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Energieberatungsmarkt: Steigender Umsatz, sinkendes Wachstum

Dominik Jessing

Seit fast zehn Jahren führt die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) die Marktstudie zu Energiedienstleistungen durch. Die Bundesstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) erfüllt damit den gesetzlichen Auftrag der Marktbeobachtung auf Basis von § 9 Absatz 2 Nummer 5 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G).

Im Jahr 2023 basiert die Marktstudie erneut auf vier großen Befragungen mit insgesamt fast 8.500 Interviews. Die Nachfrageseite wird über telefonische Befragungen von Haushalten, der öffentlichen Hand und Unternehmen abgedeckt. Zusätzlich wurden 250 Anbieter für Energiedienstleistungen telefonisch befragt, und fast 2.400 Energieberatende haben an der Online-Befragung teilgenommen. Das ist ein neuer Rekord. Entsprechend haben die Marktkennzahlen in diesem Beitrag ein solides Fundament und eine hohe Verlässlichkeit.

Das Marktvolumen von Energieberatungen in Deutschland berechnet sich im Wesentlichen aus Befragungsdaten von Energieberaterinnen und Energieberatern zu angebotenen Beratungen, Verkaufszahlen und Verkaufspreisen jeweils aufgeschlüsselt nach sechs Beratungsformen. Ein wesentlicher Faktor kann jedoch technisch kaum erhoben werden: die Zahl der Anbietenden. Denn für Energieberater gibt es keine einheitliche Berufsbezeichnung. Ist eine Verkäuferin von Dämmstoffen eine Energieberaterin? Ist das Verkaufsgespräch für eine neue Heizung eine Energieberatung? Und was ist mit dem Betreuer einer Hotline eines Stadtwerks? Eine umfassend gültige Antwort gibt es nicht und daher auch keine eindeutige Zuordnung der Dienstleistung und der aktiven Personen.

Seit 2020 definiert die Marktstudie daher „aktive Energieberaterinnen und Energieberater“. Das sind Personen, die entweder für Energieaudits registriert sind und/oder in den vergangenen fünf Jahren mindestens einen Förderantrag gestellt haben. Für solche „Aktive“ gilt: Die notwendige Fachkenntnis für eine professionelle Energieberatung ist sichergestellt und Energieberatungen werden tatsächlich angeboten und durchgeführt.

In der Konsequenz fokussiert sich die Marktstudie auf geförderte Beratungen. Allerdings erfasst sie zusätzlich nicht geförderte Beratungen. Denn auch wenn die Teilnahme an Förderprogrammen ein Auswahlkriterium ist, bieten „aktive Energieberaterinnen und Energieberater“ natürlich ebenso nicht geförderte Beratungen an und werden entsprechend dazu befragt. Jedoch fällt beispielsweise das Verkaufsgespräch zu Dämmstoffen bei der Bestimmung des Marktvolumens heraus.

Das Marktvolumen repräsentiert somit nur einen Teil des Energieberatungsmarkts, der in seinen Grenzen nicht eindeutig festgelegt ist. Die Methodik zur Bestimmung des Marktvolumens ist seit 2019 unverändert und die Marktkennzahlen sind dementsprechend vergleichbar.

Der Markt für Energieberatung wächst kontinuierlich, aber nicht in allen Segmenten gleichmäßig.

Kennzahlen Energieberatung: Markt wächst, Stundensätze und Aufwand nehmen teilweise zu

Das ermittelte Marktvolumen für 2022 liegt erstmals knapp über einer Milliarde Euro. Damit setzt sich der Trend eines wachsenden Marktes im vierten Jahr in Folge fort. Obwohl die Wachstumsrate leicht zurückgegangen ist, beträgt sie gegenüber dem Vorjahr immer noch respektable 16 Prozent. Wesentlicher Treiber für diese Entwicklung ist die umfangreiche Vor-Ort-Beratung zu Wohngebäuden.

Seit 2019 hat sich dieser Marktbereich annähernd verachtfacht und ist nun der mit Abstand volumenstärkste im Energieberatungsmarkt. Passend dazu erreichten die Antragszahlen im Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle für 2022 mit fast 135.000 einen neuen Rekord. 2019 waren es noch kaum mehr als 10.000 Anträge.

Andere Bereiche im Energieberatungsmarkt wachsen weniger dynamisch oder unterliegen Schwankungen aufgrund gesetzlicher Anforderungen. Die stärkste Wachstumsrate bei niedrigstem Marktvolumen verzeichnen die stationären Energieberatungen zu Wohngebäuden.

Rechentechnisch ergibt sich das Wachstum des Marktvolumens hauptsächlich durch den Anstieg der Zahl anbietender Personen. Die ist kräftig gewachsen: von rund 5.000 Personen im Jahr 2019 auf 12.500 im Jahr 2022. Davon profitiert insbesondere die Vor-Ort-Beratung für Wohngebäude, welche anteilsmäßig von den meisten Energieberaterinnen und Energieberatern angeboten wird.

Zudem steigen die Verkaufspreise für alle Beratungen gegenüber dem Vorjahr an. Werden die Preisentwicklungen über einen längeren Zeitraum miteinander verglichen, ergeben sich ebenfalls Anstiege für alle Beratungsformen. Die Preisdynamik fällt aber sehr unterschiedlich aus. Komplexere Wohngebäudeberatungen und Energiechecks für Wohngebäude erweisen sich preisstabiler als Energieaudits oder Energieberatungen für Nichtwohngebäude.

Bei den erzielten Stundensätzen gibt es jedoch keine einheitliche Tendenz über die Beratungsformen hinweg. Die erzielten Stundensätze bleiben bei Energieaudits, Beratungen zu Anlagen und Systemen und den umfangreichen Wohngebäudeberatungen recht stabil. Bei den anderen betrachteten Beratungsformen sind sie rückläufig. Das liegt am teilweise deutlich gestiegenen Aufwand pro Beratungsfall. So steigt der Aufwand der Anbietenden beispielsweise für Energieaudits um 16 Prozent über das Vorjahresniveau und bei Energieberatungen für Nichtwohngebäude durchschnittlich um 21 Prozent. Dagegen bleibt der durchschnittliche Aufwand bei Energieberatungen für Anlagen und Systeme fast gleich.

Auch die Beratungszahlen pro Anbietenden und Jahr wirken sich auf das Marktvolumen aus. Bei Energieaudits, Energieberatungen für Anlagen und Systeme, Energiechecks für Wohngebäude sowie bei stationären Beratungen sinken die Verkaufszahlen pro Vollzeitstelle. Bei den umfangreicheren Vor-Ort-Beratungen für Wohngebäude und Beratungen für Nichtwohngebäude steigen sie an. Das bedeutet, dass auch bei einer höheren Anzahl von Anbietenden nicht unbedingt mehr Beratungen in allen Beratungsformen angeboten werden.

2022 wurden für alle betrachteten Beratungsformen höhere Verkaufspreise erzielt.

Glaskugel: Wohin sich der Markt entwickelt

Der Markt für Energieberatung ist mehrere Jahre kräftig gewachsen. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich das Wachstum abgeschwächt, bleibt aber robust. Ein Blick auf die Gesamtwirtschaft macht allerdings wenig Hoffnung auf weitere Sprünge beim Marktvolumen. In Zeiten von Nullwachstum in der Gesamtwirtschaft ist eine weitere Zunahme im Energiedienstleistungsmarkt schwierig. Gerade bei der für Energieberatung relevanten Zielgruppe der Privathaushalte stehen die Vorzeichen eher schlecht.

Die Bedeutung von Energieeffizienz für Haushalte wird im Rahmen der Marktstudie regelmäßig abgefragt. 2023 ist sie erstmals seit Jahren nicht mehr gewachsen, sondern wird niedriger bewertet als im Vorjahr. Jedoch ist zu bedenken, dass im Jahr 2022 im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine die Energiepreise stark anstiegen und daher die Bedeutung von Energieeffizienz hoch war. Nachdem sich die Energiepreise wieder stabilisiert haben und die Versorgungslage für den Winter als sicher galt, rückten andere Aspekte wie Inflation und die wirtschaftliche Entwicklung mehr in den Vordergrund.

Politische Debatten und die mediale Berichterstattung haben sicher einen Einfluss auf die Sanierungstätigkeit von Haushalten und in der Folge auch auf Energieberatung. Er lässt sich mit der Marktstudie jedoch nicht näher beziffern. Allerdings zeigt sich, dass im Jahr 2023 die Antragszahlen beim Bafa-Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude“ rückläufig sind – wenn auch auf hohem Niveau.

Trotzdem ist der Marktausblick der Anbieterseite noch immer gut. Eine weit überwiegende Mehrheit aller befragten Energieberaterinnen und Energieberater geht von einem weiter wachsenden Markt aus – über alle Kundengruppen hinweg. Zwar sind die Stimmen zur Marktentwicklung nicht ganz so euphorisch wie 2022, aber Pessimismus ist unter den Anbietenden kaum vorhanden. Dafür gibt es auch sachliche Gründe.

Der Materialmangel, der als Sanierungshemmnis beispielsweise über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gut dokumentiert ist, gehört der Vergangenheit an. Auch das Thema Fachkräftemangel, dem sich die aktuelle Marktstudie in einem Schwerpunkt widmet, ist für die Anbietenden weniger akut als noch im Vorjahr. Immerhin rund ein Fünftel aller Befragten nennt Fachkräftemangel bei Kunden – für die Umsetzung von Maßnahmen oder die Beauftragung und Betreuung von Energiedienstleistungen – oder im eigenen Betrieb als wichtiges Hemmnis. 2022 nannten noch 25 Prozent der Befragten einen Fachkräftemangel beim Kunden und 37 Prozent im eigenen Betrieb.

Wichtige Hemmnisse für Energieberatungen liegen eher in den sich zu schnell und häufig verändernden Rahmenbedingungen und der auch darauf basierenden Kundenzurückhaltung. Dabei ist der Bedarf für Beratung weiterhin reichlich vorhanden. 68 Prozent der befragten Eigentümerhaushalte hatten noch nie eine Energieberatung, bei acht Prozent lag sie schon länger als fünf Jahre zurück. Ein Blick auf die Gebäude der Befragten zeigt zudem: Das durchschnittliche Gebäudealter lag bei etwa 55 Jahren und der Anteil unsanierter Gebäude bei rund einem Drittel. Wenn schon Sanierungen an der Gebäudehülle durchgeführt waren, lagen diese im Mittel fast 18 Jahre zurück.

Beratungsbedarf besteht also nicht nur wegen ungenutzter Energieeinsparpotenziale, sondern einfach aufgrund des Handlungsbedarfs am Gebäude. Insgesamt überwiegt der Optimismus: Ein weiteres Wachstum ist wahrscheinlich, auch wenn es moderater ausfallen dürfte als in den vergangenen Jahren.

Die Autoren dieses Artikels sind Louisa Döpking und Dominik Jessing.

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