DIN 18008: Wird jetzt Sicherheitsglas zur Pflicht?
„Vertikalverglasungen sollen bis mindestens 0,80 m über Verkehrsflächen zukünftig auf der zugänglichen Seite als „Glas mit sicherem Bruchverhalten“ auszuführen sein“, so die Aussage des Bunderverbands Flachglas. In der Regel soll dabei Einscheibensicherheitsglas (ESG) oder Verbundsicherheitsglas (VSG) zum Einsatz kommen.
Dieser Vorschlag wurde vom Bundesverband Flachglas in den Normenausschuss eingebracht und findet dort eine breite Mehrheit. Deshalb ist damit zu rechnen, dass der Vorstoß des BF in die anstehende Überarbeitung der DIN 18008 aufgenommen wird, welche voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2017 zu erwarten ist.
Ziel dieser Maßnahme ist es, das Verletzungsrisiko, vor allem für Kinder zu reduzieren, genannt werden hier etwa Fenstertüren zur Terrasse, die künftig mit Sicherheitsgläsern ausgeführt werden sollen.
Leider sind die berühmt-berüchtigten Lichtausschnitte von Innentüren von dem Vorstoß nicht erfasst. Zwar gilt die DIN 18008 auch für Glas im Innenausbau (z. B. Trennwände), aber nicht für Türen. Hier können ggf. andere Anforderungen bestehen, die die Verwendung von Sicherheitsglas verlangen.
Deutschland gleicht sich dem EU Ausland an
Mit der Normänderung der DIN 18008 wird sich die Situation in Deutschland an andere europäische Länder, wie beispielsweise Italien, Belgien oder Niederlande, angleichen, wo bereits heute – und teilweise auch für weitere Anwendungsbereiche – Sicherheitsglas vorgeschrieben ist.
Die Normänderung kann dann in Deutschland zum Anlass genommen werden, das Thema Sicherheitsglas auch bei Berufsgenossenschaften, Versicherungen etc. weiter voranzutreiben.
Häufig wird als Gegegenargument das Gewicht genannt, sprich durch Sicherheitsglas werde alles schwerer.
Dazu ist zu sagen: ESG ist bekanntlich nicht schwerer als Float, und durch sein günstigeres statisches Verhalten kann die ESG-Scheibe oft sogar dünner, also leichter sein als die Float-Scheibe, die sie ersetzt.
Natürlich verdoppelt sich das Gewicht, wenn statt 4 mm Float 8 mm starkes VSG eingesetzt wird, aber das betrifft doch nur einen Bruchteil der Anwendungen. Denn auch VSG gibt es heute in dünneren Ausführungen.
Die DIN 18008 ist eine Reaktion auf die erhöhten Anforderungen
Die DIN 18008 ist weit besser als ihr Ruf, den sie in manchen Kreisen von Verarbeitern leider immer noch hat. Zudem steht damit die Glasbemessung jetzt auf soliden Beinen, denn mit der Einführung der DIN wurde auch beim Glas die Bemessung dem aktuellem Ingenieurswissen angepasst.
Gerade vor dem Hintergrund, dass sich der Werkstoff Glas in den letzten Jahrzehnten neue Anwendungsbereiche erschlossen hat, von denen man früher nicht einmal geträumt hätte, ist eine verantwortungsvolle, zeitgemäße Bemessung die logische Konsequenz.
Das tatsächliche Problem der Bemessung kleinerer Scheiben wurde erkannt, wobei auch die Zeitschrift Glaswelt mit einer Reihe von Veröffentlichungen ihren Teil dazu beigetragen hat. Und durch die Überarbeitung der Norm werden die Bemessungsprobleme dieser Scheiben derzeit behoben: Bei Gläsern bis 2 m² werden die Anforderungen dann sogar unter dem Niveau der früheren technischen Regeln liegen.
Aktuell gilt unverändert wie früher die „Nachweiserleichterung“ bis 1,6 m²; diese wird allerdings gleichzeitig mit der Senkung der Anforderungen für Scheiben bis 2 m² voraussichtlich entfallen.
Die DIN 18008 hat viele weitere positive Aspekte, die hier kurz genannt werden sollen, wie beispielsweise die Vorteile von vorgespanntem Glas, die Lagerungsbedingungen bei raumhohen Verglasungen, die Kombination aus punkt- und linienförmiger Lagerung, die Erweiterung der Tabelle mit den nachgewiesenen absturzsicheren Glasaufbauten sowie die Möglichkeit, den Pendelschlagversuch simulieren zu dürfen (was viele Versuche und damit Kosten obsolet macht).
Glas als Baustoff wird sicherer
Die verpflichtende Verwendung von „Glas mit sicherem Bruchverhalten“ unter 0,80 m wird, wie die gesamte DIN 18008, weiter dazu beitragen, den Einsatz von Glas als Baustoff sicherer zu machen. Daran sollten alle betroffenen Gewerke – von den Isolierglasherstellern über die Fenster- und Fassadenbauer bis hin zu den montierenden Handwerkern – ein gemeinsames Interesse haben, auch mit Blick auf die Endkunden.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der Zeitschrift Glaswelt 6/17. Jochen Grönegräs ist Geschäftsführer des Bundesverbands Flachglas (BF) und Markus Broich, Technischer Leiter des BF.