Warum Gebäude ohne Sonnenschutz nicht funktionieren
Eine angemessene Nutzung von Tageslicht in Innenräumen kann den visuellen und thermischen Komfort verbessern. Natürliches Licht hat positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Produktivität der Menschen. Ein effektiver Sonnenschutz kann jedoch entscheidend sein, um Blendung zu vermeiden und eine gleichmäßige Lichtverteilung im Raum zu gewährleisten.
Nachhaltige Gebäudedesigns
Tageslichttechnik trägt zur Nachhaltigkeit von Gebäuden bei. Die Verringerung des Energiebedarfs für Beleuchtung und Klimatisierung senkt die CO2-Emissionen und fördert umweltfreundliche Gebäudekonzepte. Zudem können Gebäude, die effektiv Tageslicht nutzen, höhere Bewertungen in Nachhaltigkeitszertifizierungen wie LEED oder BREEAM erreichen.
Thermischer & visueller Komfort
Einer der Hauptvorteile der Tageslichttechnik ist die Reduzierung des Bedarfs an künstlicher Beleuchtung. Tageslicht ist eine kostenlose und erneuerbare Lichtquelle, die, wenn sie effizient genutzt wird, die Energiekosten erheblich senken kann. Ein gut gestaltetes System kann den Großteil des Tageslichtbedarfs decken, wodurch der Verbrauch von elektrischem Licht und damit verbundene Energiekosten reduziert werden. Durch die Kontrolle der Menge und Qualität des eindringenden Lichts kann ein Sonnenschutzsystem die Wärmegewinne im Sommer minimieren und im Winter maximieren, was zu einer effizienteren thermischen Regulierung und geringeren Heiz- bzw. Kühlkosten führt.
Moderne Sonnenschutztechnologien, wie z. B. automatisierte Jalousien, die ihre Transparenz ändern können, bieten eine dynamische Kontrolle über das eindringende Licht. Diese Systeme können sich an die wechselnden Bedingungen während des Tages und der Jahreszeiten anpassen, um den optimalen Nutzen aus dem Tageslicht zu ziehen, während sie gleichzeitig unerwünschte Wärme und Blendung reduzieren.
Studien zeigen klare Ergebnisse
Bereits heute macht sich der Klimawandel in Deutschland deutlich bemerkbar: Laut Daten des Deutschen Wetterdienstes DWD stieg in mittleren Klimaregionen wie bspw. Potsdam das Thermometer zwischen 1961 und 1990 an im Schnitt 28 Tagen im Jahr über die 25-Grad-Marke. Bis 2007 waren es schon 40 Tage, in den kommenden Jahrzehnten werden es 58 bis 69 Tage werden. Auch die heißen Tage mit Temperaturen über 30 Grad werden deutlich zunehmen. „Auf diese Entwicklung ist unser Gebäudebestand nicht vorbereitet. Viele Gebäude werden im Sommer zunehmend überhitzen“, warnt der Bauphysiker Dr. Stephan Schlitzberger vom Ingenieurbüro Hauser (IBH). Er hat in einer aktuellen Studie simuliert, wie übliche Wohnräume auf die zukünftige Klimaerwärmung reagieren – und wie man eine Überhitzung wirkungsvoll auch ohne Klimatisierung verhindern kann. „Da die Norm-Vorgaben für den Sonnenschutz noch auf Klimadaten von 1988 bis 2007 basieren, sind selbst heutige Neubauten oft nicht einmal fit für die gegenwärtigen Sommer, erst recht nicht für die Sommer der Zukunft“, erläutert der Studien-Autor. „In Deutschland wird in punkto Hitzeschutz für das Klima der Vergangenheit gebaut. Für Sanierungen gibt es gar keine gesetzlichen Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz. Das müssen wir ändern.“
Beispiel Wohnzimmer
Ein typisches Wohn- und Esszimmer mit großer Fensterfront nach Süden erfüllte in der Vergangenheit mit einem bestmöglichen innenliegenden Sonnenschutz gerade noch die Anforderungen. Damit blieb der Raum – von einzelnen Temperaturspitzen im Juli und August abgesehen – verträglich temperiert. Durch den Klimawandel wird der gleiche Raum in Zukunft in den Sommermonaten regelmäßig die 30 °C-Marke überschreiten. Aber: Ein wirksamer außenliegender Sonnenschutz wie bspw. ein Rollladen oder eine Außenjalousie vermeiden diese Überhitzung nahezu vollständig. Besonders wirksam ist Sonnenschutz, wenn er automatisch aktiviert wird und so auch bei Abwesenheit nicht in Vergessenheit gerät. Ergänzend verbessert auch eine konsequente Lüftung in der Nacht die Innentemperatur. „Werden diese Möglichkeiten im Neubau und bei Sanierungen gut genutzt, funktionieren unsere Gebäude. Fenster- und Glasflächen können in den kühleren Monaten durch die Sonneneinstrahlung kostenfreie Wärme liefern, ohne im Sommer zu Überhitzung zu führen“, erläutert Schlitzberger weiter.
Sonnenschutz vor Klimaanlage
Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), die in Berlin die Branchen Glas, Fenster, Fassade, Sonnenschutz und Automation vertritt und die Studie in Auftrag gegeben hat, zieht einige Schlüsse für die Baupolitik. Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz, empfiehlt: „Zunächst muss die Politik erkennen, wie wichtig der Überhitzungsschutz im Sommer in Zukunft wird. Nicht nur für unsere Gesundheit – auch für die Energieversorgung und den Klimaschutz. Der Energieverbrauch für Klimaanlagen könnte im schlimmsten Fall ein größeres Problem werden als der für die Heizung.“
Die Bundesregierung müsse daher für klare Vorgaben für einen wirksamen Sonnenschutz sorgen. Diese seien heute noch nicht gegeben. „Erstens sollte sich die Bundesregierung für eine zügige Überarbeitung der DIN-Norm stark machen. Dass wir noch heute, mitten im Klimawandel, Gebäude so planen, als sei ein Sonnenschutz wie in den 90er Jahren ausreichend, ist ein Unding. Die Norm muss schnellstmöglich auf Klimadaten für die Zukunft umgestellt werden. Zweitens brauchen wir im Gebäudeenergiegesetz Klarheit, dass prioritär die Potenziale des Sonnenschutzes genutzt werden müssen, bevor eine Klimaanlage zum Einsatz kommt. Dafür brauchen wir drittens perspektivisch eine überarbeitete und an den Klimawandel angepasste Anforderungssystematik für den sommerlichen Hitzeschutz. Bisher wird bei der Planung die Überhitzung berechnet und begrenzt. In Zukunft muss es auch um vermiedene Kühlungsenergie gehen.“
Fazit
Kurz gefasst bietet die Integration von Tageslichttechnik und Sonnenschutz in Gebäuden bedeutende Vorteile in Bezug auf Energieeffizienz, Komfort und Nachhaltigkeit. Durch die Optimierung des natürlichen Lichts und die Minimierung seiner Nachteile kann eine ausgewogene und effiziente Umgebung geschaffen werden.