) ausgehen. Demnach dürfen Netzbetreiber bei drohender Überlastung des Stromnetzes den Strom für Wärmepumpe, Ladeeinrichtungen für Elektroautos oder Batteriespeicher (steuerbare Verbrauchseinrichtungen), die ab dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen worden sind, auf 4,2 kW pro Abnehmer drosseln. Über welchen Zeitraum, hängt von der lokalen Netzstabilität ab.
Seifert empfiehlt deshalb, im Vorfeld der Planung eines hybriden elektrischen Heizsystems die aktuelle Situation der vorgelagerten Netze mit in Betracht zu ziehen. (Anmerkung: IR-Heizungen gelten noch als Haushaltsgeräte und nicht als „schaltbare Verbraucher“; als schaltbar gilt jedoch die Wärmepumpe.) Auch eine PV-Anlage auf dem Dach nütze im Hochwinter wenig, da diese zur Hauptheizzeit kaum Leistung abgebe. Je nach Netzsituation könne es ratsam sein, ein hausspezifisches Lastmanagementsystem zu installieren, um genügend Strom für die Heizung und Trinkwassererwärmung bereitzuhalten. Denn, so Seifert: „Der Mensch akzeptiert Übertemperaturen, aber keine Untertemperaturen.“ Die Studie von Prof. Seifert war zum Zeitpunkt der Konferenz noch nicht abgeschlossen.
Mehr Transparenz durch Test in Zwillingshäusern
Welches Heizsystem ist ökologisch und ökonomisch unter welchen Bedingungen für den Nutzer günstiger? Die Beantwortung dieser Frage hängt entscheidend davon ab, ob die Infrarotheizung künftig als gleichwertiges Heizsystem von Nutzern, TGA+E-Fachleuten, Architekten und Wohnbaugesellschaften anerkannt wird. Die Grundlagen dazu liefern sowohl die von der IG Infrarot in Auftrag gegebenen Studien des Instituts für Energietechnik an der TU Dresden und des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung, Dresden, als auch die beiden öffentlich geförderten Studien IR Bau 1 und IR Bau 2 im Rahmen des Projektes Zukunft Bau.
Da sich die Ergebnisse von IR Bau 1 (Vergleichsmessungen verschiedener Heizsysteme in Laborräumen) „nicht unmittelbar auf übliche Gebäude übertragen lassen“, entschied sich die IG Infrarot für eine weitere Studie mit dem Titel „Messtechnischer Vergleich des Heizenergieverbrauchs eines konventionell beheizten Einfamilienhauses mit einem Gebäude mit Infrarotheizung“. Wie es heißt, investierte der Verband dabei einen sechsstelligen Betrag, um mehr Klarheit und belastbare Argumente darüber zu erlangen, welches Heizsystem unter welchen Bedingungen wirtschaftlicher ist. Getestet wurde unter realen Bedingungen auf dem Gelände des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) in Holzkirchen/Valley. Dort hält das IBP zwei baugleiche Wohnhäuser in typischer Einfamilienhausgröße für Forschungszwecke bereit.
Mit diesen Zwillingshäusern (ohne PV-Anlagen) werden Vor-Ort-Vergleichsmessungen von unterschiedlichen Gebäude- und Versorgungssystemen unter identischen Klimarandbedingungen und unterschiedlichen Nutzerszenarien ermöglicht, so die Beschreibung des IBP. Da der Abschlussbericht zum Zeitpunkt der Konferenz noch nicht vorlag, können an dieser Stelle nur grobe Ergebnisse wiedergegeben werden.
So neige die Raumtemperatur bei einer Infrarotheizung im Vergleich zu einer Gas-Brennwert-Warmwasserheizung in der Aufheizphase zum Überschwingen, berichtet Studienleiter Herbert Sinnesbichler. Dafür komme die IR-Heizung quasi ohne Vorheizzeit und ohne Verteilverluste aus. Bei gleicher Zieltemperatur verbrauche die IR-Heizung etwa 31 % weniger Endenergie (in kWh) als die Erdgasheizung. Bei der Bilanzierung der CO2-Emissionen der beiden Heizsysteme – Stand heute – liege die IR-Heizung dagegen um 10 % höher als die Erdgasheizung. Von Nachteil seien die höheren Stromkosten gegenüber Erdgas. Sinnesbichler machte deutlich, dass zu einer realistischen Einschätzung der künftigen Marktposition von IR-Heizungen eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung notwendig sei.
Nachtspeicherheizung durch Infrarotdeckenheizung ersetzt
Rund 1,8 Mio. Haushalte in Deutschland betreiben Nachtspeicherheizungen. Laut der Website www.nachtspeicher-update.de sind mehr als ein Drittel dieser Nutzergruppe mit ihrer Stromheizung zufrieden und nur 27 % der Nutzer erwägen die Umstellung der Heizung auf einen anderen Energieträger, so das Ergebnis einer Forsa-Umfrage.
Hauptkritikpunkt an Nachtspeichergeräten ist der hohe Energieverbrauch und damit auch die hohen Stromkosten sowie die unzureichenden Einstellungsoptionen. So fehle die Möglichkeit, die Raumtemperatur kurzfristig dem aktuellen thermischen Bedarf anzupassen oder die Heizung spontan ganz abzuschalten.
Vor diesem Dilemma stand auch der Ferienpark Winterberg im Hochsauerland, eigentlich ein Wintersportgebiet, jedoch mit einer eher weiter unsicher werdenden Schneeprognose. In der Vergangenheit führten milde Winter mit wenig oder gar keinem Schnee dazu, dass Gäste immer kurzfristiger buchten und damit das auf Vorratsspeicherung basierende Heizkonzept wegen nicht verrechenbarer Heizkosten vom Betreiber wirtschaftlich infrage gestellt wurde. Immerhin handelt es sich bei der Ferienanlage um 40 in den 1980er-Jahren erbaute Apartments, verteilt auf mehrere ortstypische Fachwerkhäuser. Auch entsprachen die aus dieser Zeit stammenden Geräte nicht mehr dem heutigen Verständnis von Komfort, Bedienung, Geräuschentwicklung (Ventilation) und Lufthygiene (Staubaufwirbelung).
Aufgrund der vorhandenen Stromanschlüsse und der Kostenvergleiche mit Warmwasserheizungen über Radiatoren entschied sich der Eigentümer des Ferienparks für eine Umrüstung auf Infrarot-Deckenheizpaneele. Bernd Morschenhäuser, Geschäftsführer der Vitrano Tauberbischofsheim, erklärt die Vorteile der IR-Heizung in der Ferienhaussiedlung so: "Früher mussten alle Apartments „auf Verdacht“ mittels Nachtspeicherheizung vorgeheizt werden. Mit der Infrarotheizung kann spontan auf das Buchungsverhalten der Feriengäste reagiert werden. Das heißt, die Infrarotheizung im gebuchten Apartment wird über das Online-Buchungssystem zeitlich so geschaltet, dass beim Eintreffen der Gäste die Ferienwohnung bereits vortemperiert ist."
Der Gast hat dann die Möglichkeit, die vom System vorgegebene Solltemperatur um bis zu 3 °C nach oben oder unten zu korrigieren. Eingebaut ist eine Thermokon-Raumtemperaturregelung mit batterieloser EnOcean-Technologie, die mit dem Buchungssystem gekoppelt ist. Dadurch wird die Raumtemperatur beim Auschecken des Gastes automatisch abgesenkt. Der Vorteil dieser Art von Vernetzung ist u. a. die verbrauchsabhängige Stromabrechnung pro Apartment durch ein integriertes Smart-Metering-System.
Schrittweise von der Gas- zur IR-Heizung
Es könnte eine Blaupause für Einfamilienhausbesitzer sein: die schrittweise Umstellung einer Erdgasheizung mit Gasbrennwerttherme (im vorliegenden Fall seit acht Jahren in Betrieb) auf ein solarelektrisches Heizsystem mit einer elektrischen Kleinwärmepumpe als Grundheizung. Es handelt sich um ein Reihenmittelhaus in Stockach am Bodensee. Die Ausgangsdaten:
- Baujahr 1988
- beheizte Fläche 157 m2
- Heizlast 9,6 kW
- Heizkörper
- Heiztemperatur ursprünglich 70/55 °C
- Gasbrennwerttherme, 8 Jahre in Betrieb
Schritt 1
- Installation von Infrarotpaneelen in Wohnzimmer, Küche, Bad, Büro, Gästezimmer und UG-Zimmer
- Absenkung der Vor-/Rücklauftemperatur auf 30 bis 40 °C, ergibt eine Grundtemperatur von 18 bis 19 °C
- Zuschaltung der IR-Paneele über Präsenzmelder mit Einzelraumsteuerung, Zieltemperatur: 23 °C
- Abkoppelung der Trinkwassererwärmung von der Brennwerttherme, stattdessen eine Brauchwasser-Wärmepumpe mit 300 l Fassungsvermögen
Ursprünglich lag der Gasverbrauch der Erdgasheizung bei 16.000 kWh/a. Nach Inbetriebnahme der IR-Paneele sank der Gasverbrauch auf 6800 kWh/a für die Grundheizung. Im Gegenzug benötigt die nachträglich eingebaute IR-Heizung 1900 kWh Strom und die Trinkwassererwärmung mittels Kleinwärmepumpe 600 kWh/a.
Schritt 2
Installation von 15 kW Photovoltaikleistung auf dem Dach und 2,8 kW an der Südfassade. Zusätzliche Option: Ersatz von 10 m Gartenzaun durch einen PV-Zaun mit 3,5 kW Leistung (Südausrichtung). Zur Nutzung der PV-Überschüsse wird zusätzlich eine Wallbox zur Beladung eines Elektrofahrzeugs installiert.
Schritt 3
Ersatz der Gasheizung durch eine im Gebäude aufgestellte Abluft-Wärmepumpe. Es handelt sich um ein Experiment, denn wegen der geringen benötigten Heizleistung wird eine modifizierte Trinkwasser-Wärmepumpe mit 800 Watt elektrischer Leistung installiert (Freigabe des Herstellers liegt vor). Federführend bei diesem Projekt ist Dirk Bornhorst, Geschäftsführer der Elio GmbH, Sauerlach.
Zu wenig belastbare Daten
Noch tut sich die IR-Branche schwer, die Wirtschaftlichkeit von IR-Heizungen gegenüber Warmwasserheizungen auch wissenschaftlich fundiert nachzuweisen. Dazu gibt es derzeit zu wenig belastbare Daten über ausgeführte Anlagen. Auch die von einem Architekten verfasste Ökobilanz einer IR-Heizung im Vergleich mit einer Wärmepumpenheizung hält wissenschaftlichen Kriterien mit großer Wahrscheinlichkeit nicht stand.
Man muss der IG Infrarot jedoch zugutehalten, dass sie ihre Marktinitiative mit Bedacht und einer weitgehend seriösen wissenschaftlichen Begleitung angeht. Warum ein Großteil der Mitglieder nach wie vor Angaben zum Strahlungswirkungsgrad ihrer Paneele zurückhält, ist schwer nachvollziehbar, will man sich doch gerade durch die wissenschaftliche Begleitung von den zahlreichen schwarzen Schafen der Branche und oftmals dubiosen Leistungsangaben abgrenzen.
Gütesiegel für Infrarotheizungen
Infrarotheizungen haben bislang bei Verbrauchern, TGA-Fachleuten und Architekten nicht das beste Image. Stiftung Warentest beurteilte – wohl als Reaktion auf die Marketingaktivitäten der IR-Branche – am 5. Dezember 2023 die Strahlungsheizung als „Notlösung ohne Sparpotenzial“, und warnt davor, dass der Stromverbrauch von IR-Heizungen gehörig ins Geld gehen kann.
Ein Grund für diese pauschale Ablehnung der IR-Heizung dürfte die mangelnde Transparenz der Leistungswerte von Infrarotpaneelen sein, aber auch eine gewisse Unkenntnis darüber, welche Normen bei direktelektrischen Heizungen einzuhalten sind. Dies gilt insbesondere für den Verkauf von Infrarotpaneelen über das Internet und über die Baumärkte, wo praktisch alle Qualitätsstufen von der beheizten Gipsplatte bis zum High-End-Paneel im Wettbewerb stehen.
So gibt es bei den Anbietern von Infrarotpaneelen bislang kaum Hinweise auf den Strahlungswirkungsgrad, weder wie er gemessen wird noch wie hoch er mindestens sein sollte, um die Kriterien einer Infrarot-Strahlungsheizung zu erfüllen. Die Prüfverfahren dazu wurden bereits 2020 in der Internationalen Norm IEC 60675-3 „Elektrische Haushalt-Direktheizgeräte – Prüfverfahren zur Bestimmung der Gebrauchseigenschaft – Teil 3: Zusätzliche Bestimmung für die Messung des Strahlungswirkungsgrades“ festgelegt, aber von den Marktteilnehmern bisher kaum beachtet.
Für den seriösen Teil der Infrarotbranche war es deshalb wichtig, sich durch ein Gütesiegel für Infrarotheizungen von den schwarzen Schafen am Markt abzuheben. Dieses von der „European Infrared Heating Alliance (EIHA)“ initiierte europäische Qualitätslabel wurde in einem mehrjährigen Entwicklungsprozess von den IG-Infrarot-Landesverbänden Deutschland, Österreich und Benelux in Kooperation mit der niederländischen „Stichting Binnenklimaattechniek“ (Stiftung Raumklima) und dem Testlabor Peutz, Niederlande, entwickelt. Ab dem 1. Juli 2024 wird das Gütezeichen erteilt.
Die wichtigsten Anforderungen:
- Prüfung nach IEC 60675-3
- Strahlungswirkungsgrad von mindestens 40 %
- gültige CE-Konformitätserklärung
- Qualitäts- und Sicherheitszertifizierung durch ein akkreditiertes, unabhängiges Prüf- und Zertifizierungsunternehmen
- erfüllt Verordnung (EU) 2015/1188 (Ökodesign-Richtlinie vom 1. Januar 2018)
- weist einen Raumheizungsjahresnutzungsgrad von mehr als 38 % auf
Nicht wenige Hersteller aus dem Kreis der IG Infrarot übererfüllen die Mindestanforderung an den Strahlungswirkungsgrad von 40 %, geben allerdings den vom Prüflabor gemessenen Wert bis dato nicht an - mit der Begründung, sonst würde sich der Wettbewerb unter den Anbietern verschärfen. Eines der wenigen Unternehmen, das offensiv mit dem Prüfergebnis Werbung betreibt, ist die nicht der IG Infrarot zugehörenden ABEG Anlagen GmbH, Kassel. Deren Heizgerätemodul ABEGSun erreichte laut Prüfprotokoll (siehe Firmen-Homepage) der Universität Dresden bei einer Betriebstemperatur von 148 °C (!) und Deckenmontage einen Strahlungswirkungsgrad von 69,5 %.
Dieser Artikel, geschrieben von Wolfgang Schmid erschien zuerst in der SBZ Ausgabe 6/2024.