Weiterbildung in der Energieberatung: Sanierung von Denkmälern
Die bauphysikalischen Anforderungen an das Gebäude sowie an die an der Sanierung von Denkmälern beteiligten Bauchfachleute werden immer umfangreicher. Insbesondere das systemische Verständnis für Gebäudehülle und Anlagentechnik ist gefordert. In welcher Fachdisziplin die Energieberater Wissen aufweisen können, hängt selbstverständlich hauptsächlich von dem jeweiligen beruflichen Werdegang ab.
Unabhängig davon verändert sich das Aufgabenfeld der Energieberater stetig. Mit jedem Projekt kommen individuelle Anforderungen auf sie zu. Diese unterscheiden sich bei Einzelmaßnahmen und Gesamtmaßnahmen deutlich.
Energieberater sind keine Allrounder
Sind somit die Energieberater die Allrounder, die ultimativen Sachverständigen in allen Bereichen auf unseren Baustellen? Von der Abdichtung der erdberührenden Bauteile bis zu den bauphysikalischen Konstruktionen des oberen Gebäudeabschlusses? Oder von den einfachen Vorgängen in homogenen Bauteilen bis zur komplexen Simulation von inhomogenen und hygrothermischen Schichten und Sachverhalten?
Nein! Es empfiehlt sich, sich auf die eigenen Qualifikationen in der Energieberatung zu konzentrieren und bei komplexen Sachverhalten geeignete und erfahrene Fachkollegen zu Rate zu ziehen. Dazu bieten sich die Berufsverbände DEN und GIH an, aber auch regionale Energieagenturen.
Weiterbildung in Energieberatung ist Pflicht
Für geförderte Projekte ist es zudem notwendig, in der Energie-Effizienz-Expertenliste gelistet zu sein. Um die Listung zu behalten, müssen Energieberater ihre fortlaufende Weiterqualifikation nachweisen. Acht Unterrichtseinheiten pro Jahr und pro Listeneintrag und Praxisnachweise sind für jeden Pflicht.
Die Praxisnachweise können alternativ durch einen erweiterten Fortbildungsaufwand nachgewiesen werden. Diese Variante ist jedoch nicht bei zwei aufeinanderfolgenden Verlängerungen möglich. Anhand eines Beispielprojekts soll nun die Notwendigkeit der Fortbildungen aufgezeigt werden.
Energieberatung: Zusammenarbeit im Netzwerk
Bei alten und denkmalgeschützten Gebäuden ist bei der Energieberatung ein besonderes Maß an Achtsamkeit und Fingerspitzengefühl notwendig, um an der vorhandenen Konstruktion durch energetische Maßnahmen keine Schäden zu verursachen.
Zu erkennen ist auf Abb. 2 ein denkmalgeschütztes Gebäude aus dem 17. Jahrhundert. Schwere massive Außenwände im Erdgeschossbereich, kombiniert mit einfachsten Fenstern, einbindende Holzbalkendecken, ein aufgesetztes Fachwerk ab dem ersten Obergeschoss sowie ein unbeheizter Dachstuhl.
Das umschreibt den Zustand und den Sanierungsbedarf des Gebäudes. Die Analyse des Bestands zeigt zunächst eine ernüchternde und erschreckende Bilanz. Hohe U-Werte bei allen Bauteilen der thermischen Hülle führen zu sehr niedrigen Oberflächentemperaturen und zu einem sehr unbehaglichen Raumklima.
Hygrothermische Simulation notwendig
Die U-Werte aller Bauteile müssen erhöht werden, um das Baudenkmal zu einem gut nutzbaren und behaglichen Gebäude zu machen. Ein von außen aufgebrachtes Wärmedämmverbundsystem kommt aufgrund des Denkmalschutzes nicht in Frage. Das gesamte Erscheinungsbild muss vollständig erhalten bleiben. Im Bereich der Außenwand wäre also ein Innendämmsystem eine geeignete Variante.
Da es sich bei der Bestandswand um ein zirka 50 Zentimeter dickes Klinkermauerwerk auf der Westseite handelt und das Gebäude sich in einer „Schlagregenbeanspruchung Zone 3“ befindet, ist ein vereinfachter Feuchteschutznachweis nach der DIN 4108 -3 (Glaser) nicht zulässig. An dieser Stelle muss zur Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit der energetischen Maßnahme in der Regel eine hygrothermische Simulation nach der DIN 15026 ausgeführt werden.
Sollte das nicht geschehen, könnten unter Umständen die Feuchteansammlungen durch die Schlagregenbelastung zu signifikanten Schäden an der Konstruktion führen (Schichtgrenze zur Innendämmung). In diesem Fall sollte jeder Energieberatende einen Sachverständigen für hygrothermische Bauphysik zu Rate ziehen. Er kann entscheiden, ob zusätzlich ein vereinfachter Nachweis nach dem WTA Merkblatt 6.8 durchgeführt werden kann. Das ist eine weitere Möglichkeit bei gut saugenden Untergründen. Das gilt auch für die einbindenden Holzbalkenköpfe und die Fachwerkkonstruktionen.
Auch sind Veränderungen der bis dahin mehr als 300 Jahre bestehenden Zustände sehr kritisch. Das Holz ist sehr trocken und empfindlich. Bestehende Undichtigkeiten sind in der Bestandvariante für die Bauteile kein Problem, da die auftretende Feuchtigkeit sehr gut ablüften und ausdiffundieren kann. Veränderungen wie eine luftdichte Gebäudehülle führen aber unweigerlich zu weiteren geänderten Parametern und können sich negativ auswirken. Das gilt es zu beachten und zu verhindern.
Des Weiteren sind in solchen Fällen vom Energieberater typischerweise weitere Sachverständige hinzuzuziehen:
- Architekt zur detaillierten Aufnahme,
- Bauphysiker zur Ermittlung der möglichen Dämmdicken (Innendämmung),
- Sachverständiger für Holzschutz und Holzschäden,
- Sachverständiger für historische Putze und
- Sachverständiger für Wärmebrückenberechnungen.
Hinzu kommen die üblichen Nachweise, die alle Energieberater obligatorisch nach dem BEG WG- und BEG NWG-Kriterien erbringen müssen. Dazu zählen:
- Luftdichtheitsnachweis,
- Wärmebrückenkonzept und
- falls notwendig ein Lüftungskonzept.
Fenstersanierung im Denkmal
Im Bereich der Fenstersanierung muss in Absprache mit dem zuständigen Denkmalschutzamt ein Fenster ermittelt werden, das im Zusammenspiel mit der Innendämmung und dem Denkmalschutz möglichst wärmebrückenfrei eingebaut werden kann. In diesem Fall ist ein sachverständiger Berater notwendig.
Im Gegensatz zur Fenstermontage im nicht denkmalgeschützten Bereich kommen in diesem Fall der Einbauort sowie die Einbauart und der maximal mögliche U-Wert der Fenster dazu. Welcher U-Wert kann erreicht werden, wenn die Fenster vom Schreiner in Handarbeit erstellt und mit Kämpfern und Sprossen ausgestattet werden? Eine detaillierte Berechnung der U-Werte ist vonnöten, damit der richtige U-Wert in der Bilanzierung angesetzt werden kann.
Geprüft werden kann der ausgeführte Einbau dann zum Beispiel mit Prüfmethoden wie der Thermografie oder der Luftdifferenzdruckmessung. Hier ist ein Bauphysiker mit entsprechender Ausrüstung und Erfahrung der richtige Ansprechpartner.
Dämmmaßnahmen
Zum Abschluss der Arbeiten an der thermischen Hülle sind die Dämmmaßnahmen der obersten Geschossdecke und der Kellerdecke zu nennen. Besonders im denkmalgeschützten Bereich (Balken oft mehr als hundert Jahre alt) sind in der Regel diffusionsoffene Dämmsysteme, ausgeführt als begehbare oder unbegehbare Dämmebenen, erforderlich.
Die Systempalette der Hersteller reicht von Zwischensparrendämmungen über Auflagedämmungen bis hin zu einzublasenden oder geschütteten Dämmsystemen. Auch in diesem Fall sollten die Energieberater in der Regel auf qualifiziertes Fachpersonal aus dem jeweiligen Segment zurückgreifen.
Anlagentechnik erneuern
Soll bei dem Gebäude auch die vorhandene Anlagentechnik ausgetauscht werden, sind eine ganze Reihe von Nachweisen notwendig, um die neue Anlagentechnik optimal an die veränderte Gebäudehülle anzupassen und abzustimmen. Besonders bei energetisch unsanierten und denkmalgeschützten Gebäuden ist der Endenergiebedarf nicht selten besonders hoch. Die signifikante Reduzierung des Bedarfs nach der Sanierung der thermischen Hülle muss auch im Bereich der Anlagentechnik berücksichtigt werden.
Im optimalen Fall kann die benötigte Heizlast nun statt mit fossilen Brennstoffen mit erneuerbarer Energie bereitgestellt werden. Eine Überprüfung der Wärmeverteilungsnetze – Rohrleitungen und Heizkörper – kann hier entscheidendes Potenzial freigeben. Eine Veränderung der Wärmeübergabe – Wandheizung, Fußbodenheizung – kann die Behaglichkeit heben.
Die raumweise Überprüfung nach der DIN 12831 ist verpflichtend vorgeschrieben. Der hydraulische Abgleich nach der DIN 18380 kann bereits bei Einzelmaßnahmen, die den Energiebedarf deutlich reduzieren, erforderlich werden und ist im Rahmen einer Komplettsanierung Pflicht.
Die Verwendung bivalenter Anlagensysteme ermöglicht gegebenenfalls den ganzjährigen Einsatz von erneuerbaren Energien. Zukünftige Energieversorgungssysteme stellen erhöhte Anforderungen an die Anwender, da Wärme-Kälte-Kraft-Verbundsysteme implementiert werden, nebst Sektorenkopplung.
Folgende typischen Anlagenkombinationen sind beispielhaft zu nennen:
- Wärmepumpe kombiniert mit Photovoltaik – mit und ohne Stromspeicher,
- Brennwerttechnologie mit Unterstützung durch Wärmepumpe (zeitgemäß?),
- Brennwerttechnologie mit Unterstützung durch Pelletofen – Anschluss an Wassertasche (zeitgemäß?),
- Biomasse-Zentralheizung mit solarthermischer Unterstützung für Warmwasser und Heizung sowie
- Brennstoffzelle, PV und Wärmepumpe.
Softwaregestützte Systeme ermöglichen den Fachplaner:innen eine genaue Analyse und Projektierung der geplanten Maßnahmen. So können bereits in der Vorplanungsphase detaillierte Aussagen als Variantenvergleich zur Verfügung stehen. Der Bauherr wird so in die Lage versetzt, optimale Entscheidungen zu treffen. Übliche Simulationen sind zum Beispiel:
- thermische Simulation (Gebäudehülle),
- Simulation der Gewinne und Verluste (Gebäude- und Anlagentechnik),
- detaillierte Wärmebrückenanalysen,
- instationäre Betrachtung des sommerlichen Wärmeschutzes und der operativen Oberflächentemperaturen sowie
- Simulation von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen.
Fazit: Energieberater benötigen umfangreiches Fachwissen
Energieberater benötigen also ein sehr umfangreiches Fachwissen in all den zuvor genannten Fachdisziplinen. Das ist für Berufseinsteiger in der Energieberatung oft eine frustrierende und entmutigende Erkenntnis, der aber jeder individuell mit geeigneten und qualifizierten Weiterbildungen entgegentreten kann.
Die Denkmalsanierung fordert von allen Beteiligten eine hohe Fachkompetenz. Diese kann nach vielen Jahren und viel Erfahrung natürlich durch eine Person allein angeboten werden. Allerdings ist eine berufsbegleitende Weiterbildung die Grundlage für eine hoch qualitative Beratung.
Oft ist die Einbindung mehrerer Experten – Architekten, Bauphysiker, Denkmalbehörde, zertifizierter Energie-Effizienz-Experte für Denkmal, Fachhandwerker/Restaurator, Haustechniker – und des Eigentümers in der frühen Planungsphase zu empfehlen.
Wie sagt man doch so schön: „Vier Augen sehen mehr als zwei“. Das erleichtert den Erhalt des Denkmals und die Transformation in die Moderne mit einer nachhaltigen und energieeffizienten Nutzung. Das neue BEG unterstützt diesen Prozess und ermöglicht neue finanzielle Möglichkeiten.
Der Autor M. Eng. Stefan Mock (Bauingenieur) ist Geschäftsführer der Winaba, einem Weiterbildungsinstitut für nachhaltiges energieeffizientes Bauen und Bauphysik.
Fortbildungskalender bietet guten Überblick
Der Dena-Fortbildungskalender www.fortbildungskalender.de bietet ein großes Angebot an Weiterbildungen.
Typische Weiterbildungen sind:
- ISFP Basis und Expertenseminar
- Basisseminar Luftdichtheitskonzept
- Basisseminar Lüftungskonzept
- Basisseminar zerstörungsfreie Prüfmethode
- Basisseminar Thermografie
- Basisseminar Luftdifferenzdruckmessungen
- Basisseminar sommerlicher Wärmeschutz
- Basisseminar Gleichwertigkeitsnachweis
- Basisseminar detaillierte Wärmebrückenberechnungen
- Basisseminar zu Veränderungen des GEG
- Basisseminar Ökobilanzierung
- Basisseminar Lebenszykluskosten